TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/28 W173 2170885-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.06.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2170885-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 10.8.2017, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid vom 10.8.2017 zur Abweisung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird behoben. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Am 27.4.2017 beantragte Herr XXXX, geb. am XXXX, (in der Folge BF) die Ausstellung eines Behindertenpasses samt Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Dazu legte er medizinische Unterlagen vor.

2. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 8.8.2017 führte Dr.XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:

".................................

Anamnese:

Zustand nach TE

Chronische Gastritis (letzte Gastroskopie 2009; Besserung durch "Magenpulver")

3/2010 Verkehrsunfall mit Sprunggelenksverletzung rechts (Fract. comminuta corpus et collum tali dext. mit Absprengung eines vorderen distalen Tibiadreieckes;

31.03.2010 offene Reposition, Talusverschraubung, Verschraubung

des vorderen Tibiadreieckes und gelenksüberbrückender Fixateur externe bis inkl.

22.06.2010

6 Monate ab OP streng entlastende Mobilisierung)

Zustand nach Metallentfernung und Arthroskopie obere Sprunggelenk rechts 4/2011

Derzeitige Beschwerden:

Starke Schmerzen und Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenkes.

‚Ich bin ein chronischer Schmerzpatient'.

Mögliche wäre eine Arthrodese, allerdings wegen möglicher Komplikationen wurde davon abgeraten.

Reaktive Depression. Zusätzlich auch familiäre Probleme: Bruder an

XXXX

Muskeldystrophie verstorben. Mutter hatte einen Schlaganfall, Vater ist ein Gefäßpatient (Insult, Herzinfarkt)

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Psychotherapie einmal in der Woche;

Deflamat, Gabapentin, Mirtazapin, Halcion, Zurcal. Zusätzlich bei Bedarf Parkemed; Deflamat Gel;

Physiotherapie, Akupunktur

Sozialanamnese:

XXXX Jahre, lebt bei den Eltern. Angestellter bei der Einwanderungsbehörde (befristeter Vertrag).

War in Invaliditätspension bis 2012; Arbeitet wieder seit 3/2013

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht SKA-RZ Laab im Walde vom 22.10.2010:

Aus den Diagnosen:

Z.n. Verkehrsunfall mit fract. comminuta corpus et collum tali dext. mit Absprengung eines vorderen distalen Tibiadreieckes

31.03.2010 offene Reposition, Talusverschraubung, Verschraubung

des vorderen Tibiadreieckes und gelenksüberbrückender Fixateur externe bis inkl.

22.06.2010

Monate ab OP streng entlastende Mobilisierung

Morbus Sudeck

Aus dem Entlassungsbericht Sanatorium Hera vom 2.5.2011:

Aus den Diagnosen:

Fract. os tali. dext. operata senata

Chondromalacia artic. talocrur. dext. Grad III bis IV

Corpus liberum artic. talocrur. dext.

Arthrosis reg. artic. talocrur. dext.

Rupt. tend. extens. pollucis. long. dext.

Aus der Therapie:

Metallentfernung 4 x über eigene Zugänge Kleinfragmentschrauben Titan

Arthroskopie oberes Sprunggelenk rechts

Synovektomie

Knorpelglättung

Knorpelchirurgie mit Paragon von Arthrocare

Knorpelanpassung in die Gelenksfläche

Synovektomie, Blutstillung, Abtragen der tibialen Vorderkante um eine bessere Beweglichkeit zu erzielen, Gelenkstoilette, Naht der Sehne des Hallucis longus mit Kirchmayr-Technik.

Aus dem Befundbericht Fußzentrum Wels vom 7.7.2016:

Vom Klinischen her besteht nun wieder eine Spitzfußstellung von etwa knapp 10°, erreicht auch bei passiver Dorsalextension nicht die 0-Grad Position, Hauptschmerzpunkt ist das OSG, tlw. auch das USG.

Die Röntgenbilder zeigen eine immer noch nach dorsal abgekippte OSG-Situation mit einer doch auch gewissen Fehlform des Sprungbeins und es ergibt sich aus der Röntgensituation, dass eine Dorsalextensionseinschränkung aufgrund der Talusknochensituation auf alle Fälle besteht, sodass auch durch eine nochmalige Arthroskoie eine Verbesserung wahrscheinlich nicht erreicht werden könnte.

Aus dem Therapievorschlag:

Korrekturosteotomie-Risiko einer Talusnekrose

Arthrodese oder Endoprothese mit hohem Risiko von Komplikationen

Aus der nervenärztlichen Bestätigung Dr. XXXX FA für Neurologie und Psychiatrie vom 19.4.2017:

Aus den Diagnosen:

Chronifiziertes Schmerzsyndrom bei Z. n. multiplen Sprunggelenksfrakturen

Neuropathischer Schmerz

Chronifizierter vegetativer Erschöpfungszustand

Ausgeprägte reaktive Depression

Aus dem Röntgenbefund beider Sprunggelenke Röntgenordination Gänserndorf vom

16.5.2017:

Deutlich arthrotische Veränderungen mit Abflachung des Talus im oberen Sprunggelenk.

Zwei Zysten rechter Calcaneus.

Dorsaler wie auch plantarer Fersenspom links.

Knöcherne Absprengung am lateralen Malleolus rechts.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: normal

Ernährungszutand: Erhöht, Größe: 182,00 cm, Gewicht: 110,00 kg,

Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf und Hals:

Pupillen mittelweit, isocor, prompt; Schleimhäute gut durchblutet;

Halsvenen nicht gestaut. Schilddrüse nicht vergrößert, schluckverschieblich

Thorax:

Pulmo: VA

Cor: Herztöne rein, rhythmisch.

Abdomen:

Weich, kein Druckschmerz, keine Resistenz tastbar

Nierenlager beidseits frei

Wirbelsäule:

Kein Klopfschmerz, Beweglichkeit nicht eingeschränkt.

Extremitäten:

Fußpulse allseits palpabel, keine Varizen, keine Ödeme.

Die großen Gelenke der OE sind funktionell unauffällig.

UE: rechtes Sprunggelenk: Wackelbewegungen, zahlreiche Narben. Die anderen großen Gelenke sind funktionell unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Sicheres Gangbild mit einer Unterarmstützkrücke

Status Psychicus:

Subdepressiv, wirkt sehr belastet, allseits orientiert

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

01

Zustand nach Trümmerfraktur rechtes Sprunggelenk 2010 mit operativer Korrektur; Zustand nach Arthroskopie 2011 (inklusive Metallentfernung) Oberer Rahmensatz bei höhergradiger Funktionseinschränkung.

02.05.32

40

02

Reaktive Depression Oberer Rahmensatz, da unter Therapie instabil. Das chronische Schmerzsyndrom ist in dieser Position berücksichtigt.

03.06.01

40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Zustand nach Gastritis erreicht keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

X Dauerzustand

..........................

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es besteht keine eingeschränkte körperliche Belastbarkeit. und keine erhebliche Einschränkung psychischer Funktionen. Es besteht ein sicheres Gangbild mit einer Unterarmstützkrücke. Eine kurze Wegstrecke kann selbstständig zurückgelegt werden. Ein sicherer Transport im Verkehrsmittel (inklusive Ein- und Aussteigen sowie Anhalten) ist möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

.................................."

3. Mit Schreiben vom 9.8.2017 wurde dem BF der Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% übermittelt. Mit Bescheid vom 10.8.2017 wurde der Antrag des BF vom 27.4.2017 zur Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung seien nicht erfüllt.

4. Mit Schreiben vom 13.9.2017 erhob der BF Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom 10.8.2017 zur beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Begründend wurde vom BF vorgebracht, auf Grund einer Trümmerfraktur 2010 bereits mehrfach operiert worden zu sein. Trotz dieser Operationen würde er dauerhaft an chronischen Schmerzen leiden und sei nur mit einer Unterarmstützkrücke mobil. Selbst mit dieser könne er nicht mehr als 5m ohne Schmerzen gehen und müsse starke Schmerzmittel einnehmen, um die Schmerzen wenigsten erträglich zu machen. Er leide unter hochgradiger Deformierung des Talus mit deutlicher Abflachung und Verbreiterung der Trochlea tali sowie hochgradiger Arthrose im oberen Sprunggelenk. Trotz Rehabilitationsaufenthalt, physikalischer Therapie und TENS-Therapie leide er an einem chronischen Schmerzsyndrom und müsse Schmerzmedikamente konsumieren. Es sei ihm daher die Bewältigung einer Wegstrecke von 300- 400 Metern alleine und ohne fremde Hilfe nicht möglich. Auf Grund der posttraumatischen Veränderung des Sprunggelenks habe er Probleme beim Stehen, sodass ihm auch die notwendige Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt unmöglich sei. Neben einer mündlichen Verhandlung wurden die Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten aus den Bereichen Orthopädie und Neurologie beantragt.

5. Am 18.9.2017 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Auf Grund des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Gutachten eingeholt. Im Gutachten vom 3.1.2018 wurde von Dr. XXXX, FA für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF, Nachfolgendes ausgeführt:

"............................................

Vorgutachten:

• 27.06.2017 Aktenblatt 35-38 Orthopädische Diagnose:

Z. n. Trümmerfraktur rechtes Sprunggelenk 2007 mit operativer Korrektur, Z. n. ASK 2011 (inklusive Metallentfernung).

Nicht orthopädisch: Reaktive Depression.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar.

Anamnese - Zwischenanamnese - Verlauf:

Im Jahr 2010 ist ein Motorblock auf das rechte OSG gefallen und hat eine komplexe Fußverletzung bewirkt. Dann eine dreimalige Operation, Erst-OP im SMZO, dann Re- Operation im SMZO, Metallentfernung und Korrektur in der Hera. Eine weitere Operation, eine vierte Operation, ist derzeit nicht geplant.

Seit der letzten Untersuchung im Juni 2017 keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.

Neuerliche Korrektur-Operationen oder eine Endoprothesenversorgung m Bereich des Sprunggelenkes sind nicht geplant, da die jeweiligen Eingriffe mit einem hohen Risiko behaftet seien.

