Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §152 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der R Gastronomie- und Handelsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch H, T, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 5. Juli 1999, Zl. MD-Ge-3102-1989, betreffend Vorverlegung der Sperrstunde, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wels Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 5. Juli 1999 wurde der Beschwerdeführerin in Ansehung ihres näher bezeichneten Gastgewerbebetriebes in der H.-gasse gemäß § 152 Abs. 6 GewO 1994 eine frühere Sperrstunde, nämlich 01.00 Uhr, vorgeschrieben. Bei dieser Entscheidung ging der Stadtsenat Wels (durch Übernahme der diesbezüglichen Ausführungen im erstbehördlichen Bescheid) davon aus, die gegenständliche Betriebsanlage sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 6. Februar 1990 gewerbebehördlich in der Betriebsart "Cafe" genehmigt worden, woraus sich eine Sperrstunde von 04.00 Uhr ergebe. Eine näher bezeichnete Wohnung befinde sich direkt über diesem Lokal und sei daher für die Behörde ein geeigneter Messort zur Feststellung, ob unzumutbare Belästigungen durch Schallimmissionen, verursacht durch Gäste vor diesem Lokal, gegeben seien. Vom beigezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigen seien am 14. August 1998, 11. September 1998 und 25. September 1998 zur Nachtzeit Immissionsmessungen dort vorgenommen worden. Gleichzeitig seien zur Dokumentation der Situation und der Gästeansammlung vor dem fraglichen Lokal Videoaufnahmen mit eingeblendetem Datum und eingeblendeter Uhrzeit gemacht worden. Während jedes Messintervalls (30 Minuten) seien die Gäste der H.-Gasse gezählt und den einzelnen Lokalen zugeordnet worden. Bei allen Lärmmessungen sei festgestellt worden, dass Gäste mit Getränken vor den Lokalen gestanden seien. Am 25. September 1998 seien in der H.-Gasse mehrere so genannte "Marktschirme" und vor dem gegenständlichen Lokal auch "Heurigen-Garnituren" aufgestellt gewesen. Vor diesem Lokal sei in dieser Nacht bis etwa 00.20 Uhr ausgeschenkt worden. Der Amtssachverständige habe festgestellt, dass die wahrgenommenen und gemessenen Schallimmissionen im Schlafzimmer der genannten Wohnung maßgeblich durch Gäste vor dem gegenständlichen Lokal verursacht würden, weil sich die meisten Gäste in der H.-Gasse vor dem Eingangsbereich dieses Lokales aufhielten und die Eingangsbereiche der anderen Lokale größere Entfernungen zur Mess-Stelle aufwiesen. Unabhängig von der Zahl der Gäste sei in der Wohnung ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von LAeq 60 bis 63 dB bei gekippten Fenstern gemessen worden. Der Basispegel sei mit LA, 95 = 55 bis 60 dB, einzelne Spitzen bis LA, max. = 78 dB ermittelt worden. Bei Beendigung der einzelnen Messungen zwischen 00.30 Uhr und 01.15 Uhr habe nichts auf ein Ende des Betriebes im Freien vor dem Lokal hingedeutet. Auch bei der Messung in der Nacht vom
25. auf den 26. September 1998, wo ab etwa 00.20 Uhr ein signifikanter Rückgang der Gäste vor diesem Lokal zu erkennen gewesen sei, habe die Anzahl der Gäste vor Messende wieder zugenommen. Die Messungen am 14. August 1998 seien abgebrochen worden, da es sich um eine genehmigte Veranstaltung nach dem OÖ Veranstaltungsgesetz gehandelt habe. In der Nacht vom 11. auf den 12. September 1998 sowie vom 25. auf den 26. September 1998 seien laut Auskunft der Magistratsabteilung 2 - Dienststelle Verwaltungspolizei - keine Veranstaltungen genehmigt bzw. angemeldet gewesen. Im Gutachten des Amtssachverständigen seien die (im Einzelnen wiedergegebenen) Messergebnisse festgehalten. Aus diesem Gutachten