Entscheidungsdatum
03.07.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W214 2124244-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER als Einzelrichterin über die Anträge des XXXX auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 14.09.2016, Zl. W101 2124244-1/2E, abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens betreffend Gerichtsgebühren sowie des mit Beschluss vom 11.10.2016, Zl. W101 2124244-2/2E, abgeschlossenen Wiederaufnahmeverfahrens zu Recht erkannt:
Den Anträgen auf Wiederaufnahme wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) nicht stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit am 14.10.2013 beim BezirksgerichtXXXX eingelangtem Schriftsatz brachte der Antragsteller eine Oppositionsklage gemäß § 35 Abs. 2 Exekutionsordnung und eine Klage auf Aufhebung des Exekutionstitels ein. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe.
2. In der Folge wies das Bezirksgericht mit Beschluss vom 24.11.2014 die Oppositionsklage zurück und den Verfahrenshilfeantrag ab, wogegen der Antragsteller Rekurs erhob und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Rekurses gegen den die Oppositionsklage zurückweisenden Beschluss stellte.
3. Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 12.02.2015 wurde diesem Rekurs keine Folge gegeben. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts vom 27.02.2015 abgewiesen und dem dagegen erhobenen Rekurs vom Landesgericht keine Folge gegeben.
4. Daraufhin wurde dem Antragsteller ein Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 11.12.2015 iHv insgesamt EUR 84,50 rechtswirksam zugestellt, wogegen er Vorstellung erhob.
5. Mit Bescheid vom 15.03.2016 schrieb die Präsidentin des Landesgerichts XXXX dem Antragsteller aufgrund der Zurückweisung seiner Oppositionsklage eine gemäß Anmerkung 3 zu TP 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) ermäßigte Pauschalgebühr iHv EUR 25,50 sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv EUR 8,00, insgesamt sohin einen Betrag iHv EUR 33,50, zur Zahlung vor.
6. Mit Schreiben vom 18.12.2015 beantragte der Antragsteller den Nachlass der Gebühren. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXXvom 16.03.2017 nicht stattgegeben und die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag, Zl. W214 2152474-1/2E, abgewiesen.
7. Gegen den mit Bescheid vom 15.03.2016 ergangenen Zahlungsauftrag brachte der Antragsteller eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein, welche mit Erkenntnis vom 14.09.2016 zu Zl. W101 2124244-1/2E ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen wurde.
8. Am 03.10.2016 beantragte der Antragsteller die Wiederaufnahme dieses Verfahrens im Wesentlichen mit der Begründung, die erkennende Richterin habe durch das Nichtabhalten der beantragten mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des am Bezirksgericht erkennenden Richters die gerichtlich strafbare Handlung der Beweismittelunterdrückung begangen.
9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.10.2016, Zl. W101 2124244-2/2E, wurde der Wiederaufnahmeantrag wegen der noch offenen Revisionsfrist als unzulässig zurückgewiesen.
10. Am 18.10.2016 stellte der Antragsteller gegenständliche Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens W101 2124244-1/2E begründete er wie zuvor mit dem Vorwurf der durch die erkennende Richterin begangenen Straftat der Beweismittelunterdrückung; jenen zum Verfahren W101 2124244-2/2E darüber hinaus mit der durch die erkennende Richterin begangenen Straftat des Amtsmissbrauchs, da sie als im Vorverfahren zuständige Richterin befangen gewesen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 14.09.2016, Zl. W101 2124244-1/2E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens wegen der Begehung einer Straftat wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 11.10.2016, Zl. W101 2124244-2/2E, zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde nicht mit dem zulässigen Rechtsmittel der außerordentlichen Revision bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen.
1.2. Der Beschwerdeführer hat am 20.04.2018 die Gebührenschuld von EUR 25,50 bezahlt und diese in einer Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seines ebenfalls anhängigen Nachlassverfahrens für rechtmäßig anerkannt. Der Betrag von EUR 8,00 wurde nicht gezahlt.
1.3. Die Nichtabhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stellt keine gerichtlich strafbare Handlung dar. Die damals zuständige Richterin hat in beiden Verfahren, deren Wiederaufnahme begehrt wird, kein strafbares Verhalten gesetzt.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und aus dem hg. Akt W214 2152474-1.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 idgF (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 idgF (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnisverbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
3.2.1. Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß Abs. 2 leg. cit. binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbständige Erledigungen - in Beschlussform erfolgen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 32 VwGVG Anm 13).
3.2.2. Die gegenständlichen Wiederaufnahmeanträge stützen sich jeweils auf den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Erkenntnis vom 31.08.2015, Ro 2015/11/0012, unter Verweis auf die Materialien zu § 32 VwGVG fest, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet seien und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden könne.
Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG sein, dass die Entscheidung durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt wurde. Das Gesetz verlangt nur, dass die Entscheidung durch die strafbare Handlung herbeigeführt worden ist, und nicht, dass die Straftat von der betroffenen Partei gesetzt wurde. Wer die strafbare Handlung begangen hat, ist für die Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Bedeutung. Der Wiederaufnahmegrund liegt folglich auch vor, wenn die gerichtlich strafbare Handlung von der Behörde selbst (etwa durch Amtsmissbrauch, falsche Beurkundung oder Beglaubigung im Amt etc. [vgl. VwSlg 9219 A/1977], aber auch durch Nötigung, gefährliche Drohung, Täuschung) oder einem Dritten verübt wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb §69 AVG Rz 9).
3.2.3. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 14.09.2016, Zl. W101 2124244-1/2E, abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens
Wie der Verwaltungsgerichtshof zum VwGVG bereits ausgesprochen hat, darf über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden; die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. Auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts wird mit ihrer Erlassung rechtskräftig, wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranzuziehen. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist.
Somit ist im gegenständlichen Fall des erneuten Antrags auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung vom Gericht zu prüfen, ob der nunmehr gegenständliche zweite Antrag auf die dem ursprünglichen Parteienantrag vom 03.10.2016 zugrunde gelegten Gründe - daher auch auf das Tatsachenvorbringen zu dem behaupteten Wiederaufnahmegrund - abstellt (vgl. dazu VwGH 21.12.2016, Ra 2016/10/0135).
Dazu ist auszuführen, dass Identität der Sache dann vorliegt, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Dabei kommt es allein auf den normativen Inhalt des Abspruches der rechtskräftig gewordenen Vorentscheidung an (vgl. dazu VwGH 29.01.2008, Zl. 2005/11/0102). Bei der Prüfung, ob eine relevante Sachverhaltsänderung behauptet wird, ist - nach wie vor - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "glaubhaften Kern" maßgeblich. Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme.
Der Antragsteller begründete seinen (ersten) Wiederaufnahmeantrag vor allem damit, dass die erkennende Richterin durch Unterdrückung eines wesentlichen Beweismittels im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 295 StGB das bekämpfte Erkenntnis erschlichen habe. Daher sei das Erkenntnis durch eine gerichtlich strafbare Handlung - vorsätzlich und wissentlich von der erkennenden Richterin begangen - herbeigeführt worden und liege somit ein Wiederaufnahmegrund gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG vor. Diesem Vorbringen wurde nicht beigetreten und der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 14.09.2016 abgeschlossenen Verfahrens W101 2124244-1/2E wurde mit Beschluss vom 11.10.2016 zurückgewiesen.
Seinen gegenständlichen (zweiten) Wiederaufnahmeantrag begründet der Antragsteller ebenfalls vor allem damit, dass die erkennende Richterin durch Fortsetzung der Unterdrückung eines wesentlichen Beweismittels durch die vereitelte Wiederaufnahme des Verfahrens sowie nunmehr durch ihre Beteiligung am Wiederaufnahmeverfahren trotz Befangenheit nach § 7 Abs. 1 Z 1 VwGVG vorsätzlich und wissentlich eine gerichtlich strafbare Handlung begangen habe (nämlich Amtsmissbrauch nach § 302 StGB) und somit die rechtswidrige Entscheidung erneut erschlichen wurde. Der Antragsteller stützte somit beide Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens auf den Rechtsgrund des § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG, womit im Sinne der obigen Ausführungen vom gleichen Tatsachenvorbringen zum behaupteten Wideraufnahmegrund ausgegangen werden könnte, was zur Folge hätte, dass der zweite, nunmehr gegenständliche Antrag eine Entscheidung in derselben Sache herbeizuführen sucht. Von einer Änderung der Rechtslage ist ebenfalls nicht auszugehen. Insofern läge Identität der Sache vor und wäre der Antrag bereits zurückzuweisen.
Allerdings brachte der Beschwerdeführer auch vor, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Antrag auf Wiederaufnahme - obwohl er innerhalb der noch offenen Revisionsfrist eingebracht worden war - in der Sache selbst zu entscheiden gewesen wäre, wobei er auf das VwGH "Ro 2015/12/0007" (gemeint offenbar: Ro 2016/12/0007) verwies. Selbst wenn man davon ausgeht, dass deshalb eine Identität der Sache nicht vorliegt und das Prozesshindernis der entschiedenen Sache einer neuerlichen Entscheidung nicht entgegensteht, ist dem Antrag aus folgenden Gründen nicht stattzugeben:
Um das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne des § 32 Abs.1. Z 1 VwGVG zu beurteilen, muss diese nicht durch ein gerichtliches Urteil erwiesen und festgestellt worden sein (vgl. dazu VwGH 08.05.1998, 97/19/0132; 18.02.2002, 99/10/0238), sondern hat die wieder aufnehmende Behörde selbst als Vorfrage zu prüfen und zu beurteilen, ob es sich um ein gerichtlich strafbares Verhalten handelt, durch das die Entscheidung herbeigeführt wurde (vgl. dazu VwGH 18.02.2002, 99/10/0238), wobei die Begehung der Straftat auf Grund der vorliegenden Unterlagen in Hinblick auf die subjektive und objektive Tatseite als erwiesen angenommen werden muss, ein bloßer Verdacht reicht nicht aus (vgl. Hengstschläger/Leeb § 69 AVG Rz 11).
Der Antragsteller begründet seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Wiederaufnahmeverfahrens W101 2124244-2 mit dem Vorliegen der Straftat der Beweismittelunterdrückung durch Nichtabhaltung einer mündlichen Verhandlung durch die damals zuständige Richterin. Kern des Vorbringens zum Verwurf der Beweismittelunterdrückung ist, dass trotz Antrags auf mündliche Verhandlung zur Einvernahme eines Zeugen diese unterblieb. Die erkennende Richterin begründete die Nichtabhaltung der mündlichen Verhandlung mit Bezugnahme auf die Rechtslage und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes damit, dass eine Verhandlung unterbleiben könne, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststehe.
Dies stellt - entgegen der vehement vertretenen Ansicht des Antragstellers - keine gerichtlich strafbare Handlung dar, sondern hätte allenfalls als Verfahrensmangel im Rahmen eines Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof vom Antragsteller aufgegriffen werden müssen. Auch sonstige Wiederaufnahmegründe sind nicht erfüllt.
Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens W101 2124244-1 war daher nicht Folge zu geben.
3.2.4. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 11.10.2016, Zl. W101 2124244-2/2E, abgeschlossenen Wiederaufnahmeverfahrens:
Der Antragsteller begründete den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Vorliegen der fortgesetzten Straftat der Beweismittelunterdrückung sowie mit der durch die erkennende Richterin begangenen Straftat des Amtsmissbrauchs, da sie als im Vorverfahren zuständige Richterin befangen gewesen sei. Dazu ist auf die Ausführungen unter Punkt 3.2.3. zu verweisen, wonach das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung keine Straftat darstellt und auch sonst die Erfüllung von Wiederaufnahmegründen nicht gegeben ist.
Ebenso wenig erfüllt die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag durch die gleiche Richterin den Tatbestand des § 302 StGB, welcher erfordert, dass der Beamte oder die Beamtin mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, die Befugnis, im Namen des Bundes, [...] als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht. Aus der Aktenlage ergeben sich weder auf objektiver noch auf subjektiver Seite Hinweise auf die Erfüllung der Tatbestandselemente. Von einer wissentlich, vorsätzlichen Schädigung kann auch schon deshalb nicht ausgegangen werden, da dem Antragsteller auch gegen den zurückweisenden Beschluss das Rechtsmittel der Revision an den Verwaltungsgerichtshof sowie die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof offen gestanden wären. Auch sonstige Wiederaufnahmegründe liegen nicht vor.
Daher war auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens W101 2124244-2 abzuweisen.
3.2.5. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Die beantragte Einvernahme des Richters des zugrunde liegenden Verfahrens vermag an diesem Sachverhalt nichts zu ändern, da das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und eine Überprüfung der die Gebührenpflicht auslösenden gerichtlichen Entscheidung im Verwaltungsverfahren und dem darauf folgenden Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht nicht möglich ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof auch ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.3.3. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Punkt 3.2.) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
ne bis in idem, Rechtskraft, res iudicata, Straftat, Unbefangenheit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W214.2124244.3.00Zuletzt aktualisiert am
21.08.2018