TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/26 W161 2192793-1

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Veröffentlicht am 26.06.2018
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Entscheidungsdatum

26.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §61

Spruch

W161 2192793-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2018, Zl. 17-1165487805-170989450, zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005 i. d.g.F., § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

2. Gemäß § 3 21 Abs.5 Satz 1 BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, brachte am 25.08.2017 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 mit Ungarn vom 07.07.2017 sowie einen Treffer der Kategorie 2 mit Griechenland vom 14.03.2016.

3. Bei der Erstbefragung am 25.08.2017 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. Er habe seinen Herkunftsstaat ca. im Juni 2015 verlassen. Seine Reiseroute gab der Beschwerdeführer an wie folgt:

Syrien-Türkei-Griechenland-Mazedonien-Serbien-Ungarn-Österreich. In Griechenland sei es ganz normal gewesen, dort sei er in einem Camp gewesen. In Ungarn sei die Polizei sehr anstrengend gewesen. Sein Zielland sei Deutschland gewesen, er sei aber in Österreich festgenommen worden. Er habe sein Heimatland wegen des Krieges in Syrien verlassen. In Ungarn hätte er keinen Asylantrag stellen wollen, dies sei automatisch geschehen, ohne sein Verlangen. Er sei dort für ca. 1,5 Monate in einem Camp gewesen, der genaue Ort sei ihm nicht bekannt. Am 24.08.2017 sei er mit dem Zug nach Österreich gefahren. Den Stand seines Asylverfahrens in Ungarn wisse er nicht, er wolle nicht dorthin zurück.

4.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) richtete am 28.08.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit.b Dublin-III-VO gestütztes Ersuchen um Wiederaufnahme an Ungarn.

Mit Schreiben vom 30.08.2017 teilten die ungarischen Asylbehörden mit, dem Ersuchen auf Wiederaufnahme des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, können nicht entsprochen werden. Die genannte Person habe in Ungarn am 07.07.2017 um Asyl angesucht. Am 21.08.2017 sei dem Antragsteller subsidiärer Schutz gewährt worden.

5. Bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA, EAST Ost am 24.01.2018, gab der Beschwerdeführer an, er habe sich einer Rechtsberatung unterzogen und er fühle sich physisch und psychisch in der Lage die Befragung zu absolvieren. Er habe in Österreich keine Verwandten. Er sei im Lager untergebracht. Als er in Ungarn eingereist sei, habe er nicht gewusst, dass er gleich inhaftiert werde. Seine Fingerabdrücke seien abgenommen worden und sei er zwei Monate in ein Lager gesteckt worden, in dem er nicht versorgt worden wäre. Er sei zwei Monate im Gefängnis gewesen und danach sei er in ein Lager an der österreichischen Grenze gebracht worden. Dort habe der Direktor gesagt, dass niemand einen Monat bleiben werde und dass es weder Essen noch Trinken noch medizinische Versorgung gebe. Er sei in Ungarn nicht versorgt worden. Er sei dort eingesperrt worden und wüsste nicht, was er dort machen solle. Mit nicht versorgt meine er, im Lager habe es nichts gegeben, man habe nur schlafen können. Er habe dort auch nur vier Wochen schlafen dürfen, danach habe er das Lager verlassen müssen. Er sei in Ungarn zwei Monate in Haft und eine Woche im Lager gewesen. Ihm sei schon nach einer Woche mitgeteilt worden, dass er das Lager verlassen müsse, deswegen habe er sich schon auf den Weg nach Österreich gemacht. Er verzichte auf die Ausfolgung der Länderfeststellungen zu Ungarn. Er habe alles angegeben, auch warum er aus Ungarn ausgereist sei.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführende Partei nach Ungarn zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der beschwerdeführenden Partei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 2 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).

Dieser Bescheid legt in seiner Begründung insbesondere auch ausführlich die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Ungarn dar. Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Das Büro für Immigration und Nationalität (Office of Immigration and Nationality, OIN; ungarisch: Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal, BAH) hat die Verantwortung für Entscheidungen in Asylverfahren und das Management der Unterbringungszentren und der Asylhaftzentren. Es untersteht dem ungarischen Innenministerium (AIDA 11.2015).

Die Europäische Kommission hat am 10.12.2015 an Ungarn ein Aufforderungsschreiben (formal notice) übermittelt, das die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen der kürzlich verabschiedeten ungarischen Asylrechtsvorschriften darstellt. Die ungarischen Behörden haben nach dem Aufforderungsschreiben zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Europäischen Kommission zu reagieren. Erhält die Kommission keine zufriedenstellende Antwort, kann sie die nächste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens einleiten und Ungarn eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln. Erforderlichenfalls kann die Kommission anschließend beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage einreichen (EK 10.12.2015).

Asylverfahren

Das ungarische Parlament hat im Juli 2015 eine Reihe von Änderungen des Asylgesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerungen sind u.a. umfassende Mitwirkungspflichten; klarere Formulierung der Asylhaftgründe; Verbesserungen bei der Bestellung eines Vormunds für UM; Aufhebung der aufschiebenden Wirkung bei Folgeanträgen; Unzulässigkeit des Antrags bei Einreise aus sicherem Drittstaat usw. (VB 2.7.2015). Seit 1.8.2015 ist das neue Asylgesetz in Kraft. Weitere Änderungen vom 15.9.2015 regeln die Einrichtung der sogenannten Transitzonen an den Grenzen (BAH 16.9.2015; HHC 18.9.2015).

Ein Antrag soll binnen 15 Tagen auf Zulässigkeit, Dublin-Relevanz oder Eignung für das beschleunigte Verfahren geprüft werden. Das beschleunigte Verfahren soll binnen 15 Tagen abgeschlossen sein, das ordentliche Verfahren binnen 60 Tagen. Das beschleunigte Verfahren ist anwendbar, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist (Antragsteller ist EU-Bürger oder hat einen Schutzstatus in einem EU-Staat; ist anerkannter Flüchtling in einem Drittstaat; bei Folgeantrag ohne neue Elemente; bei Drittstaatsicherheit); wenn der Antragsteller keine asylrelevanten Informationen preisgibt; aus einem Land kommt das auf der EU-Liste der sicheren Herkunftsstaaten steht; seine Identität verschleiert; falsche Informationen oder Dokumente vorlegt; seinen Reisepass zerstört oder weggeworfen hat; bei Verweigerung der Daktyloskopie; wenn der Antragsteller eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt; bei illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt in Ungarn ohne Asylantragstellung (wobei letzteres nicht als alleiniger Grund für eine Zurückweisung ausreicht) und bei Folgeanträgen mit neuen Elementen. Wenn dem ASt. mitgeteilt wird, dass geplant ist, seinen Antrag wegen Drittstaatsicherheit oder illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt in Ungarn ohne Asylantragstellung zurückzuweisen, hat der Antragsteller 3 Tage Zeit, um darzulegen, warum der betreffende Staat in seinem spezifischen Fall nicht sicher ist. Nehmen der sichere Dritt- oder Herkunftsstaat den Antragsteller nicht zurück, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (Act LXXX 14.9.2015, §47, 51, 51/A).

Wird ein Fremder in Ungarn aufgegriffen, führt die Polizei wegen illegaler Einreise eine Ersteinvernahme durch. Sie informiert und registriert die Betroffenen und legt eine Unterkunft fest. Ein Asylantrag während der ersten 48 Stunden wird durch die Polizei registriert, zuständig für dessen Bearbeitung ist BAH. Die meisten Antragsteller entziehen sich aber bereits vor dem inhaltlichen Interview dem Verfahren, womit keine inhaltliche Entscheidung möglich ist. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit einer Entscheidung in Abwesenheit, wenn genügend Informationen vorliegen, dies wird aber nur sehr selten angewandt (BAH 16.9.2015).

Mit 1.7.2016 werden Gesetzesänderungen in Kraft treten, denen zufolge illegal eingereiste Migranten, die in einer 8 km von der Staatsgrenze ins Landesinnere reichenden Kontrollzone betreten werden, Asylanträge nicht im Landesinneren stellen können, sondern durch das nächstgelegene Tor des Grenzzauns zurückgeführt und aufgefordert werden, offiziell durch die nächstgelegene Transitzone einzureisen und dort ihren Antrag zu stellen (VB 23.5.2016; vgl. VB 28.6.2016; vgl. ECRE 17.6.2016).

Die Behörde kann ein Verfahren einstellen oder aufgrund bereits vorhandener Informationen entscheiden, u.a. wenn der Antragsteller nicht zum Interview erscheint oder die festgelegte Unterkunft ohne Genehmigung für mehr als 48 Stunden verlässt. Der ASt. kann in diesen Fällen aber bis zu 9 Monate nach Beendigung die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen (Act LXXX 14.9.2015, §66).

(Weitere Informationen in Kap. 5 "Dublin-Rückkehrer")

Anträge nach abschließender beendender oder zurückweisender Entscheidung gelten als Folgeantrag. Hier ist zu prüfen, ob neue Elemente vorliegen. Neue Elemente sind Bedingung für die Zulässigkeit. Zulässige Folgeanträge werden im beschleunigten Verfahren geprüft. Für den dritten und weitere Folgeanträge besteht kein Recht auf Aufenthalt und Unterbringung in Ungarn. Beschwerde gegen Zurückweisung von Folgeanträgen hat aufschiebende Wirkung, außer der Folgeantrag wurde direkt vor einer Abschiebung gestellt und enthält keine neuen Elemente. In jenem Fall besteht kein Recht auf Aufenthalt und Unterbringung in Ungarn (AIDA 11.2015; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §54).

Beschwerde

Im beschleunigten Verfahren gilt eine Rechtsmittelfrist von 7 Tagen. (Für zwischen 1.8. und 15.9.2015 gestellte Anträge gilt weiterhin die später geänderte Beschwerdefrist von 3 Tagen) Dieses Rechtsmittel besitzt nur in bestimmten Fällen aufschiebende Wirkung (u.a. bei Unzulässigkeit wegen Drittstaatsicherheit) (ECRE/HHC 1.10.2015; vgl. BAH 23.11.2015). Das Gericht soll binnen 8 Tagen inhaltlich entscheiden, wenn nötig mit Anhörung des Beschwerdeführers. Das Gericht kann die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und ein erneutes Verfahren anordnen, aber es kann die erstinstanzliche Entscheidung nicht abändern. Weitere Rechtsmittel sind nicht vorgesehen. Nehmen der sichere Dritt- oder Herkunftsstaat den Antragsteller nicht zurück, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (Act LXXX 14.9.2015, §53).

Beschwerdefrist im ordentlichen Verfahren sind 8 Tage und das zuständige Gericht soll binnen 60 Tagen darüber entscheiden, wenn nötig mit Anhörung des Beschwerdeführers. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Ist der Bf. in Haft soll das Gericht prioritär entscheiden. Ist der Bf. in Asylhaft, ist seine Anhörung vor Gericht verpflichtend. Das Gericht kann die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und ein erneutes Verfahren anordnen, aber es kann die erstinstanzliche Entscheidung nicht abändern. Weitere Rechtsmittel sind nicht vorgesehen (Act LXXX 14.9.2015, §68; vgl. AIDA 11.2015).

Antragsteller haben im Rahmen des Gesetzes über die Rechtshilfe (wenn sie bedürftig sind) während des erstinstanzlichen Verfahrens das Recht auf kostenlose Rechtsberatung, nicht aber auf kostenlose Vertretung. Im Beschwerdeverfahren haben bedürftige ASt. das Recht auf kostenlose Rechtsberatung und -vertretung. Trotzdem haben bisher nur wenige ASt. freie Rechtshilfe in Anspruch genommen. Zum einen, weil die ASt. kaum etwas darüber wissen, zum anderen, weil das ungarische Rechtshilfesystem keine Übersetzerkosten abdeckt und die wenigen Asylanwälte die relevanten Fremdsprachen nicht sprechen. HHC bietet weiterhin Rechtsberatung in den Unterbringungszentren und Hafteinrichtungen an (AIDA 11.2015; vgl. HHC 18.9.2015).

Quellen:

-

Act LXXX of 2007 on Asylum (14.9.2015), per E-Mail

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Hungary,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hu_update.iv__0.pdf, Zugriff 30.6.2016

-

BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (16.9.2015): Arbeitsgespräch mit BAH

-

BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (23.11.2015): Auskunft BAH, per E-Mail

-

ECRE - European Council on Refugees and Exiles (17.6.2016): ECRE Weekly Bulletin, per E-Mail

-

ECRE/HHC - European Council on Refugees and Exiles/Hungarian Helsinki Committee (1.10.2015): Crossing Boundaries. The new asylum procedure at the border and restrictions to accessing protection in Hungary, http://ecre.org/component/downloads/downloads/1056, Zugriff 30.6.2016

-

EK - Europäische Kommission (10.12.2015): Kommission leitet gegen Ungarn Vertragsverletzungsverfahren wegen asylrechtlicher Verstöße ein, http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-6228_de.htm, Zugriff 30.6.2016

-

HHC - Hungarian Helsinki Committee (18.9.2015): No Country for Refugees. New asylum rules deny protection to refugees and lead to unprecedented human rights violations in Hungary, http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC_Hungary_Info_Note_Sept_2015_No_country_for_refugees.pdf, Zugriff 30.6.2016

-

VB des BM.I in Ungarn (2.7.2015): Bericht des VB, per E-MailVB des BM.I in Ungarn (23.5.2016): Bericht des VB, per E-MailVB des BM.I in Ungarn (28.6.2016): Bericht des VB, per E-Mail

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(VB 28.9.2015)

Das Grenzverfahren in den neugeschaffenen Transitzonen betrifft nur dort aufgegriffene Fremde. Dublin-Rückkehrer sind davon nicht betroffen (BAH 16.9.2015). Dublin-Rückkehrer sind somit auch nicht vom Grenzverfahren betroffen. Kapazitäten und andere Bedingungen der Transitzonen - auch allfällige Sonderverfahrensbestimmungen - sind für Dublin-Rückkehrer nicht relevant. Dazu sind auch im jüngst beschlossenen Gesetz zur Rückführung illegaler Migranten keine Änderungen vorgesehen (BFA 24.6.2016), gemäß dem, illegal eingereiste Migranten, die in einer 8 km ins Landesinnere reichenden Kontrollzone betreten werden, Asylanträge nicht im Landesinneren stellen können, sondern durch das nächstgelegene Tor des Grenzzauns zurückgeführt und aufgefordert werden, offiziell durch die nächstgelegene Transitzone einzureisen und dort ihren Antrag zu stellen. Dies wird mit 5.7.2016 in Kraft treten (VB 23.5. 2016; vgl. VB 28.6.2016; vgl. ECRE 17.6.2016).

Zwischen 15.9.2015 und 29.5.2016 wurden 4.772 Asylwerber, davon

3.824 Vulnerable, in den Transitzonen registriert. Vulnerable (Familien, Schwangere, UMA, ...) werden sofort zum Asylverfahren zugelassen und aus den Transitzonen in offene Unterbringungszentren bzw. Kinderheime verlegt und ihre Asylanträge im Inland bearbeitet. Alleinstehende Männer bleiben hingegen bisweilen einige Wochen in den Zonen. Sie werden in der Regel nur dann ins Landesinnere verlegt, wenn ihr Verfahren nicht binnen eines Monats abgeschlossen werden kann (inklusive etwaige gerichtliche Überprüfung). 80% der Verfahren werden also im Land durchgeführt. Viele nützen dies, um ihre Reise fortzusetzen. Eine asylrechtliche Haft im Anschluss an den Aufenthalt in der Zone wäre zwar möglich, wird jedoch nicht angewandt, da es ein negatives Signal senden und einen Anreiz zur illegalen Einreise unter Vermeidung der Transitzonen setzen würde (BFA 24.6.2016; vgl. FRA 6.2016).

Im Mai 2016 haben 92 Personen vor dem zuständigen Gericht in Szeged gegen Zurückweisung ihres Asylantrags in den Transitzonen Beschwerde eingelegt. In 77 anhängigen derartigen Fällen hat das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung gestützt, in weiteren 78 Fällen wurde der Beschwerde stattgegeben und BAH angewiesen den Fall neu zu beurteilen anstatt die Drittstaatsicherheit automatisch anzunehmen. 9 Fälle wurden eingestellt, weil der Beschwerdeführer das Land verlassen hatte. In der Praxis übernimmt Serbien von Ungarn im Rahmen des Rückübernahmeabkommens aber nur eigene Staatsbürger (FRA 6.2016).

Im Juni 2016 stellt die ungarische Regierung den in und um die Transitzonen tätigen NGOs HUF 250 Mio. für ihre humanitäre Arbeit zur Verfügung. 5 Organisationen (Ungarischer Malteser Hilfedienst, Ökumenische Hilfsorganisation, Ungarisches Rotes Kreuz, Caritas, Mission der Reformierten Kirche) erhalten eine finanzielle Unterstützung (BFA 24.6.2016).

(Zur praktischen Durchführbarkeit von Rücküberstellungen nach Serbien siehe Kap. 5.1. "Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens".)

Quellen:

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (16.9.2015): Arbeitsgespräch mit BAH

-

BFA (24.6.2016): Ergebnisprotokoll zum Expertentreffen BFA-BAH, 14./15.Juni 2016

-

ECRE - European Council on Refugees and Exiles (17.6.2016): ECRE Weekly Bulletin, per E-Mail

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU. June 2016 monthly report,

http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 30.6.2016

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VB des BM.I in Ungarn (28.9.2015): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (23.5.2016): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (28.6.2016): Bericht des VB, per E-Mail

a. Krisensituationen durch Massenimmigration

Die Änderungen des ungarischen Asylgesetzes von August/September 2015 enthalten auch Bestimmungen für den Fall einer "Krisensituation durch Massenimmigration". Eine solche liegt vor, wenn die Zahl der in Ungarn ankommenden Migranten monatlich im Durchschnitt 500 Personen oder 750 Personen durchschnittlich am Tag in zwei aufeinanderfolgenden Wochen oder 800 Personen pro Tag im Wochenschnitt beträgt, bzw. wenn die Zahl der Migranten in einer Transitzone monatlich im Durchschnitt 1.000 Personen oder 1.500 Personen durchschnittlich am Tag in zwei aufeinanderfolgenden Wochen oder 1.600 Personen pro Tag im Wochenschnitt beträgt. Auch liegt eine derartige Krisensituation vor, wenn Umstände entstehen, die die öffentliche Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit gefährden, vor allem durch Unruhen und Gewalt in einer Unterbringung. Eine Krisensituation kann per Regierungsdekret für max. 6 Monate (verlängerbar) ausgerufen werden. Während solcher Krisensituationen kann die Regierung Immobilien im öffentlichen Besitz beschlagnahmen und nutzen. Auch können Polizei und Armee für Registrierungsaufgaben im weitesten Sinne herangezogen werden (Act LXXX 14.9.2015, §§80/A-80/G).

Quellen:

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Act LXXX of 2007 on Asylum (14.9.2015), per E-Mail

2. Drittstaatsicherheit Serbiens

Die im neuen Asylgesetz umrissene Einführung von sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten wird durch Regierungsdekret 191/2015 vom 21.7.2015 und Regierungsdekret 63/2016 umgesetzt. Damit sind seit 1.8.2015 Serbien, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kosovo sowie Australien, Kanada, Neuseeland, die Schweiz und jene US-Bundesstaaten, die keine Todesstrafe verhängen und darüber hinaus seit 1.4.2016 auch die Türkei sichere Dritt- und Herkunftsstaaten. Das heißt„ in der Praxis sind von BAH Asylanträge als unzulässig abzulehnen, wenn der Antragssteller aus einem dieser Länder stammt, durch ein solches gereist ist und dort die Möglichkeit zur Stellung eines Asylantrags hatte oder in einem dieser Länder Verwandte hat (VB 3.8.2015, VB 4.4.2016).

Die Verantwortung Serbiens, im Rahmen der Drittstaatsicherheit Personen von Ungarn zurückzunehmen, endet nach 12 Monaten. Rechtliche Grundlage ist entweder das bilaterale Rückübernahmeabkommen zwischen Serbien und Ungarn, oder jenes der EU mit Serbien (2007/819/EG). Wenn bei einem nach Ungarn Zurückkehrenden diese 12 Monate verstrichen sind, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (BAH 16.9.2015; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §51/A, VB 4.11.2015b, ECRE/HHC 1.10.2015, AIDA 11.2015).

Ungarn betrachtet Serbien zwar grundsätzlich als sicheres Drittland, dies ist aber eine im Einzelfall widerlegbare Vermutung und wird durch die Gerichte geprüft. Asylwerber haben die Möglichkeit innerhalb von drei Tagen Beweise vorzulegen oder Aussagen zu machen, wonach Serbien in ihrem Fall kein sicherer Drittstaat ist. Für die Gerichte gibt es 2 Hauptbehebungsgründe: entweder weitere Ermittlungsaufträge oder die fehlende Zustimmung der serbischen Behörden zur Übernahme. Es gibt noch keine finale und abschließende Beurteilung zu dieser Frage durch ein ungarisches Höchstgericht (VB 17.2.2016; vgl. BFA 24.6.2016).

Es gibt viele Beispiele dass z.B. das Gericht in Szeged Entscheidungen der ersten Instanz behoben und BAH angewiesen hat, ein neues Verfahrens zu führen, anstatt automatisch die Drittstaatsicherheit Serbiens anzunehmen (FRA 12.2015; vgl. FRA 2.2016, FRA 6.2016).

Zwischen 1.8.2015 und 31.3.2016 wies BAH 1.184 Asylanträge (im ganzen Land einschließlich Transitzonen) als unzulässig zurück (wobei nicht klar ist, ob immer Drittstaatsicherheit der Grund war). Im selben Zeitraum erhoben 387 ASt. dagegen Beschwerde (davon 114 in den Transitzonen). Ungarische Gerichte hoben in 246 Fällen die erstinstanzlichen Entscheidungen auf und ordneten die Neubewertung an. Die Begründung der Gerichte ist meist, dass Serbien kein sicherer Drittstaat sei, oder, dass die Behörde ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sich zu vergewissern, ob Serbien den ASt. auch wirklich zurücknehmen würde (UNHCR 5.2016).

Personen, die Ungarn verlassen sollen, werden von der Fremdenpolizei übernommen, welche dann versucht die Bedingungen für die Außerlandesbringung zu schaffen. Eine Außerlandesbringung kann entweder ins Herkunftsland oder in ein für den Fremden zuständiges Drittland (z.B. Serbien) erfolgen. Für alle Fälle, in welchen die Rückübernahme nach Serbien faktisch nicht funktioniert und wenn der Herkunftsstaat den Fremden nicht übernimmt, ist eine Abschiebung nicht möglich. In diesem Fall bleibt die Person in Ungarn, das Asylverfahren wird automatisch fortgesetzt und der Asylantrag inhaltlich geprüft (BFA 24.6.2016).

(Für mehr Informationen hierzu siehe Kap. 5.1. "Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens".)

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Hungary,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hu_update.iv__0.pdf, Zugriff 30.6.2016

-

Act LXXX of 2007 (14.9.2015), per E-Mail

-

BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (16.9.2015): Arbeitsgespräch mit BAH

-

BFA (24.6.2016): Ergebnisprotokoll zum Expertentreffen BFA-BAH, 14./15.Juni 2016

-

ECRE/HHC - European Council on Refugees and Exiles/Hungarian Helsinki Committee (1.10.2015): Crossing Boundaries. The new asylum procedure at the border and restrictions to accessing protection in Hungary, http://ecre.org/component/downloads/downloads/1056, Zugriff 30.6.2016

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (12.2015):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU. December 2015 monthly report, per E-Mail

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (2.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU. February 2016 monthly report, http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2016-monthly-compilation-com-update-3_en.pdf, Zugriff 30.6.2016

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU. June 2016 monthly report,

http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 30.6.2016

-

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (5.2016):

Hungary as a country of asylum. Observations on restrictive legal measures and subsequent practice implemented between July 2015 and March 2016, http://www.refworld.org/docid/57319d514.html, Zugriff 30.6.2016

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VB des BM.I in Ungarn (3.8.2015): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (4.11.2015b): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (17.2.2016): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (4.4.2016): Bericht des VB, per E-Mail

3. Dublin-Rückkehrer

Ein Asylverfahren wird, unabhängig vom Verfahrensstand, 30 Tage nachdem sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. durch Verlassen des Landes), eingestellt (BAH 29.10.2015).

Entzieht sich also ein Antragsteller, der seinen Antrag nach dem 1.8.2015 (also nach neuer Rechtslage) gestellt hat, dem Verfahren, wird dieses eingestellt. Innerhalb von 9 Monaten kann er (einmalig) die Wiedereröffnung des Verfahrens beantragen. Der Antrag auf Wiedereröffnung des eingestellten Verfahrens ist z.B. bei der Registrierung durch die Polizei nach Dublin-Rücküberstellung möglich (BAH 16.9.2015).

* Verweigerte ein Antragsteller im Erstverfahren in Ungarn inhaltliche Angaben und behinderte damit die Prüfung des Antrags, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Entzog sich der Antragsteller seinem Erstverfahren in Ungarn vor dem inhaltlichen Interview, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Verließ ein Antragsteller die für ihn festgelegte Unterkunft während des Erstverfahrens in Ungarn für mehr als 48 Stunden ohne Erklärung, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich (BAH 18.9.2015).

* Hat ein Antragsteller seinen Erstantrag in Ungarn schriftlich zurückgezogen, ist auch innerhalb der 9-Monats-Frist keine Wiedereröffnung des Verfahrens mehr möglich.

* Wenn ein Antragsteller die Abgabe seiner Fingerabdrücke oder das Fotografieren verweigerte, ist innerhalb der 9-Monats-Frist keine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Nach erfolgreicher Dublin-OUT- Überstellung aus Ungarn ist keine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Bei rechtskräftig negativ abgeschlossenem Verfahren ist keine Wiedereröffnung, sondern nur ein neuer Antrag möglich - enthält der keine neuen Elemente, gilt er als unzulässiger Folgeantrag.

(BAH 16.9.2015; vgl. AIDA 11.2015)

Ist die 9-Monats-Frist verstrichen und der Rückkehrer hatte in seinem Erstverfahren bereits eine inhaltliche Entscheidung, kann er nur einen neuen Antrag stellen, der neue Elemente enthalten muss, um nicht als unzulässiger Folgeantrag zu gelten. Gab es im früheren Verfahren aber keine inhaltliche Entscheidung, müssen keine neuen Elemente vorgebracht werden damit der Antrag zulässig ist (BAH 22.6.2016; vgl Act LXXX 14.9.2015, § 51 (2)d, § 51 (3), § 53 (1); vgl. BFA 24.6.2016). (Für mehr Informationen zu Folgeanträgen siehe Kap. 3. "Allgemeines zum Asylverfahren")

Wurde der Antrag vor dem 1.8.2015 gestellt und ist noch offen (was sehr unwahrscheinlich ist), wird das Verfahren nach der alten Gesetzeslage weitergeführt. Wurde das Verfahren beendet (weil der ASt. sich abgesetzt hat oder in Abwesenheit entschieden wurde), wird bei Rückkehr ein neues Verfahren gemäß neuer Rechtslage geführt (BAH 13.11.2015). Nach der neuen Rechtslage gilt ein Folgeantrag der keine neuen Elemente enthält, als unzulässig. Wird kein Antrag gestellt, beginnt ein fremdenpolizeiliches Verfahren (BAH 16.9.2015).

In der Regionaldirektion Gyor des BAH kommen alle Dublin-Rückkehrer an, die von Österreich in Nickelsdorf an die ungarischen Behörden übergeben werden. Auch die ungarische Fremdenpolizei ist dort vertreten. In Gyor werden Rückkehrer durch die Polizei erfasst und es wird geprüft, ob der Betreffende bereits ein Verfahren in Ungarn hatte und welchen Stand dieses hat, ob der Rückkehrer spezielle Bedürfnisse hat usw. Gegebenenfalls kann ein Asylantrag gestellt werden. Danach wird den Rückkehrern entsprechend ihrem Verfahrensstand eine Unterbringung zugewiesen (offene Unterbringung oder Asylhaft etc.). Asylhaft ist in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung. Kranke Rückkehrer werden, bei entsprechender Ankündigung, an der Grenze bereits mit einem Ambulanzwagen abgeholt. Die Versorgung der Rückkehrer in Gyor ist dieselbe wie in anderen Unterbringungseinrichtungen und entspricht den ungarischen Gesetzen. Wenn die Rückkehrer länger als 5 Stunden in der Einrichtung in Gyor verbringen müssen, besteht die gesetzliche Verpflichtung, ihnen Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen. In der Regel sind die Rückkehrer aber nur 1-2 Stunden dort, wenn offene Unterbringung geboten ist, bzw. bis zu einen Arbeitstag lang, wenn Asylhaft nötig ist (weil hier mit dem Transport zugewartet wird, ob noch Fälle hinzukommen). Die Führung eines etwaigen Asylverfahrens geht nach dem Transfer auf jene Regionaldirektion über, in deren Zuständigkeitsbereich der Betreffende untergebracht bzw. inhaftiert wird. Übersetzerleistungen sind laut BAH während der Abwicklung in Gyor dauernd verfügbar. Gängige Sprachen sind Afghanisch, Arabisch etc. Sollte für eine Sprache kein Dolmetscher vor Ort sein, wird per Computer eine Fernübersetzung zugeschaltet (BAH 16.9.2015; vgl. BFA 24.6.2016).

Die Entscheidung zur Verhängung der Asylhaft ist eine Einzelfallentscheidung. Untertauchen ist ein möglicher Grund für ihre Verhängung und da Dublin-Rückkehrer sich per se dem Verfahren entzogen haben, ist es grundsätzlich möglich, sie in Asylhaft zu nehmen. BAH erläuterte zwar es würden auch noch andere Gründe geprüft, es wurde aber auch nicht dezidiert gesagt, dass Untertauchen alleine als Haftgrund nicht ausreicht. Es wurde viel Wert auf die Feststellung gelegt, dass die Haft eine Einzelfallentscheidung sei. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass BAH die Haft nur für die ersten 72 Stunden verhängen kann und danach eine richterliche Überprüfung stattfinde (BAH 16.9.2015; vgl. BFA 24.6.2016).

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zu Unterbringung und Versorgung solange ihr Verfahren nicht abgeschlossen ist. In jeder Einrichtung gibt es eine medizinische Versorgung. Falls nötig ist, werden Personen von einem Facharzt untersucht. Kinder bekommen eine besondere Versorgung (BFA 24.6.2016).

Quellen:

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Act LXXX of 2007 on Asylum (14.9.2015), per E-Mail

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Hungary,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hu_update.iv__0.pdf, Zugriff 30.6.2016

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (16.9.2015): Arbeitsgespräch mit BAH

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (18.9.2015): Auskunft des BAH, per E-Mail

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (29.10.2015): Arbeitsgespräch mit BAH

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (13.11.2015): Auskunft des BAH, per E-Mail

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BAH - ungarisches Büro für Immigration und Nationalität (22.6.2016): Auskunft des BAH, per E-Mail

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BFA (24.6.2016): Ergebnisprotokoll zum Expertentreffen BFA-BAH, 14./15.Juni 2016

a. Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens

Die von Ungarn angenommene Drittstaatssicherheit Serbiens widerspricht der Position des ungarischen Höchstgerichts (Kuria) und einer Empfehlung von UNHCR (beide 2012), die nie zurückgenommen wurden (und welche von UNHCR im Mai 2016 bekräftigt wurde (UNHCR 5.2016)). Dies und die Anwendbarkeit der Drittstaatsicherheit auf Dublin-Rückkehrer hat ECRE/HHC zu der Empfehlung bewogen, von Dublin-Überstellungen nach Ungarn Abstand zu nehmen. BAH steht auf dem Standpunkt, dass die Drittstaatsicherheit Serbiens so oder so auf ältere Fälle (Antragstellung vor dem 1.8.2015) anwendbar wäre, da die Rechtsgrundlage dafür auch schon zuvor bestanden habe (ECRE/HHC 1.10.2015; vgl. BAH 23.11.2015).

NGOs behaupten bereits seit längerem, dass Dublin-Rückkehrer akut von Rückschiebungen nach Serbien bedroht seien (vgl. ECRE/HHC 1.10.2015). Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Berichte, dass Serbien nur bestimmte Staatsangehörige (türkische und kosovarische Staatsbürger mit entsprechenden Ausweisdokumenten bzw. Durchbeförderung abgelehnter Kosovaren) (VB 4.11.2015b), bzw. nur eigene Staatsangehörige zurücknimmt (FRA 6.2016). Gemäß UNHCR wurden zwischen 15.9.2015 und 31.3.2016 298 Personen im Rahmen des Rückübernahmeabkommens nach Serbien rücküberstellt (78 Serben, 72 Türken, 34 Albaner, 5 Mazedonier und 31 Kosovaren, sowie 31 Syrer, 31 Afghanen, 14 Iraker, 2 Somalier und 6 Andere). Es ist aber unklar, wie viele davon aus den Transitzonen zurückgewiesen wurden und wie viele aus dem Inland bzw. ob Dublin-Rückkehrer darunter waren (UNHCR 5.2016). Die serbischen Behörden selbst bestätigen, dass aufgrund des bilateralen Rückübernahmeabkommens mit Ungarn nur serbische Staatsbürger, Staatenlose und Drittstaatsangehörige zurückgenommen werden, bei denen die Identität geklärt ist und die Tatsache geklärt ist, dass sie zuvor aus Serbien kommend nach Ungarn eingereist sind (VB 29.3.2016).

Um die praktischen Auswirkungen der ungarischen Gesetzesänderungen seit 1.8.2015 auf Dublin-Rückkehrer einschätzen zu können, wurde mit BAH ein Monitoring einiger Fälle vereinbart. Von Interesse waren bei diesem Monitoring insbesondere folgende Punkte:

• Zeitpunkt der Asylantragstellung (vor oder nach 1.8.)

• davon abhängig: besteht Zugang zum Asylverfahren nach Dublin-Transfer?

• Klärung der Frage: werden Dublin-Rückkehrer nach Serbien rücküberstellt?

Dem Monitoring unterzogen wurden die letzten 41 Fälle, die zwischen 1. und 24. September 2015 von Ö nach HU überstellt worden sind, sowie 25 Personen, die zwischen 12.10.2015 und 28.1.2016 aus DE, SE, UK, SK, CZ, CH nach HU überstellt worden sind. Bei den von Ö nach HU Überstellten handelt es sich um 24 erwachsene Männer, 4 erwachsene Frauen und 13 Minderjährige. Gemäß dem Monitoring konnte kein Fall einer Rücküberstellung eines Dublin-Rückkehrers von Ungarn nach Serbien festgestellt werden (BFA 23.3.2016).

Mitte Juni 2016 fand ein Expertentreffen zwischen BFA und BAH in Budapest statt, um offene Fragen zu klären. Es konnte im Zuge dessen klargestellt werden, dass Serbien zwischen 1.1. und 13.6.2016 113 Personen zurückgenommen hat, darunter befanden sich keine Dublin-Rückkehrer (Staatsangehörige Serbiens, Kosovos, Albaniens, usw.). Serbien steht (wie auch weiter oben bereits dargestellt) auf dem Standunkt, dass das Rückübernahmeabkommen nur für serbische und ehemalige jugoslawische Staatsbürger anwendbar sei (BFA 24.6.2016; vgl. TT 14.6.2016, FRA 6.2016). Die Ergebnisse des Monitorings von Februar 2016, wonach kein Fall einer Rücküberstellung eines Dublin-Rückkehrers von Ungarn nach Serbien festgestellt werden konnte, wurden damit bestätigt. Es wurde vereinbart, dass es bald ein weiteres Monitoring von aus Österreich nach Ungarn überstellten Dublin-Fällen geben soll, um die weitere Entwicklung beobachten zu können (BFA 24.6.2016).

Nach der Rückübernahme von Dublin-Rückkehrern hängt das weitere Verfahren davon ab, ob der Rückkehrer bereits einen Asylantrag gestellt hat, der inhaltlich behandelt wurde und, ob er sich innerhalb der 9-monatigen Frist für eine Wiedereröffnung des Verfahrens befindet. Wenn der Antrag aufgrund der Einreise durch Serbien als unzulässig entschieden wird und Serbien sich nicht bereit erklärt, den Rückkehrer zu übernehmen, wird der Antrag inhaltlich geprüft (BFA 24.6.2016; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §51/A).

Der EuGH hat am 17.3.2016 in der Rechtssache C-695/15 PPU (Shiraz Baig Mirza) entschieden, dass Ungarn einen Asylwerber ohne inhaltliche Prüfung des Antrags in einen sicheren Drittstaat (hier Serbien) zurückweisen kann. Dies gilt auch dann, wenn Ungarn zuständiger Mitgliedstatt gemäß Dublin-III-VO ist. HU muss den überstellenden MS nicht über diese Regelung informieren oder den ersten Asylantrag in einem gewissen Verfahrensstadium weiterführen. Der Asylwerber hat das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dass über seinen Antrag abschließend entschieden wird - das hindert Ungarn aber nicht daran, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Der EuGH wurde nicht gefragt, ob Serbien als sicherer Drittstaat gelten kann, daher wurde darüber auch nicht ausdrücklich entschieden. Andererseits hat der EuGH aber auch keine Zweifel an Serbiens Drittstaatsicherheit im Urteil angesprochen und auch die Rückweisung nicht untersagt (EuGH 17.3.2016).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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