TE OGH 2018/7/17 4Ob133/18i

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH (vormals P***** GmbH), *****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Bernhard Österreicher, Rechtsanwalt in Pfaffstätten, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. April 2018, GZ 38 R 322/17k-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 28. August 2017, GZ 16 C 36/17d-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Mietvertrag vom 25. Juli 1996 mietete die Beklagte Geschäftsräume in einem nach dem 31. Dezember 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Haus in Wien, das (seit 2010) der Klägerin gehört; später mietete die Beklagte weitere Flächen im Haus dazu.

Zur Dauer des Mietverhältnisses enthält der Mietvertrag folgende Bestimmungen:

„§ 2 Mietzeit

2. Das Mietverhältnis beginnt am 1. August 1996 und wird auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen.

3. Der Mietvertrag kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalendermonats gerichtlich aufgekündigt werden.

4. Wenn der Mietvertrag zum Ablauf nicht gekündigt wird, verlängert er sich jeweils auf weitere drei Jahre.

§ 7 Vereinbarter Kündigungsgrund

Es wird vereinbart, dass folgende für den Vermieter wichtige und bedeutsame Tatsachen als Kündigungsgrund geltend gemacht werden können:

1. Nicht pünktliche Bezahlung der Zins- und Betriebskostenanzahlungen und -nachzahlungen laut Index.

2. Nicht vertragsmäßige Verwendung des Mietgegenstands.

3. Bei Ausgleichs- oder Konkursantrag gegen den Mieter.“

Die Vertragsparteien haben dem Text des schriftlichen Mietvertrags keine besondere Bedeutung beigemessen; sie gingen übereinstimmend davon aus, dass das Bestandverhältnis längere Zeit andauern soll. Mit Schreiben vom 16. Jänner 2017 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass keine weitere Verlängerung des Bestandvertrags stattfindet und dieser zum 31. Juli 2017 endet.

Mit Schriftsatz vom 16. Jänner 2017 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gerichtlich auf. Die aktuelle Befristung ende mit 31. Juli 2017; die Aufkündigung diene ausschließlich der Verhinderung einer weiteren Verlängerung des Bestandverhältnisses, weshalb ein Kündigungsgrund nach § 30 MRG nicht erforderlich sei. Sie könne sich allerdings auch auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 MRG stützen, weil die beabsichtigte Mitteilung von der Nichtverlängerung des Mietvertrags als Kündigungsgrund vereinbart worden sei.

Die Beklagte erhob Einwendungen gegen die Aufkündigung und brachte vor, dass die Befristung für den zugrunde liegenden Mietvertrag über Geschäftsräume, an denen kein Wohnungseigentum bestehe, unwirksam sei. Außerdem habe der ursprüngliche Vermieter auf die Kündigungsmöglichkeit verzichtet.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und erkannte die Beklagte schuldig, die in Bestand genommenen Objekte geräumt von ihren Fahrnissen der Klägerin zu übergeben. Für eine wirksame Befristung eines Mietvertrags sei nur vorausgesetzt, dass der unbedingte Endtermin durch Datum oder Fristablauf festgelegt sei; einer ausdrücklichen Vereinbarung, dass der Vertrag ohne Kündigung erlösche, bedürfe es nicht. Auch eine Verlängerungsoption – hier für jeweils drei Jahre – für den Fall der nicht rechtzeitigen Kündigung zum Vertragsende schade nicht. Die vereinbarte Befristung sei daher durchsetzbar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob die Kündigung als rechtsunwirksam auf und wies das auf Übergabe der gemieteten Räume gerichtete Klagebegehren ab. Eine Befristung sei wirksam, wenn sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen könne. Dies erfordere einen unbedingten Endtermin, der durch datumsmäßige Angabe des Endtermins oder des Anfangszeitpunkts festgelegt sein müsse. Eine – hier zu beurteilende – Verlängerungsoption für den Fall einer nicht rechtzeitigen Kündigung entspreche allerdings einem bedingten Endtermin; die Bedingung bestehe in der Kündigung vor Ablauf der Vertragslaufzeit. Jedenfalls bei fortlaufender, sich wiederholender Verlängerung um jeweils drei Jahre sei eine solche Befristungsvereinbarung unwirksam. Die Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, wonach eine Verlängerungsoption der Annahme eines unbedingten Endtermins nicht entgegenstehe, abgewichen sei bzw keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs dazu bestehe, ob trotz Vereinbarung einer
– mangels Kündigung – sich jeweils um drei Jahre verlängernden Vertragszeit ein unbedingter Endtermin und damit eine durchsetzbare Befristung anzunehmen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin, die darauf abzielt, die Aufkündigung für rechtswirksam zu erklären.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Beurteilung einer Vertragsklausel, die im (Teil-)Anwendungsbereich des MRG einen befristeten Mietvertrag mit dem Erfordernis einer Kündigungs- bzw einer Nichtauflösungserklärung kombiniert, eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

1. Im Anlassfall ist unstrittig, dass auf das zugrunde liegende Mietverhältnis das Mietrechtsgesetz in der Fassung vor der Wohnrechtsnovelle 2000 und auf den zu beurteilenden Mietvertrag § 29 Abs 1 leg cit zur Anwendung gelangt. Danach wird ein Mietvertrag über einen – nach dem 31. Dezember 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten – Mietgegenstand (also nicht nur Mietwohnung) durch Zeitablauf aufgelöst, wenn schriftlich vereinbart wurde, dass er durch Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt.

Konkret stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Befristung des Mietvertrags, wenn sich dieser mangels einer „Kündigung“ zum Ablauf – jeweils um weitere drei Jahre – verlängert, also ohne „Kündigung“ nicht aufgelöst wird.

2.1 Nach allgemeinen Grundsätzen endet ein befristeter Vertrag, wenn die Befristung zulässig ist, grundsätzlich automatisch mit dem Ablauf der Zeit, für die er abgeschlossen wurde, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Durch Vereinbarung kann auch ein befristeter Vertrag mit einer vorzeitigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit kombiniert werden. Die ordentliche Kündigung eines befristeten Vertrags ist daher grundsätzlich nur dann zulässig, wenn eine zusätzliche Kündigungsmöglichkeit zu einem früheren Termin wirksam vereinbart wurde.

2.2 Das ABGB enthält in den §§ 1113 bis 1115 Bestimmungen zum befristeten Bestandvertrag. Je nachdem, ob schon der Zeitablauf allein das Bestandverhältnis beenden soll, oder ob es noch zusätzlich der Ausübung des Auflösungsrechts durch Erklärung bedarf, wird zwischen einem vereinbarten unbedingten Endtermin und einem bedingten Endtermin unterschieden (Riss in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1115 Rz 2). Gemäß § 1114 Satz 2 ABGB bedürfen befristete Bestandverträge mit „bedingtem Endtermin“ zur Vertragsbeendigung einer (vereinbarten) vorausgehenden Aufkündigung zum vereinbarten Endtermin; durch Unterlassung der Kündigung werden sie um die in § 1115 leg cit geregelte Dauer stillschweigend erneuert, weshalb auch der so verlängerte Vertrag ein befristeter Vertrag mit neuem bedingten Endtermin ist (Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1115 ABGB Rz 19). In einem solchen Fall bleibt das Bestandverhältnis aufrecht, bis das Auflösungsrecht – grundsätzlich unter Einhaltung der Fristen des § 560 ZPO – ausgeübt wird (Riss in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1115 Rz 5).

2.3 Wie schon angesprochen, ist zwischen einem bedingten Endtermin nach § 1114 ABGB und der Möglichkeit einer vereinbarten (ordentlichen) vorzeitigen Kündigung des Bestandvertrags zu unterscheiden. Bei befristeten Bestandverträgen mit unbedingtem Endtermin ohne Vereinbarung einer vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit ist eine Kündigung wesensmäßig ausgeschlossen (Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1115 ABGB Rz 14).

2.4 Für Mietverträge, die in den Voll- und den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, gilt Besonderes: Nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG muss in einem solchen Fall die Befristung eines Mietvertrags (seit der WRN 2000 gilt dies nur für Wohnungsmietverträge) schriftlich sowie mit unbedingtem, datumsmäßig feststehendem Endtermin vereinbart werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so ist die Befristung nicht durchsetzbar und gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; der Mietvertrag kann vom Vermieter nur unter sinngemäßer Anwendung der spezialgesetzlichen Kündigungsvorschriften beendet werden (Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1115 ABGB Rz 6 und 20; Riss in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1115 Rz 8).

3.1 Die Frage, ob zwischen den Vertragsteilen eines Mietvertrags ein unbedingter Endtermin im Sinn des § 29 MRG vereinbart wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln (RIS-Justiz RS0070201 [T4]). Zu Vertragsklauseln, die – wie im Anlassfall – eine Befristungsvereinbarung mit einer „Verlängerungsoption“ kombinieren, besteht folgende Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

In dem der Entscheidung zu 7 Ob 85/99x zugrunde liegenden Fall wurde bei Abschluss des befristeten Mietvertrags eine (Zusatz-)Vereinbarung getroffen, wonach sich das Mietverhältnis stillschweigend um drei Jahre verlängert, wenn die Vermieterin nicht sechs Wochen vor Beendigung schriftlich kündigt. Unstrittig war, dass die Vermieterin den Termin verstreichen ließ, wodurch sich das Mietverhältnis automatisch verlängerte. Das Berufungsgericht gelangte in Auslegung der Vereinbarung zum Ergebnis, dass sich daraus nur eine einmalige Verlängerung um drei Jahre, nicht aber eine solche auch noch darüber hinaus ableiten lasse, weil die Parteien in einem solchen Fall eine Formulierung wie „jeweils um drei Jahre“ oder „immer wieder um drei Jahre“ gewählt hätten, sodass der Mietvertrag durch die Unterlassung einer Kündigung nur einmal um drei Jahre verlängert worden sei und damit jedenfalls nach sechs Jahren (ohne Kündigung) geendet habe. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass das Berufungsgericht von einer Befristung des Mietverhältnisses mit insgesamt sechs Jahren ausgehe, und beurteilte dieses Ergebnis als nicht korrekturbedürftig.

In dem der Entscheidung zu 7 Ob 168/05i zugrunde liegenden Fall wurde (zusätzlich zu einem auf zwei Jahre befristeten Mietvertrag) eine Vereinbarung über eine Mietvertragsverlängerung von zwei Jahren inklusive einer Option für weitere zwei Jahre getroffen. Das Mietverhältnis sollte jedenfalls nach maximal vier (weiteren) Jahren enden. Der Oberste Gerichtshof referierte in dieser Entscheidung zunächst die ständige Rechtsprechung, wonach eine wirksame Befristung nur die Vereinbarung erfordert, dass der Mietvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt endet, nicht aber auch die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung, dass mit Erreichen dieses Endtermins der Mietvertrag ohne Kündigung erlischt. Die Befristung ist durchsetzbar, wenn der Vertrag schriftlich errichtet wurde und von vornherein durch Datum oder Fristablauf ein Endtermin bestimmt ist; der unbedingte Endtermin muss aus der Urkunde selbst hervorgehen, wobei jede Formulierung das Erfordernis des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG erfüllt, nach der sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann. Ob ein Endtermin bestimmt ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Ausgehend von diesen Grundsätzen teilte der Oberste Gerichtshof die Ansicht des Berufungsgerichts nicht, die im Jahr 1999 getroffene Mietvertragsverlängerung enthalte in diesem Sinn keine Bestimmung eines Endtermins. Vielmehr sei der Auffassung des Erstgerichts beizutreten, wonach die von den Streitteilen getroffene Vereinbarung, dass das Mietverhältnis jedenfalls vier Jahre nach Mietverlängerung (ab 1. 7. 1999) enden solle, in der betreffenden Urkunde einen entsprechenden Niederschlag gefunden habe. Dass der beklagten Mieterin die Option eingeräumt worden sei, allenfalls durch entsprechende Erklärung eine Verlängerung um zwei Jahre herbeizuführen, könne an der Wirksamkeit dieser Befristung nichts ändern. Die Beklagte hätte sich als Mieterin nämlich darauf einstellen können, dass das Mietverhältnis ohne ihr weiteres Zutun am 30. 6. 2001 enden werde. Weiters habe die Beklagte davon ausgehen können, dass das Mietverhältnis unter der Voraussetzung, dass sie von der ihr eingeräumten Option Gebrauch mache, zwei Jahre später, also am 30. 6. 2003 jedenfalls erlösche.

In dem der Entscheidung zu 2 Ob 109/07d zugrunde liegenden Fall wurde der Mietvertrag auf vier Jahre befristet und darin zudem bestimmt, dass das Mietverhältnis vom Vermieter drei Monate vor dem Endtermin gekündigt werden kann; werde das Mietverhältnis nicht vom Vermieter gekündigt, so verlängere es sich automatisch um ein Jahr. In dieser Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof aus, dass Judikatur und Lehre für eine wirksame Befristung einen aus der Urkunde hervorgehenden unbedingten Endtermin verlangten, der entweder datumsmäßig angegeben oder durch die Angabe des Anfangszeitpunkts (in Verbindung mit der Mietdauer) eindeutig festgelegt sei. Weder eine Verlängerungsoption im Fall einer unterlassenen Kündigungserklärung des Vermieters bis zu einem bestimmten Termin vor Vertragsende (7 Ob 85/99x) noch die Festlegung von zwei unterschiedlichen Endterminen (7 Ob 168/05i) stehe nach der höchstgerichtlichen Judikatur einem befristeten Endtermin entgegen. Es liege daher keine erhebliche Rechtsfrage vor.

In dem der Entscheidung zu 5 Ob 26/11a zugrunde liegenden Fall wurde nach Abschluss des auf zehn Jahre befristeten Mietvertrags der beklagten Mieterin folgende Verlängerungsmöglichkeit eingeräumt:

„Von Ihnen kann das Mietverhältnis zweimal zu gleichen Bedingungen für die jeweilige Dauer von fünf Jahren nach Ablauf neu abgeschlossen werden, wenn Ihre entsprechende schriftliche Erklärung jeweils sechs Monate vor Ablauf der Mietvertragsdauer bei mir einlangt.“

Die Beklagte vertrat den Standpunkt, dass durch Einräumung der Option – unbeschadet der von ihr nicht rechtzeitig ausgeübten Berechtigung, das Vertragsverhältnis zu verlängern – bewirkt worden sei, dass in Wahrheit ein unbedingter Endtermin vorliege. Der Oberste Gerichtshof teilte diese Ansicht nicht und führte aus:

„Dass eine andere rechtliche Beurteilung dann geboten ist, wenn das Erlöschen eines Mietverhältnisses von einer Bedingung, wie einer vorhergehenden Erklärung, abhängig gemacht wird, bei deren Unterlassung das Bestandverhältnis als stillschweigend erneuert gilt (vgl 5 Ob 529/87 = WoBl 1988/65 [Würth]; Würth/Zingher/
Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 Rz 3 zu § 29 MRG mwN), oder von der Unterlassung einer Erklärung, wie bei Nichtausübung von Optionsrechten (vgl A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch Rz 37 zu § 29 MRG), hat mit der zu beurteilenden Sachlage nichts zu tun. Wurde wie hier ein datumsmäßig bestimmter unbedingter Endtermin vereinbart und dem Mieter ein Optionsrecht auf Verlängerung eingeräumt (nicht aber die Beendigung zum bestimmten Datum von der Nichtausübung des Optionsrechts abhängig gemacht), steht fest, dass ohne weiteres Zutun der Vertragsparteien das Mietverhältnis zum Endtermin erlosch. Ohne Ausübung des Optionsrechts endete daher der Mietvertrag mit dem vereinbarten Endtermin.“

3.2 Die Kernaussagen der zitierten Entscheidungen können wie folgt zusammengefasst werden: Die Entscheidung zu 7 Ob 85/99x akzeptiert zu einem festgelegten Endtermin eine einmalige Verlängerung eines befristeten Mietvertrags um einen bestimmten Zeitraum und stellt dieser Lösung Formulierungen wie „jeweils um drei Jahre“ oder „immer wieder um drei Jahre“ als unzulässig gegenüber. Die Entscheidung zu 7 Ob 168/05i verlangt, dass auch im Fall einer Verlängerungsoption der Endtermin, zu dem das Mietverhältnis jedenfalls (spätestens) endet, datumsmäßig (durch Endtermin oder Anfangsdatum und Vertragsdauer) bestimmt ist. Die Entscheidung zu 2 Ob 109/07d enthält keine eigenständige Beurteilung, sondern verweist nur auf die Vorjudikatur. Im Fall zu 5 Ob 26/11a wurde ebenfalls eine maximale Verlängerungsdauer vereinbart. In dieser Entscheidung ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass das Erlöschen des (befristeten) Mietvertrags nicht von einer Auflösungserklärung und auch nicht von der Unterlassung einer Erklärung (Nichtausübung eines Optionsrechts) abhängig gemacht werden darf.

3.3 Prader (in wobl 1999/158, 348) tritt in seiner Glosse zu 7 Ob 85/99x dieser Entscheidung mit dem Argument entgegen, dass der erste Endtermin von einer Kündigung abhängig und die Befristung daher undurchsetzbar sei, sodass auch eine wirksame Verlängerung ausscheide, es also auch zu keiner wirksamen Befristung durch die Verlängerungsklausel gekommen sei.

In seiner Glosse zu 7 Ob 168/05i (in wobl 2006/78, 180) kritisiert Prader, dass die Befristung auf vier Jahre im zweiten Vertrag schon deshalb nicht bejaht werden könne, weil nach Ablauf von zwei Jahren die Verlängerung des Vertrags von einer Erklärung der Mieterin abhängig gewesen sei.

Schlein (in immolex 2011/75, 240) führt in seiner Glosse zu 5 Ob 26/11a aus, der Oberste Gerichtshof habe mit dieser Entscheidung klargestellt, dass eine wirksame Befristung trotz eingeräumter Verlängerungs-/
Neuabschlussoption zulässig sei. Viel spreche aber dafür, dass der Oberste Gerichtshof nunmehr auch die Ansicht vertrete, dass offensichtlich eine andere Beurteilung der Frage der Wirksamkeit der Befristung vorzunehmen sei, wenn die Beendigung zu einem bestimmten Termin von der Nichtausübung des Optionsrechts abhängig gemacht werde.

Vonkilch (in wobl 2012/6, 17) führt in seiner Glosse zu 5 Ob 26/11a aus, dass für die Zurückweisung der außerordentlichen Revision der beklagten Mieterin offenkundig der Umstand entscheidend gewesen sei, dass im befristeten Mietvertrag selbst ausschließlich ein unbedingter Endtermin vereinbart worden sei, wohingegen das – nicht ordnungsgemäß ausgeübte – Optionsrecht der beklagten Mieterin auf Verlängerung des befristeten Mietvertrags in einem „Sideletter“ enthalten gewesen sei. Nur so sei es zu erklären, dass vom Zurückweisungsbeschluss ausdrücklich offengelassen worden sei, ob eine andere rechtliche Beurteilung dann geboten wäre, wenn das Erlöschen des Mietverhältnisses von der Unterlassung einer Erklärung, wie etwa der Nichtausübung von Optionsrechten (gemeint offenbar: unmittelbar in der Mietvertragsurkunde selbst) abhängig gemacht werde. Bei einer teleologisch orientierten Betrachtungsweise wäre es freilich kaum einsichtig, warum es darauf ankommen solle, ob jene Bedingung, unter der – in Gestalt der (Nicht-)Ausübung des dem Mieter eingeräumten Optionsrechts auf Vertragsverlängerung – die tatsächliche Beendigung des Zeitmietvertrags mit dem Eintritt des vereinbarten Endtermins stehe, unmittelbar in der Mietvertragsurkunde selbst oder aber in einer Zusatzurkunde enthalten sei. Künftige höchstgerichtliche Entscheidungen könnten es wohl nicht bei der von der vorliegenden Entscheidung angedeuteten Differenzierung belassen, sondern müssten insofern den „Stier bei den Hörnern packen“, als sie auch bei Optionsrechten, die unmittelbar in der Mietvertragsurkunde enthalten seien, dazu Stellung nehmen, ob Dirnbachers „4. Gebot der Befristung“ („Du darfst keine Bedingungen anfügen“) tatsächlich auch heute noch seine Gültigkeit habe.

Nach den Ausführungen desselben Autors im Kommentar Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 (§ 29 MRG Rz 37), kann es sich für die Durchsetzbarkeit der Befristung eines Mietverhältnisses als schädlich erweisen, wenn das Erlöschen des Mietverhältnisses zu einem bestimmten Termin mit einer weiteren Voraussetzung, wie etwa einer vorhergehenden Kündigung oder der Nichtausübung von Optionsrechten auf Vertragsverlängerung, verknüpft wird. Bei näherer Betrachtung könne kein Zweifel daran bestehen, dass mit den Entscheidungen zu 7 Ob 168/05i, 2 Ob 109/07b und 5 Ob 26/11a das Erfordernis des unbedingten Endtermins derart ausgehöhlt worden sei, dass die Vereinbarkeit dieser Entscheidungen mit dem Gesetz fraglich erscheine.

Würth/Zingher/Kovanyi (Miet- und Wohnrecht23 § 29 MRG Rz 13) bezeichnen die Ansicht des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung zu 2 Ob 109/07b, wonach eine Verlängerungsoption für den Fall nicht rechtzeitiger Kündigung zu einem vor Vertragsende liegenden Zeitpunkt nicht schade, als nicht unbedenklich und verweisen dazu auf das Vorliegen eines bedingten Endtermins.

4. Im hier zu beurteilenden Fall ist – anders als in den zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen – weder eine nur einmalige Verlängerung des Mietvertrags um eine festgelegte Dauer bis zu einem datumsmäßig klar bestimmbaren Endtermin vorgesehen noch der späteste Endtermin bestimmt, zu dem der Mietvertrag jedenfalls endet. Vielmehr verlängert sich der Mietvertrag „jeweils“, also immer wieder auf weitere drei Jahre, wenn er nicht rechtzeitig (vor Ablauf) gekündigt wird. Dabei handelt es sich um eine nach der Entscheidung zu 7 Ob 85/99x für einen unbedingten Endtermin unzulässige Formulierung.

Die hier zu beurteilende „Verlängerungsoption“ entspricht damit jedenfalls nicht den Anforderungen an einen unbedingten Endtermin im Sinn des § 29 MRG und ist nach dieser Gesetzesbestimmung daher unwirksam.

5.1 Hinzu kommt, dass die Beendigung des Mietvertrags nach der hier zu beurteilenden Vertragsklausel eine „Kündigung“, also eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung erfordert, die auf die Auflösung des Mietverhältnisses gerichtet ist. Die angeführten, die Judikatur kritisierenden Literaturmeinungen gehen im Ergebnis davon aus, dass ein derartiges Kündigungserfordernis (zum Endtermin) mit einer Befristung nach § 29 MRG nicht in Einklang zu bringen ist.

Diese Ansicht ist nicht von der Hand zu weisen: Nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG ist für einen befristeten Vertrag charakteristisch, dass er durch den Ablauf der bedungenen Zeit erlischt. Das Vertragsende wird demnach nicht durch eine Auflösungserklärung, sondern durch Untätigkeit herbeigeführt; eine (ausdrückliche oder stillschweigende) Verlängerungserklärung ist auf die Fortsetzung und nicht auf die Beendigung des Vertrags gerichtet (vgl Höllwerth in GeKo Wohnrecht § 1114 ABGB Rz 9).

Eine ähnliche gesetzliche Grundlage wie in § 29 Abs 1 Z 3 MRG findet sich in § 19 Abs 1 AngG; nach dieser Bestimmung endet das befristete Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist; einer Auflösungserklärung bedarf es nicht. Wird die Befristung des Dienstverhältnisses mit einem vereinbarten Kündigungserfordernis kombiniert und das Dienstverhältnis nach der auszulegenden Vereinbarung durch die rechtsgestaltende Kündigungserklärung aufgelöst, so ist die Befristung grundsätzlich unwirksam. Ein solches Kündigungserfordernis liegt vor, wenn der Endtermin des Dienstverhältnisses zwar kalendermäßig bestimmt, die Auflösung aber von einer notwendigen Kündigung im Sinn einer einseitigen Auflösungserklärung abhängig gemacht wird, oder wenn die Parteien einen Endtermin vereinbaren, zu dem das Dienstverhältnis aber nur dann enden soll, wenn vorher zu diesem Termin ordnungsgemäß gekündigt wurde (RIS-Justiz RS0028159; 8 ObA 30/16v; Brenn in Reissner AngG2 § 19 Rz 4; zu „Nichtverlängerungsklauseln“ siehe Jabornegg in DRdA 2000/1, 26, Glosse zu 9 ObA 81/99y und Brenn in Reissner AngG2 § 19 Rz 6).

5.2 Aus diesen Erwägungen folgt, dass die Notwendigkeit einer Auflösungserklärung gegen einen unbedingten Endtermin und im Prinzip auch gegen das Wesen einer Befristungsvereinbarung spricht. Im ABGB-Bestandrecht führt ein Kündigungserfordernis bei einem befristeten Vertrag demgegenüber zu einem „bedingten Endtermin“ im Sinn des § 1114 Satz 2 ABGB. Bei einer notwendigen Kündigung handelt es sich aber nicht um ein äußeres Ereignis, sondern um eine rechtsgestaltende Auflösungserklärung. Die Unschärfe in der Abgrenzung von befristetem und unbefristetem Bestandvertrag ist der Grund dafür, warum nach Riss (in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1115 Rz 5) im Fall des § 1114 ABGB nicht von einer stillschweigenden Erneuerung des befristeten Vertrags durch Unterlassung der Kündigung gesprochen werden sollte, sondern diese Konstellation vielmehr einem an sich unbefristeten Vertrag mit zeitlich beschränktem Kündigungsverzicht ähnelt (vgl auch Iro/Rassi in KBB5 §§ 1113–1115 ABGB Rz 2).

6.1 Den Überlegungen in der Revision zur Anwendbarkeit der Kündigungsbestimmungen des § 30 MRG „bei Vorliegen eines befristeten Bestandverhältnisses“ kommt keine Bedeutung zu, weil eine wirksame Befristungsvereinbarung hier nicht vorliegt.

6.2 Das weitere Argument der Klägerin, dass die Vertragsklausel „wenn der Mietvertrag zum Ablauf nicht gekündigt wird, verlängert er sich jeweils auf weitere drei Jahre“ einen Kündigungsgrund im Sinn des § 30 Abs 2 Z 13 MRG bilde, ist nicht stichhaltig. Die Klägerin meint offenbar, dass der Aufkündigung allein schon aufgrund ihrer Erklärung, das Mietverhältnis nicht verlängern zu wollen, stattgegeben werden müsste.

Bei einem vereinbarten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG muss die als Kündigungsgrund angegebene Tatsache bestimmt bezeichnet und für den Vermieter objektiv wichtig und bedeutsam sein sowie den wichtigen Kündigungsgründen für den Hauptmieter insgesamt nahekommen (RIS-Justiz RS0070752; Würth/Zingher/
Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 30 MRG Rz 59 f). Bei einer Nichtverlängerungserklärung handelt es sich um keinen objektiv wichtigen und bedeutsamen Grund für die Auflösung eines – in Wahrheit unbefristeten – Mietverhältnisses; ein Verlängerungsrecht spielt bei einem solchen Mietvertrag gerade keine Rolle. Entgegen den Bemühungen der Klägerin kann die Unzulässigkeit der Befristungsvereinbarung nicht unter Heranziehung des § 30 Abs 2 Z 13 MRG umgangen werden.

7. Zusammenfassend erweist sich die zu beurteilende Befristungsvereinbarung im Sinn einer Teilnichtigkeit des in den (Teil-)Anwendungsbereich des MRG fallenden Mietvertrags als unwirksam. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesem Ergebnis im Einklang, weshalb der Revision der Klägerin der Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung gebührt nur der einfache Einheitssatz.

Textnummer

E122459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00133.18I.0717.000

Im RIS seit

21.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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