TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/22 99/04/0198

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Veröffentlicht am 22.12.1999
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des F S in K, vertreten durch Dr. W u.a., Rechtsanwälte in H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 16. September 1999, Zl. 5/01-1016/23-1999, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 16. September 1999 eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, mit Beschlüssen des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Dezember 1992, vom 29. Jänner 1993 und vom 18. August 1993 seien die Anträge mehrerer Gläubiger auf Konkurseröffnung mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Im Berufungsverfahren sei vom zuständigen Exekutionsgericht eine Liste übermittelt worden, aus welcher entnommen werden könne, dass gegen den Beschwerdeführer in der Zeit vom 30. März 1992 bis 9. November 1995 zahlreiche Exekutionsverfahren hätten durchgeführt werden müssen. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Salzburg habe mitgeteilt, es bestehe per 21. September 1997 ein Rückstand an Versicherungsbeiträgen in der Gesamthöhe von S 231.669,26. Diese Auskunft habe der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs als unrichtig erklärt und er habe gleichzeitig einen Buchungsauszug der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 17. Jänner 1999 vorgelegt, demzufolge ein Beitragsrückstand von S 243.643,61 bestehe. Bei einem derartig hohen Rückstand könne von einem Interesse der Gläubiger an der Fortsetzung der Gewerbeausübung nicht gesprochen werden. Aus diesem Grund erübrige es sich über die Frage des Entziehungsgrundes nach § 87 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Unterbleiben der Gewerberechtsentziehung bzw. im Recht der Fortführung des Unternehmens verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er geltend, die belangte Behörde hätte ihre Entscheidung nicht auf die Liste des Exekutionsgerichtes stützen dürfen, da diese bereits mehrere Jahre alt sei. Maßgeblich sei vielmehr der Sachverhalt im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides. Die belangte Behörde hätte daher, sofern noch Zweifel bestanden hätten, beim Bezirksgericht Hallein nochmals eine Anfrage über anhängige Exekutionsverfahren stellen müssen. Hätte sie dies getan, wäre hervorgekommen, dass sämtliche bisher anhängig gewesenen Exekutionsverfahren entweder gemäß § 200 oder gemäß § 39 GewO eingestellt worden seien. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer den Nachweis für zahlreiche Ratenzahlungsvereinbarungen mit seinen Gläubigern vorgelegt. Er habe auch den Nachweis erbracht, dass auf Grund seiner Geschäftstätigkeit zahlreiche Gläubiger befriedigt worden seien. Neuerliche Verbindlichkeiten seien nicht eingegangen worden. Aus den Bestimmungen der §§ 26 bzw. 13 GewO 1994 sei ersichtlich, dass es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, dem Gewerbeinhaber die Möglichkeit einzuräumen, Verbindlichkeiten abzubauen. Hiezu müsse dem Unternehmer jedoch eine erhebliche Frist eingeräumt werden. Der Beschwerdeführer habe nachweisen können, dass er erhebliche Schulden abgebaut habe. Eine gänzliche Schuldentilgung sei nicht möglich, sodass noch Verbindlichkeiten bei der Sozialversicherung verblieben seien. Die belangte Behörde habe lediglich festgestellt, dass ca. S 230.000,-- aushafteten, jedoch nicht berücksichtigt, dass ein Betrag von S 100.000,-- vom Beschwerdeführer beeinsprucht worden sei. Auch im Falle eines Einspruches gegen eine Vorschreibung verbleibe dieser Betrag in den jeweiligen Vorschreibungen der Sozialversicherung ersichtlich. Im Falle der Stattgebung des Einspruches werde eine Schuldentilgung vorgenommen, sodass zu Gunsten des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden müsse, dass lediglich ein Rückstand von ca. S 130.000,-- vorliege. Der Beschwerdeführer habe auch nachweisen können, dass fortlaufende Verbindlichkeiten bezahlt würden, was schon aus dem Vergleich der einzelnen Salden ersichtlich sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass innerhalb einer Frist von einem Jahr auch die letzten Verbindlichkeiten bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft abgedeckt werden könnten. Dies selbstverständlich nur unter der Voraussetzung des weiteren Bestehens der Gewerbeberechtigung.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegen.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn es geht bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0165).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde geäußerten Rechtsansicht nicht anzuschließen, aus den maßgeblichen Bestimmungen (das ist hier § 87 Abs. 2 GewO 1994 und nicht die vom Beschwerdeführer zitierte Norm des § 26 in Verbindung mit § 13 leg. cit., da es im vorliegenden Fall nicht um die Beurteilung eines Nachsichtsansuchens geht) sei ersichtlich, dem Gesetzgeber gehe es darum, dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit einzuräumen, Verbindlichkeiten abzubauen, wozu ihm auch eine erhebliche Frist eingeräumt werden müsse. Zweck der Regelung des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist es vielmehr, durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung Vorsorge dafür zu treffen, dass durch die Gewerbeausübung eines illiquid gewordenen Gewerbeinhabers eine Schädigung weiterer Gläubiger hintangehalten wird. Dieser gesetzliche Zweck schließt die Gewährung einer Frist zur Gewerbeausübung zwecks wirtschaftlicher Erholung von vornherein aus. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, von seiner oben wiedergegebenen Auslegung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 abzugehen.

Von dieser Rechtslage ausgehend, erweist sich die Annahme der belangten Behörde, es seien im vorliegenden Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben, als frei von Rechtsirrtum. Denn der Beschwerdeführer räumt in seiner Beschwerde selbst ein, dass zumindest gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine fällige Schuld in der Höhe von zumindest S 130.000,-- besteht. Ob dieser Schuldenstand das Ergebnis einer laufenden Abstattung bisher höherer Schulden ist und ob daneben keine weiteren fälligen Schulden des Beschwerdeführers bestehen, ist bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidungsrelevant. Es bildet daher auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde darüber keine weiteren Feststellungen getroffen hat.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040198.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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