gehe schließlich hervor, dass bereits bei etwa 15 Personen im Bereich des fraglichen Lokals ein Dauerschallpegel von LA,eq = 60 dB im Schlafzimmer der genannten Wohnung gemessen worden sei, unabhängig von der Anzahl der Gäste bei anderen Lokalen. Bei Zunahme der Besucher beim gegenständlichen Lokal habe sich der Schallpegel auf bis zu LA,eq = 63 dB erhöht. Nach Ansicht des Sachverständigen bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen der Personenzahl vor dem gegenständlichen Lokal und dem Basispegel. Dieser Zusammenhang sei nahezu unabhängig von der Besucheranzahl bei den anderen Lokalen. Spitzenpegel seien bei gekipptem Fenster bis zu LA, max. = 78 dB gemessen worden. Der Sachverständige komme zusammenfassend zum Schluss, dass die in der Wohnung gemessenen Immissionen wesentlich von den Gästen vor dem fraglichen Lokal beeinflusst würden, da dieses Lokal bzw. der Freiraum vor diesem Lokal die geringste Entfernung zur gegenständlichen Wohnung aufweise. Die als medizinische Sachverständige beigezogene Amtsärztin komme in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass durch Gäste vor der fraglichen Betriebsanlage eine unzumutbare Belästigung für die Bewohner der darüberliegenden Wohnung in der Nachtzeit gegeben sei. Zur Vermeidung gravierender Schlafstörungen sollte der äquivalente Dauerschallpegel am Ohr des Schläfers 35 bis 45 dB nicht überschreiten. Da Aufwachreaktionen die stärkste lärmbedingte Schlafstörung darstellten, zuvor jedoch eine deutliche Veränderung des Ablaufes der Schlafstadien (auf Grund von Schallereignissen im Unterbewusstsein) die Schlafqualität beeinträchtigten, sei der Prozentsatz der durch nächtliche Lärmspitzen Belästigten ein wesentlich höherer. Es werde infolge dessen bei einer größeren Anzahl von Schallspitzen (ab etwa 10 Ereignissen pro Nacht) ein Schallpegelwert in der Höhe von etwa 48 dB im Raum als Toleranzgrenze angenommen. Auf dem Videoband (Datum: 11. September 1998) sehe man im Bereich der Eingangstüre Personen in Gruppen über längere Zeit vor dem fraglichen Lokal stehen, die sich unterhielten und Getränke konsumierten. Man sehe auch deutlich, wie ein Kellner aus dem Lokal herauskomme, der offensichtlich unter anderem auch diesen Personen und auch weiter wegstehenden Personen serviert bzw. bei diesen auch abkassiert habe und sodann mit einem Tablett mit Gläsern das Lokal wieder betreten habe (z. B. 12. September 1998, 00.15, 00.26 und 00.45 Uhr auf dem Videoband). Auf Grund des langen Verweilens im Eingangsbereich vor dem Lokal, der Konsumation von Getränken sowie auch des Bedienens durch einen Kellner sei von einem typischen Gästeverhalten auszugehen, das der Betriebsanlage zuzurechnen sei. Von diesen erstbehördlichen Feststellungen ausgehend wird im angefochtenen Bescheid unter anderem ausgeführt, das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid, es seien lediglich einige Personen, die sich bei den Messungen vor dem Lokal aufgehalten hätten, dem fraglichen Lokal zuzurechnen, weiche wesentlich vom lärmtechnischen Gutachten ab, in dem ausgeführt werde, dass die wahrgenommenen und gemessenen Schallimmissionen in der genannten Wohnung maßgeblich durch Gäste vor diesem Lokal verursacht worden seien, weil sich auch die meisten Gäste in der H.-Gasse vor dem Eingangsbereich dieses Lokales aufgehalten hätten und die Eingangsbereiche der anderen Lokale größere Entfernungen zur Mess-Stelle aufgewiesen hätten. Dies werde auch durch die während der Messungen vorgenommenen Zählungen und der Zuordnung der Gäste zu den verschiedenen Lokalen eindeutig bestätigt, sodass im gegenständlichen Fall keineswegs von einer bloßen Mitverursachung des fraglichen Lärms durch Gäste der in Rede stehenden Betriebsanlage gesprochen werden könne. Eine Zurechenbarkeit der sich vor dem fraglichen Lokal aufhaltenden Personen als Gäste zu diesem Lokal ergebe sich sowohl aus den Videoaufzeichnungen als auch aus dem Gutachten, da sowohl vor dem Lokal bedient worden sei, als auch Personen mit Getränken aus dem Lokal gekommen seien. Diese Schlussfolgerungen basierten auf einer ausreichend und gut dokumentierten Befundaufnahme sowie den Erhebungen vor Ort. Das schlüssige und mit den Denkgesetzen im Einklang stehende emissionstechnische Gutachten sowie das darauf basierende medizinische Gutachten lieferten vollen Beweis für die wiederholte unzumutbare Lärmbelästigung der Nachbarn durch Gäste vor dem fraglichen Lokal. Bei der Beurteilung, ob das in Rede stehende Verhalten der Gäste vor dem fraglichen Lokal als strafgesetzwidrig zu beurteilen sei, sei von § 3 des OÖ Polizeistrafgesetzes 1979 auszugehen, wonach störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen sei, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führe, gegen ein Verhalten verstoße, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden müsse und jene Rücksichtnahme vermissen lasse, die die Umwelt verlangen könne. Es fänden sich nun keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Gäste unmittelbar vor und nach dem Lokalbesuch wie das Gehen zum und vom Lokal, das Unterhalten und Lachen sowie der Aufenthalt im Freien während des Lokalbesuches einen Tatbestand nach dieser Norm erfüllt habe, sodass derartige Geräusche insgesamt kein strafbares Verhalten dargestellt hätten. Einzelne Schallpegelspitzen seien zwar durch das Zerbrechen von Gläsern und durch Schreie und Lachen der Gäste im Freien verursacht worden. Wie sich aus dem Gutachten ergebe, werde bei etwa 15 Personen im Bereich des fraglichen Lokales ein Dauerschallpegel von LA,eq = 60 dB in der genannten Wohnung gemessen, unabhängig von der Anzahl der Gäste bei den anderen Lokalen. Mit der Zunahme der Besucher beim fraglichen Lokal erhöhe sich der Schallpegel auf bis zu LA,eq = 63 dB. Deutlich zu sehen sei dabei der direkte Zusammenhang zwischen Personenzahl vor dem fraglichen Lokal und dem Basispegel. Dieser Zusammenhang sei nahezu unabhängig von der Besucherzahl bei den anderen Lokalen. Dabei sei bemerkt worden, dass die Messergebnisse auch bei gleicher Personenzahl Schwankungen unterlägen, die durch die unterschiedlichen Lautstärken bei den Gesprächen der Gäste beeinflusst würden. Der Trendverlauf könne daraus jedoch abgelesen werden und werde entsprechend den Messprotokollen durch die vereinzelten Schallpegelspitzen, die durch Zerbrechen von Gläsern und Schreie hervorgerufen würden, nicht wesentlich beeinflusst.Es könne somit festgehalten werden, dass die unzumutbare Lärmbelästigung grundsätzlich durch nicht strafbares Verhalten der Gäste des fraglichen Lokales verursacht worden sei. Im medizinischen Gutachten der Amtsärztin werde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass zur Vermeidung gravierender Schlafstörungen der äquivalente Dauerschallpegel 35 bis 45 dB nicht überschreiten solle, andernfalls es zu gravierenden Schlafstörungen komme. Es werde daher festgestellt, dass der durch die Gäste des fraglichen Lokales verursachte Lärm im Sinne des § 152 Abs. 6 GewO 1994 nicht zumutbar sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Nichtvorverlegung der Sperrstunde verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt sie vor, alle Messungen bezögen sich auf den Betrieb des Gastgartens, dessen Betriebszeit um 23.00 Uhr ende. Die Gastgärten in der H.-Gasse würden grundsätzlich nur in den Sommermonaten betrieben. Die Vorverlegung der Sperrstunde beispielsweise im Monat Jänner wirke sich auf die Lärmemissionen überhaupt nicht aus. Diesbezüglich habe die Behörde auch keine Messungen oder ein sonstiges Ermittlungsverfahren vorgenommen. Ein Eingriff in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit durch Vorverlegung der Sperrstunde zu Zeiträumen, in denen keine Lärmbeeinträchtigung der Nachbarschaft vorliege, sei unzulässig und willkürlich. Aus der lärmtechnischen Stellungnahme gehe hervor, dass durch die Gäste vor den Lokalen in der H.-Gasse zur Nachtzeit eine deutliche Überschreitung der in den technischen Richtlinien und Normen ausgeführten Richtwerte in den straßenseitigen Wohnräumen verursacht werde. Bedingt durch die Mehrfachreflexionen an den Gebäudeaußenwänden in der schmalen Gasse würden die Richtwerte bereits durch die Gespräche weniger Personen überschritten. Diese Stellungnahme bestätige, dass alle in der H.-Gasse aufhältigen Personen ursächlich für die Lärmemissionen in der genannten Wohnung seien. Die Personen vor dem in Rede stehenden Lokal seien lediglich Mitverursacher dieser Lärmemissionen. Wenn man bedenke, dass durch die Mehrfachreflexionen die Richtwerte bereits durch Gespräche weniger Personen verursacht würden, so sei nicht mehr schlüssig nachvollziehbar, warum diese Überschreitungen der Richtwerte wesentlich von den Gästen vor dem gegenständlichen Lokal beeinflusst würden. Eine Mitverursachung einer Lärmimmission reiche jedoch für die Anwendung der Bestimmung des § 152 Abs. 6 GewO 1994 nicht aus. Der Tatbestand dieser Norm erfordere, dass die unzumutbare Lärmbelästigung von Gästen vor der Betriebsanlage ausgehe. Im Ermittlungsverfahren werde jedoch lediglich auf Personen vor dem Lokal der Beschwerdeführerin abgestellt, ohne abzugrenzen, ob es sich hiebei um Gäste oder um Passanten handle, die im fraglichen Lokal nichts konsumiert hätten. Dem von der Erstbehörde aufgenommenen Videoband sei zu entnehmen, dass sich nicht nur Gäste des fraglichen Lokales vor diesem aufgehalten, sondern auch zahlreiche Personen den Bereich vor dem Lokal passiert bzw. dort kurz verweilt und sich unterhalten hätten. Es habe sich dabei um keine Gäste des Lokales der Beschwerdeführerin gehandelt. Die Vorverlegung der Sperrstunde sei auch nicht zweckmäßig, weil dadurch die bisher auftretende Lärmsituation in der H.-Gasse nicht verbessert werde. Die Lärmemission entstehe durch das Verhalten von Personen im Rahmen eines Gastgartenbetriebes. Dieser Betrieb ende jedoch spätestens um 23.00 Uhr. Eine Vorverlegung der Sperrstunde wäre nur dann zielführend, wenn die Lärmemissionen durch Gäste beim Verlassen oder Betreten des Lokales verursacht würden. Diesbezüglich habe die Behörde keine Feststellungen getroffen. Nunmehr stelle sich sogar heraus, dass durch die Vorverlegung der Sperrstunde auf 01.00 Uhr es zu dieser Zeit zu einer besonderen Lärmemission komme, weil alle Gäste des Lokales dieses zur gleichen Zeit verlassen müssten. Die Sperrstundenvorverlegung sei insofern kontraproduktiv. Bemerkenswert sei überdies, dass ausschließlich der Beschwerdeführerin für das fragliche Lokal eine Vorverlegung der Sperrstunde auferlegt worden sei, jedoch die anderen Gastgewerbebetriebe in der H.-Gasse diesbezüglich keine Einschränkungen erfahren hätten, was auf ein willkürliches und gleichheitswidriges Handeln der Behörde schließen lasse. In der lärmtechnischen Stellungnahme werde zwar darauf hingewiesen, dass sich die Lärmemission bei einer Erhöhung der Personenzahl vor dem gegenständlichen Lokal unabhängig von der Personenanzahl der Gäste vor den anderen Lokalen erhöhe. Es werde aber nicht dargestellt, wie sich die Lärmimmission bei gleich bleibender Besucherzahl im Gastgarten des fraglichen Lokales, aber höherer Besucheranzahl in den übrigen angrenzenden Gastgärten verhalte. Hätte man dies überprüft, dann wäre man zu dem Ergebnis gekommen, dass durch eine steigende Besucherfrequenz bei den übrigen Lokalen und gleich bleibender Personenanzahl vor dem gegenständlichen Lokal es ebenfalls zu einer Erhöhung der Lärmsituation komme. Auch gehe aus dieser Situation hervor, dass die im medizinischen Gutachten angeführten Grenzwerte unabhängig von der Besucherzahl im gegenständlichen Lokal ohnehin ständig überschritten seien und daher eine alleinige Zuordnung der Lärmimmissionen an das Lokal der Beschwerdeführerin auch aus diesem Grund verfehlt sei. Das medizinische Gutachten sei auch nicht nachvollziehbar, weil unbegründet eine Vorverlegung der Sperrstunde bzw. der Einbau von Schalldämmlüftern vorgeschlagen werde. Die Gutachterin verkenne, dass auf Grund der lärmtechnischen Stellungnahme vom Inneren des Lokales keine Immissionen in der genannten Wohnung wahrgenommen werden könnten. Das Lokal sei nämlich schalltechnisch völlig abisoliert.
Gemäß § 152 Abs. 6 GewO 1994 hat die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon zu der diesbezüglich unverändert gebliebenen Rechtslage nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 ausgeführt hat, bietet diese Bestimmung keine Deckung für einen bescheidmäßigen Ausspruch, dass eine Vorverlegung der Sperrstunde nur befristet für eine bestimmte Zeit oder für bestimmte Zeiträume zu gelten habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1993, Zl. 93/04/0052). Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 152 Abs. 6 GewO 1994 erfüllt, so ist die spätere Aufsperrstunde oder die frühere Sperrstunde ohne weitere Befristung vorzuschreiben. Es bildet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dass diesem Feststellungen lediglich über unzumutbare Belästigungen der Nachbarschaft während der wärmeren Jahreszeit zugrunde liegen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber auch nicht der Ansicht der Beschwerdeführerin anzuschließen, aus dem lärmtechnischen Sachverständigengutachten ergebe sich, dass schon durch eine geringe Anzahl von Personen, die sich (irgendwo) in der H.-Gasse aufhielten, eine unzumutbare Belästigung durch Lärm in der genannten Wohnung hervorgerufen werde. Aus dem Gesamtzusammenhang, in dem die von der Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihrer Ansicht herangezogenen Ausführungen in diesem Gutachten stehen, ergibt sich vielmehr zweifelsfrei, dass sich diese Aussage auf Personen bezieht, die sich im Eingangsbereich des fraglichen Lokales befinden. Aus diesem Gutachten ergibt sich ferner zweifelsfrei (was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird), dass die in Rede stehenden Belästigungen durch Lärm unabhängig von der Frequenz anderer Lokale durch Personen verursacht wurden, die sich vor dem gegenständlichen Lokal aufhielten. Daraus ergibt sich mit ausreichender Sicherheit, dass diese Belästigungen schon allein durch diese Personen und nicht erst im Zusammenwirken mit Lärm verursacht werden, der von Personen hervorgerufen wird, die sich vor anderen Lokalen aufhalten. Dass möglicherweise, wie die Beschwerdeführerin meint, auch durch Personen, die sich vor anderen Lokalen aufhalten, in der in Rede stehenden Wohnung unzumutbare Lärmbelästigungen hervorgerufen werden können, vermag nichts daran zu ändern, dass im konkreten Fall die von der belangten Behörde festgestellten Lärmbelästigungen (allein) von Personen ausgingen, die sich vor dem in Rede stehenden Lokal aufhielten.
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die in Rede stehenden Lärmbelästigungen stünden im Zusammenhang mit einem (ihrem?) Gastgarten, dessen Betrieb um 23.00 Uhr ende, sind für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, weil einerseits die ihm vorliegende Aktenlage einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines genehmigten Gastgartens nicht bietet und andererseits im Rahmen der von der belangten Behörde veranlassten Lärmmessungen vor allem Lärmereignisse in der Zeit um Mitternacht festgestellt wurden.
Sollte es tatsächlich so sein, dass, verursacht durch die Vorverlegung der Sperrstunde auf 01.00 Uhr, um diese Zeit besondere Lärmemissionen entstünden, so wäre dies nicht etwa ein Beleg für die mangelnde Zweckmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Maßnahme; es wäre dann vielmehr Sache der Behörde, gegebenenfalls neuerlich mit einer (weiter gehenden) Maßnahme nach § 152 Abs. 6 GewO 1994 vorzugehen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich ferner nicht der Ansicht der Beschwerdeführerin anzuschließen, das Gutachten der medizinischen Amtssachverständigen sei nicht nachvollziehbar, weil sie neben der Vorverlegung der Sperrstunde auch den Einbau von Schalldämmlüftern vorschlägt. Wie sich bei Lektüre dieses Gutachtens unschwer erkennen lässt, bezieht sich dieser Vorschlag nicht auf eine bauliche Maßnahme in der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin, sondern in der genannten Wohnung.
Mit ihrem Vorbringen, mit dem die Beschwerdeführerin neuerlich in Zweifel zieht, dass es sich bei den Personen, die sich im Zeitpunkt der Lärmmessungen vor ihrem Lokal aufhielten, um Gäste dieses Lokales gehandelt hat, bekämpft sie die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings nicht zu erkennen, dass der belangten Behörde hiebei ein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Fehler unterlaufen wäre, verweist sie doch, gestützt sowohl auf die verbalen Ausführungen im lärmtechnischen Gutachten als auch auf den Inhalt der im Zuge der Lärmmessungen vorgenommenen Videoaufzeichnung zu Recht auf den Umstand, dass die Personen, die sich zu dieser Zeit vor dem fraglichen Lokal aufgehalten haben, zumindest überwiegend Getränke konsumierten und von Kellnern, die aus der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin kamen, bedient wurden. Dass daneben auch bloße Passanten vor dem Lokal der Beschwerdeführerin vorübergingen, vermag an diesem Ergebnis schon deshalb nichts zu ändern, weil, wie sich aus dem lärmtechnischen Gutachten ergibt, die ermittelte unzumutbare Lärmbelästigung von der Anzahl der anwesenden Personen weitgehend unabhängig war.
Zusammenfassend erweist sich die Annahme der belangten Behörde, es seien im vorliegenden Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 152 Abs. 6 GewO 1994 für eine Vorverlegung der Sperrstunde gegeben, als frei von Rechtsirrtum. Dass möglicherweise diese Tatbestandsvoraussetzungen auch in Ansehung anderer in der H.-gasse gelegener Lokale erfüllt sind und daher ein entsprechendes Vorgehen der Behörde auch in diesen Fällen indiziert wäre, ist für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Einfluss. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, zumal sich aus der Beschwerde nicht einmal ansatzweise ergibt, welcher Sachverhalt einer Erörterung in der mündlichen Verhandlung bedürfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999040168.X00Im RIS seit
20.11.2000