TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/2 W180 2191861-1

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AVG §71 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8e
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33 Abs4
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W180 2191861-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH über die Beschwerde von XXXX, Betriebsnummer XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 12.01.2018, Zahl II/4-DZ/17-8130512010, betreffend Direktzahlungen 2017, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag auf Zahlung für Junglandwirte (Top-up) stattgegeben wird.

II. Die Agrarmarkt Austria hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Formular "Bewirtschafterwechsel", datiert mit 11.05.2015, zeigte der Beschwerdeführer mit Wirksamkeitsbeginn vom 02.12.2014 die Übernahme des Betriebes mit der Betriebsnummer XXXX an. Dem Formular beigelegt war die Sterbeurkunde des am 02.12.2014 verstorbenen bisherigen Bewirtschafters des Betriebes sowie der Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX, mit dem die Verlassenschaft dem Beschwerdeführer als erblichen Sohn des Verstorbenen zur Gänze eingeantwortet worden war.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 03.04.2017 elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2017, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Der Antrag umfasste auch die Zahlung für Junglandwirte (Top-up).

3. Mit angefochtenem Bescheid vom 12.01.2018, versendet am 18.01.2018, gewährte die Agrarmarkt Austria (im Folgenden: AMA oder belangte Behörde) dem Beschwerdeführer Direktzahlungen in Höhe von EUR 581,59. Davon entfielen auf die Basisprämie EUR 400,82 und auf die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden ("Greeningprämie") EUR 180,77.

Hingegen wurde der Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte abgewiesen. In der Begründung führte die AMA diesbezüglich aus, dass der vorgelegte Ausbildungsnachweis nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfülle (unter Hinweis auf Art. 50 VO 1307/2013, § 12 DIZA-VO).

4. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde vom 29.03.2018, die sich ausschließlich gegen die Nichtgewährung des Top-up richtet. Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen aus, dass er durch den plötzlichen Tod seines Vaters am 02.12.2014 mit einer unvorhergesehenen Betriebsübernahme konfrontiert gewesen sei. Es wäre eigentlich geplant gewesen, den landwirtschaftlichen Facharbeiterbrief bereits 2016 - innerhalb der Zweijahresfrist - zu absolvieren. Durch den Tod des Vaters hervorgerufen, leide er jedoch an Anpassungsstörungen mit depressiver Reaktion und befinde sich ständig in ärztlicher Betreuung und könne daher nur eingeschränkt seinen Verpflichtungen nachkommen. Er habe daher nicht zeitgerecht innerhalb der Zweijahresfrist den Facharbeiterbrief erwerben können. Nunmehr habe er aber die Prüfung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter am 18.04.2017 bestanden. Auch sei es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen die Einspruchsfristen bzw. Berufungsfristen einzuhalten. Der Beschwerdeführer ersuchte, ihm die Junglandwirte-Förderung zu gewähren, da es sich um einen Fall höherer Gewalt handle.

Der Beschwerdeführer legte seiner Beschwerde einen am 18.04.2017 von der land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstelle der Landwirtschaftskammer XXXX ausgestellten Facharbeiterbrief bei. Ferner brachte der Beschwerdeführer mit der Beschwerde eine Bestätigung über seine psychotherapeutische Behandlung in Vorlage. Demnach stehe der Beschwerdeführer seit 28.04.2017 in regelmäßiger psychotherapeutischen Behandlung bei dem die Bestätigung ausstellenden Psychotherapeuten Dr. Mag. XXXX. Als Diagnose sei Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion gestellt worden. Die Anpassungsstörung verbunden mit massiven Symptomen einer Depressivität habe sich beim Beschwerdeführer in Folge des Todes seines Vaters entwickelt. Der Psychotherapeut führt weiter aus, dass die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers über das gesamt Jahr 2017 erheblich eingeschränkt gewesen sei, sodass es ihm - aus psychotherapeutischer Sicht - nicht möglich gewesen sei, ausbildungsbezogene oder berufliche Dinge "normal" zu absolvieren. Es sei in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass ein Abschluss wie jener des "Landwirtschaftlichen Facharbeiters" in dem genannten Zeitraum für den Beschwerdeführer nur bzw. mit erheblicher Verzögerung möglich gewesen sei. Insgesamt sei der Beschwerdeführer im gesamten Jahr 2017 hinsichtlich Leistungs- und Aufnahmefähigkeit derart eingeschränkt gewesen, dass sicher auch das Einhalten von Fristen ihm nur schwer möglich gewesen sei. Weiters legte der Beschwerdeführer eine vom Allgemeinmediziner Dr. XXXX am 23.03.2018 ausgestellte Überweisung des Beschwerdeführers an Frau Mag. XXXX, Praxis für Psychotherapie, mit der Diagnose Anpassungsstörung vor, auf der Überweisung wurde von Dr.XXXX vermerkt, dass eine erste Überweisung bereits am 06.09.2016 ausgestellt worden sei.

Nach den Angaben in der Beschwerde wurde die am 18.01.2018 versendete Beschwerde dem Beschwerdeführer am 23.01.2018 zugestellt.

5. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Akten des Verwaltungsverfahrens am 09.04.2018 vor und führte im Rahmen der Beschwerdevorlage nach Wiedergabe des Beschwerdevorbringens und Darlegung des Inhalts der vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen aus, dass es für die AMA nachvollziehbar sei, dass es dem Beschwerdeführer auf Grund seiner psychischen Erkrankung nicht möglich gewesen wäre, im Jahr 2017 um Fristverlängerung bezüglich der Absolvierung der landwirtschaftlichen Facharbeiterprüfung anzusuchen bzw. fristgerecht gegen Bescheide betreffend Direktzahlung eine Beschwerde zu erheben. Aus Sicht der AMA könne in diesem Fall von einem "außergewöhnlichen Umstand" ausgegangen und die Frist für die Erbringung der landwirtschaftlichen Ausbildung auf drei Jahre ab Bewirtschaftungsbeginn verlängert werden. Da der Beschwerdeführer seine Ausbildung am 18.04.2017 abgeschlossen habe, könne in der Folge dieser Nachweis anerkannt werden. Auf Grund der verspäteten Einbringung habe die Beschwerde beim nächsten Berechnungstermin für das Antragsjahr 2018 (26.04.2018) jedoch nicht mehr berücksichtigt werden können. Da der nächste veranschlagte Berechnungstermin Ende August 2018 mehr als vier Monate in der Zukunft liege, könne die AMA nicht mehr über den Fall mit Beschwerdevorentscheidung absprechen. Wäre die AMA jedoch noch zuständig, würde der Fall von ihr positiv beurteilt werden.

6. Mit Schreiben vom 09.07.2018 reichte die AMA dem Gericht den Bescheid vom 02.07.2018, Zahl 18236DZ/I/1/1/Ho, nach. Mit diesem Bescheid bewilligte die AMA dem Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass die Angaben in der Beschwerde vom 29.03.2018 von der AMA (auch) als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet worden seien. Aus § 71 Abs. 4 AVG, wonach zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen sei, bei der versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, und dem Umstand, dass sie die bescheiderlassende Behörde sei, folge, dass die AMA auch über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden habe. In der Sache führte die AMA zusammengefasst aus, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der Beschwerdeführer in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen sei, fristgerecht eine Beschwerde zu erheben, weshalb dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben gewesen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer übernahm am 02.12.2014 nach dem Tod seines Vaters die Bewirtschaftung des Betriebes mit der Betriebsnummer

XXXX.

Er stellte am 03.04.2017 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2017 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen, wobei der Antrag auch die Zahlung für Junglandwirte umfasste.

Der Beschwerdeführer schloss seine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter am 18.04.2017 ab.

Der Beschwerdeführer litt in Folge des Todes seines Vaters im gegenständlichen Antragsjahr 2017 und - zumindest - auch im letzten Quartal des vorangegangenen Jahres 2016 an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion.

Der Beschwerdeführer ist am 23.12.1988 geboren, er stellte im Jahr 2015 erstmals einen Beihilfeantrag im Rahmen der Basisprämienregelung.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Übernahme des Betriebes, die Antragstellung im gegenständlichen Antragsjahr 2017, die erstmalige Antragstellung im Rahmen der Basisprämienregelung und den Abschluss der Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind unstrittig.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers trifft das Gericht auf Grund der vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen. Dass der Beschwerdeführer im Jahr 2017 an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion litt, ergibt sich aus der Bestätigung des Dr. XXXX, bei dem der Beschwerdeführer seit 28.04.2017 in psychotherapeutischer Behandlung ist. Dass diese Anpassungsstörung beim Beschwerdeführer schon vor Therapiebeginn bei Dr. XXXX vorlag, ist nicht nur naheliegend, sondern erschließt sich auch daraus, dass der Beschwerdeführer bereits am 06.09.2016 vom Allgemeinmediziner Dr. XXXX mit der Diagnose Anpassungsstörung an eine psychotherapeutische Praxis überwiesen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. I Nr. 376/1992 idgF iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet:

"Zahlung für Junglandwirte

Artikel 50

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").

(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die

a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und

b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.

[...]."

Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des europäischen Parlamentes und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 vom 17.12.2013, im Folgenden VO (EU) 1306/2013, lautet:

"Artikel 2

In dieser Verordnung verwendete Begriffe

[...]

(2) Für die Zwecke der Finanzierung, der Verwaltung und Überwachung der GAP, werden als Fälle "höherer Gewalt" und "außergewöhnliche Umstände" insbesondere folgende Fälle bzw. Umstände anerkannt:

a) Tod des Begünstigten;

b) länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c) eine schwere Naturkatastrophe, die den Betrieb erheblich in Mitleidenschaft zieht;

d) unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs;

e) eine Seuche oder Pflanzenkrankheit, die den ganzen Tier- bzw. Pflanzenbestand des Begünstigten oder einen Teil davon befällt;

f) Enteignung des gesamten Betriebes oder eines wesentlichen Teils davon, soweit diese Enteignung am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war."

§ 8e und § 19 Abs. 3 Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007, BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 47/2014, lauten:

"§ 8e. Die jährliche Zahlung für Junglandwirte wird gemäß Art. 50 Abs. 8 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 berechnet, indem ein Betrag in Höhe von 25 % der nationalen Durchschnittszahlung je Hektar mit der Anzahl der im betreffenden Jahr durch den Betriebsinhaber aktivierten Zahlungsansprüche, höchstens aber 40, multipliziert wird."

"§ 19. [...]

(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen."

§ 12 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), lautet:

"Zahlung für Junglandwirte

§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden."

3.3. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

3.3.1. Eingangs ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefirst gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG erhoben hat, die belangte Behörde bewilligte ihm aber mit Bescheid vom 02.07.2018 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, weshalb die vorliegende Beschwerde nicht verspätet ist.

Der Bescheid vom 02.7.2018 wurde von der AMA dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnisnahme und zur Berücksichtigung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren übermittelt. Nur der Ordnung halber ist zu diesem Bescheid festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013) bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 VwGVG für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung ist und nicht §§ 71, 72 AVG, insbesondere auch nicht der von der Behörde im vorliegenden Fall herangezogene § 71 Abs. 4 AVG. Dies gilt nach der Rechtsprechung des VwGH sowohl für eine Entscheidung durch das Gericht, als auch, wenn wie im vorliegenden Fall die Behörde über die Wiedereinsetzung wegen Versäumen der Beschwerdefrist entscheidet. Dass die Behörde im gegenständlichen Fall zu Recht vor Ihrer Zuständigkeit zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung ausging, entspricht hingegen der Rechtsprechung des VwGH, der § 33 Abs. 4 VwGVG in verfassungskonformer Interpretation dahingehend auslegt, "dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist" (vgl. abermals VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013). Da die Beschwerde in der Beurteilung der Behörde zugleich auch als Antrag auf Wiedereinsetzung zu werten war, wurde der Wiedereinsetzungsantrag zwangsläufig vor Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht, weshalb die Behörde über den Antrag auf Wiedereinsetzung zu entscheiden hatte, sie hätte allerdings - wie aufgezeigt - die Entscheidung auf § 33 VwGVG und nicht auf § 71 AVG stützen sollen.

3.3.2. Inhaltlichen Beurteilung der vorliegenden Beschwerde:

Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte (Top-up-Zahlung), abgelöst, die im vorliegenden Fall strittig ist.

Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie - vgl. Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 - sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlässt oder sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung erstmalig gestellten Beihilfenantrag bereits in einem solchen Betreib niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist; vgl. Art. 50 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013.

Im vorliegenden Fall übernahm der Beschwerdeführer mit Wirksamkeitsbeginn 01.12.2014 den väterlichen Betrieb, somit innerhalb des Fünfjahreszeitraumes vor seinem im Antragsjahr 2015 erstmals gestellten Beihilfenantrag im Rahmen der Basisprämienregelung. Dem Beschwerdeführer wurde auch eine Basisprämie gewährt und er war im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung der Basisprämie jünger als 40 Jahre - soweit erfüllt er die in Art. 50 Abs. 1 und 2 VO (EU) 1307/2013 genannten Voraussetzungen für die Zahlung für Junglandwirte (Top-up).

Gemäß Art. 50 Abs. 3 VO (EU) 1307/2013 können die Mitgliedstaaten jedoch in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf Zahlung für Junglandwirte stellen. Auf dieser Grundlage wurde in § 12 Direktzahlungs-Verordnung 2015 festgelegt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen.

Diese Bedingung erfüllte der Beschwerdeführer nicht, er schloss seine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter nicht bis zum 01.12.2016 ab, sondern erst am 18.04.2017.

§ 12 zweiter Satz Direktzahlungs-Verordnung 2015 normiert jedoch noch folgende Ausnahme: Die Frist von zwei Jahren kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden.

Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 1306/2013 führt beispielsweise Gründe an, die als Fälle "höherer Gewalt" und "außergewöhnliche Umstände" gelten können: Tod, Berufsunfähigkeit, schwere Naturkatastrophe, unfallbedingte Zerstörung, Seuchen oder Pflanzenkrankheiten, Enteignung. Andere Gründe können nur mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn sie mit den in der Verordnung angeführten in Art und Schwere vergleichbar sind.

Diese Sichtweise entspricht auch der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff der "höheren Gewalt". Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der höheren Gewalt im Bereich der Agrarverordnungen im Sinne von vom Willen des Wirtschaftsteilnehmers unabhängigen ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen zu verstehen, deren Folgen trotz aller aufgewandten Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. EuGH 05.02.1987, Rs 145/85 Denkavit, Rz 11). Dabei besteht die Verpflichtung, die Folgen des ungewöhnlichen Ereignisses mit allen geeigneten Mitteln zu begrenzen (VwGH 07.11.2005, 2005/17/0086).

Der Beschwerdeführer konnte nicht vorhersehen, dass er seine Ausbildung auf Grund der nach Übernahme des Betriebes aufgetretenen Anpassungsstörung nicht innerhalb der Zweijahresfrist werde abschließen können.

Das Gericht ist wie die belangte Behörde der Auffassung, dass im gegenständlichen Fall die Anpassungsstörung des Beschwerdeführers und die damit einhergehende eingeschränkte Leistungs- und Aufnahmefähigkeit als außergewöhnlicher Umstand anerkannt werden kann, der zu einer Verlängerung der Frist für den Abschluss seiner Ausbildung um ein Jahr führt. Dass der Beschwerdeführer die weitere Voraussetzung, nämlich die Fristverlängerung innerhalb der offen Frist von zwei Jahren zu beantragen, nicht erfüllte, ist ebenso eine Folge der Anpassungsstörung und steht daher in dieser besonderen Konstellation einer Fristverlängerung nicht entgegen.

Da der Beschwerdeführer seine Ausbildung innerhalb der dreijährigen Frist erfolgreich abschloss und wie oben dargelegt die übrigen Voraussetzungen für das Top-up erfüllt, ist ihm im gegenständlichen Antragsjahr 2017 die Zahlung für Junglandwirte zu gewähren.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, der Bescheid spruchgemäß abzuändern und der AMA gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 aufzutragen, gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

3.4. Zu Spruchpunkt B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage erscheint jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann (ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und zuletzt VwGH 02.08.2017, Ra 2017/05/0101).

Schlagworte

Anpassungsstörung, Ausbildung, außergewöhnliche Umstände,
außergewöhnliches Ereignis, Berechnung, Bescheidabänderung,
Beschwerdefrist, Betriebsübernahme, Depression, Direktzahlung,
Einantwortung, einheitliche Betriebsprämie, Fristablauf,
Fristüberschreitung, Fristverlängerung, Fristversäumung,
gesundheitliche Beeinträchtigung, Gesundheitsschädigung,
gesundhitliche Gründe, höhere Gewalt, Höhere Gewalt, INVEKOS,
Junglandwirt, landwirtschaftlicher Betrieb, Mehrfachantrag-Flächen,
Mitteilung, Nachweismangel, Niederlassung, Prämiengewährung,
Prämienzahlung, psychische Belastungsreaktion, Rechtzeitigkeit,
unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, verspätete Vorlage,
Verspätung, Wiedereinsetzung, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W180.2191861.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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