TE Bvwg Beschluss 2018/7/10 W170 2170567-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2018
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Entscheidungsdatum

10.07.2018

Norm

ADV §3 Abs7
BDG 1979 §107 Abs2
BDG 1979 §56 Abs3
BDG 1979 §92 Abs1 Z4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §8a

Spruch

W170 2170567-1/14Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Vorsitzenden sowie Mag. iur. Josef Andreas SIX und Olt. MR Mag. Dr. iur. Rüdiger STIX als beisitzende Laienrichter über den Antrag des XXXX auf Gewährung von Verfahrenshilfe vom 22.05.2018 im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht über seine Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (jetzt: Bundesministerium für Landesverteidigung) vom 26.06.2017, Zl. 865-16-DKS/16 (Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979) einstimmig beschlossen:

A) Die Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG in folgendem Umfang

gewährt:

* Die Beigebung eines Rechtsanwaltes/einer Rechtsanwältin;

* Die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr;

* notwendigen Barauslagen des beigegebenen Rechtsanwaltes/der beigegebenen Rechtsanwältin und

* Kosten und Gebühren.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (jetzt: Bundesministerium für Landesverteidigung) vom 26.06.2017, Zl. 865-16-DKS/16, wurde XXXX schuldig gesprochen, er habe während seiner Krankenstände am Freitag, den 08.05.2015, Sonntag den 10.05.2015, Freitag den 15.05.2015, Samstag, den 16.05.2015, Montag (Pfingstmontag), den 25.05.2015, Mittwoch, den 27.05.2015, Donnerstag, den 28.05.2015, Freitag, den 29.05.2015, Samstag, dem 30.05.2015, Mittwoch, den 12.08.2015, Donnerstag, den 01.10.2015, Samstag, den 30.04.2016, Sonntag, den 01.05.2016, Mittwoch, den 01.06.2016 und Donnerstag, den 02.06.2016 beim ÖAMTC als Fahrtechnikinstruktor gearbeitet und vorsätzlich gegen § 3 Abs. 7 ADV sowie fahrlässig gegen § 56 Abs. 3 BDG verstoßen. Gegen XXXX wurde die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

2. Das Disziplinarerkenntnis wurde XXXX am 05.07.2017, dem Disziplinaranwalt am 07.07.2017 zugestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 25.07.2017, am 28.07.2017 bei der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (jetzt: Bundesministerium für Landesverteidigung) eingelangt, wurde von XXXX Beschwerde gegen dieses Erkenntnis erhoben; im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2018 wurde die Beschwerde, soweit sich diese gegen die freisprechenden Teile des Disziplinarerkenntnisses gerichtet hat, zurückgezogen.

4. In derselben Verhandlung stellte XXXX einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG für die im Spruch genannte Rechtssache. Begründet wurde der Antrag damit, dass XXXX nicht in der Lage sei, die Kosten der Führung des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den zulässigen Antrag erwogen:

1. Feststellungen:

1. XXXX ist vermögenslos und hat Schulden in Höhe von € 20.000, bezieht monatlich € 1.182,31 netto an Einkommen, seine Ehefrau XXXX monatlich € 1.630,27 netto und seine im gemeinsamen Haushalt lebende Tochter XXXX monatlich € 477,24 netto. Sein im gemeinsamen Haushalt lebender Sohn bezieht kein Gehalt.

2. XXXX ist für seine im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder unterhaltspflichtig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 22.05.2018, den dort vorgelegten bzw. nachgereichten Lohnzetteln für die antragstellende Partei, deren Ehefrau sowie deren Tochter, und der Existenzminimum-Tabelle 1am des Bundesministeriums für Justiz (Stand: 01.01.2018).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe zu gewähren, soweit dies aufgrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine subsidiäre Bestimmung handelt. Diese soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das Materiengesetz keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht.

2. Zwar ist gemäß § 107 Abs. 2 BDG auf Verlangen des Beschuldigten von der Dienstbehörde eine Beamtin oder ein Beamter des Dienststandes oder eine Vertragsbedienstete oder ein Vertragsbediensteter als Verteidigerin oder als Verteidiger zu bestellen. In Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. E vom 25.06.2015, G7/2015) und die Wirkung von Art. 6 EMRK bedarf es jedoch im gegenständlichen Fall angesichts des komplexen Sachverhalts eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin, auch da ein Verteidiger nach § 107 Abs. 2 BDG nicht rechtskundig sein muss und ein solcher auch als der Behörde nahestehend zu sehen ist. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. E vom 20.10.2015, Ra 2015/09/0051) ergibt sich, dass eine Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten unter Art. 6 EMRK fällt. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass das Bundesverwaltungsgericht die letzte Tatsacheninstanz im gegenständlichen Disziplinarverfahren ist.

3. Aus den von der antragstellenden Partei vorgelegten Lohnzetteln, ihren diesbezüglich glaubwürdigen Angaben in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Existenzminimum-Tabelle des Bundesministeriums für Justiz ergibt sich, dass sie vermögenslos ist, Schulden in Höhe von etwa € 20.000 hat und ein monatliches Nettogehalt unter bzw. knapp an der Existenzminimumgrenze bezieht, da bei einem monatlichen Nettolohn von € 1.180 bis 1.199,99 und bei Unterhaltspflichten für zwei Personen der gesamte Betrag unpfändbar ist und somit unter die Grenze des Existenzminimums fällt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist auch nicht mutwillig oder aussichtslos.

4. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, war somit spruchgemäß zu entscheiden und Verfahrenshilfe zu gewähren.

Die Bestellung eines Rechtsanwaltes/einer Rechtsanwältin als Verfahrenshelfer/in erfolgt gesondert durch die Rechtsanwaltskammer.

Die Verfahrenshilfe genießende Partei hat sich mit dem/der als Verfahrenshelfer/in bestellten Rechtsanwalt/Rechtsanwältin unverzüglich in Verbindung zu setzen und ihm/ihr alle ihre Rechtsangelegenheiten betreffenden Schriftstücke zur Verfügung zu stellen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Barauslagen, Disziplinarerkenntnis, Eingabengebühr, Entlassung,
Existenzminimum, notwendiger Unterhalt, Rechtsbeistand,
Unterhaltspflicht, Verfahrenshilfe, wirtschaftliche Schwierigkeiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2170567.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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