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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §863;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G T in V, vertreten durch Dr. Norbert Wolf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 1/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2018, Zl. W120 2150947-1/13E, betreffend eine Übertretung des Telekommunikationsgesetzes 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Fernmeldebüro für Tirol und Vorarlberg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber als vertretungsbefugtem Organ eines näher bezeichneten Unternehmens ("Call-Centers") eine Übertretung des § 107 Abs. 1 in Verbindung mit § 109 Abs. 4 Z 8 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) zur Last gelegt und es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 500,-- verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG wurde überdies die Haftung des vertretenen Unternehmens zur ungeteilten Hand ausgesprochen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) für nicht zulässig.
2 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu ihrer Zulässigkeit wird im Wesentlichen vorgebracht, es gebe zwar eine Vielzahl von Entscheidungen rund um den § 107 TKG 2003, jedoch keine zur gegenständlichen Fallkonstellation der "Weitergabe einer Zustimmungserklärung" zum Erhalt von Werbeanrufen von einem Unternehmen, demgegenüber diese Zustimmung erteilt worden sei, auf ein "Call-Center".
3 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
4 Gemäß § 107 Abs. 1 TKG 2003 sind Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Wer entgegen § 107 Abs. 1 TKG 2003 Anrufe zu Werbezwecken tätigt, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 4 Z 8 TKG 2003 und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 37 000 zu bestrafen.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt erkannt, dass es sich bei der nach § 107 Abs. 1 TKG 2003 erforderlichen vorherigen Einwilligung um eine zustimmende Willenserklärung des (zukünftigen) Anrufempfängers handelt, die auch konkludent erfolgen kann. Eine konkludente Erklärung kann aber nur dann angenommen werden, wenn eine Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in eine Richtung zu verstehen ist; es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewillen in einer bestimmten Richtung vorliegt, dass also in concreto ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung zum Erhalt eines Anrufs zu Werbezwecken verstanden werden kann. Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche einer juristischen Person bei Übertretung des § 107 TKG 2003 nur exkulpieren kann, indem er die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems darlegt (vgl. etwa VwGH vom 26.4.2016, Ra 2016/03/0044, mwN).
6 Fallbezogen steht fest, dass eine näher bezeichnete Person (Teilnehmerin) am 10. Oktober 2016 von einer Mitarbeiterin des gegenständlichen "Call-Centers" angerufen und ein näher umschriebenes Produkt (Druckerpatronen) beworben wurde. Eine ausdrückliche Einwilligung der Teilnehmerin zu diesem Vorgehen lag nicht vor. Der Revisionswerber beruft sich jedoch darauf, dass die Teilnehmerin der Firma H. die ausdrückliche Zustimmung erteilt habe, Anrufe zu Werbezwecken zu erhalten. Die Firma H. habe wiederum einen Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen des Revisionswerbers abgeschlossen, aus dem der Revisionswerber ableitet, das von ihm vertretene Unternehmen sei zu Werbeanrufen bei der Teilnehmerin berechtigt gewesen.
7 Dem ist lediglich entgegen zu halten, dass das BVwG in Auslegung der zwischen der Teilnehmerin und der Fa. H. abgeschlossenen Vereinbarung dargelegt hat, dass die Teilnehmerin lediglich ihr Einverständnis zum Erhalt von werblichen Informationen durch die Fa. H. über diese und über ihre Kunden erteilt habe. Im vorliegenden Fall sei die Teilnehmerin aber vom Unternehmen des Revisionswerbers und im Auftrag nicht der Fa. H., sondern eines anderen Unternehmens zur Bewerbung von dessen Produkten angerufen worden. Eine Zustimmung der Teilnehmerin zu diesem Anruf sei daher weder ausdrücklich noch konkludent vorgelegen.
8 Diese (vertretbare) Beurteilung des Einzelfalls ist für sich genommen nicht revisibel. Sie führt unter Zugrundelegung der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu dem Ergebnis, dass dem Erstrevisionswerber zu Recht ein Verstoß gegen § 107 Abs. 1 TKG 2003 angelastet und die Haftung des von ihm vertretenen Unternehmens zur ungeteilten Hand nach § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen wurde. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass es weiterer höchstgerichtlicher Leitlinien bedarf, um den Revisionsfall zu lösen.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juli 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030070.L00Im RIS seit
20.08.2018Zuletzt aktualisiert am
27.08.2018