TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/16 W201 2177769-1

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Veröffentlicht am 16.07.2018
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Entscheidungsdatum

16.07.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W201 2177769-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 27.09.2017, XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Einlangend am 22.05.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Ein Konvolut an medizinischen Unterlagen legte er seinem Antrag bei.

2. Am 12.05.2017 erfolgte die Untersuchung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Orthopädie. Das Sachverständigengutachten enthält auszugsweise:

"Klinischer Status - Fachstatus:

Wirbelsäule - Beweglichkeit:

HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 2 cm, alle übrigen Ebenen: endlagig eingeschränkt BWS: gerade

LWS: Seitneigen nach links bis 30° möglich, nach rechts bis 30° möglich FBA: 20 cm

Obere Extremitäten: Rechtshänder

Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 150° möglich,

Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: Dupuytren'sche Kontraktur IV

Links: Schultergelenk: Abduktion bis 150° möglich, Ellenbogengelenk:

frei, Handgelenk: frei,

Finger: Dupuytren'sche Kontraktur IV

Kraft- und Faustschluss: bds. frei

Kreuz- und Nackengriff: bds. möglich

Untere Extremitäten:

Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-150, F 60-0-50, R 50-0-40

Kniegelenk: S 0-0-150, kein Erguss, bandstabil, Varusfehlstellung

OSG: keine aktive Extension möglich Links: Hüftgelenk: S 0-0-150, F 60-0-50, R 50-0-40 Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguss, bandstabil

OSG: frei Varicen: keine Füße: bds. o.B.

Zehen- und Fersenstand: li. Möglich, re. Nur der fersenstand möglich

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gangbild: Steppergang rechts, mit der Peronaeusschiene leichtes

Hinken ohne Fallfuß Gehbehelf: keiner

Status Psychicus:

Wach, orientiert

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Peronaeusparese rechts Oberer Rahmensatz, da Peronaeusschiene erforderlich

04.05.13

40

2

Sprunggelenksabnützung rechts 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da mäßig ausgeprägt

02.05.32

20

3

Beginnende Kniegelenksabnützung rechts Unterer Rahmensatz, da endlagige funktionelle Einschränkung

02.05.18

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges funktionelles Zusammenwirken vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Die Dupuytren'sche Kontraktur IV beidseits führt zu keiner funktionellen Einschränkung - daher kein diesbezüglicher GdB

X Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Kurze Wegstrecken können unter Verwendung einer Peronaeusschiene rechts aus eigener Kraft zurückgelegt werden, das Ein- und Aussteigen ist bei o.a. Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten möglich. Der sichere Transport ist gewährleistet, da das Anhalten uneingeschränkt möglich ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

3. Am 27.09.2017 erließ das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich (in weiterer Folge: belangte Behörde) den angefochtenen Bescheid, in dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde. Der Grad der Behinderung wurde aufgrund des Ergebnisses der fachärztlichen Untersuchung mit 40% festgesetzt.

4. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht einlangend am 10.11.2017 Beschwerde.

Laut dem Untersuchungsergebnis könne er einige hundert Meter gehen. Das sei allerdings nur sehr langsam und unter Schmerzen möglich, danach sei die Bewegung sehr eingeschränkt. Gemäß einem Befund eines FA für Orthopädie würde das Leiden 1 sehr wohl durch Leiden 2 erhöht. Er ersuche um eine neuerliche Begutachtung.

5. Mit Schreiben vom 24.11.2017 übermittelte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an das Bundesverwaltungsgericht.

6. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste die Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Das Ersuchen lautete auszugsweise:

"Unter Bezugnahme auf die gegen den Bescheid des Sozialministerium Service, Landesstelle NÖ vom 27.09.2017 eingebrachte Beschwerde wird unter Hinweis auf § 14 BVwGG der Verwaltungsakt des obgenannten Beschwerdeführers mit dem Ersuchen um aktenmäßige Ergänzung des Gutachtens vom 31.08.2017 neuerlich vorgelegt:

1.) Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerde (Abl.20) vorgebracht, er sei in der Bewegung mehr eingeschränkt als im Gutachten festgestellt. Überdies werde, im Gegensatz zu den Feststellungen im Gutachten, Leiden 1 vom Leiden 2 sehr wohl beeinflusst.

Bitte um ausführliche Stellungnahme zu diesen Einwendungen des Beschwerdeführers.

2.) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung."

7. Am 28.02.2018 wurde durch eine Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie ein aktenmäßiges Ergänzungsgutachten erstellt. Das Sachverständigengutachten besagt, dass der Befund des Orthopäden vom 09.05.2017 die Peronaeusparese sowie die Sprung- und Kniegelenksabnützung rechts bestätige. Ansonsten bringe der Befund keine neuen Erkenntnisse und führe nicht zu einer Änderung der Einschätzung aus orthopädischer Sicht. Durch das Verwenden einer Peronaeusschiene rechts sei ein freies Gehen ohne Gehbehelf möglich, eine Wechselwirkung mit dem gering funktionell eingeschränkten Sprunggelenk rechts bestehe nicht.

8. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 22.03.2018 über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer brachte binnen der Frist keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in Österreich. Er stellte einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.2. Der Grad der Behinderung wurde mit 40% festgesetzt. Der Antrag aus Ausstellung eines Behindertenpasses wurde von der belangten Behörde abgewiesen. Die Feststellungen der belangten Behörde gründen auf dem orthopädischen Gutachten vom 29.08.2017. In diesem Gutachten wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine Peronaeusschiene trägt, Sprunggelenksabnützungen sowie eine beginnende Kniegelenksabnützung rechts vorliegen. Aufgrund des Beschwerdevorbringens, dass entgegen den Feststellungen im Gutachten, sehr wohl eine ungünstige gegenseitige Leidensbeeinflussung gegeben sei, holte das Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Gutachten zu dieser Frage ein. Aus diesem Gutachten ergibt sich, dass sämtliche Leiden des Beschwerdeführers im Erstgutachten berücksichtigt wurden und auch der vom Beschwerdeführer genannte orthopädische Befund zum keiner Änderung der Einschätzung führt. Der Grad der Behinderung blieb daher unverändert bei 40%.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem darin enthaltenen fachärztlichen Gutachten.

Ergänzend wurde - unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - ein weiteres ergänzendes aktenmäßiges Sachverständigengutachten eingeholt.

Das ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf das Beschwerdevorbringen und die Art der Leiden sowie deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Das genannte Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Sachverständige für Orthopädie führt im Aktengutachten vom 28.02.2018 an, dass der Befund des Orthopäden vom 09.05.2017 die Peronaeusparese sowie die Sprung- und Kniegelenksabnützung rechts bestätigt und daher auch schon in der Einschätzung im Erstgutachten Berücksichtigung fand. Daher brachte der Befund keine neuen Erkenntnisse und führte zu keiner Änderung der Einschätzung aus orthopädischer Sicht. Durch das Verwenden einer Peronaeusschiene rechts ist ein freies Gehen ohne Gehbehelf möglich, eine Wechselwirkung mit dem gering funktionell eingeschränkten Sprunggelenk rechts war nicht feststellbar.

Der Beschwerdeführer ist dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Der Beschwerdeführer hat eine Beschwerde gegen den festgestellten Grad der Behinderung von 40% eingebracht.

Im ergänzend eingeholten Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 40% festzusetzen ist, da die Tatsachen, die im beigebrachten Befund vom 09.05.2017 enthalten sind, schon im Erstgutachten in die Einschätzung miteingeflossen sind. Da der Befund keine neuen Erkenntnisse brachte, ergab sich keine Änderung der Einschätzung. Eine ungünstige Wechselwirkung konnte von der Sachverständigen nicht festgestellt werden.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten nicht in Form einer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme entgegengetreten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht beantragt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2177769.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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