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60/01 Arbeitsvertragsrecht;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der R Ges.m.b.H. & Co in L, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Anton-Schneider-Straße 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 23. Dezember 1996, Zl. 120.478/3-7/96, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. F in B, 2. B in B, 3. G in W, 4. H in W, 5. E in D,
6. R in G, 7. K in D, 8. C in H, 9. Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4, 10. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65,
11. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, 12. Arbeitsmarktservice Vorarlberg, Landesgeschäftsstelle, 6901 Bregenz, Rheinstraße 32), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. August 1993 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse über Antrag der Beschwerdeführerin unter anderem im Spruchpunkt I. aus, dass die erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien aufgrund ihrer Tätigkeiten für die Beschwerdeführerin in den in einer Beilage angeführten Zeiträumen der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7 ASVG (Heimarbeiter) und § 1 Abs. 1 lit. c AlVG unterlegen seien (Punkt a) und dass die sechst- bis achtmitbeteiligten Parteien aufgrund ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin in den in einer Beilage angeführten Zeiträumen der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien (Punkt b). In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe ab 1988 die im Spruch genannten erst- bis achtmitbeteiligten Parteien für die Herstellung von verschiedenen Geräten beschäftigt. Von den erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien seien zu Hause die Frontblenden von Geräten zusammengesetzt und diverse Kabel bearbeitet worden. Dabei sei eine bestimmte Anzahl von Teilen im Betrieb abgeholt und mit teilweise eigenem Werkzeug bearbeitet worden. Der Termin für die Fertigstellung einer bestimmten Stückzahl von Geräten sei vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vorgegeben worden. Die Entlohnung durch die Beschwerdeführerin sei pro Stück erfolgt, das Entgelt sei monatlich an die Heimarbeiter überwiesen worden.
Die Beschwerdeführerin habe geltend gemacht, dass die Tätigkeit aufgrund von Werkverträgen ausgeübt werde. Ein Werkvertrag sei aber nicht vorgelegt worden. Gegen die Annahme einer selbständigen Unternehmertätigkeit der mitbeteiligten Parteien spreche auch, dass keine dieser Personen über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt habe.
Die zweit- und viertmitbeteiligte Partei seien ab 1990 als Heimarbeiter gemeldet worden, obwohl sich in der Art der Tätigkeit keine Änderung ergeben habe. Eine Änderung habe sich nur in der Auftragslage der Beschwerdeführerin ergeben. Ab 1990 habe sie längerfristige Verträge über den Absatz großer Mengen dieser Werkstücke abgeschlossen. In den Jahren davor sei es noch nicht klar gewesen, wie sich die Auftragslage entwickeln würde. Für die Beurteilung der Heimarbeitereigenschaft könne dies aber nicht maßgeblich sein. Die Definition des Heimarbeiters ergebe sich ausschließlich aus den Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes und sei nicht vom Umfang eines Auftrages abhängig. Die sechst- bis achtmitbeteiligten Parteien hätten die Tätigkeit nicht in Heimarbeit ausgeübt. Aufgrund ihrer hauptberuflichen Tätigkeit bei anderen Firmen hätten diese Personen hauptsächlich nur während der Wochenenden der Tätigkeit nachgehen können. Sie hätten darüber hinaus über keine eigenen Betriebsmittel verfügt. Die Tätigkeit sei in den Räumen und mit den Betriebsmitteln der Beschwerdeführerin durchgeführt worden. Für die Tätigkeit seien bestimmte, einzuhaltende Termine vorgegeben worden. Diese Personen seien auch der Kontrolle des Dienstgebers unterlegen; sie hätten Weisungen hinsichtlich der Arbeitsdurchführung erhalten. Es habe persönliche Arbeitspflicht bestanden, weil der Dienstgeber sicher nicht damit einverstanden gewesen wäre, wenn ihm unbekannte Personen in seinen Betriebsräumen gearbeitet hätten. Bei diesen Personen lägen daher überwiegende Merkmale unselbständiger Tätigkeit gegenüber jenen Merkmalen der Selbständigkeit vor.
Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin wurde ausgeführt, die im Spruchpunkt I.a und b des angefochtenen Bescheides genannten Personen hätten von der Beschwerdeführerin als Auftraggeberin die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernommen. Die Personen seien aufgrund ihrer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit nicht einer Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen. Zwischen der Beschwerdeführerin und den genannten Personen sei ein mündlicher Werkvertrag abgeschlossen worden. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hätte feststellen müssen, ob diese Personen Gewerbetreibende nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung seien. Die Gebietskrankenkasse hätte sich keinesfalls mit der Feststellung, dass keine der betroffenen Personen über eine Gewerbeberechtigung verfügt habe, begnügen dürfen. Eine selbständige gewerbliche Tätigkeit unterliege auch dann den gesetzlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn diese Tätigkeit von einer Person durchgeführt werde, welche nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung sei. Die im Bescheid genannten Personen seien ausschließlich nach der Anzahl der abgelieferten und mittels eines Prüfautomaten für funktionsfähig befundenen Werkstücke entlohnt worden. Die dafür aufgewendete Arbeitszeit sowie die Anzahl der für die Fertigung eingesetzten Personen sei unerheblich gewesen. Für mangelhafte und nicht abgenommene funktionsuntüchtige Werkstücke habe kein Entlohnungsanspruch bestanden. Das somit von den Personen getragene unternehmerische Risiko komme auch dadurch zum Ausdruck, dass die Personen die Materialien für die Fertigung von tausend Stücken regelmäßig selbst beim Werkbesteller abgeholt hätten und die Rohwaren in ihren eigenen Räumlichkeiten eingelagert hätten. Sie hätten die Werkstücke unabhängig von der Anzahl der abgerufenen Werkstücke auf Lager gefertigt. Die Herstellung des Werkes sei in deren eigenen Räumlichkeiten mit eigenen Mitteln erfolgt. Die Personen hätten die Werkstücke auch unter Einsatz von Hilfspersonal, welches zumeist aus eigenem Familienkreise stammte, hergestellt. Es sei ihnen freigestanden, weitere Gehilfen anzustellen und auch selbst zu entlohnen.
Die im Spruchpunkt I.b des Bescheides angeführten Personen hätten die Tätigkeit zwar in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin mit deren Betriebsmitteln ausgeübt, jedoch seien diese Räumlichkeiten von den übrigen betrieblichen Gebäudeteilen der Beschwerdeführerin baulich getrennt gewesen. Diese Personen hätten weder einen Zugang zum betrieblichen Lager noch zu den Büroräumlichkeiten gehabt. Sie hätten ihre Tätigkeit vorwiegend an den Wochenenden durchgeführt, sodass weder eine Beaufsichtigung noch eine Kontrolle durch die Beschwerdeführerin stattgefunden habe. Eine organisatorische Eingliederung der Personen in den Betrieb der Beschwerdeführerin sei in keiner Weise gegeben gewesen.
Die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse als Heimarbeiter bzw. als Dienstnehmer qualifizierten Personen seien als selbständige Unternehmer tätig geworden und unterlägen daher nicht der Versicherungspflicht nach dem ASVG.
Der Landeshauptmann von Vorarlberg gab mit Bescheid vom 22. Jänner 1996 dem Einspruch teilweise Folge und stellte fest, dass alle im Spruchpunkt I. des Bescheides der Gebietskrankenkasse genannten Personen aufgrund ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Zeiträumen der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 7 ASVG (Heimarbeiter) und § 1 Abs. 1 lit. c AlVG unterlegen seien. In der Begründung dieses Bescheides stellte die Einspruchsbehörde zunächst das Verwaltungsgeschehen dar und gab dann den Inhalt der mit der erst- und siebtmitbeteiligten Partei sowie dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin aufgenommene Niederschrift wieder. Anschließend führte sie aus, die genannten Personen hätten über ihre Arbeitszeit frei verfügen können und ihren Arbeitsort frei wählen dürfen. Sie seien nicht zur persönlichen Arbeitsverrichtung verpflichtet gewesen. Weisungsbefugnisse, wie sie für ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG typisch seien, lägen nicht vor. Auch eine Überwachung der Arbeitstätigkeit durch die Beschwerdeführerin sei nicht möglich gewesen, weil die Arbeiten in Heimarbeit durchgeführt worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG jedenfalls nicht vorliege.
Wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. a des Heimarbeitsgesetzes erfüllt seien, liege ein Heimarbeitsverhältnis vor und sei das Heimarbeitsgesetz unabhängig davon anzuwenden, welcher Art der dem Beschäftigungsverhältnis zugrundeliegende Vertrag sei. Die vertragsrechtliche Beurteilung des Verhältnisses sei bedeutungslos, es komme lediglich auf die tatsächliche Ausgestaltung des Verhältnisses an. Aus § 2 Abs. 1 lit. a des Heimarbeitsgesetzes ergebe sich, dass derjenige, der Gewerbetreibender nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung sei, nicht Heimarbeiter sein könne. Nach § 38 Abs. 2 der Gewerbeordnung sei als Gewerbetreibender im Sinne dieses Bundesgesetzes, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei, der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten sowie der gemäß § 40 der Gewerbeordnung bestellte Pächter zu verstehen. Gewerbeinhaber sei derjenige, auf dessen Namen die Gewerbeberechtigung laute, unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handle. Unbestritten sei, dass die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien weder im Besitz einer Gewerbeberechtigung, noch Fortbetriebsberechtigte, noch gemäß § 40 der Gewerbeordnung bestellte Pächter gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin nehme ein Werkvertragsverhältnis auch deswegen an, weil sich die genannten Personen bei Verrichtung ihrer Tätigkeit hätten vertreten lassen können. Hiezu sei auszuführen, dass nach der Rechtsprechung eine Abrede über das Fehlen persönlicher Leistungspflicht oder das Unterbleiben einer Abrede über den Bestand persönlicher Leistungspflicht die Geltung der Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes nicht ausschließen könne (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 1973, Zl. 598/72).
Unerheblich sei das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ein besonderes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Heimarbeitsgesetzes liege nicht vor, wenn die Bezahlung nur für den Arbeitserfolg und nicht für die Dauer der Beschäftigung geleistet werde, weil Stücklohn eine sehr häufige Art der Entlohnung in der Heimarbeit sei. Es sei gerade bei dieser Entlohnungsform typisch, dass der Heimarbeiter bei nicht korrekter Ausführung des Werkstückes keine Bezahlung erhalte.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das wirtschaftliche Risiko sei bei den genannten Personen gelegen, weil sie von der Beschwerdeführerin die Materialien für die Fertigung von 1000 Stück abgeholt und die Rohwaren in eigenen Räumlichkeiten eingelagert hätten und die Werkstücke unabhängig von der Anzahl der abgerufenen Werkstücke auf Lager gefertigt hätten und somit das Risiko der Nichtabnahme der bereits gefertigten Werkstücke und somit das Risiko des Ausfalles der Entlohnung ausschließlich bei ihnen gelegen gewesen, könne nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin habe nämlich durch die Zurverfügungstellung der 1000 unbearbeiteten Werkstücke konkludent zum Ausdruck gebracht, dass diese auch entsprechend zu bearbeiten sein und nach Bearbeitung auch abgerufen werden würden. Die Heimarbeiter seien aufgrund der Vorgangsweise der Beschwerdeführerin gerade dazu veranlasst worden, auf Vorrat zu arbeiten.
Die im Spruchpunkt I lit. b des Kassenbescheides genannten Personen hätten die Tätigkeit in Räumlichkeiten, welche vom eigentlichen Betrieb der Beschwerdeführerin baulich getrennt waren, vorgenommen. Es sei daher davon auszugehen, dass diese Personen in einer selbstgewählten Arbeitsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a des Heimarbeitsgesetzes tätig gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin wandte sie sich gegen die Auffassung der Einspruchsbehörde, Gewerbetreibender sei nur derjenige, auf dessen Namen die Gewerbeberechtigung laute. Bereits im Einspruch sei vorgebracht worden, dass zu prüfen sei, ob die Personen aufgrund ihrer tatsächlich verrichteten selbständigen Tätigkeit als Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung anzusehen seien. Das Fehlen einer Gewerbeberechtigung sei keine hinreichende Begründung dafür, dass es sich um keinen Gewerbetreibenden im Sinne der Gewerbeordnung handle.
Dazu komme, dass für die Zuordnung zum Heimarbeiterbegriff ein "Schutzbedürfnis" gegeben sein müsse. Die in Rede stehenden "Heimarbeiter" seien jedoch in keinerlei wirtschaftlicher oder persönlicher Abhängigkeit zur Beschwerdeführerin gestanden und sei auch sonst in der Person der Ausführenden keine Zwangslage vorgelegen, die ein solches "Schutzbedürfnis" rechtfertigen würde. Die in Rede stehenden Personen seien als Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung zu behandeln.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften (Einspruchs-)Bescheid. In der Begründung stellte die belangte Behörde zunächst in umfassender Weise das Verwaltungsgeschehen dar. Nach Wiedergabe der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen stellte sie folgenden Sachverhalt fest:
Bevor sich der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin selbständig gemacht habe, sei er bei der Firma R. beschäftigt gewesen, wo er die Produktgruppe Steuerungstechnik betreut habe. Als die Firma R. mit der Produktion der Steuerungsprodukte Schwierigkeiten gehabt habe, habe die Beschwerdeführerin die Produktion dieser Elemente übernommen. Zunächst sei nicht im Voraus bestimmt gewesen, wie viele Steuerungselemente zu produzieren seien. Später sei mit der B-Ges.m.b.H. ein diesbezüglicher Vertrag abgeschlossen worden, wonach diese der Beschwerdeführerin eine bestimmte Stückzahl abnehmen werde.
Die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien seien in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen für die Beschwerdeführerin tätig gewesen. Diese Personen hätten die notwendige Fähigkeit zur Herstellung der Steuerungselemente gehabt.
Die erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien hätten jeweils eine größere Menge an Material von der Beschwerdeführerin abgeholt und sodann zu Hause zum Großteil mit eigenen Werkzeugen die Werkstücke produziert, die je nach Bedarf abgerufen worden seien. Bei der Erledigung der Aufgaben seien sie an einen von der Beschwerdeführerin vorgegebenen Termin gebunden gewesen. Die Entlohnung sei pro Stück erfolgt, wobei das Entgelt monatlich im Nachhinein überwiesen worden sei und nur für ordnungsgemäß hergestellte und benötigte Stücke ausbezahlt worden sei.
Die sechst- bis achtmitbeteiligten Parteien seien aufgrund ihrer hauptberuflichen Tätigkeit nur während der Wochenenden für die Beschwerdeführerin tätig geworden und seien die Arbeiten in den Räumlichkeiten und mit den Betriebsmitteln der Beschwerdeführerin ausgeübt worden. Diese Personen hätten der Einfachheit halber diese Räumlichkeiten bevorzugt.
Hinsichtlich der erst- bis achtmitbeteiligten Parteien sei im streitgegenständlichen Zeitraum weder eine Gewerbeanmeldung noch eine Konzession (Bewilligung) vorgelegen.
Strittig sei, ob die genannten Mitbeteiligten als selbständige Unternehmer oder als Heimarbeiter für die Beschwerdeführerin tätig gewesen seien. Nach der Rechtsprechung liege es im Wesen eines Heimarbeitsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer insofern nicht in den Betrieb eingegliedert sei, als er an einer selbstgewählten Arbeitsstätte in freier Arbeitszeiteinteilung und ohne Zwischenkontrolle seine Arbeit verrichte. Auch der Umstand, dass das Entgelt für die verrichtete Arbeit als Nebenverdienst oder sogar nur als Taschengeld angesehen werde, sei ohne Bedeutung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 95/11/0029). Zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des Heimarbeitsgesetzes gehöre auch ein gewisses Maß an Verpflichtung zur Übernahme von Arbeitsaufträgen. Eine solche Verpflichtung bestehe nicht, wenn die betreffenden Personen die Übernahme von Arbeiten jederzeit und nicht nur in Einzelfällen verweigern könnten. Von Heimarbeit könne dann nicht gesprochen werden, wenn nur ausnahmsweise ein einzelner Auftrag erteilt und übernommen werde.
Im vorliegenden Fall könne nicht davon gesprochen werden, dass nur ausnahmsweise ein Auftrag erteilt und übernommen worden sei. Es stehe fest, dass die betreffenden Personen regelmäßig, wenngleich in verschiedenen zeitlichen Abständen für die Beschwerdeführerin tätig gewesen seien. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Durchführung der zu erledigenden Arbeiten nicht jederzeit hätte verweigert werden können. Eine über den Einzelfall hinausgehende Vertretungsmöglichkeit erscheine schon deswegen unglaubwürdig, weil die Fertigung der Werkstücke bestimmte technische Kenntnisse erfordert habe und bei Nichtvorhandensein dieser Kenntnisse eine Einschulung notwendig gewesen wäre. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe das selbst zugegeben, indem er erklärt habe, die von ihm ausgesuchten Techniker hätten über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Es müsse angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin an der persönlichen Arbeitsleistung der in Rede stehenden Personen, die bereits eingearbeitet gewesen seien und zu denen sich schon ein gewisses Vertrauensverhältnis herauskristallisiert habe, interessiert gewesen sei.
Das Unterbleiben einer Abrede über den Bestand persönlicher Leistungspflicht könne die Geltung der Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes nicht ausschließen.
Der Auffassung der Beschwerdeführerin, ein besonderes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Heimarbeitsgesetzes liege nicht vor, weil die Bezahlung durch den Arbeitserfolg, nicht aber für die Dauer der Beschäftigung geleistet worden sei, könne nicht gefolgt werden. Stücklohn sei nämlich eine sehr häufige Art der Entlohnung in der Heimarbeit. Es sei bei Heimarbeit auch allgemein üblich, dass bei der Vereinbarung von Stücklohn nur ordnungsgemäß hergestellte und funktionsfähige Ware abgenommen werde. Ebenso sei das Abholen und Abliefern der Ware durch die Heimarbeiter selbst durchaus üblich und ergebe sich dies aus dem Heimarbeitsgesetz. Das Gesetz sehe auch die Verwendung von eigenem Material durch die Heimarbeiter vor.
§ 2 Abs. 1 lit. a Heimarbeitsgesetz nehme auf Gewerbetreibende nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung Bezug. Im Abs. 2 des § 38 Gewerbeordnung sei eine Legaldefinition des Begriffes Gewerbetreibender enthalten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei nicht § 1 der Gewerbeordnung maßgebend, weil sich diese Norm auf den Gewerbebegriff und den Geltungsbereich der Gewerbeordnung beziehe, jedoch keine Legaldefinition des im Heimarbeitsgesetz maßgebenden Begriffes des Gewerbetreibenden enthalte. Die Gewerbeordnung unterscheide zwischen der Ausübung eines Gewerbes und der Gewerbeberechtigung. Der Begriff des Gewerbeinhabers beziehe sich auf die Gewerbeberechtigung, die im Falle von Anmeldungsgewerben bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen durch die Anmeldung, im Falle von konzessionierten Gewerben (nunmehr bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben) jeweils durch die Erteilung einer Konzession (nunmehr Bewilligung) entstehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Von den mitbeteiligten Parteien erstattete lediglich die Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, es sei im Beschwerdefall zu prüfen, ob die Auftragnehmer aufgrund ihrer tatsächlich verrichteten Tätigkeit als Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung anzusehen seien. Gewerbetreibender sei nach richtiger Auffassung derjenige, der eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausübe. Eine Tätigkeit werde gemäß § 1 Abs. 2 Gewerbeordnung dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben werde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Eine Selbständigkeit liege vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt werde. Bei richtiger Würdigung seien im vorliegenden Fall die Auftragnehmer Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung.
Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Heimarbeiter und die diesen nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften über die Heimarbeit arbeitsrechtlich gleichgestellten Personen (voll-)versichert. Das ASVG nimmt keine eigene Bestimmung des Begriffes "Heimarbeiter" vor. Das Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, enthält im § 1 zunächst die Regelung, dass es für Heimarbeiten jeder Art, ausgenommen die Heimarbeit im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Produktion, gelte. Der Begriffsbestimmungen enthaltende § 2 lautet wie folgt:
"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist:
a) Heimarbeiter, wer, ohne Gewerbetreibender nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung zu sein, in eigener Wohnung oder selbst gewählter Arbeitsstätte im Auftrage und für Rechnung von Personen, die Heimarbeit vergeben, mit der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren beschäftigt ist;
b) Zwischenmeister (Stückmeister) ein Gewerbetreibender, der in eigener Wohnung oder selbst gewählter Arbeitsstätte allein oder unter Mithilfe von Familienangehörigen oder fremden Arbeitskräften (im Betrieb Beschäftigten, Heimarbeitern) im Auftrage von Personen, die Heimarbeit vergeben, mit der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren beschäftigt ist und selbst wesentlich am Stücke mitarbeitet; dabei ist es ohne Bedeutung, ob er die hierzu erforderlichen Stoffe ganz oder teilweise selbst beistellt und ob er auch unmittelbar, jedoch in untergeordnetem Umfange für den Absatzmarkt arbeitet;
c) Auftraggeber, wer Waren durch Heimarbeiter oder Zwischenmeister, sei es unmittelbar, sei es unter Verwendung von Mittelspersonen, herstellen, bearbeiten, verarbeiten oder verpacken lässt, und zwar auch dann, wenn keine Gewinnerzielung beabsichtigt ist oder die Waren für den Verbrauch bzw. Gebrauch durch die eigenen Dienstnehmer bestimmt sind;
d) Mittelsperson eine Person, deren sich die Auftraggeber zur Weitergabe der Arbeit an die Heimarbeiter oder Zwischenmeister bedienen.
(2) ..."
§ 2 Abs. 1 lit. a Heimarbeitsgesetz macht es zum Tatbestandsmerkmal des Heimarbeiters, dass er nicht Gewerbetreibender ist. Die Behörden sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Begriff des Gewerbetreibenden im § 38 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 (in der Fassung Gewerberechtsnovelle 1992) definiert ist. Demnach ist Gewerbetreibender im Sinne der Gewerbeordnung der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten sowie des gemäß § 40 bestellten Pächters. Der Begriff des Gewerbeinhabers bezieht sich auf die Gewerbeberechtigung, die im Falle von Anmeldungsgewerben bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen durch die Gewerbeanmeldung, im Falle von konzessionierten Gewerben (nunmehr bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben) jeweils durch die Erteilung einer Konzession (nunmehr Bewilligung) entsteht (vgl. Kinscher-Sedlak, Die Gewerbeordnung, 6. Auflage, Anm. 7 zu § 38, und das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1982, Zl. 81/04/0242). Es ist unstrittig, dass die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien keinem dieser drei Personenkreise angehören. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien nicht Gewerbetreibende nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung sind, ist demnach zutreffend.
Soweit die Beschwerdeführerin auf ihrer Auffassung beharrt, die mitbeteiligten Parteien seien Gewerbetreibende im Sinne der Gewerbeordnung, geht sie von einer unzutreffenden Prämisse aus:
nach den Feststellungen der belangten Behörde haben die mitbeteiligten Parteien die ihr von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Bauteile von dieser weder käuflich erworben, noch sind sie als Anbieter von Bauteilen der gegenständlichen Art gegenüber einem unbestimmten Kundenkreis aufgetreten. Die Lagerung der Bauteile bei den mitbeteiligten Parteien erfolgte daher nicht auf deren Rechnung und Gefahr. Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, dass die mitbeteiligten Parteien auch für andere Gewerbetreibende tätig gewesen seien.
Schon im Hinblick auf die Investition, die in der Anschaffung der den mitbeteiligten Parteien überlassenen Bauteile (zum Zwecke der Herstellung diverser Produkte für die Beschwerdeführerin) zu erblicken ist, liegt nicht die Annahme nahe, die Beschwerdeführerin hätte diese Bauteile den mitbeteiligten Parteien "geschenkt" oder deren Verwendung freigestellt. Es ist vielmehr offenkundig, dass die mitbeteiligten Parteien mit diesen Bauteilen im Auftrag der Beschwerdeführerin jene Gegenstände fertigen sollten, zu deren Herstellung diese Bauteile ausschließlich dienten und die die Beschwerdeführerin zur Herstellung ihrer Produkte benötigte. Schon aus diesen von der Beschwerdeführerin geschaffenen Umständen ergibt sich eine Verpflichtung der (dieser Vorgangsweise zustimmenden) mitbeteiligten Parteien zur Arbeitsleistung für die Beschwerdeführerin ohne weiteres. Der Umstand, dass - wie die Beschwerdeführerin behauptet - bloß jeweils die Zahl der benötigten Bauteile "abgerufen wurde", sodass die mitbeteiligten Parteien - sofern sie zwischenzeitig weiterproduzierten - "auf Lager" gearbeitet hätten, begründet kein wie immer geartetes Unternehmerrisiko der mitbeteiligten Parteien, sondern allenfalls eine gewisse Einkommensunsicherheit, die aber an der Anwendbarkeit des Heimarbeitsgesetzes auf die in Rede stehenden Beschäftigungsverhältnisse der erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien nichts ändert.
Die Beschwerde ist somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenbegehren der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 97/08/0095).
Wien, am 22. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997080044.X00Im RIS seit
18.10.2001