Aktuelle Beschwerden:

Belastungsabhängige Schmerzen im Sprunggelenk, in der Fußsohle in der Ferse. In Ruhe treten seit eineinhalb Jahren ebenfalls Beschwerden auf. Die Region schwitzt vermehrt, ist gerötet. Es wird auch ein Mittelfußhitzegefühl angegeben. Die Zehen sind dann aber eiskalt. Es werden orthopädische Schuhe verwendet. Daneben Bandagen samt Nachtschiene. Eine UA-Stützkrücke wird seit zwei Jahren regelmäßig zur Fortbewegung verwendet.

Letzte physikalische Therapie: Laufend. Die letzte war vor zwei Wochen.

Schmerzstillende Medikamente:

Im Rahmen der Untersuchung wird eine Liste vorgelegt und zwar täglich Duohexal 60mg 1x1, Dulohexal 30mg 1x1, Parkemed 3-4 als Bedarfsmedikation sowie 1-2 Deflamat als Bedarfsmedikation und zwar 100mg. Daneben Gabapentin 300mg 3x1, Virtabene 30mg und Halcion jeweils zum Schlafen.

Hilfsmittel, Behelfe:

Eine UA-Stützkrücke wird verwendet.

Sozialanamnese:

Beschäftigt im Büro der Einwanderungsbehörde, übt Beruf aus.

Einfamilienhaus als Wohnung.

Befunde, Röntgen, MRT:

Mitgebracht und bei der Untersuchung vorgelegt:

• 24.6.2016 CT Befund des rechten Sprunggelenkes, CT-MR Gänserndorf (entspricht Aktenblatt 27 im Akt):

Hochgradige Deformierung des Talus mit deutlicher Abflachung und Verbreiterung der Trochlea tali mit multiplen Erosionen, Zysten und konsekutiv hochgradiger Arthrose im OSG. 9mm großer freier Gelenkskörper im vorderen Gelenkspalt. Deutliche Arthrose im USG postero-lateral.

• 7.7.2016 Befundbericht aus der Ord. Univ. Doz. Dr. XXXX, Fußzentrum Wels- Klagenfurt (die Befundvorlage entspricht auch den Aktenblättern 9 und 32):

Letzte Operation 2011 mit Exostoseneabtragung ohne wesentliche Besserung. Vom Klinischen besteht nun wieder eine Spitzfußstellung von knapp 10 Grad, erreicht auch bei passiver dorsalen Extension nicht die Null Grad Position, Haup schmerz ist das OSG teilweise auch USG. RÖ-Bilder nach dorsal gekippte OSG Situation mit einer doch auch gewissen Fehlfunktion des Sprungbeines. Aus dem RÖ gibt es Hinweise einer eingeschränkten Dorsalextension. Als Therapievorschlag wird eine Versteifung des OSG mit Gefahr der Anschlussdegeneration in unteren Sprunggelenk und der Fußwurzel angeführt ebenso die Endoprothesenversorgung. Beides ist mit einem erhöhten OP-Risiko behaftet, da die Durchblutungssituation grenzwertig erscheint. Orthopädische Schuhversorgung verordnet und empfohlen jedoch derzeit wenig zielführend aufgrund der Aktivität und des Alters. Medikamentöse Therapie an einer Schmerzambulanz wird empfohlen.

Im Akt vorhandene (auszugsweise):

• Aktenblatt 31, 7.2.2017, ärztlicher Bericht des praktischen Arztes Dr. XXXX (entspricht Aktenblatt 8):

Es wird ein Luxationsbruch am 31.3.2010 und dessen operative Versorgung sowie die Absolvierung von Rehabilitationsaufenthalten im August und November 2010 bescheinigt. Ebenso wird die Absolvierung ambulanter physikalischer Therapien bei Vorliegen eines chronischen Schmerzsyndroms im Bereich des rechten Knöchels und die Vorstellung bei einem FA für Orthopädie bescheinigt.

• Aktenblatt 30, nervenärztliche Bestätigung der Ord. MR Dr. XXXX, 1220 Wien vom 19.4.2017 (entspricht der Befundvorlage Aktenblatt 7).

Es wird ein chronisches Schmerzsyndrom bei Z. n. multiplen Sprunggelenksfrakturen und neuropathische Schmerzen in der Diagnosenliste angegeben. Daneben schmerzbedingte ESS und DSS mit chronifiziert vegetativen Erschöpfungszustand. Ausgeprägte reaktive Depression.

Als Therapievorschlag Gabapentin 300mg 1x1, Virtacapin 30mg und Halcion 1x1.

• Aktenblatt 29, RÖ-Befund vom 8.6.2016, RÖ Ordination Gänserndorf (entspricht Befundvorlage Aktenblatt 10):

Rechte Hüfte: unauffälliger Befund. Rechtes Knie: unauffälliger

Befund. Rechtes Sprunggelenk: posttraumatische Veränderung mit deutlichen arthrotischen

Veränderungen im Bereich des Calcaneus mit Abflachung des Calcaneus sowie Verkalkung in den Weichteilen. Ansonsten reguläre Verhältnisse.

LWS: rechtskonvexe Skoliose mit Streckfehlstellung und Osteochondrose L5/SI.

• Aktenblatt 28, RÖ-Befund Ord. Gänserndorf, 16.5.2017 (entspricht Befundvorlage Aktenblatt 6):

Beide Sprunggelenke: deutliche arthrotische Veränderung und Abflachung des Talus im OSG wie beschrieben. Zwei Zysten rechter Calcaneus. Dorsaler wie auch plantarer Fersensporn links. Knöcherne Absprengung am lateralen Malleolus rechts.

• Aktenblatt 26, OP-Bericht SMZO 31.3.2010:

Beschreibt die operative Versorgung eines Verrenkungstrümmerbruches des Sprungbeines mit Beteiligung eines vorderen Keiles am Schienbein.

• Aktenblatt 21-24, Abschluss-Bericht über einen Rehabilitationsaufenthalt im SKA RZ Laab/Walde vom 21.7.-11.8.2010

mit insgesamt unauffälligen postoperativen Verlauf und zufriedenstellenden Verlauf unter Entlastung.

• Aktenblatt 16-20, Abschluss-Bericht über einen Rehabilitationsaufenthalt im SKA RZ Laab/Walde vom 5.10.-26.10.2010,

bei Vorliegen von belastungsabhängigen Schmerzen sind unter noch notwendiger Entlastung die Therapien gut ansprechend und ein weiterer Belastungsaufbau empfohlen.

• Aktenblatt 15, MRT vom Dezember 2010 des rechten OSG und Aktenblatt 11- 14, OP-Bericht und Entlassungsbericht Sanatorium Hera

über einen arthroskopischen Eingriff im Bereich des rechten OSG dienen zur Dokumentation der Verletzung und des Therapiebedarfes. Sie sind für die aktuelle Beurteilung aufgrund des langen zurückliegenden Zeitraums nicht verwertbar.

Orthopädischer Status:

Größe (cm): 186cm

Gewicht(kg): 108kg

Allgemein: Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, Sportschuhe, eine UA-Stützkrücke.

An- und Auskleiden rasch, selbstständig, ohne Fremdhilfe.

Guter AZ und EZ, Rechtshänder, adipös.

Die Haut rosig, normal durchblutet, reizlose OP-Narben im Bereich des rechten OSG und streckseitig im Bereich des Sprunggelenkes bis in den Mittelfuß reichend.

Gangbild: Mit Gehhilfe mittelrasch, mit leichtem Schonhinken rechts. Ohne Gehhilfe deutliches Hinken rechts, das Bein wird in einer Schonhaltung ca. 20 Grad außenrotiert und über die Ferse und den inneren Fußrand abgerollt. Annähernd planes Aufsetzen des Fußes, wobei eine leichte Spitzfußstellung festzustellen ist, sodass im Barfußgang hauptsächlich der Vorfuß belastet wird. Schmerzangaben bei jedem Tritt. Zehen-, Fersenstand und Einbeinstand werden nur links durchgeführt, die Hocke ebenfalls nur links betont mit Entlastung des rechten Beines. Zehen-, Fersenstand, Einbeinstand auf der rechten Seite in der Untersuchungssituation nicht prüfbar. Transfer auf die Untersuchungsliege gelingt selbstständig, Wendebewegungen auf der Untersuchungsliege sind selbständig, unauffällig.

Wirbelsäule

Gesamt Im Lot, Becken-Schultergeradstand, symmetrische Taillendreiecke, symmetrische mittelkräftige Muskulatur, keine Atrophien.

HWS S 30/0/30, R je 70, F je 30 ohne Beschwerden.

BWS R je 30, Ott normal

LWS FBA +10, Reklination 20 Grad, Seitneigen je 30. SI-Gelenke unauffällig.

Grob Hirnnerven frei, lebhafte Muskeleigenreflexe der OE, Kraft-

Neurologisch Koordination der OE symmetrisch und seitengleich.

UE: mittellebhafte Muskeleigenreflexe bei eingeschränkter Beurteilbarkeit des Achillessehnenreflexes auf der rechten Seite wegen Schmerzangaben. Durchblutung-Sensibilität seitengleich, normale Hauttemperatur.

Obere Extremität

Allgemein Rechtshänder, normale Achse, normale Gelenkkontur, kräftige seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien. Handgelenkspulse seitengleich gut tastbar. Seitengleiche Gebrauchspuren und Beschwielungen.

Schulter re S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei

Schulter li S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei

Ellbogen re S 0/0/135, R je 80 bandfest, kein Erguss

Ellbogen li S 0/0/135, R je 80 bandfest, kein Erguss

Handgelenk re S 70/0/70, Radial- und Ulnarabspreizung je 20, bandstabil.

Handgelenk li S 70/0/70, Radial- und Ulnarabspreizung je 20, bandstabil.

Langfinger re Frei beweglich

Langfinger li Frei beweglich

Nackengriff Gut beweglich

Schürzengriff Gut beweglich

Kraft Seitengleich, nicht eingeschränkt

Fingerfertigkeit

Untere Extremität

Allgemein keine Beinlängendifferenz, normale Beinachse im Knie, plumpes rechtes OSG. Von vorne keine Achsabweichung im Bereich des OSG.

Hüfte re S 0/0/120, Re je 40, F je 40 ohne Beschwerden.

Hüfte li S 0/0/120, R je 40, F je 40 ohne Beschwerden.

Knie re S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ

Knie li S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ

Ob. Sg Rechts S 0/0/10, endlagige Beuge und Streck schmerzhaft, bandstabil, keine Achsabweichung, kein Einknicken,

Links: S 20/0/40, reizfrei, bandstabil.

Unt.Sg Rechts: wackelsteif, in Neuralstellung.

Links: frei beweglich

Füße: Leichter Spitzfuß rechts bei ca. einer Maximalausdehnung von 10 Grad. Passiv kann die Neutralstellung erreicht werden. Spreizfuß mit Schwielenbildung bds., die Schwielenbildung rechts etwas akzentuierter. Zehenbeweglichkeit auf beiden Seiten nicht eingeschränkt, keine Achsfehlstellung im Bereich der Zehen auf beiden Seiten.

Beurteilung-Fragebeantwortung-Stellungnahme:

Frage 1:

Als wesentliche orthopädische Funktionseinschränkung findet sich bei Zustand einer komplexen oberen Sprunggelenksverletzung die mehrfach operativ versorgt wurde, im Bereich des rechten Sprunggelenkes, ein chronischer Schmerzzustand mit mittelgradiger Einschränkung der Belastbarkeit.

Rein stellungsmäßig findet sich eine geringe Spitzfußstellung, die die Geh- und Stehleistung einschränkt. Daneben ein chronisches Schmerzsyndrom, das ebenfalls zur belastungsabhängigen Schmerzhaftigkeit und somit zum Einschränken des Aktionsradius beiträgt.

Die Funktion des übrigen Bewegungsapparates ist jedoch nicht eingeschränkt, sodass die Bewältigung kurzer Wegstrecken von 300-400m zumutbar erscheinen. Konservativ wie auch operativ ist derzeit keine Veränderung vorzunehmen. Wie aus dem Schreiben aus der Ordination Doz. XXXX zu entnehmen ist, ist die operative Versorgung doch mit höheren Komplikationen behaftet und nur als Letztmöglichkeit zu sehen.

Frage 2:

 

Funktionseinschränkungen

1

Fußwurzelarthrose im oberen und unteren Sprunggelenk rechts mit geringer Spitzfußstellung und chronischem Schmerzsyndrom nach operativ versorgtem Sprunggelenksverrenkungs- und Trümmerbruch rechts.

Die Leidenszustände führen zu einer Einschränkung der maximalen Gehstrecke sowie einer Einschränkung der Stehleistung.

Kurze Wegstrecken sind allerdings bewältigbar.

Frage 3

An den unteren Extremitäten finden sich keine erheblichen Einschränkungen. Es zeigt sich im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes eine Schwellungsneigung und eine leichte nur passiv zu korrigierende Spitzfußstellung. Es sind aber damit keine wesentlichen Achsfehlstellungen verbunden, die mit Knick-Plattfußbildungen einhergehen.

Einschränkend ist auch das chronische Schmerzbild, welches zur Belastungseinschränkung beiträgt.

Frage 4:

Es liegt ein chronisch neuropathischer Schmerz im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes vor, der zur Minderung der Belastbarkeit beiträgt. Lähmungen können keine festgestellt werden.

Psychische oder intellektuelle Defizite sind im orthopädischen Fachgebiet nicht zu beurteilen.

Frage 5:

Hauptproblem stellt, wie schon oben erwähnt, die Funktionseinschränkung und die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit im Bereich des rechten OSO und der Fußwurzel dar.

An der Wirbelsäule der oberen Extremität und den übrigen großen Gelenken der unteren Extremität sind keine Funktionsbehinderungen feststellbar, die eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einschränken.

Die Gehleistung ist durch die Schmerzen herabgesetzt. Es sind insbesondere längere Gehstrecken die hier nicht absolviert werden können bzw. die eine Pause erfordern. Kurze Wegstrecken allerdings, mit einer maximalen Länge von 300-400m, sind aber aus eigener Kraft und unter Verwendung einfacher Behelfe, wie beispielsweise einer orthopädischen Schuhversorgung, der Verwendung eines Wanderstockes, eines Gehstockes oder einer UA-Stützkrücke problemlos zurückzulegen.

Niveauunterschiede können bewältigt werden, da die Beugefähigkeit nicht eingeschränkt ist. Auch die Trittsicherheit ist soweit gegeben um Niveauunterschiede zu überwinden.

Die Schmerzsituation ist insofern zu beurteilen, da aufgrund der Fußstellung und der Abnützung sowie der sich in den letzten Jahren entwickelten Schonhaltung mit leichten Dauerschmerzen in jedem Fall zu rechnen ist.

Fallweise können auch, soweit die Belastung stärker ist, mittelgradige Schmerzen auftreten. Dies ist aber nur vorübergehend zu erwarten.

Hinweise für das Vorliegen von dauernd starken Schmerzen finden sich keine.

Die Schmerzmedikation ist adäquat und in der Beurteilung berücksichtigt.

Frage 6:

• Stellungnahme zu Beschwerdevorbringungen Aktenblatt 58-59:

Die angegebenen chronisch schweren Schmerzen sind aus den Unterlagen bzw. aus den Untersuchungsbefunden nicht belegbar. Die Abnützung im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes (OSG), die letztmalig 2016 computertomographisch dokumentiert wurde, sagt nichts über die klinische Funktion aus. Sie ist jedoch in der Beurteilung der Schmerzhaftigkeit und der Gesamtfunktion berücksichtigen, da bei derartigen abnützungsbedingten Veränderungen zumindest mit mittelgradigen Funktionsbehinderungen und wechselnder Schmerzhaftigkeit des jeweiligen Gelenkes zu rechnen ist.

Im Weiteren wird nur der Therapiebedarf beschrieben. Der Therapiebedarf ist auch durch die Befundvorlagen entsprechend dokumentiert.

• Vorgelegte Befunde Aktenblatt 6-32:

Die Urkunden belegen das Vorliegen des Therapiebedarfes, die erlittene Verletzung und teilweise auch deren operative Versorgung sowie auch (unter Berücksichtigung des Schreibens aus der Ord. Doz. XXXX vom 7.7.2016) die Therapieoptionen.

Frage 7:

Was die Beurteilung und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel anlangt, ist zum Vorgutachten Aktenblatt 36-38 keine Änderung gegeben.

Frage 8:

Eine Nachuntersuchung ist aus orthopädischer Sicht nicht erforderlich, da von einem Dauerzustand auszugehen ist.

....................................."

6. Das Gutachten vom 3.1.2018 wurde mit Schreiben vom 18.1.2018 dem Parteiengehör unterzogen. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen. Der BF brachte mit Schreiben vom 30.1.2018 vor, dass die gutachterlichen Ausführungen, trotz belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des rechten OSG und der Fußwurzeln eine Strecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft in angemessener Zeit zurücklegen zu können, nicht nachvollziehbar seien. Er verwies auf sein chronisches Schmerzsyndrom auf Grund der multiplen Sprunggelenksfrakturen und neuropathischen Schmerzen, die selbst im Ruhezustand bestünden. Schmerzmedikation sei erforderlich. Selbst die intensive physikalische Therapiebehandlung habe zu keiner wesentlichen Besserung geführt. Im Lauf des Tages verschlechtere sich sein Zustand und schwelle sein Fuß an. Auch mit der Unterarmstützkrücke könne schmerzbedingt die Wegstrecke im Ausmaß von 300-400 Meter nicht täglich mehrmals zurückgelegt werden. Es sei ein neurologisches Gutachten einzuholen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht holte ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten ein. Im Gutachten vom 10.4.2018 führte Dr. XXXX auszugsweise Nachfolgendes aus:

"............................

Anamnese:

HerrXXXX ist ein XXXX Jahre alter Mann, der alleine zur Untersuchung kommt. Er hat nach der Pflichtschule eine Lehre als Bürokaufmann bei der Gemeinde Wien gemacht. Ist vertragsmäßig angestellt. Arbeite jetzt bei der Einwanderungsbehörde. Wohnt wieder bei der Familie mit den Eltern. Hatte eine Freundin, mit der aber seit 12/2017 die Beziehung zu Ende ist. 2 Jahre seien sie zusammen gewesen. Der Vater sei auch bei der Gemeinde Wien angestellt gewesen, bei den Wiener Linien, Mechaniker, 71 Jahre alt und in Pension. Die Mutter sei 56 Jahre alt und arbeite noch ebenfalls bei den Wiener Linien als Fahrkartenkontrollorin. Ein Halbbruder väterlichseits sei 50 Jahre alt. Ein Bruder, der 10 Jahre älter gewesen sei, sei schon verstorben an Muskeldystrophie mit 17 Jahren verstorben.

Jahrelang hätten die Eltern Angst gehabt, dass er ebenfalls diese Krankheit geerbt habe. Aber glücklicherweise nicht. Der Bruder sei vor 20 Jahren verstorben.

Privat habe er in den letzten Monaten viel Belastendes erlebt. Der Vater habe einen Insult gehabt und sei deshalb und auch wegen fortschreitender Demenz ein Pflegefall. Die Mutter habe wegen einer Darmperforation eine Notoperation gehabt. Ein Onkel, Bruder der Mutter, sei an Krebs gestorben, nachdem er 8 Monate im Koma gelegen sei. Eine Schwester der Mutter sei ein Pflegefall und wohne in einer Sozialwohnung in Behinderten gerechtem Wohnen. So gäbe es eine Handvoll Sorgen in der Familie, die ihn auch belasten.

Frühere Erkrankungen:

Bild kann nicht dargestellt werden

Mandeloperation als Kind

Bild kann nicht dargestellt werden

Mehrfache Sprunggelenksverletzung rechts mit Operationen (Trümmerfraktur)

31.3.2010 im Auto von einem PKW von hinten angefahren worden und dabei sei ihm der Motorblock auf seine Beine gefallen. Der Lenker, das Ganze sei in der Slowakei passiert, habe Fahrerflucht begangen. Er sei nicht ohnmächtig gewesen. Er habe sich noch selbst befreit, aber es habe gefühlt "ewig" gedauert, bis die Rettung gekommen sei. Der Notarzt habe 1 Stunde gebraucht, der Hubschrauber auch "ewig" und zuerst sei er ins SMZ-Ost gekommen. 2 mal sei er operiert worden und es sei eine

Trümmerfraktur des Sprunggelenks festgestellt worden. Entlassen worden sei er mit "Skabies", was aber nicht erkannt worden sei!!!! Er habe nur unter Schmerzen gelitten, aber man habe ihn nicht ernst genommen. Erst ein Herr Dr. XXXX aus Wels habe sein Problem erkannt, aber es gäbe leider keine wirkliche Hilfe mehr. Es hieße, er müsse sich eventuell noch einmal operieren lassen, aber nach all seinen Erfahrungen habe er verständlicherweise nur mehr Angst. Er leide ständig unter Schmerzen, gehe mit einer Krücke links, damit er sein Bein entlaste, aber es helfe eigentlich nichts.

Vegetativ: Größe: 186 cm Gewicht: 103 kg Nikotin: kann bei Bedarf gelegentlich rauchen, dann vielleicht 10. Alkohol: selten. Drogen: 0

Medikamentöse Therapie:

Gabapentin 300 mg 0-0-3, Deflamat 100 mg retard 2x1, Halcion 0,25 mg 1-2, Seractil 400 mg forte 1 bei Bedarf, Parkemed 500 mg 1, Duloxetin 60 mg 1, Rabeprazol 20 mg 1, Mirtazepam 30 mg 1, Hirudoid forte Gel und Deflamat Salbe local.

Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen.

Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Nur links im Bereich des Knöchels erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Rechts: Zehenstand nicht möglich.

Fersenstand nicht möglich. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg einigermaßen sicher. Unterberger nicht durchführbar. Gangbild ohne Krücken unsicher, es zeigt sich auch in der kurzen Distanz des kleinen Praxiszimmers die rasche Ermüdbarkeit. Auch mit der einen Unterarmstützkrücke nicht wesentlich sicherer.

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht, aber immer noch kreisend um das Unfallgeschehen. Kann den Augenblick, als er mit dem Motorblock auf seinen Beinen sich nach dem Unfall wiederfand, nicht vergessen. Befindlichkeit eher resigniert als deprimiert. Hat offenbar die Hoffnung auf Besserung aufgegeben. Vermindert affizierbar und ins Positive zu bringen. Negativistisch. Ängstlich. Biorhythmusstörungen. Vor allem Schlafstörungen. Ausgeprägtes Schmerzsyndrom. Keine Suizidalität.

Beantwortung der gestellten Fragen, die bitte dem Akt zu entnehmen sind:

1. Diagnosen:

1.1.Reaktive Depression Position 03.06.01 40%

Oberer Rahmensatz, da trotz Therapie instabil und soziale Beeinträchtigungen.

1.2.Chronisches Schmerzsyndrom mit neuropathischem Schmerz Position 04.11.02 40%

Oberer Rahmensatz, da Polypharmacie seit mehr als 1 Jahr ohne ausreichende Schmerzcoupierung und fast tägliche Schmerzattacken.

1.3.Zustand nach Trümmerfraktur des rechten Sprunggelenks 2010 mit operativer Korrektur, Zustand nach Arthroskopie 2011 mit Metallentfernung Position 02.05.32 40%

Oberer Rahmensatz, da höhergradige Funktionseinschränkung.

2. Ja. Es liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor.

3. Nein. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor.

4. Nein. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

5. Nein. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor.

6. Nein. Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

7. Nein. Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.

8. Auf Grund der Trümmerfraktur der rechten Sprunggelenks und der daraus folgenden einerseits neuropathischen Schmerzsymptomatik, andererseits auch des gemischten psycho-physischen Schmerzsyndroms ist Beschwerdeführer (BF) nicht mehr in der Lage, eine Strecke von 300 bis 400 Meter mit oder ohne Unterarmstützkrücke ausreichend sicher zurückzulegen. Auch das Stehen in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist ihm nicht möglich. Die behauptete Fußschwellung ist ohne Relevanz, es zählt in diesem Fall der Schmerz und die rasche Ermüdbarkeit und folgend daraus die Unsicherheit, die zu einer Standunsicherheit führt.

In den angegebenen VwGH Urteilen werden verschiedene Beispiele gebracht, wie einzelne Entscheidungen getroffen wurden und wie die Gerichte entschieden haben.

Vor allem werden Sachverständigen Gutachten dann kritisiert, wenn diese nicht den Behinderungsgrund genau beschreiben und lediglich eine Diagnose auflisten.

Daher ist im Falle des BF explizit zu sagen, dass dieser auf Grund seiner ausgeprägten Schmerzsymptomatik, egal, ob seine komplexe Sprunggelenksverletzung nun zu einer Schwellung führt oder nicht, es glaubhaft ist, dass diese Schmerzen bestehen. Eine Trümmerfraktur, die zu mehreren Operationen geführt hat, die mit einer Metallathrodese versorgt wurde, die dann in einer Nachfolgeoperation wieder entfernt wurde, wird nach ärztlicher Erfahrung nie wieder einen Zustand erreichen, wie wenn dieses Fußgelenk nie verletzt worden wäre. Dass der BF nach längerem Gehen und Stehen und nach Belastung beim Hinauf- und/oder Hinuntersteigen Probleme hat, ist nicht nur glaubwürdig sondern nachvollziehbar. Daran zu zweifeln ist geradezu zynisch. (Zitat aus dem Operationsbericht: ‚...es wir das Gelenk inspiziert. Es zeigt sich eine absolut zerschlissene Knorpelsituation mit Knorpelfragmenten....anschließend Teile, die noch zu gebrauchen sind, refixiert.....')

Dass sein Fuß nicht amputiert werden musste, ist wahrscheinlich auch nur der Kunst und dem Stolz der Chirurgen zu verdanken. Aber ein gesunder Fuß wird das nicht mehr.

9. zu den Beschwerdevorbringen:

AB 58-59: Beschreibung des BF, dass er eine Wegstrecke von 300 bis 400 Meter nicht zurücklegen könne.

Dem schließe ich mich aus nervenfachärztlicher Sicht an.

AB 6-32: Sämtliche Befunde, die zum Gutachten vom 27.6.2017 geführt haben.

Diesbezüglich deckt sich meine Einschätzung mit diesem Gutachten, nur dass ich ein weiteres Leiden hinzugefügt habe, nämlich Leiden 3:

Chronisches Schmerzsyndrom mit neuropathischen Schmerzen. Und

Weiters, dass ich zu einer anderen Beurteilung bezüglich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel komme.

AB 71-73: Gutachten Orthopäde Dr. XXXX:

Aus orthopädischer Sicht mag die Beurteilung passen, aus nervenfachärztlicher Sicht aber wiegt aus meiner Sicht die Schmerzsymptomatik so schwer, dass dies zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt.

10. Zusammenfassend kommt es aus nervenfachärztlicher Sicht zu einer Änderung sowohl zum allgemeinmedizinischen Gutachten von Frau Dr. XXXX vom 27.6.2017 (AB 35-38) als auch zum orthopädischen Gutachten von Dr.XXXX vom 15.12.2017 (AB 74-84) dadurch, da zusätzlich ein Schmerzsyndrom mit neuropathischen Schmerzen diagnostiziert wurde, weswegen dem BF es nicht möglich ist, eine Strecke von 300 bis 400 Meter zurückzulegen und daher eine Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht vorliegt. Auch der sichere Stand und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln sind nicht ausreichend sicher gegeben, das Ein- und Aussteigen und die Sitzplatzsuche ist nicht gewährleistet.

11. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

..............................."

8. Das neurologische Gutachten wurde mit Schreiben vom 8.5.2018 dem Parteiengehör unterzogen. Der BF sprach sich für eine ehestmögliche Entscheidung aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF hat seinen Wohnsitz im Inland. Der BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

1.2. Mit Antrag vom 27.4.2017 beantragte der BF die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Dazu wurde das oben wiedergegebene ergänzende Sachverständigengutachten von Dr.XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 8.8.2017 von der belangten Behörde eingeholt. Gestützt auf das eingeholte medizinische Gutachten, in dem die Gesundheitsschädigungen des BF aus medizinischer Sicht als keine erheblichen Einschränkungen des BF im Hinblick auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel bewertet wurden, wies die belangte Behörde die beantragte Zusatzeintragung des BF zur "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" mit Bescheid vom 10.8.2017 ab.

1.3. Mit Beschwerde vom 13.9.2017 bekämpfte der BF die Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Das Bundesverwaltungsgericht hat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen des BF die oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, FA für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 3.1.2018 und von Dr. XXXX, FÄ für Neurologie und Psychiatrie, vom 10.4.2018, die auf einer persönlichen Untersuchung des BF beruhten, eingeholt. Dr. XXXX, FÄ für Neurologie und Psychiatrie, stellte im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmitteln fest, dass der BF auf Grund seines psycho-physischen Schmerzsyndroms und der neuropathischen Schmerzen nicht mehr die geforderte Gehstrecke von 300-400 Meter zurücklegen kann. Es sind weder das sichere Ein- und Aussteigen, noch der sichere Stand und die Sitzplatzsuche im öffentlichen Verkehrsmittel beim BF gewährleistet.

1.4. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen des BF im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde in dem oben wiedergegebenen, schlüssigen Sachverständigengutachten vom 10.4.2018, von Dr. XXXX, FÄ für Neurologie und Psychiatrie, das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die medizinische Sachverständige, Dr. XXXX, FÄ für Neurologie und Psychiatrie, hat im Gutachten vom 10.4.2018 nachvollziehbar dargelegt, dass beim BF auf Grund seines chronischen Schmerzsyndroms mit neuropathischen Schmerzen infolge der Trümmerfraktur seines Fußgelenks, die mehrfach operiert wurde, eine erhebliche Einschränkung in Bezug auf seine Geh- und Stehleistung vorliegt. Er leidet schmerzbedingt unter rascher Ermüdbarkeit und dadurch bedingter Unsicherheit, sodass für ihn eine maximale Gehstrecke von 300-400 Meter selbst mit einer Unterarmstützkrücke nicht sicher bewältigbar ist. Schmerzbedingt ist für ihn auch nicht mehr ein sicherer Stand möglich. Auf Grund dieser Ergebnisse bei der persönlichen Untersuchung des BF ist dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Es besteht eine erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten vor, auf Grund derer der Schluss zu ziehen ist, dass dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist. Die Ergebnisse des medizinischen Sachverständigengutachtens vom 10.4.2018 zeigen dies nachvollziehbar auf.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten