Entscheidungsdatum
10.07.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W192 2200414-1/2E
W192 2200412-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerden von XXXX, beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2018, Zln. 1.) 1186936401-180340566 und 2.) 1186935600-180340558, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG
2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, die volljährige Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Die beschwerdeführenden Parteien gelangten illegal in das österreichische Bundesgebiet und suchten am 09.04.2018 um die Gewährung internationalen Schutzes an.
Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.04.2018 legte die Erstbeschwerdeführerin ein französisches Konventionsreisedokument vor und gab an, an keinen Erkrankungen zu leiden, welche sie an der Durchführung der Einvernahme hindern würden. In Österreich befände sich - abgesehen von ihrer gemeinsam mit ihr eingereisten minderjährigen Tochter - ihr Gatte. Sie habe ihren Herkunftsstaat 2006 verlassen und sei über die Ukraine und unbekannte Länder sowie Deutschland nach Frankreich gelangt, wo sie sich rund zehn Jahre aufgehalten hätte, und dann nach Österreich gereist. In Frankreich sei sie gut behandelt worden. Sie wolle in Österreich bleiben, da sich ihr Mann hier aufhalten würde. Die Beschwerdeführerinnen legten Kopien von einer in Frankreich ausgestellten Geburtsurkunde und eines Vaterschaftsanerkenntnisses betreffend die Zweitbeschwerdeführerin samt Übersetzungen vor, woraus ersichtlich ist, dass die Vaterschaft durch einen in Österreich asylberechtigten russischen Staatsangehörigen anerkannt worden ist.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 10.04.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Frankreich.
Mit Schreiben vom 03.05.2018, beim BFA eingelangt am 11.05.2018, lehnten die französischen Behörden eine Zuständigkeit Frankreichs nach der Dublin III-VO mit dem Hinweis darauf ab, dass die Erstbeschwerdeführerin in Frankreich um Asyl angesucht hätte und ihr am 04.10.2006 in Frankreich Asyl gewährt worden sei. Die Dublin III-VO sei demnach nicht anwendbar. Die Beschwerdeführer könnten nach dem bilateralen Rücknahmeübereinkommen überstellt werden.
Am 29.05.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Die Erstbeschwerdeführerin gab an, weder sie selbst, noch die von ihr gesetzlich vertretene Zweitbeschwerdeführerin, würden an schwerwiegenden Erkrankungen leiden. Der in Österreich als Flüchtling anerkannte Vater der Tochter der Erstbeschwerdeführerin halte sich seit 2004 in Österreich auf. Diese hätte ihren Mann traditionell geheiratet. Sie habe ihn 2010 oder 2011 kennengelernt, in der Folge regelmäßig Kontakt gehabt und 2014 in Österreich geheiratet. Die Verwandten ihres Mannes hätten die Erstbeschwerdeführerin damals aus Frankreich nach Österreich geholt. In Frankreich seien ein Bruder, eine Schwester und zwei Cousinen der Erstbeschwerdeführerin aufhältig.
Es wurde der Erstbeschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Österreich für die Durchführung des Verfahrens nicht zuständig sei. Die Erstbeschwerdeführerin brachte vor, dass sie sich im Detail nicht auskenne. Sie habe nicht illegal in Österreich oder in Frankreich sein wollen. Sie werde versuchen, bei den zuständigen Behörden eine offizielle Ehe zu schließen. Es habe während des Aufenthaltes in Frankreich keine die Erstbeschwerdeführerin betreffenden Vorfälle gegeben. Diese verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme zu Länderfeststellungen über Frankreich. Die Erstbeschwerdeführerin habe in Frankreich von ihrem Gatten regelmäßig seit der Geburt der Zweitbeschwerdeführerin eine finanzielle Unterstützung erhalten.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführenden Parteien nach Frankreich zurückzubegeben hätten (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung nach Frankreich angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Frankreich gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Frankreich wurden - soweit für Schutzberechtigte entscheidungswesentlich - folgendermaßen zusammengefasst:
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann (AIDA 2.2017; vgl. DA 6.2016). Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden (OFPRA 11.2015).
Personen, die während des Asylverfahrens untergebracht werden, können nach der Gewährung eines Schutzstatus weitere drei Monate (um drei Monate verlängerbar) und im Falle der Ablehnung des Asylantrags ein Monat lang weiterhin in der ursprünglichen Unterkunft bleiben (AIDA 2.2017). Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d'intégration républicaine - CIR) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient (MI 9.11.2016). Im Rahmen des Integrationsvertrags besteht die Möglichkeit auf eine temporäre Unterbringung in einem der dafür vorgesehenen Zentren (centre provisoire d'hébergement - CPH) des OFII für neun Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate. Die staatlichen Integrationsmaßnahmen sind von Region zu Region unterschiedlich, für die erfolgreiche Integration jedoch nicht ausreichend. Deshalb bieten die NGOs France terre d'asile und Forum refugiés - Cosi weitere Integrationsprogramme, aber auch temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte an (AIDA 2.2017).
Durch den Aufenthaltstitel sind Schutzberechtigte in Hinsicht auf Beschäftigung mit französischen Bürgern gleichgestellt. Obwohl der Integrationsvertrag auch Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt enthält, stoßen Schutzberechtigte in der Praxis auf verschiedene Hindernisse (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, keine gute Erreichbarkeit der Arbeitsplätze außerhalb der Städte, mangelnde Anerkennung der beruflichen Qualifikationen) bei der Jobsuche (AIDA 2.2017).
Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden. Dann erhalten Schutzberechtigte die Krankenversicherungskarte und sie können weiterhin von der CMU-C profitieren (AIDA 2.2017; vgl. Ameli 12.10.2017). Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. und besteht für sie unter bestimmten Bedingung die Möglichkeit der Familienzusammenführung (DA 6.2016; vgl. AIDA 2.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018
-
Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,
https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018
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DA - Dom'Asile (6.2016): You have been granted refugee status or subsidiary protection. What do you have to do?, https://www.gisti.org/IMG/pdf/fiche_refugies_2016_anglais.pdf, Zugriff 24.1.2018
-
MI - Ministère de l'intérieur (9.11.2016): Le parcours personnalisé d'intégration républicaine, https://www.immigration.interieur.gouv.fr/Accueil-et-accompagnement/Le-parcours-personnalise-d-integration-republicaine, Zugriff 24.1.2018
Die Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführer in Frankreich anerkannte Konventionsflüchtlinge seien. Diese würden an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden. Trotz der in Österreich bestehenden familiären Bindungen zum Vater der Zweitbeschwerdeführerin erweise sich eine Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Parteien als zulässig und geboten, weil diese - wie nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit - den familiären Kontakt durch wechselseitige Besuche aufrechterhalten könnten. Weiters stehe den Beschwerdeführern die von ihnen bei der Einvernahme am 29.05.2018 auch angekündigte Möglichkeit offen, die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin zu schließen und auf legalem Weg eine Familienzusammenführung zu betreiben.
Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestünde. Da den Beschwerdeführern auch mangels Vorliegens der Voraussetzungen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werden könne und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie gemäß § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei die Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden.
Die Bescheide wurden der Erstbeschwerdeführerin am 06.06.2018 zugestellt.
3. Gegen die dargestellten Bescheide wurde am 04.07.2018 durch - offenkundig irrtümlich mit 20.02.2018 datierte - gleichlautende Schriftsätze fristgerecht Beschwerde eingebracht und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer in Österreich beim Ehemann der Erstbeschwerdeführerin leben, der in Österreich als Konventionsflüchtling anerkannt sei. Diese hätten 2014, nach islamischen Ritus geheiratet und die gemeinsame Tochter bekommen. Sie seien um einen Termin zur standesamtlichen Heirat bemüht und der Vater der Zweitbeschwerdeführerin komme für Unterhalt, Versicherung und einen Deutschkurs der Erstbeschwerdeführerin auf. Es wurde zum Beweis dafür, dass ein Familienleben mit dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich vorliegt, beantragt, diesen als Zeugen einzuvernehmen. Aus dem Vorliegen eines Familienlebens ergebe sich, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer nach "Griechenland" gegen Art. 8 EMRK verstoßen würde und somit unzulässig wäre. Auch für die dreijährige Tochter sei Trennung von ihrem Vater über eine große Distanz psychisch sehr belastend. In Österreich würde sie ab September einen Kindergartenplatz bekommen und könne in Österreich ein Familienleben führen.
Wenn die Behörde gemäß ihrer Ermittlungspflicht die relevanten Angaben der Beschwerdeführer zu ihrem Privatleben in Österreich erörtert hätte, hätte sie feststellen müssen, dass es Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung trotz relativ kurzer Aufenthaltsdauer gebe, da sich die Beschwerdeführerin bemühe, Deutsch zu lernen. Die Außerlandesbringung stelle daher eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat Lebens dar.
Es wurde beantragt, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, die volljährige Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin der etwa dreieinhalbjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Der Erstbeschwerdeführerin wurde mit Entscheidung der französischen Asylbehörde vom 04.10.2006 Asyl gewährt. Die Erstbeschwerdeführerin lernte 2010 oder 2011 über Internet-Kontakte einen in Österreich asylberechtigten Staatsangehörigen der russischen Föderation kennen, mit dem sie 2014 nach islamischen Ritus die Ehe schloss. Dieser russische Staatsangehörige, ist der Vater der in Frankreich geborenen Zweitbeschwerdeführerin, wo auch die Anerkennung der Vaterschaft erfolgt ist.
Im Februar 2018 reisten die Beschwerdeführer illegal nach Österreich weiter und stellten hier am 09.04.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
Zur Lage im Mitgliedstaat Frankreich schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen des angefochtenen Bescheides an. Es ist der volljährigen Erstbeschwerdeführerin als arbeitsfähige Personen mit dem Status einer Asylberechtigten in möglich und zumutbar, dort ihre Bedürfnisse und jene ihrer minderjährigen Tochter durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Die Beschwerdeführer leiden an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
In Österreich ist der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweitbeschwerdeführerin aufhältig, mit welchem die beschwerdeführenden Parteien zuletzt in einem gemeinsamen Haushalt leben. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin kommt für deren Unterhalt und Versicherung sowie für einen Deutschkurs der Erstbeschwerdeführerin auf und beabsichtigt, mit ihr die Ehe zu schließen.
Besonders intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet bestehen darüber hinaus nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise der Beschwerdeführer und den ihnen in Frankreich zukommenden Status von Asylberechtigten ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer iZm dem Ergebnis des mit den französischen Behörden geführten Konsultationsverfahrens, das aktenkundig ist.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. In diesen Feststellungen ist auch ausgeführt, dass Schutzberechtigte Zugang zu Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, ein Recht auf Sozialleistungen und verschiedene Beihilfen haben, und auch die Möglichkeit der Familienzusammenführung besteht.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer sowie zu den in Österreich bestehenden familiären Beziehungen ergeben sich aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin. Die Feststellungen zum aktuellen aufenthaltsrechtlichen Status des Vaters der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus aktuellen Auszügen aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Der zuletzt vorgelegene gemeinsame Wohnsitz der beschwerdeführenden Parteien und dem in Österreich aufhältigen Angehörigen ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.
Die Feststellungen des Nichtvorliegens darüber hinausgehender besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich basieren auf ihren eigenen Angaben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
§ 4 (5) Kann ein Drittstaatsangehöriger, dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Abs. 1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen, die nicht in seinem Verhalten begründet sind, nicht binnen drei Monaten nach Durchsetzbarkeit der Entscheidung zurückgeschoben oder abgeschoben werden, tritt die Entscheidung außer Kraft.
Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
...
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072. 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).
3.2.1 Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Asylanträge ist davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat.
Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt - insbesondere aus dem Schreiben der französischen Behörden vom 03.05.2018 - ergibt sich, dass die Beschwerdeführer in Frankreich bereits als Begünstigte internationalen Schutzes anerkannt wurden. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG 2005 zur Anwendung.
3.2.2. Die Beschwerdeführer befinden sich seit Februar 2018 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z.B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Die beschwerdeführenden Parteien haben im Verfahren nicht dargetan, dass sie während ihres Voraufenthaltes in Frankreich einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt gewesen seien. Die Erstbeschwerdeführerin hat vielmehr bei der Erstbefragung vorgebracht, dass sie in Frankreich gut behandelt worden sei und nichts Schlechtes sagen könne.
Wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, gewährleistet Frankreich grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte und ist somit nicht zu erkennen, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle ihrer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefen, in ihren durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden.
Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass diese in Frankreich keinerlei Existenzgrundlage vorfänden. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge erforderlichenfalls Zugang zu Sozialleistungen haben. Im Hinblick darauf, dass die Erstbeschwerdeführerin jung und arbeitsfähig ist sowie an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, bestehen keine Bedenken, dass es dieser möglich sein wird, wie vor ihrer illegalen Einreise nach Österreich eine - wenn auch bescheidene - Existenzgrundlage in Frankreich zu schaffen.
Nach den Länderberichten zu Frankreich kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Frankreich konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden.
Jedenfalls haben die beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Frankreich und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Zusammenhang mit der Abschiebung von kranken Personen können von einer Ausweisung betroffene Ausländer grundsätzlich kein Bleiberecht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates beanspruchen, um weiterhin in den Genuss von dessen medizinischer, sozialer oder sonstiger Unterstützung oder Dienstleistungen zu kommen. Die Tatsache, dass die Lebensverhältnisse einer Person einschließlich ihrer Lebenserwartung im Fall ihrer Abschiebung deutlich reduziert würden, reicht allein nicht aus, um zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu führen. Die Entscheidung, einen an einer schweren psychischen oder physischen Krankheit leidenden Ausländer in ein Land rückzuführen, in dem die Einrichtungen für die Behandlung dieser Krankheit schlechter als im Vertragsstaat sind, kann ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen, aber nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die gegen die Rückführung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"). Diese "anderen ganz außergewöhnlichen Fälle" hat der EGMR in seiner Rechtsprechung im Fall Paposhvili (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10, Rn. 183-192) nunmehr präzisiert.
Akut existenzbedrohende Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes der beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Überstellung nach Frankreich liegen nicht vor. Wie oben bereits festgestellt, leiden die beschwerdeführenden Parteien den Angaben der Erstbeschwerdeführerin zufolge jeweils an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Laut den Länderfeststellungen zu Frankreich ist dort die notwendige medizinische Versorgung gewährt und können daher allenfalls erforderliche Behandlungen auch in diesem Mitgliedstaat der Union erfolgen.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Fall von bekannten Erkrankungen des Drittstaatsangehörigen durch geeignete Maßnahmen dem Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere wird kranken Personen eine entsprechende Menge der verordneten Medikamente mitgegeben. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Im Fall einer schweren psychischen Erkrankung und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.
3.3.2. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall ist der Vater der Zweitbeschwerdeführerin und Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführer als Asylberechtigter in Österreich niedergelassen.
Nach stRsp des EGMR entsteht ein von Art. 8 Abs 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt. Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden. Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und volljährigen Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens iSv Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jede Bindung gelöst ist (EGMR, 24.04.1996, Boughanemi, Appl 22070/93 [Z33 und 35]). Für das Bestehen eines Familienlebens zwischen Eltern und Kindern iSd Rsp des EGMR kommt es nicht darauf an, dass ein "qualifiziertes und hinreichend stark ausgeprägtes Nahverhältnis" besteht, sondern darauf, ob jede Verbindung gelöst wurde (EGMR, Boughanemi, Z35).
Die Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrem in Österreich aufhältigen Vater bzw. Lebensgefährten ist daher vom Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst. Die Anordnung der Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Parteien stellt einen Eingriff in dieses Recht dar, der ohne die Abwägung der geschützten subjektiven Interessen gegen die in Art. 8 Abs. 2 EMRK aufgelisteten öffentlichen Interessen auch nicht gerechtfertigt werden kann.
Die Beschwerdeführerinnen leben nunmehr gemeinsam mit dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin und werden von diesem versorgt. Eine etwaige (wechselseitige) ausgeprägte Abhängigkeit der beschwerdeführenden Parteien zu diesem Angehörigen konnte jedoch nicht erkannt werden. So wurde der persönliche Kontakt infolge bewusster Umgehung fremdenrechtlicher Vorschriften begründet und es bestehen keine gegenseitigen Abhängigkeiten (sei es in gesundheitlicher, materieller, finanzieller oder sonstiger Hinsicht). Zum Zeitpunkt der illegalen Einreise der beschwerdeführenden Parteien in Österreich lagen sowohl die traditionelle Eheschließung der Erstbeschwerdeführerin als auch die Geburt der Zweitbeschwerdeführerin mehr als drei Jahre zurück und bestand in diesem Zeitraum kein gemeinsamer Wohnsitz zwischen den beschwerdeführenden Parteien und ihrem Angehörigen. Dies belegt, dass den Beschwerdeführern die vor dem Zeitpunkt ihrer illegalen Einreise nach Österreich gepflogene Praxis der Aufrechterhaltung ihrer familiären Beziehung durch Besuchsaufenthalte und sonstige Kontakte zumutbar war. Diese Zumutbarkeit wird nicht durch das danach gesetzte Faktum der illegalen Einreise der Beschwerdeführer beseitigt.
Wenn auch Österreich aufgrund der hier vorhandenen familiären Bezugspunkte eigenen Angaben zufolge das Zielland der Erstbeschwerdeführerin und ihrer minderjährigen Tochter gewesen ist, so erfolgte die (erstmalige) Aufnahme eines gemeinsamen Familienlebens jedenfalls im Bewusstsein der Unsicherheit eines weiteren Aufenthaltes, wodurch dessen Schutzwürdigkeit als erheblich gemindert zu erachten ist. Dass die Erstbeschwerdeführerin als junge, alleinerziehende Mutter mit einem minderjährigen Kind zwingend auf die Unterstützung ihres Lebensgefährten und Vaters der Tochter angewiesen wäre, wurde im Verfahren nicht substantiiert behauptet. Wie bereits vor der illegalen Einreise der Beschwerdeführer wird der Erstbeschwerdeführerin die Inanspruchnahme gelegentlicher finanzieller Zuwendungen ihres Lebensgefährten auch von Frankreich aus möglich sein und erscheinen aufgrund der vergleichsweise geringen örtlichen Distanz auch persönliche Besuche zwischen den einen internationalen Schutzstatus genießenden beschwerdeführenden Parteien und des in Österreich aufhältigen Angehörigen nicht unterverhältnismäßig erschwert.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer versucht, durch ihre illegale Einreise und die unberechtigte Stellung von Asylanträgen die Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von fremden zu umgehen. Es bildet die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung demnach keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK der Beschwerdeführer. Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in deren Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu deren familiären und privaten Interesse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.
Die gegenständliche aufenthaltsbeendende Maßnahme stützt sich unbestrittenermaßen auf eine gesetzliche Bestimmung und sie verfolgt Ziele, die mit der EMRK in Einklang stehen, nämlich insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes.
Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).
Die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Die beschwerdeführenden Parteien reisten illegal in das Bundesgebiet ein, wo sie für weniger als fünf Monate aufhältig gewesen sind, und verfügten hier zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel, sondern stützten den Aufenthalt vielmehr von Anfang an nur auf einen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).
Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, dann kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise der Beschwerdeführer innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.
Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).
Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführer in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer. Ein Beschäftigungsverhältnis oder Deutschkenntnisse wurden nicht nachgewiesen.
3.4. Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Verfolgungssicherheit im Zielstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Partei sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Asylberechtigter, Außerlandesbringung, medizinische Versorgung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W192.2200414.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.08.2018