TE Bvwg Beschluss 2018/6/6 W270 2170804-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.06.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
AVG §62 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W270 2170804-1/16E

W270 2172548-1/13E

W270 2170801-1/16E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Günther Grassl als Einzelrichter:

A)

I. Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2018, Zl. W270 2170804-1/10Z, W270 2170801-1/10Z und W270 2172548-1/7Z, samt der Niederschrift der mündlich verkündeten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wird dahingehend berichtigt, dass im Erkenntnis auf S. 26 der Niederschrift der Vorname in den Spruchpunkten A.I.) und A.II.) jeweils statt "XXXX" "XXXX" zu lauten hat.

II. Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2018, Zl. W270 2170804-1/10Z, W270 2170801-1/10Z und W270 2172548-1/7Z, samt der Niederschrift der mündlich verkündeten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wird dahingehend berichtigt, dass im Erkenntnis auf S. 27 der Niederschrift der Vorname in den Spruchpunkten A.I.) und A.II.) jeweils statt "XXXX" "XXXX" zu lauten hat und in Spruchpunkt A.I.) anstelle der Wortfolge "des subsidiär Schutzberechtigten" die Wortfolge "der subsidiär Schutzberechtigten" und in Spruchpunkt A.II.) anstelle des Wortes "Schutzberechtigter" das Wort "Schutzberechtigte" zu treten haben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schriftliche Ausfertigung der am 19.03.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisse

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther Grassl als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2018,

A.I.) zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. beschlossen:

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. eingestellt.

A.II.) zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i. V.m. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B)

Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther Grassl als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2018,

A.I.) zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. beschlossen:

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. eingestellt.

A.II.) zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i. V.m. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B)

Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther Grassl als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2018,

A.I.) zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. beschlossen:

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. eingestellt.

A.II.) zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i. V.m. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B)

Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX(in Folge: "Erstbeschwerdeführer"), XXXX (in Folge: "Zweitbeschwerdeführer") und XXXX ("Drittbeschwerdeführerin") stellten am 21.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei ihrer am Tag der Antragstellung stattgefundenen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Erstbeschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, dass er als Kind mit seiner Familie von Afghanistan in den Iran gezogen sei. Vor drei Jahren hätte er seine Aufenthaltskarte verlängern wollen, er wurde jedoch festgenommen, nach Afghanistan abgeschoben und sei dann illegal in den Iran zurückgekehrt. Die Afghanen würden im Iran sehr schlecht behandelt werden. Er sei ständig von den iranischen Behörden belästigt worden. Das seien die Gründe, welche auch für seine Kinder gelten würden. Der Zweitbeschwerdeführer gab an, dass er nicht weiter zur Schule gehen konnte und im Iran keine Zukunft hatte.

3. Bei ihrer Einvernahme am 21.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz (in Folge: "belangte Behörde") gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, dass er nach seiner Abschiebung zunächst in Herat war und dann nach Masar-e Sharif ging. Die älteren Leute seien sehr überrascht gewesen, dass er hier war. Sein Vater hätte früher für die Russen gearbeitet. Die jugendlichen Söhne einer Familie aus seinem Heimatdorf wären mitgenommen worden, sein Vater sei beschuldigt worden, warum er nicht Bescheid gesagt habe. Sein Vater sei von der Familie der mitgenommenen Söhne bedroht worden; er hätte dann fliehen müssen. Es hätte auch noch ein weiteres Problem mit der Familie gegeben. Sein Onkel hätte ein Mädchen in den Iran entführt, da hätte es Probleme mit deren Familie gegeben.

Der Zweitbeschwerdeführer gab an, dass sein Großvater beim Staat gearbeitet hätte und Probleme bekommen hätte; Genaueres wisse er nicht. Vor ca. fünf Jahren wäre sein Vater nach Afghanistan abgeschoben worden, er hätte dann die Schule nicht mehr besuchen können.

4. Das BFA wies mit Bescheiden vom 31.08.2016 die gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: "AsylG 2005") ab (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß §§ 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl I Nr. 145/2017 (in Folge: "BFA-VG") wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: "FPG") festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Zur Begründung der Bescheide führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass es nicht glaubwürdig sei, dass durch die Probleme des Vaters des Erstbeschwerdeführers auf eine individuelle Verfolgung seiner Person zu schließen sei. Die Glaubhaftmachung eines Asylgrunds könne von vornherein ausgeschlossen werden. Zum Zweitbeschwerdeführer und zur Drittbeschwerdeführerin seien keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden; der Fluchtgrund des Erstbeschwerdeführers nicht asylrelevant. Es ergäben sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde bzw. lägen auch keine individuellen Umstände vor, welche dafür sprechen würden, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine derartige Notlagen geraten würden, die eine unmenschliche Behandlung iSd Art. 3 EMRK darstellen würde. Die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich seien jedenfalls geringer zu werten als das öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens.

5. Gegen diese Bescheide erhoben die Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer sowie die Drittbeschwerdeführerin, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, am 13.09.2017 Beschwerden. In diesen bestritten die Beschwerdeführer im Wesentlichen die Beweiswürdigung im Hinblick auf die Feststellungen zum Erstbeschwerdeführer und erstatteten Vorbringen zur Blutrache sowie zur Situation der Hazara. Man würde außerdem bei Rückkehr in eine aussichtlose, die Existenz bedrohende Notlage geraten.

6. Am 19.03.2018 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführer im Beisein einer Rechtsberaterin ihrer bevollmächtigten Vertreterin teilnahmen. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Im Rahmen der Verhandlung legten die Beschwerdeführer eine Reihe von Urkunden zur ihrem Leben in Österreich vor. Das Gericht führte eine Reihe länderkundlicher Informationen in das Verfahren ein. Nach Schluss der Verhandlung verkündete das Bundesverwaltungsgericht mündlich Erkenntnisse.

7. Mit Schreiben vom 23.03.2018 ersuchte die belangte Behörde um schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide:

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärten die Beschwerdeführer, dass sie die Beschwerdeanträge zu den Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide zurückziehen. Im Übrigen erklärten Sie, dass sie ihr Beschwerdebegehren vollinhaltlich aufrecht halten.

1.2. Zu den Personen und deren Leben in Österreich:

1.2.1. Zum Erstbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer trägt den Namen Ibrahim NURI. Er wurde am 01.01.1975 in Afghanistan, in der Provinz Balkh, und dort im Stadtteil Alitschopan der Stadt Masar-e Sharif oder geboren. Er ist afghanischer Staatsbürger.

Die Muttersprache des Erstbeschwerdeführers ist Farsi. Er kann Farsi auch lesen und schreiben. Daneben spricht er auch ein wenig Deutsch.

Der Erstbeschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem.

Der Erstbeschwerdeführer ist gesund.

Im Jahr 1982 verließ der Erstbeschwerdeführer mit seinen Eltern Afghanistan und ging in den Iran. Dort besuchte er von 1984 bis 1995 die Schule und erlangte auch ein Diplom. Nach der Schulzeit machte er einen Englischkurs für sechs Monate und arbeitet danach als Helfer in einer Konditorei. Danach war er rund sechs Jahre selbstständig mit einer Schneiderei für Frauenkleider. Er hatte bei dieser Geschäftstätigkeit auch zwei bis drei Angestellte.

Im Iran, und dort in der Stadt Mashad, leben die im Jahr 1980 geborene Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, XXXX, dessen im Jahr 2000 geborener Sohn XXXX und seine im Jahr 2009 geborene Tochter XXXX. XXXX versorgt auch die im Iran lebenden Familienangehörigen. Im Jahr 2012 wurde der Erstbeschwerdeführer nach Afghanistan abgeschoben und kehrte erst nach einigen Wochen wieder in den Iran zurück. Er hielt sich während dieser Zeit auch rund neun Tage in Masar-e Sharif bzw. in XXXX auf.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Afghanistan über ein Vermögen in Form von Anteilen an einem Haus in Masar-e Sharif. Dieses ist zerstört. Daneben verfügt der Erstbeschwerdeführer über ein - gepachtetes - Haus im Iran, welches von seiner Ehefrau und den im Iran verbliebenen Kindern bewohnt wird.

Am 21.09.2015 stellte der Erstbeschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer lebt mit dem Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin in XXXX. Er hat dort Kontakt mit Österreichern, wie etwa einer Freundin namens "XXXX". Mit dieser geht er unter anderem Bergtouren. In XXXX besucht er von Zeit zu Zeit den XXXX. Er hat auch bereits Tätigkeiten für die Gemeinde Vorchdorf erbracht und dafür geringe Geldbeträge erhalten.

Der Erstbeschwerdeführer hat das B1-Niveau der deutschen Sprache erlangt.

Der Erstbeschwerdeführer ist unbescholten.

1.2.2. Zum Zweitbeschwerdeführer:

Der Zweitbeschwerdeführer trägt den Namen XXXX. Er wurde am XXXX im Iran geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger.

Die Muttersprache des Zweitbeschwerdeführers ist Farsi. Er hat mehrere Kurse der deutschen Sprache absolviert und zwischenzeitig auch das B1-Zertifikat der deutschen Sprache erlangt. Der Zweitbeschwerdeführer ist jedenfalls in der Lage, auf elementarer Ebene in einfachen, routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens in deutscher Sprache zu kommunizieren. Überdies hat er einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Er lebt mit dem Erstbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin in XXXX. Er ist nicht Mitglied in einem Verein.

In seiner Freizeit spielt der Zweitbeschwerdeführer gerne Fuß- und Volleyball, auch mit österreichischen Freunden. Letztere tragen die Namen "XXXX" und "XXXX". Er besucht auch den XXXX.

Am 21.09.2015 stellte der Zweitbeschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Derzeit macht der Zweitbeschwerdeführer seinen Pflichtschulabschluss. Er ist nicht erwerbstätig und hat auch keine Einstellzusage. Er hat Kontakt zu Österreichern, mit diesen spielt er u.a. an Sonntagen Volleyball. Er spielt in seiner Freizeit außerdem Fußball. Eine Vereinsmitgliedschaft oder Vereinsaktivität konnte nicht festgestellt werden; der Zweitbeschwerdeführer war jedoch mehrfach im Jugendzentrum in XXXX. Er hat auch bereits ehrenamtliche Tätigkeiten für die Gemeinde XXXX erbracht.

Der Zweitbeschwerdeführer ist gesund und unbescholten.

1.2.3. Zur Drittbeschwerdeführerin:

Die Drittbeschwerdeführerin trägt den Namen XXXX. Sie wurde am XXXX im Iran geboren und ist afghanische Staatsangehörige. Am XXXX stellte sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Muttersprache der Drittbeschwerdeführerin ist Farsi. Sie ist jedenfalls in der Lage in deutscher Sprache auf A2-Nievau zu kommunizieren.

Sie lebt mit dem Erst- und dem Zweitbeschwerdeführer in XXXX. Sie besucht in der "XXXX" eine Musikklasse. Daneben lernt sie auch Gitarre und Flöte.

Was sie nach der Schulzeit machen möchte, weiß die Drittbeschwerdeführerin noch nicht.

Sie hat eine Reihe österreichischer Freundinnen namens "XXXX", "XXXX", "XXXX", "XXXX", "XXXX" und "XXXX" und "XXXX". Mit diesen unternimmt sie Freizeitaktivitäten, wie z.B. in den Park gehen.

Die Drittbeschwerdeführerin ist gesund.

1.3. Persönliche Situation der Beschwerdeführer bei Rückkehr nach Afghanistan

Es besteht die Möglichkeit, staatliche Rückkehrhilfe mit folgenden Leistungselementen zu beziehen:

* finanzielle Starthilfe (maximal EUR 500/Person; aktuell gibt es eine Sonderaktion für Asylwerber 1000/Person sowie für Familien max. EUR 3000);

* Reiseorganisation;

* Übernahme der Reisekosten und Reisepapierbeschaffung;

* sowie gegebenenfalls medizinische Versorgung.

Für Afghanistan gibt es auch spezielle Reintegrationsprogramme, die zusätzlich beantragt werden können:

In Österreich stehen für afghanische Staatsangehörige zwei spezielle Reintegrationsprojekte zur Verfügung: "ERIN" oder "RESTART II". Beide Angebote zielen effektiv auf die Wiedereingliederung im Heimatland ab und können erst nach Ankunft im Herkunftsland bezogen werden.

Folgende Leistungen können bezogen werden:

* Die Sachleistung beträgt bei "ERIN" 3.000 EUR; in bar erhalten die Personen EUR 500;

* Beim Projekt "RESTART II" der Internationalen Organisation für Migration (IOM) besteht die Sachleistung aus EUR 2.800 und der Barwert aus EUR 500. Je nach Bedarf stellt hier IOM auch Leistungen wie Family Assessment oder eine temporäre Unterkunft nach der Ankunft zur Verfügung.

(Zusammenfassung bzw. Auszug unter Wiedergabe der entscheidungsrelevanten Passagen aus folgender Quelle:

Informationsblatt "Information des BFA in Bezug auf Rückkehrunterstützung und Reintegrationsmaßnahmen va. für afghanische Staatsangehörige im Herkunftsland" vom 06.04.2017, GZ BMI-BA121004/0002-BFA-B/I/2/2017)

In Afghanistan gibt es keine speziellen Unterkünfte für Rückkehrer bzw. Rückkehrerinnen oder soziales Wohnen.

(Zusammenfassung bzw. Auszug unter Wiedergabe der entscheidungsrelevanten Passagen aus folgender Quelle:

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom Februar 2018:

Sozialleistungen für Rückkehrer)

Eine Unterstützungsmöglichkeit von näheren Familienangehörigen oder sonstigen Dritten bei Rückkehr konnte nicht festgestellt werden.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

1.4.1. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist insgesamt nach wie vor volatil; immer wieder erschüttern Attentate das Land und treiben regierungsfeindliche Kräfte ihr Unwesen. Die konkrete Beurteilung der Sicherheitslage variiert von Provinz zu Provinz stark. Die Hauptstadt Kabul und mehrere Provinzhauptstädte stehen jedoch überwiegend unter staatlichem Einfluss und sind vergleichsweise sicher. Die Taliban haben keine größeren Versuche mehr unternommen, Provinzhauptstädte einzunehmen.

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018 [in Folge: "LIB"], Pkt. 1. "Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen" und 3. "Sicherheitslage").

Rebellengruppen

Allgemeines

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015. Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium.

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden.

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit.

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban. Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen. Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung.

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt. Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben. Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten. Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan).

Der derzeitige Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. Hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour.

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet. Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente. Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar.

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert. Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete. Anfangs wuchs der IS schnell. Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand.

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar. Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen. Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen. Der IS hatte mit Verlusten zu kämpfen. Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan.

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen. Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan.

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan.

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 3. "Sicherheitslage")

Grundversorgungs- und Wirtschaftslage

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können.

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe.

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 21 "Grundversorgung und Wirtschaft").

Rechtsschutz und Justizwesen in Afghanistan

Im Bereich des Rechtsschutzes und des Justizwesens in Afghanistan gibt es legislative Fortschritte; dennoch gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen und werden Dispute überwiegend außerhalb des formellen Justizsystems gelöst. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, in den ländlichen Gebieten aber schwächer ausgeprägt. Dem Justizsystem mangelt es an Leistungsfähigkeit, teils mangels qualifizierten Personals (insbesondere in ländlichen Gebieten), teils wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit von Gesetzestexten; die Situation bessert sich jedoch. Innerhalb des Gerichtswesens ist auch Korruption vorhanden und sind Richterinnen und Richter und Anwältinnen und Anwälte oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen.

(Zusammenfassung aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 4. "Rechtsschutz/Justizwesen")

Sicherheitsbehörden in Afghanistan

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums.

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen; dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt.

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen.

Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert, davon 4.228 Frauen.

Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2%.

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten. 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind.

Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind. Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden.

Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9%.

Afghanische Nationalarmee (ANA)

Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).

Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile.

Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Masar-e Sharif und Kabul.

Resolute Support Mission

Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Masar-e Sharif, Herat, Kandahar und Laghman.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 5. "Sicherheitsbehörden")

Effektivität der Sicherheitskräfte

Quellen berichten, dass die Effektivität der afghanischen Kräfte zur Sicherung und dem Halten von Gebieten in hohem Ausmaß von internationaler Unterstützung abhängt. Dies schließt die Abhängigkeit von internationalen Kräften ein, um zu helfen das Eindringen bzw. Geländegewinne der Taliban in zentralen Distrikten, Straßen und urbanen Gebieten zurückzudrängen.

Die Vereinten Nationen berichten, dass zwischen Jänner und Oktober 2016 aufgezeichnete Sicherheitsvorfälle den höchsten Wert seit 2007 erreichten und beschrieben die afghanischen Sicherheitskräfte als im Hinblick auf Kommandostrukturen und Führung als unter Druck stehend, obwohl einige Verbesserungen im Hinblick auf das Erreichen der Truppenstärkeziele festgestellt wurden.

Personalverluste der afghanischen Sicherheitskräfte werden berichtet aufgrund von Tötungen oder der Verwundung von Mitgliedern, deren Gefangennahme oder deren Entzug vom Dienst ohne Abmeldung. Desertationen sind für zwei Drittel der Schrumpfung verantwortlich. Nach dem Afghanistan Analysts Network (AAN) sind die Sicherheitskräfte durch Schrumpfung und Schwächen im Hinblick auf Kampfbereitschaft, Logistik, Luftmacht, Moral, nachrichtendienstliche Fähigkeiten und Führung unter Druck. Den Kräften fehlen Kohärenz und Koordination und sie verletzen Menschenrechte und verursachen zivile Opfer. Daher sind die Truppen in der Praxis oftmals nicht fähig oder willig, um effektiv auf Talibanangriffe zu reagieren. Sie sind oft auch schwach ausgerüstet, müssen für sich selbst sorgen und sind konfrontiert mit einer unempfänglichen, sich neutral verhaltenden und manchmal unfähigen Führung, die durch politische Spaltung, Misstrauen und Korruption zerrissen ist. In ähnlicher Weise geben die Gelehrten Antonio Giustozzi und Ali Mohammad Ali an, dass nach dem Rückzug der internationalen Berater und dem Wegfall der internationalen Unterstützung das Militär mit Schwächen in der Logistik, Planung und Führung konfrontiert war. Dies wurde verstärkt durch politische Einmischung (Störung) in die Besetzung höherer Posten, was wiederum oft zu inkompetenten eingesetzten Kommandanten führt.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus folgender Quelle: Country of Origin Information Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Masar-e Sharif, and Herat City, August 2017 [abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_COI_Afghanistan_IPA_August2017.pdf (abgerufen am 14.05.2018); in Folge: "EASO-Bericht Sozioökonomie"], Pkt. 3.2.2.2. "Kapazität und Effektivität", im Hinblick auf die afghanische Nationalarmee)

Folter und unmenschliche Behandlung

Laut afghanischer Verfassung ist Folter verboten (Art. 29). Fälle von Folter durch Angehörige der Polizei, des NDS und des Militärs sind nachgewiesen und werden von den jeweiligen Behörden zumindest offiziell als Problem erkannt.

Generell sind Frauen und Kinder in Polizeigewahrsam und Haftanstalten besonders in Gefahr, misshandelt zu werden. In jüngerer Vergangenheit wurden im Zusammenhang mit Häftlingen, die im Zuge des bewaffneten Konfliktes in Afghanistan festgenommen wurden, grobe Missstände aufgedeckt.

Im Jänner 2015, startete Präsident Ghani einen Nationalen Aktionsplan zur Eliminierung von Folter; das dafür zuständige Komitee wurde im Mai 2015 gegründet. Im November 2015, war das Justizministerium dabei ein neues Anti-Folter-Gesetz zu erarbeiten. Von diesem wird erwartet, weitläufige Bestimmungen zur Wiedergutmachung für Folteropfer zu enthalten. Human Rights Watch zufolge, gab es im Jahr 2016 diesbezüglich keine weiteren Entwicklungen.

Artikel 30 der afghanischen Verfassung besagt, dass Aussagen und Geständnisse, die durch Zwang erlangt worden sind, ungültig sind. Da die Abgrenzung zwischen polizeilicher und staatsanwaltlicher Arbeit nicht immer gewahrt ist, werden Verdächtige oft lange über die gesetzliche Frist von 72 Stunden hinaus festgehalten, ohne einem Staatsanwalt oder Richter vorgeführt zu werden. Trotz gesetzlicher Regelung erhalten Inhaftierte zudem nur selten rechtlichen Beistand durch einen Strafverteidiger. Schließlich liegt ein zentrales Problem in der Tatsache begründet, dass sich afghanische Richter/innen bei Verurteilungen fast ausschließlich auf Geständnisse der Angeklagten stützen. Das Geständnis als "Beweismittel" erlangt so überdurchschnittliche Bedeutung, wodurch sich der Druck auf NDS und Polizei erhöht, ein Geständnis zu erzwingen. Da die Kontrollmechanismen weder beim NDS noch bei der afghanischen Polizei durchsetzungsfähig sind, erfolgt eine Sanktionierung groben Fehlverhaltens durch Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden bisher nur selten. Allerdings scheint sich die Lage dieser Häftlinge insgesamt verbessert zu haben: rund 35% der Befragten gaben an, gefoltert worden zu sein (im Gegensatz zu 49% im UNAMA-Bericht von Januar 2013).

Im Juni 2015 gab der NDS wiederholt Anweisungen betreffend des Folterverbots, speziell zum Erhalt von Geständnissen.

(Zusammenfassung aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 6. "Folter und unmenschliche Behandlung")

Binnenflüchtlinge

Allgemeines

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern.

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 4. Februar 2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben. Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren.

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen.

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben.

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren.

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc.

2017

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden.

2016

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar.

Flüchtlinge in Afghanistan

Laut UNHCR sind derzeit in Afghanistan rund 55.000 registrierte Flüchtlinge (darunter viele pakistanische Staatsangehörige) und ca. 300 Asylwerber. Der Großteil der Menschen aus Pakistan ist im Juni 2014 vor Auseinandersetzungen aus der Nord-Waziristan-Region nach Afghanistan geflüchtet.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 20. "Binnenflüchtlinge")

1.4.2. Lage in der Provinz Balkh bzw. der Stadt Masar-e Sharif, sozioökonomische Bedingungen in den Städten Kabul und Herat

Balkh/Masar-e Sharif

Allgemeines und Rückkehrer

Balkh liegt im Norden Afghanistans mit Grenzen zu Usbekistan im Norden, Tadschikistan im Nordosten, Kunduz im Osten, Samangan im Südosten, Sar-e Pul im Südwesten, Jawzjan im Westen und Turkmenistan im Nordwesten. Die Provinzhauptstadt ist Masar-e Sharif. Es gibt 15 Distrikte. Die Provinz hat schätzungsweise 1,38 Millionen Einwohner, von denen ungefähr

427.647 in Masar-e Sharif leben. Die wichtigsten ethnischen Gruppen sind Tadschiken und Paschtunen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in ländlichen Gebieten und mehr als ein Drittel lebt von der Landwirtschaft. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums und der Weltbank für die Jahre 2013 und 2014 leben 63,6% der Bevölkerung Balkhs in ländlichen Gebieten und 34,3% der Einwohner arbeiten in der Landwirtschaft. Masar-e Sharif ist eines der größten Handels- und Finanzzentren Afghanistans.

UNHCR bestätigte im Jahr 2017, dass die Provinz Balkh, hauptsächlich die Stadt Masar-e Sharif ungefähr 26.000 Personen (Binnenvertriebene und Rückkehrer) in den vergangenen beiden Jahren empfangen hat. Trotz eines weiteren Umfangs an Grundleistungen im Vergleich zu anderen Provinzen ist sie Aufnahmekapazität bereits sehr weit gedehnt im Verhältnis zu den verfügbaren Ressourcen, welche für die städtischen Behörden und die die Hilfsakteure verfügbar sind. Zerbrechliche soziale Leistungen und eine marode Wirtschaft geben wenige Möglichkeiten, sich als Rückkehrer oder Binnenvertriebener wieder in der Stadt zu integrieren. Einige Binnenvertriebene waren gezwungen wieder an ihren Herkunftsort zurückzukehren, weil sie nicht länger die Miete und die Lebenshaltungskosten in Masar-e Sharif aufbringen konnten; wobei allerdings die meisten von diesen aus unsicheren Gegenden kamen.

(Zusammenfassung unter Wiedergabe der entscheidungsrelevanten Passagen aus folgender Quelle: EASO-Bericht Sicherheitslage, Pkt 2.5, und EASO-Bericht Sozioökonomie, Pkt. 2.3.8.).

Die Bevölkerung von Balkh ist heterogen mit Tadschiken, Paschtunen, welche beide die größte Gruppe ausmachen, gefolgt von Usbeken, Turkmenen, Arabern und Balutschen. Diese Gemeinschaften leben teilweise vermischt in der Stadt. Die Bevölkerung von Masar-e Sharif wird auf zwischen 368,000 und 693,000 geschätzt und ist gekennzeichnet durch ihre ethnische und sprachliche Vielfalt. Die zentrale Statistikorganisation schätzt die Bevölkerung auf 402,806 Einwohner. Nach einer im Jänner 2015 durchgeführten Umfrage sind ungefähr 38% der Bewohner von Masar-e Sharif Migranten. Die meisten von diesen stammen aus anderen afghanischen Provinzen. Nur 17% der Migranten sind Rückkehrer aus dem Ausland. Nach UNHCR sind in der Provinz Balkh 19,764 konfliktbezogene Binnenvertriebene seit dem Beginn 2015 angekommen. Die steigende Anzahl an Binnenvertriebenen in Balkh ist ein Indikator der sich verschlechternden Sicherheitssituation in einer großen Anzahl der nördlichen und nordöstlichen Provinzen. Zählt man die Bewegung von konfliktverursachten Vertriebenen mit der Anzahl an Rückkehrern zusammen, so sind in die Provinz Balkh, und davon hauptsächlich Masar-e Sharif, ungefähr 26.000 Personen in den vergangenen beiden Jahren gekommen.

(Auszug bzw. Zusammenfassung unter Wiedergabe der entscheidungsrelevanten Passagen aus folgender Quelle: EASO-Bericht Sozioökonomie, Pkt 1.3.)

Sozioökonomische Gegebenheiten

Beschäftigung

Die Bevölkerung von Masar-e Sharif beträgt ungefähr 590,000 und steht in Anbetracht seiner starken und relativ diversifizierten Wirtschaftszweige, einschließlich robuster Bau-, Produktions- und Dienstleistungssektoren, unter erheblichem Urbanisierungsdruck.

Die relativ friedliche Situation in der Provinz Balkh in dem ersten Jahrzehnt nach dem Übergang führte zu einem Aufschwung in der wirtschaftlichen Entwicklung und einem Wirtschaftsboom nach 2004.

Aufgrund seiner Verbindung mit Zentralasien und seiner vorteilhaft zentralen Lage in Nordafghanistan ist Masar-e Sharif ein wichtiger Import/Export Hub und auch ein regionales Handelszentrum von Nordafghanistan.

Masar-e Sharif ist auch ein Industriezentrum mit einer großen Anzahl von Klein- und Mittelbetrieben und einigen größeren Produktionsbetrieben. Verglichen zu anderen größeren Städten hat Masar-e Sharif den größten Anteil von Selbständigen, gefolgt von Lohnarbeitern und Tagelöhnern.

Masar-e Sharif boomende städtische Wirtschaft war eine Einkommensquelle aus nicht-landwirtschaftlicher Tätigkeit für viele Haushalte. Diese sank jedoch in sichtbarer Weise seit ungefähr 2013. Dies wird einer Kombination mehrerer Faktoren zugeschrieben, hauptsächlich der Reduktion internationaler Finanzströme, was zu einer Reduktion der Beschäftigung in auf Militärstützpunkten und im Bau führte. Zum Beispiel verloren geschätzt 7000 Personen ihre Arbeit durch die Schließung zweier Militärbasen in und in der Nähe von Masar-e Sharif. Das wirtschaftliche Klima war weitgehend schlecht seit der zweiten Hälfte des Jahres 2015, hauptsächlich wegen Sicherheitsfaktoren.

Obwohl keine formalen Wirtschaftsstatistiken verfügbar sind gibt es klare Indikatoren, dass Bau-, Investment und Handelstätigkeiten heruntergefahren waren ("were down"), wobei Gelegenheitsarbeiter weniger Arbeit und stagnierende Löhne faden. Diejenigen, welche für Gelegenheitsarbeit nach Masar-e Sharif kommen sind im relativen Nachteil zu denjenigen, die besser bekannt sind und ihre Netzwerke besser nutzen können, um Arbeit zu finden.

Gemäß dem Afghanistan Rights Monitor und seinem Baseline Bericht von April 2016 besteht die einheitliche Überzeugung, dass der Zugang zu Arbeit erheblich erschwert wird durch Korruption und Nepotismus. Bestechung ist eine Vorbedingung um Beschäftigung zu erlangen, auch wenn ein Kandidat die notwendige Qualifikation hat. Es gibt Ans

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten