TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/29 G313 2139117-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

G313 2139117-1/13E

G313 1439112-2/11E

G313 1439113-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, des XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, des XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, dieser gesetzlich vertreten durch XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2016, Zl. XXXX XXXX, XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), wurde der Antrag der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF1, BF 2 und BF 3) auf internationalen Schutz vom 27.07.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Albanien abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen die BF gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.) , festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.), und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid der BF 1 ihre abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass im gegenständlichen Fall kein Grund für die Gewährung von Asyl und subsidiären Schutz bestehe und auch im Hinblick auf die in Österreich lebende Tochter kein Hinweis für eine Rückkehrentscheidung bestehe, könne sie diese doch wie bereits nach seiner Asylantragstellung auch vom Ausland aus besuchen. Die BF 2 und 3 sind minderjährig und weisen keine eigenen Asylgründe auf.

2. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und außer einer Anfechtung der einzelnen Spruchpunkte beantragt, in Hinblick auf ein Aufenthaltsrecht festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG vorliegen und dem BF eine solche Aufenthaltsberechtigung von Amts wegen zu erteilen.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigen Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 09.11.2016 vom BFA vorgelegt, wobei die Behörde anmerkte, dass die Behörde auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichte.

4. Mit Aktenvermerk vom 22.11.2016 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

5. Mit Schreiben des BVwG vom 15.02.2018 wurde die BF ersucht, dem BVwG binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung aktuelle Angaben und Unterlagen zur privaten, familiären und gesundheitlichen Situation nachzureichen.

6. Am 01.03.2018 wurde wegen betreffend das Beschwerdeverfahren der BF eingelangter Vollmachtzurücklegung nachgefragt, ob die für die beiden minderjährigen BF seitens ihrer Rechtsberatung bestandene gesetzliche Vertretung noch aufrecht sei. Es wurde bekannt gegeben, dass es einen gerichtlichen Obsorgebeschluss über die Übernahme der Obsorge über die beiden minderjährigen BF durch deren Großmutter gebe.

7. Am 20.03.2018 langten beim BVwG ein Schreiben ein, in welchem angegeben wurde, dass der Gesundheitszustand der BF - abgesehen von Bluthochdruck der BF 1 in Ordnung sei, ihr älterer Enkelsohn seit einem Jahr in ihrer Wohnsitzgemeinde arbeite und sie auch eine seit 13 Jahren Tochter in Österreich lebende Tochter mit deren drei Töchtern als familiäre Anknüpfungspunkte in Wien habe, eine weitere Tochter ihrer Tochter wohne in der Schweiz. Diesem Schreiben waren ihren älteren Enkelsohn betreffende Integrationsnachweise beigelegt - Dienstzeugnisse vom 16.03.2018 und 24.10.2017 hinsichtlich Arbeit in seiner Wohnsitzgemeinde, ein ÖSD Zertifikat A1 und ein "Zertifikat" vom 16.03.2018 über die vom BF 3 von 05.12.2017 bis 16.03.2018 erfolgreiche Absolvierung seiner Remunerantentätigkeit.

8. Am 03.04.2018 langte beim BVwG eine Beschwerdenachreichung des BFA vom 29.03.2018 mit einem gerichtlichen Obsorgebeschluss vom XXXX.2018 ein, wonach die BF1 bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlich anhängigen Obsorgeverfahrens die vorläufige Übernahme über ihre beiden Enkelsöhne BF 2 und BF3 übernommen habe.

9. Am 11.05.2018 langte beim BVwG ein von der belangten Behörde übermittelter Polizeibericht über eine am 24.04.2018 nach Albanien erfolgte Charterabschiebung der BF, die der schriftlichen "Beschwerdenachreichung" des BFA vom 11.05.2018 zufolge offensichtlich wieder durch ihre vormalige Rechtsvertretung "ARGE Rechtsberatung DIAKONIE" vertreten sind, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF sind Staatsangehörige von Albanien - Drittstaatsangehörige. Die 82-jährige BF 1 ist die Großmutter des nunmehr bereits 18-jährigen BF 2 und des 16- jährigen BF 3 und hat mit gerichtlichem Obsorgebeschluss vom 15.03.2018 in Österreich die - bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlich anhängigen Obsorgeverfahrens zunächst nur vorläufige - Obsorge über ihre beiden Enkelkinder zugesprochen erhalten. Diesem Obsorgeverfahren lag zugrunde, dass das BFA mit Schreiben vom 11.01.2018 die Obsorgeübertragung der zu diesem Zeitpunkt beide noch minderjährigen BF 2 und BF 3 an die väterliche Großmutter - die BF 1 - anregte und zusammengefasst vorbrachte, dass die BF 2 und BF 3 unbegleitete Flüchtlinge in einem Flüchtlingslager wären. Die Eltern wären unbekannten Aufenthaltes, und die BF 1 wäre bereit, die Obsorge über sie zu übernehmen.

1.2. Die BF haben in ihrem Herkunftsstaat noch Verwandte - sowohl an ihrem Wohnort in einer kleinen Stadt in Nordalbanien als auch in der Hauptstadt ihres Herkunftsstaates, wo sich die BF einmal vor ihrer Ausreise bei einem Sohn der BF 1 bzw. Onkel der BF 2 und BF 3 aufgehalten haben.

1.3. Die BF 1 reiste am 25.07.2016 zusammen mit ihren beiden Enkelsöhnen BF 2 und BF 3 - den Söhnen ihres Sohnes, der in Albanien jemanden umgebracht hat und deshalb dort strafrechtlich belangt wurde, und einem weiteren Enkelsohn - dem Sohn eines weiteren Sohnes der BF 1, der zusammen mit seiner Ehegattin am 17.10.2016 auf dem Luftweg von Albanien nach Österreich gereist ist und zusammen mit dieser am 19.10.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nach Österreich und stellte zusammen mit den BF 2 und BF 3 am 27.07.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.4. Der älteste Sohn der BF 1 habe in ihrem Herkunftsstaat jemanden getötet und wurde deswegen XXXX 2016 in Albanien inhaftiert. Darauf stützten die BF ihr Fluchtvorbringen, aufgrund des von ihrem Sohn bzw. Vater begangenen Mordes von der Familie des Mordopfers in Albanien bedroht zu werden.

1.5. Die BF waren ab 28.07.2016 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet, wobei ihre gemeinsame Hauptwohnsitzmeldung in einer Asylunterkunft nach 18.10.2016 durch eine Meldeunterbrechung und eine von der BF 1 getrennte Wohnsitzmeldung der BF 2 und BF 3 von 24.10.2016 bis 08.11.2016 kurzzeitig unterbrochen war.

1.6. Der BF 2 war in den Jahren 2017 und 2018 in seiner Wohnsitzgemeinde geringfügig und gemeinnützig tätig. Laut Angaben in einer am 20.03.2018 beim BVwG eingelangten schriftlichen Erklärung der BF 1 hat diese "im Flüchtlingslager jungen Frauen das Stricken beigebracht", "beim Gemüsepflanzen im Garten mitgeholfen", und haben die BF an diversen Veranstaltungen teilgenommen.

1.7. Die BF sind grundsätzlich gesund, nur die 82-jährige BF 1 nimmt Medikamente gegen Bluthochdruck.

1.8. Fest steht, dass die BF am 24.04.2018 von Österreich nach Albanien abgeschoben wurden.

Der Sohn der BF 1, der zusammen mit seiner Ehegattin im Oktober 2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, wurde zusammen mit seiner Ehegattin und ihrem gemeinsamen Sohn, der bereits vor seinen Eltern XXXX 2016 mit dessen Großmutter in das Bundesgebiet eingereist ist und am 27.07.2016 zusammen mit dieser einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nach negativ beendetem Beschwerdeverfahren bereits am 16.01.2018 nach Albanien abgeschoben.

Festgestellt wird, dass weder BF 1 noch die BF 2 und 3 an einer lebensbedrohlichen Krankheit leiden.

1.9. Zur allgemeinen Lage in Albanien:

1.9.1. Blutrache

Blutrache ist in Albanien ein nach dem Gewohnheitsrecht (Kanun) geregeltes Prinzip zur Sühnung von Tötungen und Ehrverletzungen. Heute werden die Regeln des Kanuns jedoch nicht immer eingehalten. Teile der albanischen Gesellschaft sind von einem hohen Gewaltniveau geprägt (Wiederaufleben der Blutrachetradition, hohe Verbreitung von Schusswaffen, organisierte Kriminalität). Der Mangel an verlässlichen Daten macht es schwierig, den tatsächlichen Umfang des Problems zu erkennen. Sicher ist aber, dass es nach wie von Blutrachefälle, vor allem in Nordalbanien gibt, wo das Gewohnheitsrecht noch im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist. Der Staat lehnt die Blutrache ab und bekämpft sie. Allerdings behindern Schwäche und Korruption des albanischen Staates sowie das teilwiese nicht vorhandene Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz die Bekämpfung des Phänomens. Betroffen ist meist nicht nur der Täter selbst, sondern seine gesamte Familie. Es gibt unterschiedliche und widersprüchliche Zahlenangaben bezüglich der Blutrache-Tötungen. Nach Ansicht vieler NGO¿s spielt die Regierung das Ausmaß der Blutrache herunter, weil sie in die EU strebt und das nationale Image aufbessern möchte. Lokale Versöhnungskomitees hingegen würden das Problem aufblähen (BAMF 10.2015; vgl. auch: BAMF 4.2014).

Blutrache ist in Albanien ein nach dem Gewohnheitsrecht (Kanun) geregeltes Prinzip zur Sühnung von Tötungen und Ehrverletzungen. Heute werden die Regeln des Kanun jedoch nicht immer eingehalten. Teile der albanischen Gesellschaft sind von einem hohen Gewaltniveau geprägt (Wiederaufleben der Blutrachetradition, hohe Verbreitung von Schusswaffen, organisierte Kriminalität). Der Mangel an verlässlichen Daten macht es schwierig, den tatsächlichen Umfang des Problems zu erkennen. Sicher ist aber, dass es nach wie vor Blutrachefälle gibt, vor allem in Nordalbanien, wo das Gewohnheitsrecht noch im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist. Der Staat lehnt die Blutrache ab und bekämpft sie. Allerdings behindern Schwäche und Korruption des albanischen Staats sowie das teilweise nicht vorhandene Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz die Bekämpfung des Phänomens. Betroffen ist meist nicht nur der Täter selbst, sondern seine ganze Familie. Es gibt unterschiedliche und widersprüchliche Zahlenangaben bezüglich der Blutrache-Tötungen. Nach Ansicht vieler Nichtregierungsorganisationen spielt die Regierung das Problem herunter, weil sie in die EU strebt und das nationale Image aufbessern möchte. Lokale Versöhnungskomitees hingegen würden das Problem aufblähen.

Tötungen im Namen der Blutrache betreffen manchmal auch kriminelle Organisationen. Dabei waren laut Berichten von Nichtregierungsorganisationen auch immer wieder Frauen und Kinder betroffen, obwohl das gemäß lang geltender "Blutrache-Traditionen" verpönt ist. Der Ombudsmann berichtet, dass die Bemühungen der Behörden beim Schutz der Familien in Blutrachefällen unzureichend sind. Im Jahr 2013 wurde die Freiheitsstrafe für Morde aus Blutrache von 20 Jahren auf 30 Jahre bis lebenslang erhöht. Diese Morde gehören jetzt zu den schwersten Verbrechen. Fälle von Blutrache werden von den Bezirksgerichten verhandelt.

Aufgrund von Blutrache-Tötungen gibt es für die betroffenen Familien auch andere negative Konsequenzen, wie die Verweigerung grundsätzlicher verfassungsmäßiger Rechte wie Bewegungsfreiheit, Ausbildung, Beschäftigung, Gesundheitsleistungen, Wahlrecht etc. Die staatlichen Behörden haben der Prävention bei diesem Phänomen keine Beachtung geschenkt. Obwohl bereits 2005 ein Gesetz zur Bekämpfung von Blutrache angenommen wurde, wurde es zumindest bis 2014 noch nicht implementiert.

Ehrverletzungen oder vorsätzliche Morde können traditionsgemäß nur durch Vermittlung vergeben oder mit Blut abgewaschen werden. Dieser Unausweichlichkeit können sich die Betroffenen nur durch Flucht oder Isolierung entziehen. Die Behörden werden nicht eingeschaltet, weil es sich um eine Form der Selbstjustiz handelt. Durch eine strafrechtliche Verurteilung lässt sich die "Ehre" nicht wiederherstellen. Der Staat lehnt die Blutrache ab und bekämpft sie, kann aber aufgrund seiner begrenzten Kapazitäten und der langsamen und korruptionsanfälligen Justiz nur mit eingeschränktem Erfolg Schutz gewähren.

Ein hundertprozentiger Schutz für betroffene Personen in Blutrachefällen ist aus der Sicht albanischer Gesprächspartner absolut unmöglich zu gewährleisten. Verstärkten Kontrollen der Aufenthaltsorte von möglichen Tätern und möglichen Opfern stellen schon das Maximum des Möglichen dar. Drohungen werden nicht ausgesprochen oder signalisiert, somit fehlt die gesetzliche Grundlage für ein präventives Einschreiten der Behörde. (VB 22.1.2015).

1.9.2. Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus. Polizeibeamte vollziehen das Gesetz nicht immer in gleicher Weise. Verflechtungen zwischen Politik und Kriminalität, schlechte Infrastruktur, mangelhafte Ausrüstung, inadäquate Beaufsichtigung, mangelhafte Führung und geringe Motivation beeinflussen oft die Vollstreckung des Gesetzes oder tragen zu Korruption oder unprofessionellem Verhalten bei. Die Straflosigkeit und Korruption in der Polizei bleiben weiterhin ein Problem. (USDOS 25.6.2015).

Dank personeller Umbesetzungen, Umstrukturierungen und Lohnerhöhungen hat sich der Ruf der Polizei verbessert. Eine zunehmend bedeutende Rolle spielt die Institution des Ombudsmannes, der unangemeldete Kontrollvisiten in Polizeikommissariaten und Einrichtungen vornimmt. Kennzeichnend für die albanische Staatspolizei ist ihre stark hierarchische Ausrichtung und Abhängigkeit von politischen Steuerungsmechanismen. Polizeiliche Aktivitäten werden oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung arbeitet an einer Professionalisierung der Polizei und unternimmt Anstrengungen, um durch verstärkte Maßnahmen, Lehrgänge zur Berufsethik, Verbesserung der Besoldung und drastische Maßnahmen im Falle des Verstoßes gegen Dienstvorschriften, die Korruptionsanfälligkeit zu reduzieren. (AA 10.6.2015).

1.9.3. Grundversorgung /Wirtschaft

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen (AA 10.6.2015).

Albanien gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Rückgrat der Ökonomie bleibt die Landwirtschaft, die zumeist in Subsistenz betrieben wird (AA Oktober 2015).

1.9.4. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos. Da Ärzte und Pflegepersonal jedoch nur geringe Gehälter erhalten, müssen Patienten in der Praxis erhebliche Zuzahlungen leisten. Ausstattung und Hygiene der staatlichen Krankenhäuser und Polikliniken lassen erheblich zu wünschen übrig. Kompliziertere Behandlungen können nur in Tirana und in anderen größeren Städten durchgeführt werden. Die Situation in psychiatrischen Kliniken ist erschreckend. Einige gut ausgestattete Privatkliniken bieten in den größeren Städten ihre Dienste an, sie dürften jedoch für einen Großteil der Bevölkerung zu teuer sein. Die Versorgung mit Medikamenten stellt kein Problem dar. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden. Es besteht die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. (AA 10.6.2015).

1.9.5. Anfragebeantwortung der Saatendokumentation vom 04.08.2015

"Albanien Unbegleiteter Minderjähriger

1. Bitte um Informationen hinsichtlich der Rückkehrsituation unbegleiteter Minderjähriger, die über keine nennenswerten familiären Anknüpfungspunkte verfügen?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Albanien Empfangsprozedere und soziale Behandlung der unbegleiteten minderjährigen Rückkehrer durch gemeinsames Abkommen zwischen der Generaldirektion der Staatspolizei und des staatlichen Sozialdienstes geregelt hat. Wenn keine Familienangehörigen den Minderjährigen abholen können, wird er vom staatlichen Sozialdienst betreut. Rückgeführte Staatsangehörige unterliegen keiner Form der Diskriminierung und haben nicht mit staatlicher Repression zu rechnen.

Einzelquellen:

Zu dieser Fragestellung hat der VB des BM.I für Albanien Folgendes berichtet:

1. Albanien hat in der Angelegenheit betreffend rückkehrende unbegleitete Minderjährige, die aus Österreich bzw. anderen EU-Ländern zurückkommen, mit einem gemeinsamen Akt (gemeinsame Ordnung Nr. 332/3, vom 07.03.2014) zwischen der Generaldirektion der Staatspolizei und des staatlichen Sozialdienstes geregelt, indem die Empfangsprozedere und die soziale Behandlung der unbegleiteten rückkehrenden Minderjährigen festgelegt worden ist.

In solchen Fällen, wenn ein unbegleiteter Minderjähriger nach Albanien zurückkehrt, informiert die entsprechende Direktion für Grenz- und Migrationsfrage - nach einer Einvernahme des Minderjährigen - die Strukturen gegen illegalen Handel in der entsprechenden Polizeidirektion (Anmerkung. Prüfung, ob Schlepperei vorliegt). Dort wird auch ein ausführlicheres Interview in Anwesenheit des staatlichen Sozialdiensts geführt und wenn keine Familienangehörigen den Minderjährigen abholen (befinden sich nicht in Albanien, leben nicht mehr, haben keine nennenswerten familiären Anknüpfungen), wird der Minderjährige vom staatlichen Sozialdienst in Schutz genommen. (VB 11.6.2015).

Das deutsche Auswärtige Amt berichtet im Juni 2015 Folgendes über die Lage der rückgeführten Staatsangehörigen:

Rückgeführte Staatsangehörige unterliegen keiner Form der Diskriminierung und haben nicht mit staatlicher Repression zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt. Zu einer Festnahme kommt es nur dann, wenn gegen die Person aufgrund anderer Delikte ermittelt wird. Ein Rückübernahmeabkommen mit der EU trat am 1. Mai 2006 in Kraft. Albanien kommt seinen darin kodifizierten Verpflichtungen nach (AA 10.6.2015).

2. Gibt es Organisationen, Vereine, NGOs bzw. staatliche Einrichtungen für rückkehrende unbegleitete Minderjährige?

3. Welche Organisationen sind das und wo befinden sich diese?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass für unbegleitete Minderjährige der staatliche Sherbimi Social - Sozialdienst zuständig ist. Es gibt auch Pflegeeinrichtungen, die von NGOs verwaltet und vom Ministerium für Soziale Wohlfahrt und Jugend lizenziert werden. Das Netzwerk der öffentlichen Aufenthaltszentren für die Kinderfürsorge besteht aus 9 öffentlichen Institutionen und 13 nichtöffentlichen Wohnzentren, die für das ganze Hoheitsgebiet Albaniens zuständig sind.

Die sogenannten Kinderschutzeinrichtungen ("Child Protection Units - CPUs") sind innerhalb der Verwaltungsstrukturen der örtlichen Sozialdienste der jeweiligen Städte zuständig. Der Service ist kostenfrei und für stark gefährdete Kinder und Familien gedacht. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierugsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich.

Einzelquelle:

Zu diesen Fragestellungen hat der VB des BM.I für Albanien Folgendes berichtet:

Bezüglich Frage 2 und 3 über die Zuständigkeit der unbegleiteten Minderjährigen ist, neben vorhandene NGOS, der Sherbimi Social-Sozialdienst dafür zuständig (http://www.sherbimisocial.gov.aö/) dem das Ministerium für soziale Wohnfahrt und Jugend untergestellt ist.

Dem Sozialdienst sind auch die sozialen Pflegeeinrichtungen (Waisenhäuser, Seniorenhaus, Empfangszentren für Opfer vom Menschenhandel) untergestellt.

Es gibt auch nichtöffentliche Pflegeeinrichtungen, die von NGOs verwaltet und vom Ministerium für Soziale Wohlfahrt und Jugend lizenziert werden. Der Sozialdienst überwacht die Standards von öffentlichen und nichtöffentlichen Pflegeeinrichtungen und macht Verbesserungsvorschläge. Zu den Empfängern dieser sozialen Dienstleistungen gehören auch Kinder.

Das Netzwerk der öffentlichen Aufenthaltszentren für die Kinderfürsorge besteht aus 9 öffentlichen Institutionen und 13 nichtöffentlichen Wohnzentren, die für das ganze Hoheitsgebiet Albaniens zuständig sind.

Ina VERZIVOLL ist die Direktorin der staatlichen Agentur für den Schutz der Kinderrechte - Tel: +355698767045

Die bekannteste und sicherlich auch bestens organisierte Organisation ist Children¿s Human Rights Centre of Albania (CRCA-Albania), mit seiner Kinderhotline und zahlreichen Ansprechpartnern (VB 31.7.2015).

Das Auswärtige Amt berichtet im Juni 2015, dass sich eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen im sozialen Bereich engagiert:

Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen. (AA 10.6.2015).

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) gab am 14.11.2013 folgende Auskunft:

In Albanien sind die sogenannten Kinderschutzeinheiten ("Child Protection Units - CPUs") innerhalb der Verwaltungsstrukturen der örtlichen Sozialdienste der jeweiligen Städte zuständig.

Es gibt bei einer CPU zwei Vollzeitkräfte, die gemeinsam mit einem multidisziplinären Team für die Begleitung von Einzelfällen (gefährdete Kinder und Familien) verantwortlich sidn. Dies schließt Kinder ein, die von Gewalt, Ausbeutung, Missbrauch und Vernachlässigung betroffen sind, sowie Kinder von extrem marginalisierten Gemeinschaften. Die CPUs fungiere als Anlaufstelle, in der Kinder und Familien Informationen erhalten und weiter verwiesen werden können an andere unterstützende Strukturen. Es gibt eine kostenlose psychosoziale Beratung in den Büros oder während regelmäßiger Besuche bei den Betroffenen zuhause, die wöchentlich stattfinden sollen. Der Service ist kostenfrei und für stark gefährdete Kinder und Familien gedacht.

Ein System aus 18 staatlichen Institutionen (9 Waisenhäuser und 9 Tagesbetreuungszentren) bietet landesweit Unterkunfts- bzw. Betreuungsdienste für Kinder an. (IOM 14.11.2013).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.6.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien

-

BAMF - Federal Office for Migration and Refugees - Germany (April 2014): Albanien; Blutrache,

http://www.ecoi.net/file_upload/3714_14010931010_blickpunkt-albanien-internet.pdf, Zugriff 15.12.2015

-

BAMF (10.2015): Albanien - Aktuelle Lage, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrcehtslage,

http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1446803151_alb-albanien-information-aktuelle-lage-okt2015-pdf, Zugriff 15.12.2105

-

USDOD - US Department of State (25.6.2015): County Report on Human Rights Practices 2014-albania,

http://www.ecoi.net/local_link/306336/443611_de.html, Zugriff 1.12.2105

-

Albanian Peopole-s Advocate (5.9.2014): Information presented by tzhe Albanian People¿s Advocate (Ombudsman); Albanian People¿s Advocate (Ombudsman) report on the human rights situation in Albania,

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1411473638_g1415655.pdf, Zugriff 15.12.2015

-

VB des BM.I für Albanien (22.1.2015): Auskunft des VB, per E-Mail

-

VB des BM.I für Albanien (11.6.2015): Auskunft des VB, per E-Mail

-

VB des BM.I für Albanien (31.7.2015): Auskunft des VB, per E-Mail

-

IOM -International Organsiation for Migration (14.11.20123):

Albanien, Rückkehrinformationen, http://milo.bamf.de/milo/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/10017114/16400176/Berat.:Gef.:Personengruppen_und_med_Versorgung%2C_11.06.2013.pdf?nodeid=16662870&vernunm=-2, Zugriff 27.4.2015

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des BVwG.

2.2. Zu den Personen der BF und ihren individuellen Verhältnissen:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung der albanischen Sprache der BF. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im gegenständlichen Verfahren. Das Alter der BF 2 und BF 3 ergab sich aus deren dem angefochtenen Bescheid jeweils zugrunde gelegten und mit Beschwerde unbestritten gebliebenen Identitäten.

Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen der BF im Bundesgebiet ergeben sich aus sie betreffenden Melderegisterauszügen. Dass die drei BF am 24.04.2018 aus dem Bundesgebiet nach Albanien abgeschoben wurden, beruht auf einem am 11.05.2018 beim BVwG eingelangten Polizeibericht über eine erfolgte Charterabschiebung.

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen der BF beruhen vor allem auf ihren diesbezüglichen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA, im Zuge deren alle drei BF angaben, mit ihren in Tirana wohnenden Verwandten - Sohn bzw. Onkel - noch Kontakt zu haben. Die BF 1 gab bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 10.10.2016 an, der älteste Sohn ihres ältesten Sohnes, der wegen begangenen Mordes auf der Flucht sei, sei wegen illegalen Waffenbesitzes in Strafhaft. Die BF 1 gab an, nicht zu wissen, wo sich ihr ältester Sohn derzeit aufhalte. Ihr wurde während der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA ein Zeitungsartikel vorgehalten, wonach dieser im Juli 2016 in Strafhaft kam. Da im gegenständlichen Fall somit jedenfalls ein Nachweis für einen vom ältesten Sohnes der BF 1 in Albanien begangenen Mord existiert, konnte dies für wahr gehalten werden.

Der Antrag des minderjährigen nunmehr 16-jährigen BF 3 in niederschriftlicher Einvernahme am 11.10.2016, ihm in eventu subsidiären Schutz zu gewähren, sei es doch nicht zumutbar, einen Minderjährigen allein und ohne Anknüpfungspunkte nach Albanien zurückzuschicken, geht insofern ins Leere, als nach Einlangen einer schriftlichen Beschwerdenachreichung vom 29.03.2018 beim BVwG am 03.04.2018 fest steht, dass der 82-jährigen BF 1 am XXXX2018 gerichtlich die Obsorge über ihre beiden Enkelsöhne - den nunmehr 16-jährigen BF 2 und den zwischenzeitig volljährig gewordenen BF 3 - zugesprochen wurde und der noch minderjährige BF 3 ab diesbezüglichem Gerichtsbeschluss durch seine Großmutter - die BF 1 - gesetzlich vertreten ist. Weiters ist diesbezüglich auf die Länderberichte zu verweisen , in denen unbegleiteten Minderjährigen in Albanien sollten sich keine Verwandte mehr auffinden lassen in die Sozialeinrichtungen des Landes übernommen und betreut werden.

Dass der BF 2 ab April 2017 bei seiner Wohnortgemeinde geringfügig beschäftigt war, ergab sich aus einer Einsichtnahme in das AJ-WEB-Auskunftsverfahren. Für diese Arbeit des BF 2 dort wurden vom Bürgermeister der Gemeinde ausgestellte "Dienstzeugnisse" vom 24.10.2017 und 16.03.2018 und für die erfolgreiche Teilnahme des BF 2 an einem Beschäftigungsprogramm wurde ein "Zertifikat" als Bestätigung einer erfolgreichen Absolvierung einer gemeinnützigen Tätigkeit vorgelegt. Diese Nachweise langten am 20.03.2018 beim BVwG ein.

Dass die BF grundsätzlich gesund sind und die BF 1 Medikamente gegen Bluthochdruck nimmt, ergibt sich aus einer am 20.03.2018 beim BVwG eingelangten schriftlichen Erklärung der BF 1. Dass es in Albanien grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten dafür gibt, ist aus den zugrunde gelegten Länderberichten zur medizinischen Versorgung in Albanien ersichtlich.

Die im Zuge eines Sprachkurses in Österreich erworbenen Deutschkenntnisse waren aus einem dies bescheinigenden am 20.03.2018 beim BVwG eingelangten ÖSD Zertifikat A1 ersichtlich.

2.3. Zum Fluchtvorbringen der BF:

Die BF 1 brachte sowohl in ihrer Erstbefragung als auch in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA im Wesentlichen vor, sie sei aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist, weil einer ihrer Söhne in Albanien jemanden umgebracht habe. Sie verwies auf eine in ihrem Herkunftsstaat für die BF bestehende Blutrachesituation. Die Frage, ob in Albanien auch Frauen von Blutrache bedroht seien, verneinte die BF 1 vor dem BFA. Sie betonte, nur männliche Familienangehörige seien bei Blutrache einer Bedrohung ausgesetzt, und sie habe ihre Enkel nur begleitet, damit sie nicht allein reisen müssten. Diese Aussage spricht ebenso wie ihre Angabe, kein Visum für Österreich beantragt zu haben, wolle sie in Österreich doch nur ihre Tochter besuchen, gegen ihre Furcht, selbst einer Bedrohung ausgesetzt zu werden, und widerspricht ihrer Angabe kurz davor, bei einer Rückkehr nach Albanien keine Überlebenschance zu haben, würde sie doch von der Familie des Ermordeten getötet werden. Eine konkrete Kontaktaufnahme mit der Familie des Ermordeten hat von den BF nur die BF 1 angegeben, als sie auf die Frage in niederschriftlicher Einvernahme am 10.10.2016, ob sie jemand auf eine bestehende Blutrachesituation hingewiesen habe, antwortete: "Wir haben von unseren Angehörigen jemanden direkt zu dieser Familie geschickt und um Verzeihung gebeten. Es wurde aber von der Familie des Opfers gesagt, dass wir uns nie mehr bei ihnen sehen lassen sollen." Eine konkrete Bedrohung sei jedoch auch ihren Angaben zufolge nicht ausgesprochen worden.

Wie die BF 1, die eine vor ihrer Ausreise letzte Wohnadresse bei ihrem Sohn in Tirana angegeben hat, gab auch der BF 3 vor dem BFA an, zuletzt vor der Ausreise bei seinem Onkel in Tirana wohnhaft gewesen zu sein. Der BF 3 habe seinen ersten Angaben in niederschriftlicher Einvernahme zufolge bis zum Abend des Vorfalles mit seinem Vater und seinem Bruder noch an ihrem Herkunftsort - in einer kleinen Stadt in Nordalbanien - gelebt. Später in der Einvernahme sprach der BF 3 jedoch davon, dass sie, als sein Vater diese Person umgebracht habe, sofort zu ihrem Onkel gefahren zu sein. Der BF 2 wiederum gab seinen Herkunftsort in Albanien - eine kleine Stadt in Nordalbanien - als letzte Wohnadresse in seinem Herkunftsstaat an. Alle BF gaben bei ihrer Erstbefragung jedenfalls an, im Juli 2016 ihre Abreise von ihrer Wohnsitzadresse in einer kleinen Stadt in Nordalbanien angetreten zu sein. Aufgrund dieser Widersprüche war zwar glaubhaft, dass sich die BF einmal vor ihrer Ausreise bei ihrem Sohn bzw. Onkel in Tirana aufgehalten haben, dass sie von dort und nicht von ihrem Herkunftsort in Nordalbanien ausgereist sind, war jedoch nicht feststellbar.

Eine tatsächlich gegen die BF jemals von der Familie des Mordopfers ausgesprochene Bedrohung wurde jedenfalls von keinem der BF vorgebracht. Hinsichtlich des Vorbringens des BF 2, in Albanien habe es noch nie jemanden gegeben, der auf die Blutrache verzichtet habe, ist auf den bereits vom BFA zugrunde gelegten Länderbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von Oktober 2015 zu verweisen, wonach es nach wie vor, vor allem in Nordalbanien, wo das Gewohnheitsrecht noch im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sei, Blutrachefälle gebe. Auch nach einem aktuellen amtsbekannten Länderbericht der BBC News vom 12.11.2017 von November 2017 gebe es vor allem in einer etwa 75 Kilometer vom Herkunftsort des BF entfernten Region in Nordalbanien täglich Blutrachefälle mit derzeit 68 Familien, die deswegen nicht ihre Häuser verlassen können. Dass jeder Mord automatisch einen Blutracheakt nach sich ziehe, ist aus den vorliegenden Länderberichten jedoch nicht ersichtlich.

Die BF 1 gab, befragt danach, an, nie bei der Polizei gewesen zu sein, gebe es doch "keine Sicherheit in Albanien". Nach Vorhalt, Albanien sei seit 2009 ein sicheres Herkunftsland, gab die BF 1 an:

"Es entspricht nicht der Realität. Albanien ist nicht sicher. Es passiert jeden Tag etwas. Der BF 3 erklärte auf diesen Vorhalt hingegen mit den Angaben, zu wissen, "dass Albanien ein sicheres Land ist, aber es gibt dort auch die Blutrache."

Die belangte Behörde hat im Zuge der Einvernahme des BF 2 vor dem BFA am 11.10.2016 die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und dabei vor allem die Themen "Blutrache" und "Sicherheit" herv orgehoben, und

im Anschluss daran zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Der BF 2 gab dazu an: "Es gab in Albanien noch nie jemanden, der auf die Blutrache verzichtet hat." Die gesetzliche Vertretung des nunmehr volljährigen BF 2 beantragte eine "Abklärung, ob Minderjährige bei Meldungen an die albanische Polizei ernst genommen werden und ob die Polizei schutzwillig und schutzfähig", besonders in Hinblick auf Minderjährige, seien. Dem Vorhalt, Albanien sei seit 2009 ein sicheres Herkunftsland, stimmte der BF 2 nicht zu.

Die damalige gesetzliche Vertretung des BF 2 ersuchte einerseits während der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 11.10.2016 um "Abklärung, ob Minderjährige bei Meldungen an die albanische Polizei ernst genommen werden und ob die Polizei schutzwillig und schutzfähig im besonderen Hinblick auf Minderjährige ist", berichtete zuvor in der Einvernahme, befragt danach, ob der BF 2 jemals Schwierigkeiten oder Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt habe, jedoch von Einbeziehung von Minderjährigen in polizeiliche Ermittlungen, als er angab: "Ich hatte nie Probleme mit der Polizei, ich wurde einmal von der Polizei einvernommen, da ich Zeuge einer Streiterei zwischen meinen Freunden war." Mit dieser Angabe des BF 2, einmal von der Polizei zu einer Streiterei einvernommen worden zu sein, wird zudem auf eine grundsätzliche Schutzwilligkeit des albanischen Staates hingewiesen. Auch den bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderberichten zufolge, konkret nach einem Länderbericht des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von Oktober 2015, lehnt der albanische Staat die Blutrache ab und bekämpft sie, kann aber aufgrund seiner begrenzten Kapazitäten und der langsamen und korruptionsanfälligen Justiz nur mit eingeschränktem Erfolg Schutz gewähren. Ein Verbindungsbeamter berichtete zudem per E-Mail von 22.01.2015, dass ein hundertprozentiger Schutz für betroffene Personen in Blutrachefällen aus Sicht der albanischen Geschäftspartner absolut unmöglich zu gewährleisten sei und verstärkte Kontrollen der Aufenthaltsort von möglichen Tätern und möglichen Opfern ein Maximum des möglichen darstelle. Diesbezüglich wurde angemerkt, dass dies auch in Österreich auch nicht besser gehandhabt werden könne bzw. könnte.

Auch nach einem aktuellen amtsbekannten Länderbericht des Auswärtigen Amtes von 20.10.2017 gebe es in Albanien grundsätzlich staatlichen Schutz vor Blutrache und einige Nichtregierungsorganisationen, die sich um Schlichtung von Blutrachefehden bemühen, aber auch einige, die daraus ein Geschäft entwickeln (Verkauf von Blutrachebescheinigungen, die dann Asyl ermöglichen sollen).

Eine im Frühjahr 2014 von der Staatsanwaltschaft XXXX unternommene Untersuchung im besonders betroffenen Norden des Landes kontaktierte ca. 200 von Blutrache betroffene Familien. Davon hätten 21 "eingeschlossen" gelebt. Diese Familien hätten auf Befragung übereinstimmend angegeben, niemand habe sie bedroht oder gezwungen, eingeschlossen zu leben. Sie täten dies vielmehr aus freiem Willen aus Tradition und Respekt vor den Familien der Opfer sowie aus einer unbestimmten Angst, die jedoch nicht aus einer konkreten Bedrohung herrühre.

Darauf könnten auch, wie im Folgenden angeführt, das vom BF 3 in niederschriftlicher Einvernahme am 11.10.2016 angeführte "Eingesperrtsein" in Albanien vor dem BFA beruhen.

Befragt, was den BF 3 bei einer Rückkehr nach Albanien erwarten würde, gab der BF an: "Ich müsste mich immer einsperren. Ich könnte nicht zur Schule gehen." Nach einer zehnminütigen Pause gab der BF 2 auf die Frage, was er in der Zeit, als er bei seinem Onkel in Tirana gewesen sei, bis zu seiner Ausreise gemacht habe, an: "Ich war die ganze Zeit eingesperrt. Nur die Frau von meinem Onkel und die Cousine durften raus."

Auch die vorherige Aussage des BF 3, außer einer Flucht keine Möglichkeit mehr gehabt zu haben, hätten sie doch nicht zur Schule gehen können, weil sie seinen Angaben zufolge nicht aus dem Haus gehen hätten können.

Dass ihre Flucht jedoch aufgrund einer konkreten Bedrohungssituation heraus erfolgt sei, hat der BF 3 durch seine Angaben zuvor, dass Blutrache in Albanien sie alle treffen könne, - somit jedoch nicht sicher treffen werde, selbst ausgeschlossen, als er anführte: "In Albanien ist es normal, dass, wenn jemand getötet wird, dass es dann Blutrache gibt. Es kann uns alle treffen, außer die Frauen. Es kann mich oder meinen Bruder treffen."

Dass der BF 3 nicht wirklich fürchte, in Albanien keinen Schutz vor einem Blutracheakt erhalten zu können, ergibt sich außerdem aus seiner Angabe nach Vorhalt, Albanien werde seit 2009 als sicheres Herkunftsland eingestuft: "Ich weiß, dass Albanien ein sicheres Land ist, aber es gibt dort auch die Blutrache. Die Blutrache war immer Teil von Albanien."

Im Gegensatz dazu betonten die BF 1 und der BF 2 auf diesen Vorhalt, dass Albanien ein sicheres Herkunftsland sei, keine Sicherheit in Albanien vorzufinden.

Befragt, ob sie sich an die Polizei gewandt habe, gab die BF 1 an:

"Nein. Wir waren nie bei der Polizei. Es gibt keine Sicherheit in Albanien." Später nach Vorhalt, Albanien sei seit 2009 ein sicheres

Herkunftsland, gab die BF 1 an: "Es entspricht nicht der Realität. Albanien ist nicht sicher. Es passiert jeden Tag etwas."

In keinem Staat der Welt kann zu jeder Zeit und an jedem Ort unbeschränkter Schutz durch die Behörden des Landes gewährt werden, Verübung von Straftaten oder Verfolgung durch Private kann auch in einem grundsätzlich schutzfähigen und schutzwilligen Staat nicht verhindert werden. Fest steht laut zugrundeliegenden Länderberichten zu Albanien jedenfalls, dass der albanische Staat die Blutrache jedenfalls ablehnt und bekämpft und die diesbezüglichen erforderlichen Einrichtungen wie Gerichte, Polizei usw jedenfalls vorhanden sind und auch willig sind die Strafverfolgung zu übernehmen, was auch die angegebene Inhaftierung des Sohnes der BF 1 wegen Mordes beweist.

Befragt, ob die BF 1 die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr und die Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen möchte, gab die BF 1 an:

"Freiwillige Rückkehr werde ich sicher nicht annehmen, da ich in Albanien getötet werde. Ich bin gekommen um zu bleiben."

In der niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA am 10.10.2016 gab die BF 1 zwar eine Kontaktaufnahme mit der Familie des Mordopfers an, konnte keine konkrete Bedrohung durch diese angeben, und deutet ihr Schlusssatz, "gekommen zu sein, um zu bleiben", auch nicht gerade auf einen Bleibewillen wegen einer aktuellen konkreten Verfolgungsgefahr, sondern eher auf einen grundsätzlichen Bleibewillen in Österreich, wo sich bereits längere Zeit ihre Tochter, zu welcher sie dem Akteninhalt zufolge eine gute Beziehung habe, hin.

Die BF 1 betonte vor dem BFA ihre persönliche Beziehung zu ihrer in Österreich aufhältigen Tochter und deren vier Töchtern, wovon drei in Wien verheiratet seien und sich eine in der Schweiz aufhalte. Sie gab auch an, öfters bei ihrer Tochter in Österreich auf Besuch gewesen zu sein, was auch darauf hindeuten könnte, dass die BF 1 vorhat, durch ein Bleiberecht ihre Beziehung zu ihrer Tochter in Österreich zu verfestigen.

Der BF 2 gab zudem, befragt danach, ob er zuvor bereits einmal um Asyl angesucht habe, an, dass er im Jahr 2013 zusammen mit seiner Mutter und seinen beiden Brüdern im Bundesgebiet um Asyl angesucht habe.

Als Grund dafür gab der BF 2 an, sie hätten damals aufgrund der schlechten finanziellen Lage nicht mehr in Albanien bleiben können.

Dass nicht nur der Mord durch einen Sohn der BF 1 bzw. Vater der BF 2 und BF 3, sondern auch ihre sonstige Situation in Albanien die BF zur Ausreise bewegt hat, zeigte auch die Antwort des BF 3 auf die Frage vor dem BFA, wie er sich seine Zukunft vorstelle: "Ich möchte hier in Österreich ein Leben führen. Ich möchte zur Schule gehen, eine Arbeit finden und eine Familie gründen."

Im Vorbringen der BF gibt es somit einige Anhaltspunkte, dass die BF aus Scham wegen des von ihrem Sohn bzw. Vater begangenen Mordes und zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und familiären Situation aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist sind. Ein ihnen konkret von der Familie des Mordopfers drohender Blutracheakt war jedoch offensichtlich nicht Grund dafür.

Neben grundsätzlicher Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit hätten die BF in Albanien zudem die Möglichkeit auf eine innerstaatlichen Fluchtalternative, gab die BF1 vor dem BFA doch an, ihrem bei der Familie des Mordopfers erscheinenden Verwandten sei nur gesagt worden, sie sollten sich nie mehr bei ihnen sehen lassen, und haben sie den Angaben aller BF zufolge noch aufrechten Kontakt mit ihrem Sohn bzw. Onkel in Tirana, bei welchem sie sich den glaubhaften Angaben der BF 1 und BF 3 vor dem BFA zufolge vor ihrer Ausreise aufgehalten haben wollen.

Nach vorhin erwähntem Länderbericht des deutschen Auswärtigen Amtes von Oktober 2017 seien für potentielle Blutracheopfer bzw. Individuen, die von Gruppen des organisierten Verbrechens bedroht werden, die inländischen Fluchtalternativen zwar begrenzt, und würden die Hauptstadt Tirana und andere urbane Zentren eine gewisse Anonymität bieten, die wegen der geringen Größe des Landes und seiner Bevölkerung jedoch jederzeit aufgelöst werden könne, und bei hartnäckiger Verfolgung die Flucht an einen anderen Ort im Inland jedenfalls wenig Schutz biete.

Von einer diesbezüglich "hartnäckigen Verfolgung" kann den Angaben der BF zufolge jedoch nicht ausgegangen werden, führte doch nur die BF 1 im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 10.10.2016 eine Kontaktaufnahme eines Verwandten mit der Familie des Mordopfers, jedoch keine konkrete Bedrohung durch diese Familie, an.

Die BF konnten somit vor dem Hintergrund der zugrunde gelegten Länderberichte keine ihnen bei einer Rückkehr nach Albanien drohende ausweglose Blutrachesituation glaubhaft machen.

Die BF haben sich auch hinsichtlich ihrer Ausreise widersprochen.

Es findet sich diesbezüglich insofern ein Widerspruch, als der BF 3 bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 11.10.2016 vor dem BFA angab, zunächst mit seinem Bruder mit dem Taxi in den Kosovo, wo ihre Tante auf sie gewartet habe, gereist und von dort weiter mit dem Bus nach Österreich gelangt zu sein, während sein älterer Bruder am 11.10.2016 vor dem BFA berichtete, gleich von Albanien aus mit seinem Bruder und seiner Tante mit dem Bus losgefahren zu sein.

Im Widerspruch dazu gab die BF 1 wiederum an, sie sei zusammen mit ihren drei Enkeln - einem bereits nach negativ beendetem Asylverfahren mit seinen Eltern mittlerweile wieder nach Albanien zurück gekehrten Enkelsohn und den BF 2 und BF 3 - geflohen und direkt von Tirana nach Österreich geflogen.

Dass der zweitälteste Sohn der BF 1 im Oktober 2016 zusammen mit seiner Ehegattin und ihrem gemeinsamen Sohn bereits wieder aus dem Bundesgebiet ausgereist sind, nachdem über ihre in Österreich gestellten Asylanträge Anfang Februar 2017 rechtskräftig negativ entscheiden worden war, war nach Einsichtnahme in ihre vor dem BVwG geführten Asylverfahren ersichtlich.

Die Abschiebung dieser Familienangehörigen der BF am 16.01.2018 war aus Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister ersichtlich.

In ihrer Beschwerde gaben die BF an, sie würden von der Familie des Mordopfers bedroht und wären in Albanien nicht mehr sicher, sei doch durch sein Verhalten die Familienehre verletzt worden. Die alten Regeln des Kanun würden in Albanien nicht mehr gelten und Blutrache und Ehrenmorde würden sogar bereits bei Frauen verübt werden, wobei die albanischen Behörden keinen Schutz dagegen bieten könnten. Mit Beschwerde wurde auch auf einen am 14.10.2016 abgerufenen Länderbericht zu Blutrache in Albanien, wonach im Norden des Landes die Blutrache eskaliere und Kinder und Jugendliche immer häufiger zwischen die Fronten gelangen, hingewiesen.

Mit ihrem gesamten Beschwerdevorbringen konnten sie den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides jedoch nicht substantiiert entgegentreten, besagt doch ein angefochtenem Bescheid und gegenständlicher Entscheidung zugrunde gelegter Länderbericht eines Verbindungsbeamten von Jänner 2015 etwa, dass ein hundertprozentiger Schutz für betroffene Personen in Blutrachefällen aus Sicht der albanischen Gesprächspartner absolut unmöglich zu gewährleisten ist, verstärkte Kontrollen der Aufenthaltsorte von möglichen Tätern und möglichen Opfern da schon ein Maximum des Möglichen darstellt und dass dies in Österreich auch nicht besser gehandhabt werden kann, bzw. könnte.

Wie oben bereits ausgeführt, steht vor dem Hintergrund zugrundeliegender Länderberichten zu Albanien fest, dass die BF vor einem ihnen in ihrem Herkunftsstaat drohenden Blutracheakt in Albanien grundsätzlich staatlichen Schutz in Anspruch nehmen können, sind die albanischen Behörden doch grundsätzlich schutzfähig und schutzwillig und könne außerdem bei grundsätzlicher Schutzfähigkeit nie ein 100-prozentiger Schutz gewährleistet werden.

Am Schluss der niederschriftlichen Einvernahmen der BF 2 und BF 3 beantragte ihr gesetzliche Vertreter die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die Gewährung von Asyl, in eventu von subsidiärem Schutz, sei es doch nicht zumutbar, einen Minderjährigen allein und ohne Anknüpfungspunkte nach Albanien zurückzuschicken. Beantragt wurde noch, dass Artikel 23 der Aufnahmerichtlinie in Hinblick auf das Kindeswohl zu prüfen sei, wobei bekannt gegeben wurde, es gebe keine familiären Anknüpfungspunkte der BF 2 und BF 3 in Albanien, seien deren Eltern doch nicht auffindbar.

In der Beschwerde wurde betont, die BF 2 und BF 3 seien besonders vulnerabel, sei die Mutter der beiden Kinder doch nicht aufzufinden und ihr Vater ein "fahnenflüchtiger Mörder", weshalb eine Rückkehr ihnen nicht zugemutet werden könne. Es sei nicht geklärt, wer sich bei einer Rückkehr der BF um die beiden minderjährigen BF 2 und BF 3 kümmern könnte.

Alle BF gaben vor dem BFA an, zu ihrem in Tirana in Albanien aufhältigen Sohn bzw. Onkel, bei welchem sich die BF den Angaben der BF 1 und der BF 3 zufolge vor ihrer Ausreise offensichtlich einmal aufgehalten haben, noch aufrechten Kontakt zu haben.

Die BF 1 führte vor dem BFA zudem noch Kinder ihres ihren Angaben zufolge bereits verstorbenen Bruders an ihrem Heimatort in Nordalbanien an.

Abgesehen von der Tatsache, dass der BF 2 mittlerweile bereits volljährig geworden und der BF 3 16 Jahre alt und demzufolge in einem bereits selbstständigen Alter sind, haben sie in ihrem Herkunftsstaat jedenfalls einige familiäre und gegebenenfalls, wenn auch nur vorübergehend, auch unterstützende Anknüpfungspunkte. Die in der niederschriftlichen Einvernahme der damaligen gesetzlichen Vertretung des BF 2 und in der Beschwerde geäußerten Bedenken waren somit unbegründet.

Das Beschwerdevorbringen, eine Integration der BF 2 und BF 3 sei nur insoweit erfolgt, als es ihr psychischer Gesundheitszustand zugelassen habe, deutet auf eine psychische Beeinträchtigung der beiden noch minderjährigen Enkelkinder der BF 1 hin. Nachweise für eine tatsächliche psychische Beeinträchtigung der BF 2 und BF 3 wurden jedoch nicht erbracht.

Ein dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegter Länderbericht von MEdCOI (Medical Country of Origin Information) von Juni 2014, somit zwar älteren Datums, jedoch aktueller Gültigkeit, besagt zudem, dass grundsätzlich alle psychischen Erkrankungen in Albanien behandelt werden können, auch wenn es noch einen großen Bedarf gebe, die Leistung durch eine bessere Verfügbarkeit von spezialisierten Dienstleistungen zu verbessern, und die meisten der für die Behandlung von psychischen Erkrankungen notwendigen Medikamente auf dem Markt in Albanien erhältlich und in den Privatapotheken zu finden seien.

Auch für den von der 82-jährigen BF 1 in schriftlicher Erklärung von März 2016 angeführten Bluthochdruck, gegen welchen sie regelmäßig Medikamente einnehme, bestehen laut zugrunde liegenden Länderberichten in Albanien grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten, stelle doch laut einem - wenn auch bereits etwas veraltetem, jedoch dennoch aktuell gültigen - Länderbericht des deutschen Auswärtigen Amtes von Juni 2015 die Versorgung mit Medikamenten kein Problem dar, bieten die örtlichen Apotheken ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden, und besteht zusätzlich die Möglichkeit, weitere Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen, wobei die staatliche Krankenversicherung in der Regel auch die Kosten für das billigste Generikum bei Standard-Medikamenten übernehme.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die gegenständliche Entscheidung des BVwG stützt sich auf die von der belangten Behörde zugrunde gelegten und ergänzend a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten