TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/27 W168 2168937-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.06.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W168 2168937-1/7E

W168 2168926-1/7E

W168 2168932-1/7E

W168 2168928-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX und 4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2017, Zlen. 1.) 1150368302-170530236/BMI-EAST_WEST, 2.) 1150370801-170530279/BMI-EAST_WEST, 3.) 1150370507-170530265/BMI-EAST_WEST, 4.) 1150370703-170530244/BMI-EAST_WEST zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit-und Drittbeschwerdeführer und des volljährigen Viertbeschwerdeführers. Am 02.05.2017 stellte sie für sich und die mj. Zweit-und Drittbeschwerdeführer die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Der Viertbeschwerdeführer stellte am selben Tag ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

Aus der österreichischen Visa-Datenbank konnte erhoben werden, dass die Beschwerdeführer im Besitz französischer Visa mit einer Gültigkeit vom 15.03.2017 bis zum 09.04.2017 waren.

Am 03.05.2017 fand die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Hierbei gab die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können und keine Medikamente einnehmen zu müssen. Abgesehen von ihren mitgereisten Söhnen habe sie keine weiteren Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen EU-Land. Die Beschwerdeführer hätten die Heimat am 10.04.2017 verlassen und seien von Teheran aus legal auf dem Luftweg nach Österreich gelangt. Nach Passkontrollen in Teheran seien ihnen die Reisepässe wieder abgenommen worden und nach Ankunft in Österreich sei ihnen vom Schlepper eine vorübergehende Wohnung gezeigt worden. Ihr Reiseziel sei Kanada gewesen, weil dies ihr Ehemann so bestimmt habe. Sie hätten in keinem anderen Staat um Asyl angesucht und die Ausstellung von Visa habe ein Schlepper organisiert. Über die näheren Ausstellungsmodalitäten könne sie daher keine Angaben machen, die Schleppung habe insgesamt 5000 Euro gekostet. Die Erstbeschwerdeführerin wolle nunmehr in Österreich bleiben. Der Viertbeschwerdeführer bestätigte im Rahmen seiner Einvernahme am selben Tag die Angaben seiner Mutter hinsichtlich des Reiseweges und der Ausstellung der französischen Visa.

Am 22.05.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Aufnahmegesuch gem. Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") an Frankreich; die französischen Behörden stimmten mit Schreiben vom 20.06.2017 gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO ausdrücklich zu, die Beschwerdeführer aufzunehmen (vgl. AS 40 des Verwaltungsaktes der Erstbeschwerdeführerin).

Im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2017 - nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters - gaben die Beschwerdeführer gleichlautend an, sich körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, die Einvernahme durchzuführen. Die Beschwerdeführer würden unter keinen Erkrankungen leiden und hätten während ihres Reiseverlaufes keine ärztliche Behandlung benötigt. Sie wolle keine Korrekturen vorbringen und gab weiters zu Protokoll, in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandten, zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe, zu haben. Sie sei erstmals in Österreich, habe zu diesem Land keinen besonderen Bezug und sei immer mit ihren drei Söhnen gereist. Befragt zur seitens des Bundesamtes angenommen Zuständigkeit des Mitgliedsstaates Frankreich aufgrund einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie in Frankreich nur die Fingerabdrücke abgegeben hätten und sie anschließend direkt nach Österreich gelangt seien. Sie seien nie über einen längeren Zeitraum in Frankreich gewesen. Ihre Kinder würden in Österreich bereits zur Schule gehen, hätten bereits neue Freunde gefunden und würden viel Sport betreiben.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung der gegenständlichen Asylanträge gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin-III-VO Frankreich zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF wurde in Spruchpunkt II. gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet. Demzufolge sei gem. § 61 Abs. 2 FPG deren Abschiebung nach Frankreich zulässig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf die folgenden Länderfeststellungen zu Frankreich (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 11.2015; AIDA 12.2015; USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-dafrance_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

2. Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CDNA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie alle anderen

(AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Mit dem Regierungsrundschreiben vom 31. Mai 2013 zielt Frankreich unter anderem darauf ab, einen gemeinsamen Prozess zur Altersbestimmung einzuführen. Dieser Prozess soll eine Evaluierung vorliegender Dokumente, ein Interview und als letztes Mittel im Falle von Zweifeln, eine medizinische Untersuchung umfassen. Die Methoden zur Altersfeststellung unterscheiden sich in der Praxis aber zwischen den Départements. Die einen legen den Schwerpunkt auf Dokumente zum Personenstand, andere bevorzugen eine soziale Evaluierung und wieder andere nehmen Knochenuntersuchungen vor. Letzteres ist sehr umstritten. Angeblich wird im Zweifel kaum die Minderjährigkeit des Betreffenden angenommen. Der Staatsanwalt entscheidet über die Unterbringung eines Kindes in Pflege und ordnet im Zweifel auch eine Altersfeststellung an (AIDA 12.2015).

UM sind nicht rechtsfähig. Sie müssen also im Asylverfahren vertreten werden. Wurde zuvor noch kein Vormund bestellt, muss der zuständige Staatsanwalt einen Administrateur ad hoc benennen, der nur als Vertreter im Asylverfahren fungiert. In der Praxis kann die Bestellung eines Administrateur ad hoc bisweilen 1-3 Monate dauern (AIDA 12.2015).

In der Regel werden UMA (einschließlich Jugendliche zwischen 16-18 Jahren) nach der Identifizierung in speziellen Heimen, bei Pflegefamilien oder in manchen Regionen in Zentren für sozial schutzbedürftige Kinder untergebracht. Es gibt jedoch nur eine Unterkunft für UMA, die von der NGO Coallia in Côtes-d'Armor betrieben wird. Die NGO Permanence d'accueil et d'orientation des mineurs isolés étrangers (PAOMIE) in Paris, ist ein lokales Projekt zur Identifizierung und Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen. Im Jahr 2014 wurden die Unterbringungsmöglichkeiten für UMA in Frankreich von mehreren internationalen Organisationen als unzureichenden und unangemessenen kritisiert (AIDA 12.2015).

Im Rahmen der Asylreform vom 2015 wurden spezifische Bestimmungen zur Identifizierung von Asylwerbern mit speziellen Bedürfnissen, als völlig neues Element im Asylverfahren, eingeführt. Für die Überprüfung der Vulnerabilität und der speziellen Bedürfnisse der Antragssteller ist das Französische Büro für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII) zuständig. Dieses Verfahren wird im Rahmen eines Interviews, nach der Asylantragsstellung bei allen Asylwerbern, von speziell für dieses Verfahren ausgebildeten Referenten durchgeführt. Sollten sich die speziellen Bedürfnisse im Laufe des Asylverfahrens herausstellen, sind sie zu berücksichtigen. Als vulnerabel werden laut den Richtlinien folgende beurteilt: UMA, Alte, Schwangere, Opfer des Menschenhandels, von Folter und Vergewaltigungen oder Opfer von psychologischen, physischen oder sexuellen Gewalt. Es wird jedoch angemerkt, dass in der Praxis während des Interviews in erster Linie die sichtbare Vulnerabilität festgestellt wird. Die über die Vulnerabilität vorhandenen Daten werden an das Französische Amt für Schutz von Flüchtlingen und Staatenlosen (Office français de protection des réfugiés et des apatrides - OFPRA) weitergeleitet (AIDA 12.2015). Wenn der Asylwerber über medizinische Befunde aus dem Heimatland verfügt, entscheidet ein Arzt beim OFII über die weitere Vorgehensweise (OFPRA 11.2016). Im Asylverfahren können von OFPRA aufgrund der besonderen Bedürfnissen oder Vulnerabilität besondere Verfahrensgarantien (Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse bei Unterbringung und Asylverfahren; Befreiung vom Schnellverfahren, usw.) gewährt werden. Obwohl rechtlich nicht vorgesehen, bieten manche Unterbringungszentren trotzdem separate Unterbringungseinheiten für Vulnerable an. In den CADA werden meist Vulnerable untergebracht, deren Vulnerabilität offensichtlich ist, also Familien mit Kleinkindern, Schwangere und Alte. Man hoffte durch die Asylreform auch vermehrt nicht offensichtliche Vulnerabilität besser erkennen zu können. 2014 waren 83,8% der Neuankömmlinge in CADA Familien (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-dafrance_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

4. Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

5. Versorgung

Im Rahmen der Asylreform 2015 wurden die folgenden Punkte des französischen Asylgesetzes in Hinsicht auf die Versorgung verändert:

Laut der neuen Regelung sollen die materiellen Aufnahmebedingungen an alle Asylwerber (inkl. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren) angeboten werden, mit der einzigen Ausnahme, dass Antragssteller nach dem Dublin-Verfahren keinen Zugang zu Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) haben. Darüber hinaus wurden neue nationale Aufnahmestrukturen eingeführt, für die das Französische Büro für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII) zuständig ist. Der Fokus liegt dabei hauptsächlich auf der Unterbringung. Parallel und in Übereinstimmung mit den nationalen Aufnahmestrukturen werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Weiters wurde eine neue Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, die die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance, AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente, ATA) ersetzt (AIDA 12.2015). Asylwerber haben nur dann Zugang zum Arbeitsmarkt während des Asylverfahrens, wenn OFPRA den Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht bearbeitet und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016 - OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-dafrance_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

5.1. Medizinische Versorgung

Eine medizinische Erstuntersuchung bei Ankunft im Unterbringungszentrum ist verpflichtend und muss laut der neuen Asylreform innerhalb von 15 Tagen durchgeführt werden (AIDA 12.2015).

Asylwerber im ordentlichen Verfahren haben Anspruch auf die allgemeine Krankenversorgung (Couverture Maladie Universelle - CMU). Wenn der Asylwerber über keine Mittel verfügt, ist dieser Zugang für ihn kostenlos. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren erhalten nunmehr eine Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren und haben damit auch Zugang zur CMU (früher war ihnen nur der Zugang zur staatlichen medizinischen Hilfe (Aide Médicale d'Etat - AME) gestattet). Da die rechtlichen Bestimmungen dazu fehlen, bleibt also abzuwarten, ob diese Maßnahme tatsächlich auch in die Praxis umgesetzt wird. Zugang zur AME (nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich möglich) ist für AW auch weiterhin möglich, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten. Während der Wartezeit auf den Zugang zu CMU oder AME besteht immer Zugang zu den sogenannten PASS-Diensten (Tages-Gesundheitszentren) der öffentlichen Spitäler. Als größte Schwierigkeiten beim Zugang zu effektiver Gesundheitsversorgung für AW werden administrative Probleme, fehlendes Wissen über die Rechte der AW und die Sprachbarriere genannt (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, AW können aber im Rahmen der CMU oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nichtfrankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-dafrance_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

5.2. Unterbringung

Im März 2015 standen 258 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA), 1 spezielles Zentrum für UMA, 2 Transitzentren und weitere Notunterkünfte zur Verfügung. Die Gesamtaufnahmekapazität betrug ca. 48.100 Plätze. Es besteht jedoch ein kontinuierlicher Mangel an Unterkünften für Schutzsuchende. Asylwerber werden nicht immer dort untergebracht, wo sie ihren Asylantrag stellen. Sie müssen deshalb innerhalb von 5 Tagen in dem zugeteilten Unterkunftszentrum erscheinen, ansonsten werden die weiteren Beihilfen für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) entzogen.

Die Plätze in den CADA werden vom OFII zugeteilt und bis auf Personen im Dublin-Verfahren werden Asylwerber dort untergebracht. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im CADA ca. 534 Tage. Lehnt der Antragssteller den Platz ab, enthält er auch keine ADA. Gibt es temporär keinen Platz in einem CADA, kommt der Asylwerber auf eine Warteliste und wird in der Zwischenzeit an eine provisorische Unterbringung vermittelt. Aufgrund des Platzmangels sind die Betroffenen jedoch oft auf Nachtquartiere angewiesen oder sie werden obdachlos. Die neue Asylreform versucht diesem Phänomen gegenzusteuern. 2015 wurde die Errichtung weiterer 4.200 Plätze geplant (AIDA 12.2015).

Es gibt in Frankreich 2 Transitzentren zur temporären Erstaufnahme von Asylwerbern und ihre Verteilung im nationalen Unterbringungssystem. Das Zentrum in Villeurbanne verfügt über 220, jenes in Ctéteil über 80 Plätze. Unter bestimmten Umständen können hier auch Personen im Dublin-Verfahren oder Schnellverfahren für eine bestimmte Zeit untergebracht werden (AIDA 12.2015).

Aufgrund des Mangels an Aufnahmekapazitäten in CADA können Asylwerber auch in Notfallzentren untergebracht werden. Dabei wird es zwischen den temporären Aufnahmezentren (accueil temporaire - service de l'asile - AT-SA) und Notunterkünften für Asylwerber (hébergement d'urgence dédié aux demandeurs d'asile - HUDA) unterschieden. AT-SA verfügen über 2.800 Plätze (bis Ende 2015 sollen 4.000 zusätzliche Plätze hinzukommen. HUDA verfügen im Notfall über bis zu 19.600 Plätze (AIDA 12.2015). In einigen Regionen entstanden in den letzten Jahren illegale Lager, etwa in Städten wie Paris, Bordeaux und Calais. Dort leben illegale Migranten, aber auch Asylwerber oft monatelang unter schlechten Bedingungen. Die meisten Personen wollen in Frankreich keinen Asylantrag stellen, sondern warten auf eine Weiterreise nach Großbritannien. Demnach haben sie aber auch keinen Zugang zur staatlichen Versorgung in Frankreich. Diese Lager werden von den Behörden immer wieder aufgelöst, aber es gibt bisher noch keine dauerhafte Lösung (AIDA 12.2015).

Mittlerweile gibt es in ganz Frankreich 450 Erstaufnahmezentren, in denen für Neuankommende aus Calais rund 7.500 Plätze zur Verfügung stehen. 85% davon wurden in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern vor allem in bereits vorhandenen, leerstehenden Gebäuden geschaffen. Dort gibt es Unterbringung, Verpflegung und Betreuung. Nach Vorstellung des Innenministers sollen die Migranten nur wenige Monate in den Zentren verbringen, ehe sie ihren Asylantrag stellen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Situation von unbegleiteten Minderjährigen, für die ein eigener Bereich zur Registrierung geschaffen wurde. Bislang wurden über 400 Minderjährige in provisorische Zentren im Umfeld des Lagers gebracht. Gemeinsam mit den dort befindlichen 200 weiteren unbegleiteten Minderjährigen warten sie auf die Prüfung der familiären Anknüpfungspunkte nach Großbritannien. Großbritannien hat sich dazu verpflichtet, unbegleitete Minderjährige mit familiären Verbindungen zu übernehmen und bis Ende Oktober 2016 bereits rund 300 unbegleitete Minderjährige übernommen (ÖB 25.10.2016). Wenn sich Asylsuchende aufgrund des Grenzverfahrens in den Wartezonen befinden, müssen sie dort untergebracht werden. Am Flughafen Roissy CDG gibt es 160 Plätze. In anderen Wartezonen werden Asylsuchende entweder in den naheliegenden Unterbringungsmöglichkeiten, wie einfache Hotels, oder in den Räumlichkeiten der jeweiligen Polizeistation untergebracht, solange überprüft wird, ob sie in das Land einreisen und einen Asylantrag stellen dürfen (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

ÖB Paris (25.10.2016): Auskunft der Botschaft, per E-Mail

5.3. Unbegleitete Minderjährige

Den Begriff "unbegleiteter Minderjähriger" gibt es im französischen Recht nicht. Ihre Versorgung basiert daher auf den Bestimmungen zu gefährdeten Kindern, für welche die Départements zuständig sind. Das Regierungsrundschreiben vom 31. Mai 2013 zielt unter anderem darauf ab, die Unterbringungsbedingungen und Unterstützungsleistungen für UM zu harmonisieren und Unterschiede zwischen den Départements zu beseitigen. Daher deckt seit Juni 2013 der Staat die Kosten für die ersten 5 Tage der Betreuung von UM, in denen die Evaluierung und Orientierung vorgenommen wird. Wenn in diesen 5 Tagen die Minderjährigkeit festgestellt wird, bestimmt der Staatsanwalt den Unterbringungsplatz in einem Département. Manchmal weigern sich Départements UM zu übernehmen und obwohl sie die rechtliche Möglichkeit hätten, greifen die Staatsanwälte selten zu verbindlichen Maßnahmen (AIDA 12.205). Identifizierte UM (auch jene zwischen 16 und 18 Jahren) werden in Kinderbetreuungseinrichtungen der Départements oder in Pflegefamilien untergebracht. Außerdem gibt es ein spezialisiertes Zentrum auf Ebene des Départements in Côtes-d'Armor (Samida), betrieben von der NGO Coallia (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

6. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte und staatenlose Personen, denen Schutz gewährt wurde, eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann. Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden. Für Schutzberechtigte besteht unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit der Familienzusammenführung. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d'acceuil et d'intégration - CAI) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient. Personen, die während des Asylverfahrens in CADA oder in einem anderen Zentrum untergebracht werden, können nach der Gewährung eines Schutzstatus drei Monate lang weiterhin dort bleiben, einmal verlängerbar mit der Zustimmung des Präfekten. Es besteht für sie jedoch auch die Möglichkeit in einem temporären Zentrum des OFII für neun Monate, mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate, untergebracht zu werden, wenn freie Plätze verfügbar sind. Schutzberechtigte haben aber auch Zugang zu Privat- und Sozialwohnungen. Der Aufenthaltstitel ermöglicht den freien Zugang zum Arbeitsmarkt, die Registrierung als arbeitsuchend, ein Beratungsgespräch und die Möglichkeit einer Schulung beim Arbeitsamt. Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden und man erhält die

Krankenversicherungskarte. Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. Für anerkannte Flüchtlinge wird ein Reiseausweis, gültig für zwei Jahre, für subsidiär Schutzberechtigte und Staatenlose wird ein Reiseausweis, gültig für ein Jahr ausgesellt. Diese Reisedokumente lassen die Reise ins Herkunftsland nicht zu. Im Falle außergewöhnlicher Umstände (wie z.B. Tod oder schwere Krankheit eines nahen Verwandten) kann ein Antrag auf einen Kurzbesuch im Herkunftsland gestellt werden. Sollte dies genehmigt werden, darf der Schutzberechtigte für höchstens drei Monate in seinen Heimatstaat zurückkehren (OFPRA 11.2015).

Quelle:

-

OFPRA - Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-dafrance_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

Durch Vorlage von Beweismitteln der Erstbeschwerdeführerin (Führerschein, Geburtsurkunde) und dem Abgleich der VIS-Abfrage stehe die Identität der Beschwerdeführer fest. Die Beschwerdeführer würden nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten leiden. Aus den Angaben der Beschwerdeführer seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass diese tatsächliche konkret Gefahr liefen, in Frankreich Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. In Frankreich sei die Grundversorgung für Asylwerber in jeglicher Hinsicht gewährleistet. Asylwerber könnten sich nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen, in dem sie die bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten könnten. Nachdem gegenüber allen Beschwerdeführern eine gleichlautende Entscheidung ergehe, stünden einer Überstellung nach Frankreich keine familiären Gründe entgegen. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich könne aufgrund der nur kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich ausgeschlossen werden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin-III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO ergeben.

Dagegen richten sich die vorliegenden fristgerecht eingebrachten Beschwerden vom 23.08.2017, in denen ausgeführt wurde, dass nach der Judikatur des VfGH eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob durch eine Abschiebung nach Frankreich eine Gefahr einer Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 Grundrechte-Charter (GRC) widersprechende Behandlung bestehe, durchzuführen gewesen. Von der belangten Behörde sei jedoch eine solche Einzelfallprüfung nicht durchgeführt und eine-nach der ständigen Judikatur des VwGH unzulässige-vorgreifende Beweiswürdigung vorgenommen worden. Die belangte Behörde setze sich in der Bescheidbegründung jedoch nicht mit jener Entscheidung des VfGH in Bezug auf den konkreten Fall auseinander, wonach die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuliefern-oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen-unter dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründet werden könne, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden solle, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Generell habe die erkennende Behörde keine ausreichenden Feststellungen zur Situation für Asylwerber in Frankreich getätigt, die Länderfeststellungen der Behörde seien nicht umfassend. Es sei daher nicht sichergestellt, dass die Beschwerdeführer in Frankreich Unterkunft und medizinische Versorgung erhalten würden. Die vom BFA herangezogenen Länderinformationen zu Frankreich seien veraltet (viele Quellen würden von Ende 2015). Das BFA hätte jedenfalls eine individuelle Zusicherung von den französischen Behörden einholen müssen, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Söhnen als Alleinerzieherin in Frankreich angemessen untergebracht und versorgt werde. Aus den angefochtenen Bescheiden ergebe sich nicht, dass die belangte Behörde derartige auf den individuellen Fall bezogene Garantien von den französischen Behörden verlangt hätte. Die von der belangten Behörde durchgeführte Beweiswürdigung entspreche darüber hinaus nicht den Erfordernissen einer schlüssigen Beweiswürdigung und ganzheitliche Würdigung eines individuellen Vorbringens im Sinne der ständigen Judikatur des VwGH. Der belangten Behörde seien wesentliche Verfahrensfehler sowie eine unrichtige Rechtsanwendung vorzuwerfen, weshalb die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig zu qualifizieren seien. Beantragt wurde, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen.

Am 12.10.2017 wurden die Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Frankreich überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige des Iran, stellten nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 02.05.2017 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit-und Drittbeschwerdeführer und des volljährigen Viertbeschwerdeführers.

Eurodac-Treffermeldungen liegen nicht vor. Die Beschwerdeführer waren jedoch nachweislich im Besitz von im Zeitraum vom 15.03.2017 bis zum 09.04.2017 gültigen französischen Visa der Kategorie C, ausgestellt in Teheran.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete Aufnahmegesuche nach Art 12 Abs 4 Dublin III-VO an Frankreich und stimmten die französischen Behörden mit Schreiben vom 23.06.2017 ausdrücklich zu, die Beschwerdeführer auf Grundlage von Art. 12 Abs. 4 der Dublin-III-VO zu übernehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur unbedenklichen Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.

Besondere, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Frankreich sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Frankreich Gefahr laufen würden, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. In Frankreich ist die Gesundheitsversorgung für Asylwerber ausreichend gewährleistet. Es sind dort sämtliche Krankheiten behandelbar und alle Medikamente erhältlich.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht.

Am 12.10.2017 kam es zur Überstellung der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Frankreich. Die Überstellung verlief ohne Vorkommnisse.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der weniger als sechs Monate abgelaufenen französischen Visa ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer sowie der - im Verwaltungsakt dokumentierten - Abgleichsberichte zur VIS Abfrage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2017.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Frankreichs zur Aufnahme der Beschwerdeführer ergibt sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den französischen Dublin-Behörden, welche in den Akten dokumentiert sind.

Die unbedenkliche Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichende Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen.

Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgungs- und Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage und aus den eigenen Angaben.

Der Umstand der am 12.10.2017 stattgefundenen Überstellung der Beschwerdeführer nach Frankreich ergibt sich aus einem entsprechenden Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom selben Tag.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind".

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 5 BFA-VG lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde

beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten