TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/10 VGW-123/072/5153/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.07.2018

Index

L72009 Beschaffung Vergabe Wien
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

WVRG 2014 §2 Abs4
WVRG 2014 §26 Abs1
BVergG 2006 §2 Z16 lita sublitaa
BVergG 2006 §2 Z33a
BVergG 2006 §3 Abs1
BVergG 2006 §20 Abs2
BVergG 2006 §24 Abs1
BVergG 2006 §83
BVergG 2006 §99

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl als Vorsitzende, die Richterin Dr.in Lettner und den Richter Dr. Oppel über den Antrag der A. Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Rechtsanwälte, auf Nichtigerklärung der Ausschreibungsbedingungen betreffend das Vergabefahren der Stadt Wien – Wiener Wohnen, vertreten durch Rechtsanwälte, Rahmenvertrag T. in den Objekten der Stadt Wien - Wiener Wohnen, Kennwort: W., nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht e r k a n n t :

I. Dem Antrag der A. Gesellschaft m.b.H., die angefochtene Ausschreibung in allen Losen zur Gänze für nichtig zu erklären, wird stattgegeben. Die Ausschreibung Rahmenvertrag T. in den Objekten der Stadt Wien - Wiener Wohnen, Kennwort: W. wird für nichtig erklärt.

II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Pauschalgebühren in der Höhe von 2.809,-- Euro zu Handen ihres Vertreters bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu ersetzen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Stadt Wien – Wiener Wohnen (in der Folge: Antragsgegnerin) führt ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Rahmenvertrages T. in Objekten der Stadt Wien – Wiener Wohnen. Es handelt sich dabei um einen Bauauftrag aufgeteilt in 24 Lose. Die Vergabe des Auftrags soll im Preisaufschlag- und –nachlassverfahren erfolgen. Die A. Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: Antragstellerin) bekämpft die Ausschreibung.

Sie bringt zunächst vor, dass sie ein Interesse an den ausgeschriebenen Leistungen habe, weil die Ausführung in ihrer zentralen Geschäftstätigkeit liege und sie daher ein großes Interesse an der Belieferung der Antragsgegnerin habe. Durch die aufgezeigten Rechtswidrigkeiten entstehe bzw. drohe der Antragstellerin ein Schaden, da ihre Möglichkeit, am verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren teilzunehmen, beeinträchtigt würde.

Weiters seien durch die bisherigen Anstrengungen der Antragstellerin in diesem Vergabeverfahren durch weitgreifende Änderungen in der Bezugspreiskalkulation mit der 3. Berichtigung und der 7. Fragebeantwortung im Zuge der Erstellung des Angebotes und zur Wahrung ihrer Rechtsposition erhebliche Aufwendungen angefallen. Der Schaden wird im Antrag näher beziffert. Darüber hinaus entginge der Antragstellerin durch die vorliegenden Rechtswidrigkeiten die Möglichkeit der Zuschlagserteilung und ein angemessener Gewinn.

In der Folge stellt die Antragstellerin dar, in welchen Rechten sie sich durch die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin als verletzt erachtet.

Sie führt weiters aus, dass sich die ausgeschriebenen Leistungen auf verschiedene Standorte in Wien bezögen. Es handle sich dabei um unregelmäßig wiederkehrende kleine Baumaßnahmen in der Form von …-Leistungen in Objekten von Wiener Wohnen, die in der Regel zu Wohnungssanierungen erforderlich seien. Der Rahmenvertrag umfasse sämtliche für diese Baumaßnahmen erforderlichen ...leistungen.

Geplanter Vertragsbeginn sei das 3. Quartal 2018. Der Vertrag werde auf 2 Jahre abgeschlossen. In Punkt 9 der Besonderen Vertragsbestimmungen sei festgelegt, dass die Antragsgegnerin berechtigt sei, den Rahmenvertrag mit gleichbleibenden Vertragsbestimmungen bis drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit um eine beliebige Anzahl von Monaten bis höchstens ein Jahr zu verlängern.

Die Antragsgegnerin habe mit den Ausschreibungsunterlagen eine Bezugspreiskalkulation zur Verfügung gestellt. Die Angebote seien unter Bezugnahme auf diese Bezugspreiskalkulation je Preisanteil nach dem Preisaufschlags- und –nachlassverfahren zu erstellen. Die Angebotsfrist ende am 27.4.2018.

Bis dato habe es sieben Fragebeantwortungen gegeben (26.2.2018, 27.2.2018, 2.3.2018, 9.3.2018, 15.3.2018, 21.3.2018 und 30.3.2018). Im Rahmen der 6. Fragebeantwortung sei bekanntgegeben worden, dass aufgrund weiterer Anfragen zur Kalkulation und zum Leistungsverzeichnis eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen in Vorbereitung sei.

Es seien drei Berichtigungen der Ausschreibung erfolgt. Mit den ersten zwei Berichtigungen sei jeweils der Schlusstermin für den Eingang der Angebote verschoben worden. Mit der dritten Berichtigung vom 6.4.2018 seien zahlreiche und wesentliche Änderungen im Leistungsverzeichnis durchgeführt worden. Nach Ansicht der Antragstellerin sei daher die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung notwendig, zumal diese Berichtigungen zu einer exorbitanten Erhöhung der Angebotssummen in den einzelnen Losen und bei der Gesamtsumme geführt hätten. Weiters seien von den 425 Leistungspositionen 184 Positionen fehlerhaft gewesen, was Berichtigungen in den Kalkulationsansätzen (Lohn, Material und Sonstiges) bewirkt habe.

Eine Berichtigung der Ausschreibung sei nach der Judikatur und Literatur aber nur soweit zulässig, wie es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung komme, ansonsten die Ausschreibung zu widerrufen wäre.

Im gegenständlichen Fall seien so wesentliche Änderungen erfolgt, dass nunmehr ein anderer Bieterkreis angesprochen werde. Es bestehe daher eine Pflicht zur Neuausschreibung.

Die Antragstellerin führt zu den von ihr behaupteten Rechtswidrigkeiten der Ausschreibung weiters aus:

"10.2       Unkalkulierbarkeit der Angebote

            Die Ausschreibung ist auch aus mehreren anderen Gründen für nichtig zu erklären. Sie enthält zahlreiche rechtswidrige Bestimmungen. In erster Linie wird den Bietern mit dieser Ausschreibung ein nicht kalkulierbares wirtschaftliches Risiko überbunden.

            Wenn dem Bieter die Angebotskalkulation nur unter Übernahme nicht kalkulierbarer Risken möglich ist, ist die Ausschreibung für nichtig zu erklären.

            Konkret führen folgende Bestimmungen der Ausschreibung zur Unkalkulierbarkeit:

10.2.1     Unkalkulierbarer Anfall von Bestellungen und Vorhalt von Personal

            Das Risiko der Ungewissheit über die Anzahl und das Ausmaß der Bestellungen aus dem Rahmenvertrag wird mit dieser Ausschreibung zu 100% auf den Bieter überwälzt. Damit ergibt sich eine Unkalkulierbarkeit für die Angebotsstellung, welche die Ausschreibungsunterlagen mit Rechtswidrigkeit behaftet.

?     Es gibt keinen Raster oder Anhaltspunkt über die Anzahl der Aufträge, die aus dem Rahmenvertrag abgerufen werden sollen. "

?     Es ist nicht bekannt, ob Bestellungen täglich, wöchentlich oder in gesammelter Form monatlich eingehen werden.

            Aufgrund der fehlenden Angaben, ist für den Bieter die notwendige Anzahl an Montagepersonal nicht kalkulierbar. Es gibt in der Ausschreibung auch keine Festlegung, welche Anzahl an Montagepersonal vom Auftragnehmer vorzuhalten ist, um die Leistung ordnungsgemäß erbringen zu können.

            In den BVRET Punkt. 3.3 heißt es, dass es „zu unregelmäßigen Abrufen kommen wird. Der Auftraggeber bestellt die Leistungen aufgrund des tatsächlichen Bedarfs, wodurch sich eine ungleichmäßige Arbeitsauslastung des Auftragnehmers ergeben kann." Wie aus der Vergangenheit bekannt ist, werden die Aufträge von Wiener Wohnen tatsächlich sehr unregelmäßig über den Monat verteilt erteilt, wobei erfahrungsgemäß nicht nur der tatsächlich auftretende Bedarf, sondern auch Urlaube und Krankenstände von Mitarbeitern von Wiener Wohnen als Ursache anzuführen sind.

            Es fehlt eine Vorgabe oder ein Mengengerüst, mit wie vielen Aufträgen im welchem Zeitabstand zu rechnen ist. Erfahrungsgemäß kann die Vergabe von Aufträgen zur Sanierung von Wohnungen häufig am Monatsanfang erfolgen, da Wohnungen nach Ablauf des Mietvertrags am Monatsende an die Hausverwaltungen zurückgegeben werden. Hierzu werden jedoch keine Festlegungen getroffen. Es liegt allein im Belieben des Auftraggebers alle Bestellungen auf einmal zu versenden oder diese über den Monat zu verteilen. Der Bieter weiß nicht, mit welchem maximalen Leistungsanfall bis zu welchem Auftragsvolumen er rechnen muss.

? Es gibt keine Informationen über das jeweilige Instandsetzungsvolumen der Bestellungen. Der Bieter weiß nicht, in welchem Verhältnis Komplett- oder Teilinstandhaltungen beauftragt werden. Der Bieter weiß nichts über die Größe der Wohnungen.

            Nichts davon geht aus der Ausschreibung hervor. In Punkt 1.1 BVRET steht zwar, dass von einer mittleren Wohnungsgröße von 40-60m2 und von einem Bestellvolumen von EUR 1.000,-- - 5.000,-- ausgegangen werden kann. Diese Angaben sind jedoch keine ausreichende Kalkulationsgrundlage: Sie sind erstens vage und völlig unverbindlich gehalten. Sie spiegeln zweitens die Realität nicht wider, wonach auch größere Bestellungen eingehen. Und sie stehen drittens im Widerspruch zu anderen Stellen der Ausschreibung. So heißt es in Punkt 2.1 BVRET, dass Aufträge mit Bestellsummen bis zu EUR 10.000,— abgerufen werden.

            Der Bieter wird völlig im Ungewissen gelassen. In anderen Ausschreibungen wurde den Bietern als ergänzende Unterlage für die Kalkulation zumindest eine zu erwartende Gewichtung zwischen Komplett- und Teilinstandhaltungen und eine Rechnungsbeitragsverteilung bekanntgegeben, so dass der Aufwand ansatzweise kalkuliert werden konnte. In gegenständlicher rechtswidriger Ausschreibung wird den Bietern hingegen keinerlei Ansatzpunkt für ihre Kalkulation gegeben.

? Die Leistungsfristen werden erst mit der Bestellung bekanntgegeben.

            Die Leistungsfrist für die Einzelabrufe wird im Bestellschein nach Maßgabe des Bestellvolumens festgelegt. So heißt es in den BVRET Punkt. 3.3: „Die Leistungsfrist variiert abhängig vom Leistungsvolumen je Abruf."

?     Es gelten sehr kurze Fristen für den Arbeitsbeginn, die hoch pönalisiert sind.

            Gemäß BVRET Punkt. 2.3 wird auf dem Bestellschein angegeben, wann mit der Leistung zu beginnen ist (Arbeitsbeginn vor Ort) und innerhalb welchen Zeitraums sie erbracht werden muss (Leistungsfrist). Je nach Dringlichkeit können am Bestellschein folgende Dringlichkeitsstufen angegeben sein: dringliche Bestellungen oder Standardbestellungen. Dringliche Bestellungen sind binnen 24 Stunden, Standardbestellungen binnen 3 Arbeitstagen zu beginnen.

            Anhand eines Beispiels soll erläutert werden, welche Flexibilität auf Seiten des Auftragnehmers damit gefordert wird.

