Entscheidungsdatum
09.08.2018Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AuslbG §7 Abs6 Z1Text
Gekürzte Ausfertigung gemäß § 29 Abs 5 VwGVG
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerde des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See, AH, gegen das Straferkenntnis (Ermahnung) der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 4.5.2018, Zahl 30406-369/xxxxx-2018, (Beschuldigter AB AA) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Gemäß §§ 38 und 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Im verfahrensgegenständlichen Fall bezieht sich die Beschwerde lediglich auf den Ausspruch der Ermahnung und wurde beantragt, eine Geldstrafe zu verhängen. Nachdem gegen den Schuldspruch auch von Seiten des Beschuldigten keine Beschwerde eingebracht worden ist, ist der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides in Rechtskraft erwachsen und hatte sich das Landesverwaltungsgericht daher nur noch mit der Frage der Zulässigkeit des Absehens von der Verhängung einer Strafe und einer gleichzeitigen Ermahnung zu beschäftigen.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
In den Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs 1 VStG enthaltenen Bestimmungen an systematisch richtiger Stelle zusammengeführt werden sollen. § 45 Abs 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen § 21 Abs 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe – bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten – vorsah, "wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind", besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, anhand derer auch die Rechtsfragen in Bezug auf die nunmehrige Bestimmung der § 45 Abs 1 Z 4 VStG zu lösen sind (vgl Beschluss des VwGH vom 5.5.2014, Ro 2014/03/0052).
Grundsätzlich ist im Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowohl die außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG als auch das Absehen von der Strafe möglich (vgl zB die Entscheidung des VwGH vom 30.8.1991, 91/09/0095, die auf Grundlage der früheren Bestimmung des § 21 VStG ergangen ist).
Als nachteilige Folgen illegaler Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften sind insbesondere die Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden (vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben sowie Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit) und die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung – demnach generalpräventive Gründe – anzusehen (vgl zB VwGH vom 19.9.2001, 99/09/0264). Übertretungen des § 3 AuslBG sind daher grundsätzlich mit einem gravierenden Unrechtsgehalt behaftet. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um keinen typischen Fall von "Schwarzarbeit" und ist davon auszugehen, dass auf Grund der Erteilung einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung für den Zeitraum 13.5.2016 bis 12.5.2017 und insbesondere der erfolgten Anmeldung des kroatischen Staatsangehörigen zur Sozialversicherung derartige volkswirtschaftliche Schäden nicht vorliegen.
Dennoch konterkariert die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes grundsätzlich die Bemühungen zur Ordnung und Bewirtschaftung des heimischen Arbeitsmarktes. Wie der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen ausführte, scheiterte die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG – nach dieser Bestimmung konnte die Behörde bei geringfügigem Verschulden des Beschuldigten und unbedeutenden Folgen der Übertretung ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen und, sofern dies erforderlich war, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen – selbst dann, wenn man dem Arbeitgeber in Ansehung der Beschäftigung von Ausländern ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ein relativ geringes Verschulden zugestünde, daran, dass die Folgen der Übertretungen nicht unbedeutend sind. Ausgehend vom Schutzzweck des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, einerseits inländische Arbeit Suchende vor einem ungehemmten, wettbewerbsverzerrenden Einströmen ausländischer Arbeitskräfte zu schützen, zum Anderen den Interessen der heimischen Wirtschaft dadurch Rechnung zu tragen, dass unter Vorgabe von Kontingentierungen und staatlichen Kontrollen eine Deckung des Arbeitskräftebedarfs insbesondere in jenen Branchen, in welchen erfahrungsgemäß inländische Arbeitskräfte schwer zu vermitteln sind, sicher zu stellen, könne nicht von unbedeutenden Folgen der Übertretungen ausgegangen werden (zB VwGH vom 10.2.1999, 98/09/0298; 21.12.2009, 2008/09/0055).
Im verfahrensgegenständlichen Fall handelte es sich jedoch insoferne um eine besondere Konstellation, als zum einen eine Beschäftigungsbewilligung für den Zeitraum 13.5.2016 bis 12.5.2017 sowie in weiterer Folge für den Zeitraum von 20.4.2017 bis 19.4.2018 vorgelegen ist und zum anderen der ausländische Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet worden ist. Deshalb ist hier dennoch von unbedeutenden Folgen der Übertretung auszugehen.
Zum Verschulden ist auszuführen, dass – wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt – gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung fahrlässiges Verhalten genügt. Von einem geringfügigen Verschulden kann nach der ständigen Judikatur nur dann die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl VwGH vom 12.9.1986, 86/18/0059; 20.10.1987, 87/04/0070; 14.1.1988, 86/08/0073; 26.3.1993, 92/03/0113 bis 0117).
Gemäß § 7 Abs 6 Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG erlischt eine Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der Beschäftigung des Ausländers. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Unterbrechung von etwa drei Monaten nicht mehr als so kurz beurteilt werden, dass noch von einem einheitlichen Dienstverhältnis gesprochen werden könnte (vgl zB VwGH vom 18.12.2001, 2000/09/0076).
Zu den Anforderungen an den Wissensstand juristischer Laien betreffend die Erlöschung einer Beschäftigungsbewilligung führte der Verwaltungsgerichtshof allerdings aus, dass die Forderung, dass ein Geschäftsführer verpflichtet ist, sich mit den Bestimmungen des AuslBG vertraut zu machen, einem Nichtjuristen gegenüber nicht überspannt werden darf. Die Unkenntnis des Gesetzes in einem Detail, wie dem Erlöschen einer befristeten Beschäftigungsbewilligung durch Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs 6 AuslBG, stellt bei kurzfristig unterbrochenen Beschäftigungsverhältnissen einen entschuldbaren Rechtsirrtum dar. Hat demnach ein Arbeitgeber bei der Weiterbeschäftigung eines Ausländers nach einer Unterbrechung offensichtlich im Vertrauen auf die für das gesamte Jahr bereits erteilte Beschäftigungsbewilligung und daher in gutem Glauben gehandelt, was sich daraus entnehmen lässt, dass er diese Weiterbeschäftigung prompt der Krankenkasse gemeldet hat, umfasst die nach den Verhältnissen des Geschäftsführers erforderliche Sorgfalt nicht auch die Kenntnis des § 7 Abs 6 AuslBG und seiner Konsequenzen für die Wiederaufnahme eines kurzfristig unterbrochenen Beschäftigungsausmaßes (vgl VwGH vom 18.2.1993, 92/09/0321).
Da es sich wie dargestellt hier nicht mehr nur um ein kurzfristig unterbrochenes Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat und das Erlöschen einer Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der Beschäftigung des Ausländers auch einem juristischen Laien grundsätzlich verständlich ist (VwGH vom 7.7.1999, 99/09/0054) war im gegenständlich zu beurteilenden Fall die Unkenntnis der Regelung des Erlöschens einer befristeten Beschäftigungsbewilligung durch eine – nicht mehr nur als kurzfristig anzusehende – Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses aber jedenfalls als geringfügiges Verschulden des Beschuldigten anzusehen, zumal diese einem entschuldbaren Rechtsirrtum nahekommt.
Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass im gegenständlichen Fall die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (der inländische Arbeitsmarkt) sowie die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten als gering anzusehen sind und daher die Voraussetzungen für eine Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vorliegen, weshalb von der Verhängung einer Strafe abzusehen war (vgl zB VwGH vom 28.10.1980, 263, 264/80; 21.10.1998, 96/09/0163; 19.9.2001, 99/09/0264) Gleichzeitig erschien es erforderlich, eine Ermahnung auszusprechen, um den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Die Beschwerde des Finanzamtes gegen ein Absehen von der Strafe unter Erteilung einer Ermahnung war daher als unbegründet abzuweisen.
Hinweis
Nach mündlicher Verkündung des Erkenntnisses durch das Landesverwaltungsgericht Salzburg am 24.7.2018 haben die anwesenden Parteien (Beschuldigter sowie Abgabenbehörde) auf die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und die Revision beim Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich verzichtet. Nach Zustellung der Niederschrift, Zahl 405-7/616/1/5-2018, hat außerdem kein hiezu Berechtigter binnen offener Frist die ungekürzte schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses im Sinne des § 29 Abs 4 VwGVG beantragt. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg konnte daher das Erkenntnis in gekürzter Form ausfertigen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Da kein hiezu Berechtigter binnen offener Frist eine ungekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt hat oder die Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet haben, ist gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel mehr zulässig (§ 25a Abs 4a VwGG und § 82 Abs 3b VfGG).
Schlagworte
Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Unterbrechung Beschäftigungsverhältnis, Erlöschen Beschäftigungsbewilligung, Absehen von der StrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.7.616.1.9.2018Zuletzt aktualisiert am
22.08.2018