            Eine Standardbestellung hat zB eine Auftragshöhe von EUR 5.000.--. Das bedeutet die Organisation von rund 5 Partietagen innerhalb von 3 Tagen. Würden nun mehrere Aufträge in dieser Größenordnung gleichzeitig erteilt, zB 5 weitere Abrufe, müsste der Auftragnehmer binnen 3 Tagen 5 zusätzliche Arbeitspartien bereitstellen, um nicht gegen die Bedingungen des Vertrages zu verstoßen, die mit hohen Vertragsstrafen gekoppelt sind.

            Der Auftragnehmer wird gleichzeitig verpflichtet, alle organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die ihn in die Lage versetzen, das ganze Jahr über ohne Unterbrechungen einen zeitgerechten Arbeitsbeginn und eine fristgerechte Leistungserbringung sicher zu stellen. (BVRET Punkt. 3.3).

            Es ist also für den Auftragnehmer in keiner Weise planbar, wann und wie oft (täglich, wöchentlich, monatlich) der Auftraggeber welche Menge an Einzelaufträgen (eine Bestellung, zehn oder zwanzig Bestellungen?) und mit welchen Volumen (über EUR 1.000,-- oder sogar EUR 10.000,-- Bestellvolumen?) abrufen wird. Die Bieter müssen aber gleichzeitig für jedes Ausmaß an Bestellungen immer leistungsbereit sein, wobei die rechtzeitige Leistungserbringung hoch pönalisiert ist (EUR 300,--/Kalendertag). Das ist für kein Unternehmen machbar und auch nicht kalkulierbar.

            Bauunterbrechungen aufgrund fehlender Vorleistungen anderer Gewerke und schlechter Koordination des Auftraggebers werden nicht abgegolten. Die Leistung ist auch aus diesem Grund nicht kalkulierbar.

            Die Ausschreibung ist rechtwidrig, weil sie aufgrund fehlender Informationen und fehlender Vorgaben unkalkulierbar ist.

            „Leistungen, deren Umfang von in der Sphäre des AG liegenden Umständen, die dessen alleiniger Disposition unterstehen, abhängen, sind einer Pauschalpreiskalkulation nicht zugänglich, weil sie dem Bieter ein Preisrisiko überwälzen, das der AG durch seine Handlungen beeinflussen kann. Solche Risken sind schon deshalb nicht kalkulierbar, weil zwischen Leistung und Entgelt keine nachvollziehbare Beziehung besteht (BVA 9.11.1998, N-27/98-14)“ (Hörmandinger in Gast [Hrsg.], BVergG-Leitsatzkommentar, E 38 zu § 78).

            „Auch bei der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung für standardisierte Bauleistungen hat der AG in der ersten Stufe geschätzte Mengenangaben und Angaben über die ungefähre zeitliche Durchführung ins Leistungsverzeichnis aufzunehmen, damit der Bieter feststellen kann, ob er über die personellen und technischen Kapazitäten für die Durchführung des Auftrags verfügt; anderenfalls stellt die Preisgestaltung ein unzumutbares und unkalkulierbares Risiko dar (UVS StmK 3.5.2004; 44.15-2/2004)“ (Hörmandinger in Gast [Hrsg.], BVergG-Leitsatzkommentar, E 45 zu § 78).

            Weitere Umstände machen die Leistung unkalkulierbar (siehe Punkte 10.2.2 bis 10.2.4).

10.2.2     Unkalkulierbare Anzahl der bewohnten und unbewohnten Wohnungen

            Nach dem ersten Absatz in den BVRET sind die ...leistungen in leeren und bewohnten/ möblierten Mietobjekten zu erbringen. An keiner Stelle der Ausschreibung wird angegeben, wie das Verhältnis zwischen leeren und bewohnten, möblierten Mietobjekten ist bzw welches Verhältnis der Kalkulation der Angebote zugrunde gelegt werden soll.

            Die fehlende Angabe darüber, wie viele Leerwohnungen oder bewohnte Wohnungen zu erwarten sind, macht die Leistung unkalkulierbar.

            Leerwohnungen sind geräumte Wohnungen ohne Möbel, alle Wände zugänglich, wo keine weiteren Behinderungen zu erwarten sind.

            Bewohnte Wohnungen sind hingegen in der Regel voll möbliert, Wände und Installationen sind durch Möbel verstellt, … oftmals durch Festeinbauten nicht zugänglich.

            In bewohnten Wohnungen fallen dadurch Mehraufwendungen an, dass die Möbel verstellt werden müssen.

            In der Fragebeantwortung D7 wird dem Bieter mitgeteilt, dass das Verstellen der Möbel sowie erforderliche Demontagen von Mietern durchgeführt werden muss.

            Auf Grund der beengten Platzverhältnisse ist jedoch auch während der Arbeiten ein mehrmaliges Verstellen der Möbel notwendig, um alle Installationen durchführen zu können. So werden Möbel meist in der Mitte des Raums gruppiert, welche bei der Installation … wieder verschoben und oftmals neu abgedeckt werden müssen. Viele Mieter haben weder die Bereitschaft die Möbel mehrfach zu verstellen, noch sind sie während der Arbeiten ständig anwesend. Für dieses mehrmalige Verstellen von Einrichtungsgegenständen ist ein Zeitaufwand zu kalkulieren, der jedoch aufgrund der fehlenden Informationen, (Anzahl der bewohnten Wohnungen) in den Ausschreibungsunterlagen nicht abgeschätzt werden kann.

            Beweis: - Fotos von bewohnten Sanierungsobjekten (Beilage ./E).

            Die Fotos in Beilage ./E sollen veranschaulichen mit welcher Art von „Verstellungen“ … gerechnet werden muss. Abgesehen von den nicht kalkulierbaren Mehraufwendung entstehen durch solche Umstände in bewohnten Wohnungen auch zeitlich Engpässe bei der Leistungserbringung, die in Anbetracht der hoch pönalisierten Leistungsfristen ebenfalls zu einem unkalkulierbaren Risiko führen.

            Gleichzeitig führen die verstellten Möbel zu Behinderungen bei den Arbeiten und erschweren die Zugänglichkeit von Maschinen und Arbeitern.

            Darüber hinaus schafft die Leistungserbringung in möblierten Wohnungen auch sicherheitstechnische Probleme. In diesen Wohnungen halten sich während der Arbeitsdurchführung die Bewohner, oftmals auch Kinder auf. Die Arbeiten (Stemmarbeiten, Verlegearbeiten und Verputzarbeiten) sind daher auch unter Rücksicht auf die Bewohner und unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen.

            Erfahrungsgemäß ist auch mangelndes Entgegenkommen der Mieter zu erwarten, was über die beschriebenen Schwierigkeiten hinaus zu weiteren, nicht abschätzbaren Stehzeiten und Behinderungen führt.

            Das Leistungsverzeichnis sieht zB für die Leistung „Prüfen von Anlagen“ für unvermietete und vermietete Objekte den gleichen Preis vor. Das spiegelt ausgehend von den dargestellten Unterschieden nicht die Realität wider und ist daher ein verfehlter Kalkulationsansatz.

            Beweis: - Auszug (Seite 34) Kurzleistungsverzeichnis beispielhaft für Los 01 und Los 05. (Beilage ./F).

            Zusammenfassend macht die fehlende Angabe über das anzusetzende Verhältnis zwischen leeren und bewohnten sowie möblierten Mietobjekten die Angebote unkalkulierbar. Die Ausschreibung ist daher auch aus diesem Grund rechtswidrig.

10.2.3     Widerspruch in der Ausschreibung betreffend Leistungsübernahme

            Die Ausschreibung enthält widersprüchliche Angaben zur Leistungsübernahme, wodurch das Angebot auch in diesem Punkt nicht kalkuliert werden kann.

            Einerseits wird im Ausschreibungsmantelbogen (Dokument 01 MD BD-SR 75 Formblatt Angebot mit Beilagen) unter Punkt 6 explizit keine förmliche Übernahme der Leistung vereinbart.

            Gleichzeitig heißt es in Punkt 2.1 BVRET, dass dem Auftragnehmer bei der Bestellung allenfalls das Erfordernis einer förmlichen Übernahme der Leistung bekannt gegeben wird. Die förmliche Übernahme kann also mit der Bestellung gefordert werden.

            Weiter heißt es in Punkt 8 BVRET, dass die Gewährleistungsfrist mit dem Einlangen der formal und inhaltlich richtigen Rechnung bei der zuständigen Buchhaltungsabteilung beginnt, sofern keine förmliche Übernahme erfolgt.

            Die Ausschreibung ist damit widersprüchlich, da die förmliche Übernahme einerseits ausgeschlossen wird, sie sich der Auftraggeber aber andererseits doch vorbehält.

            Der Widerspruch ist für die Kalkulation der Angebote nicht unwesentlich, da eine förmliche Übernahme beim Auftragnehmer zu Mehraufwand führt. Eine förmliche Übernahme bedeutet zwei weitere Termine vor Ort mit dem Auftraggeber, nämlich erstens zur förmlichen Übernahme und zweitens zur Schlussfeststellung nach Ablauf der Gewährleistung. Dafür sind ein Techniker und jeweils mindestens 2h pro Termin zusätzlich zu kalkulieren.

            Auf derart widersprüchliche Ausschreibungsunterlagen hin, kann jedoch kein Angebot seriös kalkuliert werden.

10.2.4     XML-Schnittstelle

            Gemäß Punkt 4.5.3 der BVRET verpflichtet sich der Auftragnehmer auf Aufforderung durch den Auftraggeber, ohne gesonderte Vergütung eine XML- Schnittstelle zur elektronischen Rechnungsübermittlung einzurichten. Diese Schnittstelle hat gemäß den sachlich gerechtfertigten Vorgaben des Auftraggebers ausgestattet zu werden

            Es ist für den Bieter nicht erkennbar und damit auch nicht kalkulierbar, welche Vorgaben der Auftraggeber in Zukunft machen wird und welche Kosten für die notwendige Adaptierung des EDV Systems anfallen werden.

            Weiters steht dieser Punkt im Widerspruch zur SD75/Punkt 11, in dem die elektronische Rechnungslegung ausgeschlossen wird.

            Dieser Punkt der BVRET ist für den Bieter nicht kalkulierbar und für nichtig zu erklären.

10.3        Unzulässige Festlegung des Preisaufschlags- und abschlagsverfahren

            In Zusammenhang mit der dargestellten Unkalkulierbarkeit der Leistung und der Fehlerhaftigkeit des Leistungsverzeichnisses ergibt sich eine weitere Rechtswidrigkeit:

            Gemäß § 24 Abs 1 BVergG ist der Preis nach dem Preisangebotsverfahren oder nach dem Preisaufschlags - und Preisnachlassverfahren zu erstellen. Grundsätzlich ist nach dem Preisangebotsverfahren auszuschreiben, anzubieten und zuzuschlagen. Das Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren ist nur in zu begründenden Ausnahmefällen zulässig.

            Aus dem in gegenständlicher Ausschreibung vorgesehenen Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren ergibt sich die Besonderheit für die Kalkulation des Bieters, dass bei dem Leistungsverzeichnis mit mehreren Preispositionen eine Einflussnahme auf den Einzelpreis nicht möglich ist, da mit dem Zu- oder Abschlag die Preisrelationen der Einheits- und Positionspreise zueinander im gesamten Leistungsverzeichnis vom Bieter nicht beeinflusst werden können. Der Bieter kann zwar das Preisniveau der einzelnen Leistungsgruppen heben oder senken, nicht aber die Relation der Preise zueinander ändern.

            Das Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren wird vom Auftraggeber bewusst als Mittel verwendet, um Spekulationen auf Einheitspreisbasis einzuschränken, wie aus der Fragebeantwortung A3 (4. Anfragenbeantwortung vom 9.3.2018) hervorgeht. Die Heranziehung dieser Methode kann damit grundsätzlich begründet und gerechtfertigt werden.

            Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser Methode ist jedoch stets, dass die im Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren ausgeschriebenen Leistungen und sonstigen (rechtlichen und wirtschaftlichen) Spezifikationen hinreichend konkret festgelegt sind, anderenfalls ist es nämlich dem Bieter trotz Vorgabekalkulation nicht möglich, sein Angebot zu kalkulieren.

            Die Ausschreibung lässt viele Fragen zu wesentlichen Kalkulationsgrundlagen offen und ist in vielerlei Hinsicht völlig unzureichend, wie unter Punkt 10.2 ausgeführt wurde. Aus diesem Grund ist auch das Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren unzulässig.

            Beim Preisaufschlags- und -nachlassverfahren ist die Vorgabekalkulation des Auftraggebers Grundlage für die Zusammensetzung des Gesamtpreises. Die Vorgabekalkulation muss also so beschaffen sein, dass durch die in der Ausschreibung vorgesehenen Preisaufschläge und Nachlässe ein plausibler Gesamtpreis angeboten werden kann (VwGH, 22.04.2010, 2008/04/0077).

            Reisner führt in der dazu veröffentlichten Entscheidungsbesprechung (in RPA 2010, 260 f) aus, welcher Maßstab an die Vorgabekalkulation anzulegen ist. Seiner Meinung nach ist zwar nicht jede kleine Unstimmigkeit maßgeblich, die Vorgabekalkulation muss aber in ihren Kalkulationsansätzen so stimmig, dh wirtschaftlich plausibel und nachvollziehbar sein, dass sie quasi wie ein Angebot auch einer vertieften Angebotsprüfung standhalten müsste, wofür allenfalls die Beiziehung eines Sachverständigen notwendig ist.

            Weiter hält der VwGH fest: Wird dem Bieter nur die Möglichkeit eingeräumt, auf zusammengefasste und unterschiedlich zu kalkulierende Leistungen Aufschläge bzw Nachlässe anzubieten, so kann das - insbesondere bei Rahmenverträgen mit nicht genau vorhersehbarem Leistungsumfang - für Bieter, deren Kalkulation von der Vorgabekalkulation in einzelnen Punkten stark differiert, bzw bei Verwendung unrichtiger Lohn- oder Materialansätze in einzelnen Positionen der Vorgabekalkulation den Bieter daran hindern, seine eigene Kalkulation bei Angebotslegung umzusetzen, und dadurch zu einem unkalkulierbaren Risiko führen (VwGH, 22.04.2010, 2008/04/0077 mwN).

            Diese Rechtsansicht des VwGH kann nun eins zu eins auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Dem Bieter wird hier nur die Möglichkeit eingeräumt, auf Leistungsgruppen Aufschläge und Nachlässe zu kalkulieren. Trotzdem muss er jede Position kalkulieren und mit den Vorgabepreisen ins Verhältnis setzen (so der Auftraggeber selbst, siehe dazu auch 4. Anfragenbeantwortung vom 9.3.2018, Frage A3).

            Die Vorgabekalkulation enthält auch nach der 3. Berichtigung eine Reihe von unrichtigen Lohn- oder Materialansätzen. Die Fehler sind so gravierend, dass zT in Pauschalen einzelne Leistungen nicht berücksichtigt sind, die aber wesentlicher Bestandteil der Gesamtleistung sind.

            Um zu zeigen, wie fehlerhaft und oberflächlich das vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Leistungsverzeichnis ist, wird auf die 3. Berichtigung und das dazu erlassene Informationsblatt verwiesen. Von den ausgeschriebenen 425 Leistungspositionen waren 184 Positionen fehlerhaft und mussten aufgrund von Bieteranfragen berichtigt werden!

Beweis: - Informationsblatt des Auftraggebers mit Übersicht über revidierte Positionen (Beilage ./C).

            Für die Erstellung dieses Leistungsverzeichnisses wurde vom Auftraggeber ein Sachverständigenbüro, die B. Gmbh, beauftragt. Dieses Sachverständigenbüro wirbt auf seiner Homepage mit hoher Kompetenz im Industrieanlagenbau, besondere Kenntnisse oder Referenzen im sozialen Wohnbau sind nicht zu entnehmen (www.b.com). Aufgrund der Notwendigkeit der umfassenden Berichtigung der Ausschreibung ist die Kompetenz dieses Sachverständigenbüros generell in Frage zu stellen und auch das korrigierte Leistungsverzeichnis sehr kritisch zu begutachten.

            Da mit der 3. Berichtigung über 40% der Positionen im Leistungsverzeichnis berichtigt werden mussten, ist davon auszugehen, dass weitere Fehler enthalten sind, die von den Bietern in der zur Fragebeantwortung zur Verfügung stehenden kurzen Zeit nicht aufgezeigt werden konnten und vom Ersteller des Leistungsverzeichnisses auch bei Berichtigung nicht als fehlerhaft erkannt wurden.

            Als wichtige Grundlage für den Bieter und dessen Kalkulation ist auch das Mengengerüst des Leistungsverzeichnisses zu sehen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Mengengerüst ähnlich wie viele weitere Punkte dieser Ausschreibung fehlerhaft, oberflächlich und falsch erstellt ist. Die Grundlage zu den Mengen der ausgeschriebenen Leistungspositionen stehen nur dem Auftraggeber zur Verfügung, die Richtigkeit wird vom Bieter in Zweifel gezogen. Das Gericht wird ersucht, die Richtigkeit der Mengenangaben in Frage zu stellen. Ein fehlerhaftes Mengengerüst würde zu weiteren Veränderungen der LV-Summen führen und dem Bieter völlig falsche Angebots- und Kalkulationsgrundlagen vortäuschen.

            Die der Ausschreibung beigelegten K 3-Blätter sind in sich nicht schlüssig. Nach den Erfahrungen des Antragstellers ist die Berechnung des Bruttomittellohnes nicht richtig erfolgt. Dies betrifft die Darstellung der Berechnung Regielohn im K-3 Blatt für Facharbeiter E-Technik und Arbeitnehmer ohne Zweckausbildung sowie die Ermittlung des Bruttomittellohnes im K-3 Blatt aus der gemeinsamen Berechnung von Facharbeiter und Arbeitnehmer ohne Zweckausbildung.

            Das Leistungsverzeichnis enthält daher echte Widersprüche in den vorgegeben Preisen und ist durchgehend fehlerhaft. Es ist unmöglich auf Basis eines solch unrichtigen Leistungsverzeichnisses eine Preisaufschlags- und Preisnachlasskalkulation vorzunehmen. Das vorgesehene Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren führt daher zu einem unkalkulierbaren Risiko für die Bieter!

10.4        Arbeitskräfteüberlasser als Subunternehmer

            Laut Allgemeinen Bestimmungen der Stadt Wien für Bauleistungen WD 314 (in Folge kurz „WD 314“) Punkt 2.2.2 gelten für Arbeitskräfteüberlasser die gleichen Bedingungen wie für Subunternehmer. Weiter hießt es in Punkt 2.2.2:Für den dem AG mit der Prüfung eines nicht im Angebot bekannt gegeben Subunternehmers entstehende Aufwand wird ein pauschaler Kostenbeitrag von 400,-- Euro vereinbart und bei der Abrechnung vom Nettobetrag in Abzug gebracht.“

            Damit wird der Auftragnehmer unter Druck gesetzt, bereits mit Angebotsabgabe beizuziehende Arbeitskräfteüberlasser als Subunternehmer namhaft zu machen, dies jedoch ohne zu wissen, in welchem Ausmaß er auf Arbeitskräfteüberlasser zurückgreifen muss. Wie oben dargestellt, ist nämlich die Kalkulation der Leistung mangels Mengengerüst über die Anzahl und den Umfang der eingehenden Bestellungen verunmöglicht und damit auch nicht abschätzbar, ob und in welchem Ausmaß auf Arbeitskräfteüberlasser zurückgegriffen werden muss.

            Erfahrungen aus der derzeit angespannten Situation am Arbeitsmarkt zeigen, dass auch Personaldienstleister oftmals nicht über das benötigte angeforderte Personal verfügen. Oftmals muss daher bei mehreren Personalleasingfirmen angefragt werden, um überhaupt entsprechend qualifiziertes Personal zu finden. Um diesem Problem entgegenzuwirken, müssten die Bieter aus den am Markt befindlichen Personalleasingfirmen eine größere Auswahl treffen und diese bereits bei Angebotsabgabe als Subunternehmer melden.

            Es ist für den Bieter nicht vorhersehbar, ob die als Subunternehmer gemeldeten Arbeitskräfteüberlasser zum Bedarfszeitpunkt über qualifiziertes Personal verfügen. Wenn die als Subunternehmer gemeldeten Personalleasingfirmen im Bedarfsfall nicht über geeignetes Personal verfügen, müssten sich die Auftragnehmer bei anderen nicht als Subunternehmer gemeldeten Unternehmen eindecken.

            Durch die Festlegungen der Ausschreibung wird der Bieter hier in die Enge getrieben. Die Situation ist in jeder Hinsicht extrem bieterbenachteiligend, weil für den Aufwand, der bei Wiener Wohnen für die Prüfung eines neuen Subunternehmers entsteht extra Kosten von EUR 400,-- verrechnet werden und außerdem dieser Vorgang nicht innerhalb der pönalisierten Leistungsterminen möglich ist, sodass zusätzlich Pönalen für die nicht zeitgerechte Erbringung der Leistung drohen. Im Notfall müsste der Auftragnehmer kurzfristig auf nicht als Subunternehmer genehmigte Arbeitskräfteüberlasser zurückgreifen, um die Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllen zu können. Dieser Verstoß wird aber laut Punkt 6.8 BVRET mit einer Vertragsstrafe in der Höhe von EUR 10.000.- geahndet.

            Da die Anzahl der seriösen Personaldienstleister im Raum Wien begrenzt ist gegenüber der Anzahl der Bieter bzw späteren Auftragnehmer, würden diese „Subunternehmer“ bei einer Reihe verschiedener Bieter gleichzeitig als Subunternehmer aufscheinen, was dem Bieter zum Nachteil gereichen könnte, wenn dadurch der Verdacht entsteht, dass der faire und lautere Wettbewerb ausgeschlossen wird. Manche Arbeitskräfteüberlasser sind ja auch selbständig am Markt als Unternehmung tätig.

            Die Festlegung in Punkt 3 WD 307 und in Punkt 2.2.2 WD 314, wonach Arbeitskräfteüberlasser als Subunternehmer zu nennen sind, ist daher als rechts- und sittenwidrige und unkalkulierbare Festlegung jedenfalls für nichtig zu erklären.

            Nach der vergaberechtlichen Judikatur und Literatur werden Arbeitskräfteüberlasser nicht als Subunternehmer angesehen. Durch Leiharbeitsfirmen wird lediglich Personal beigestellt und das Unternehmen wird somit nicht zu Erbringung eines Leistungsteils herangezogen. Das Unternehmen hat auch nicht die Befugnis “…”, sondern „Überlassen von Arbeitskräften“. Wenn das Leihpersonal - wie im gegenständlichen Fall - auch nicht für die Erfüllung der technischen Leistungsfähigkeit erforderlich ist (zB im Rahmen von Personalstandabfragen), dann ist die Verpflichtung zur Benennung von Arbeitskräfteüberlassern mit dem Angebot unzulässig, weil sie weder Subunternehmer noch für den Nachweis der Eignung erforderlich sind.

            Die Bestimmung ist daher rechtswidrig und für nichtig zu erklären.

10.5        Unzulässige Festlegungen zur (Nicht-)Bildung einer Bietergemeinschaft

            Nach Punkt 6.4 der Verfahrensbestimmungen für Rahmenverträge ist die Bildung von Bieter- bzw Arbeitsgemeinschaften im gegenständlichen Verfahren nicht zulässig.

            Diese Bestimmung ist rechtswidrig und für nichtig zu erklären, da der Ausschluss von Bieter- bzw Arbeitsgemeinschaften sachlich nicht gerechtfertigt ist.

            Gemäß § 20 Abs 2 BVergG können "Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften [...] Angebote oder Teilnahmeanträge einreichen, sofern nicht in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften für unzulässig erklärt wurde.“

            Das Gesetz räumt den Unternehmern also ein subjektives Recht ein, sich für die Einreichung eines Angebotes zu einer ARGE oder BIEGE zusammenzuschließen. Das Bestehen eines Rechts auf Bildung einer ARGE oder BIEGE wird aus § 20 Abs 2 sowie dem Grundsatz des freien Wettbewerbs gemäß § 19 Abs 1 BVergG abgeleitet, der einen ungehinderten und keinen Zugangs- oder Ausübungsbeschränkungen unterliegenden Wettbewerb bestimmt. Der Ausschluss von Bietergemeinschaften erfordert sachliche Gründe, wobei hohe Anforderungen an die sachlichen Gründe zu stellen sind (vgl. Öhler/Schramm/Zellhofer in Schramm/Aicher/Fruhmann, BVergG-Kommentar, Rz 50 und 51).

            Sachliche Gründe für eine Unzulässigkeit von Bietergemeinschaften sind zB dann gegeben, wenn in einem Marktsegment nur eine begrenzte Anzahl von Bietern existiert und „durch eine Beschränkung der Mitgliederzahl einer BIEGE der Wettbewerb gesichert werden soll“ (Hauck/Oder in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015] Rz 235). Die Teilnahme von KMU’s an Vergabeverfahren darf jedoch nicht beeinträchtigt werden; dies würde - vor dem Hintergrund, dass gerade durch die Bildung einer ARGE bzw BIEGE die Beteiligung von kleineren Unternehmen an Vergabeverfahren ermöglicht werden soll - klar dem Zweck der Regelung widersprechen {Hofer in Gast (Hrsg), Bundesvergabegesetz - Leitsatzkommentar [2010] zu § 20).

            Durch den rechtswidrigen Ausschluss von Bieter- bzw Arbeitsgemeinschaften im gegenständlichen Verfahren wird gegen die Grundintention des Gesetzes verstoßen!

            Es bestehen nicht nur keine sachlichen Gründe für einen Ausschluss von Bietergemeinschaften, sondern im Gegenteil findet die Intention des § 20 BVergG gerade hier volle Anwendung: Von einer begrenzten Anzahl von Bietern kann bei …leistungen in Wien nämlich nicht die Rede sein. Der Zusammenschluss von …-Unternehmern zu BIEGEs könnte nie dazu führen, den Wettbewerb zu beschränken! Vielmehr ist gerade hier die Zulassung von Bieter- bzw Arbeitsgemeinschaften notwendig, um KMU’s die Teilnahme am Verfahren zu ermöglichen. Durch diese rechtswidrige Bestimmung werden nun aber insbesondere kleine Unternehmen daran gehindert, am Vergabeverfahren teilzunehmen.

            Während ein Bieter, der Subunternehmer beizieht, das gesamte Risiko (Auftragserfüllung, Pönalen, Gewährleistung...) alleine tragen muss, weil ein Subunternehmer dem Auftraggeber nicht direkt haftet, ist es durch die Bildung von Bietergemeinschaften möglich, dieses Risiko aufzuteilen und die Solidarhaftung innerhalb einer ARGE zu nutzen. Auch aus diesem Grund hält der Ausschluss von Bietergemeinschaften kleine Unternehmen ab, anzubieten und führt somit zu Veränderung des Bieterkreises.

            Die in Punkt 6.4 der Verfahrensbestimmungen für Rahmenverträge enthaltene Festlegung widerspricht daher den gesetzlichen Bestimmungen in § 20 Abs 2 BVergG und ist für nichtig zu erklären.

10.6        Unangemessen niedrige Abgeltung bei frustriertem Leistungsversuch

            Gemäß BVRET Punkt 3.4 lautet:

    „Können die mit Bestellschein des Auftraggebers abgerufenen Leistungen aus Gründen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, nicht erbracht werden, wird der dadurch entstandene Aufwand durch einmalige Vergütung der Position 01.0201 Z (Baustellengemeinkosten bis EUR 250,--) verrechnet. Die Vergütung erfolgt aber nur in jenen Fällen, in denen der Auftragnehmer zum im Bestellschein festgelegten Leistungsbeginn leistungsbereit auf der Baustelle angekommen ist und die Leistungserbringung nicht möglich ist, weil sie sich als nicht mehr erforderlich herausstellt oder weil wegen fehlender Vorleistungen anderer Auftragnehmer des Auftraggebers der vereinbarte Leistungsbeginn nicht eingehalten werden kann. Es ist dann unverzüglich der Besteller (auf dem Bestellschein angeführt) darüber nachweislich in Kenntnis zu setzen. Dieser wird dann die weitere Vorgehensweise vorgeben.

            Dieser Betrag von EUR 250,-- entspricht nicht annähernd den Kosten, welche dem Auftragnehmer durch Anfahrt, Stehzeiten und notwendige Umplanung der Montageeinteilung entstehen.

            Die Regelung ist extrem benachteiligend für den Bieter und nicht akzeptabel. Der Auftraggeber behält sich vor, jederzeit uneingeschränkt Bestellungen in Auftrag geben zu können und sieht dafür einen Leistungsbeginn innerhalb von entweder 24 Stunden oder von 3 Tagen vor. Der Auftragnehmer steht unter dem Druck, pünktlich und leistungsbereit an der Baustelle sein, weil der rechtzeitige Leistungsbeginn mit 300,--/Kalendertag hoch pönalisiert ist. Aufgrund des nicht abschätzbaren Bestellumfangs musste der Auftragnehmer womöglich das notwendige Montagepersonal über Arbeitskräfteüberlasser organisieren. Mit dieser Regelung muss der Auftragnehmer in Kauf nehmen, wieder weggeschickt zu werden, weil die Leistungserbringung aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist und dafür eine Abgeltung von nur EUR 250,— zu bekommen.

            Der unangemessen niedrige Abgeltungsbetrag von EUR 250,-- steht nicht in Relation zum Schaden, der dem Unternehmer durch den Ausfall eines Auftrags entsteht und zum Leistungsdruck, der mit den hohen Pönalen und den kurzen Fristen für den Leistungsbeginn vom Auftraggeber aufgebaut wird. Die Bestimmung ist daher eklatant rechtswidrig, benachteiligend und jedenfalls für nichtig zu erklären.

10.7        Nachverrechnung

            Gemäß Punkt 4.4 der BVRET ist die Nachverrechnung aus dem Titel der Preisumrechnung ab Stichtag mittels Einzelrechnung pro Abruf durchzuführen. Zu den Nachverrechnungsrechnungen wird am Ende von Punkt 4.4. festgehalten, dass für Einzelrechnungsbeträge unter EUR 150,-- inkl USt keine Nachverrechnung gebührt (Bagatellgrenze).

            Diese Regelung bedeutet, dass der Auftragnehmer jede Rechnung zu prüfen und festzustellen hat, welcher Nachverrechnungsbetrag sich ergibt und dann die Nachverrechnungsrechnungen unter der Bagatellgrenze auszuscheiden hat. Das stellt einen enormen administrativen Aufwand dar. Diese Bagatellgrenze ist daher ein schwerwiegender Nachteil für den Auftragnehmer.

            Die Festlegung steht außerdem im Widerspruch zur Festlegung unter Punkt 4.4. erster Absatz, wonach der laut ÖNORM 2111 vorgesehene Schwellenwert von 2% ausgeschlossen wird (Die ÖNORM sieht vor, dass eine Preisumrechnung erst bei einem Veränderungsprozentsatz von 2% stattfindet). Wenn dieser Schwellenwert von 2% ausgeschlossen wird bedeutet das, dass der Auftragnehmer jede Preiserhöhung zur Nachverrechnung bringen kann.

            Wenn man annimmt, dass eine Vielzahl der Abrufe aus dem Rahmenvertrag unter einer Rechnungssumme von EUR 4.000,-- liegen wird, wäre bei er geltenden Bagatellgrenze sogar bei einer angenommenen Preiserhöhung von 2,5% bei allen derartigen Geschäftsfallen keine Nachverrechnung möglich.

            Wie gesagt, dürfte dies nicht die Absicht des Auftraggebers sein, da er im ersten Absatz von Punkt 4.4 den laut ÖNORM 2111 vorgesehenen Schwellenwert von 2% ausgeschlossen hat.

            Die Regelung der Bagatellgrenze von EUR 150,- für Nachverrechnungsbeträge ist daher für nichtig zu erklären.

10.8        Aufzeichnungspflicht

            Gemäß Punkt 5.2 der BVRET besteht eine Aufzeichnungspflicht, worauf alle aus diesem Vertrag abgerufenen Leistungen mittels der der Ausschreibung beigefügten Excel-Datei zu dokumentieren sind.

            In dieser Excel-Tabelle sind von jeder Rechnungen alle Leistungspositionen (zB 10-15) mit Positionsnummer und Positionsstichwort zu erfassen. Da dieser Vorgang nicht automatisiert erfolgt, ist jede Ausgangsrechnung händisch in die Excel Tabelle zu übertragen. Dieser Aufwand ist erheblich und nicht als unwesentliche Nebenleistung zu sehen.

            Die Kosten für die Führung und Übermittlung dieser Aufzeichnungen werden vom Auftraggeber nicht gesondert vergütet.

            Da dieser Aufwand nicht als unwesentliche Nebenleistung einzustufen ist, wäre dafür eine eigene Leistungsposition vorzusehen.

10.9        Unangemessen kurze Vorlaufzeiten

            Punkt 2.1.1 WD 314 lautet:

"Mit der Ausführung der Leistung darf erst nach schriftlicher Beauftragung begonnen werden. Die Leistung ist unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorbereitungszeit rechtzeitig zu beginnen und so auszuführen, dass sie zum vereinbarten Termin beendet werden kann. Zwischentermine sind nur dann verbindlich, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde."

            Mit dem Bestellschein erhält der Auftragnehmer den Auftrag, es wird ihm der Arbeitsbeginn und die Leistungsfrist vorgeschrieben sowie die vom Auftraggeber geschätzte Auftragssumme. Weiters erhält er die für die Ausführung erforderlichen Unterlagen (Pläne, technische Beschreibungen usw).

            Die vom Auftraggeber vorgegebenen Fristen für den Leistungsbeginn ab schriftlicher Beauftragung von 3 Tagen oder sogar nur 24 Stunden ermöglichen dem Auftragnehmer nicht ausreichend Zeit für die Arbeitsvorbereitung.

            Der Auftragnehmer muss anhand der Unterlagen

-   die Arbeit planen,

-   die Montagepartie organisieren,

-   allenfalls einen Termin mit dem Mieter einer bewohnten Wohnung absprechen,

-   das notwendige Material beschaffen und

-   einen Techniker abstellen, der sich die Gegebenheiten vor Ort anschaut,

-   allfällige fehlende Unterlagen sind vom Auftraggeber einzufordern (siehe nächster Punkt 10.10).

            Die vorgesehenen Fristen sind für eine sorgfältige Leistungsvorbereitung zu kurz bemessen.

            Der Auftragnehmer ist gemäß Punkt 4.2 BVRET ja verpflichtet, allfällige Überschreitungen der Auftragssumme gemäß Bestellschein von mehr als 20% unverzüglich bekanntzugeben, anderenfalls die Gefahr besteht, dass er sie nicht vergütet bekommt und zusätzlich schadenersatzpflichtig wird. Um dieser Meldepflicht nachzukommen, sind die vom Auftraggeber vorgegebenen Auftragssummen anhand der Gegebenheiten vor Ort und der Pläne daher kri

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten