TE Bvwg Beschluss 2018/7/30 W263 2198964-1

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Veröffentlicht am 30.07.2018
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Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

AlVG §49
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W263 2198964-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Barbara SCHRÖDING und KommR Horst PETSCHENIG als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK, Mariahilfer Straße 140/2/15, 1150 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße vom 15.05.2018, GZ 2018-0566-9-000120, in nicht-öffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 29.12.2017 sprach das AMS Wien Schönbrunner Straße (im Folgenden: AMS) aus, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) kein Arbeitslosengeld für den Zeitraum 07.12.2017 -17.12.2017 erhalte. Begründend führte das AMS aus, dass die Beschwerdeführerin den vorgeschriebenen Kontrolltermin am 07.12.2017 nicht eingehalten und sich erst wieder am 18.12.2017 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet habe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, sie sei vom 11.12.2017 bis 17.12.2017 krank gewesen. Es sei richtig, dass sie einen Meldetermin am 07.12.2017 nicht eingehalten habe. Sie habe sich bei dem Projekt "Aktion 20.000" zur Organisation "FAB" zuweisen lassen. Wenn man in einem Partnerbetrieb des AMS sei, werde man entweder in die Berufswelt integriert oder man müsse sich erst nach Ende des Programmes wieder beim AMS melden. Daher sei sie am 07.12.2017 nicht zum AMS gegangen. Es tue ihr leid, wenn hier ein Missverständnis passiert sei. Nachdem sie wieder gesundgeschrieben gewesen sei, habe sie sich vorschriftsmäßig beim AMS gemeldet. Ihr Begehren sei, die Zeit doch nachzuzahlen, weil sie nur angenommen habe, in einem Programm des FAB zu sein.

3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS am 14.03.2018, zugestellt am 23.03.2018, gemäß § 14 VwGVG iVm. § 56 AlVG eine Beschwerdevorentscheidung mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend führte das AMS im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe den Kontrollmeldetermin unstrittig nicht wahrgenommen. Entgegen ihrem Beschwerdevorbringen habe ihr das AMS nicht mitgeteilt, dass sie von einer Einhaltung des verfahrensgegenständlichen Kontrollmeldetermins absehen könne.

4. Mit Schreiben vom 09.04.2017 (wohl: 2018; Postaufgabe am 10.04.2018) stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag und führte zusammengefasst aus, es sei unstrittig, dass sie den Kontrolltermin nicht wahrgenommen habe. Sie habe nur gedacht, dieser Kontrolltermin sei gelöscht.

5. Mit Bescheid vom 15.05.2018 wies das AMS den Vorlageantrag als verspätet zurück. Begründend führte das AMS aus, die Beschwerdevorentscheidung vom 14.03.2018 sei der Beschwerdeführerin nachweislich an ihre Adresse zugestellt worden. Laut Rückschein sei eine entsprechende Verständigung am 23.03.2018 (ein Freitag) in der Abgabeeinrichtung hinterlegt worden und die Abholfrist habe am selben Tag zu laufen begonnen. Der Vorlageantrag sei mit 09.04.2018 datiert und habe das Aufgabedatum 10.04.2018 (ein Dienstag) und sei am 12.04.2018 beim AMS eingelangt. Auf das eingeräumte Parteiengehör habe es keine Rückmeldung seitens der Beschwerdeführerin gegeben. Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags habe am 23.03.2018 begonnen und habe nach zwei Wochen am 06.04.2018 geendet. Da die Beschwerdeführerin ihren Vorlageantrag nicht innerhalb dieser Frist eingebracht habe, sei dieser als verspätet zurückzuweisen gewesen.

6. Nach dem vorliegenden Zustellnachweis wurde der Bescheid vom 15.05.2018 der Beschwerdeführerin am 18.05.2018 durch Hinterlegung zugestellt.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.06.2018 (Postaufgabe: 16.06.2018) Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, das AMS habe ihr mitgeteilt, sie hätte zu spät auf den Bescheid geantwortet. Sie entschuldige sich; innerhalb 14 Tage nach Übernahme des Briefes, habe sie geantwortet. Eine Frau von der Post habe ihr mitgeteilt, dass es möglicherweise 14 Tage ab Hinterlegung sein könne. Das wäre dann sehr kurz gewesen und eine zu späte Antwort sei möglich. Sie bedauere noch mehr, dass das AMS sich auf die verspätete Antwort berufe und die Angelegenheit nicht dem Bundesverwaltungsgericht vorlege, um sie inhaltlich überprüfen zu lassen.

8. Mit Schreiben vom 21.06.2018 legte das AMS die Beschwerde sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

9. Mit Verspätungsvorhalt vom 27.06.2018 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass ihre Beschwerde entsprechend der Aktenlage verspätet eingebracht worden sei und gab ihr die Gelegenheit innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

10. Mit Schreiben vom 09.07.2018, eingelangt am 12.07.2018, teilte die Beschwerdeführerin mit, sie bedauere das Antwortschreiben einen Tag zu spät aufgegeben zu haben. Der Brief sei mit 09.04.2018 datiert. Sie nehme an, dass sie von 14 Tage Rückantwortfrist ab Abholtag ausgegangen sei. Eine Dame bei der Post habe sie informiert, dass dies so nicht mehr gültig sei.

11. Das AMS legte am 19.07.2018 ein Schreiben der Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK vom 18.07.2018 vor, mit welchem diese bekanntgab, laut in Kopie beigeschlossenem Gerichtsbeschluss des BG Meidling vom 13.07.2018, GZ XXXX , zur einstweiligen Erwachsenenvertreterin für die Beschwerdeführerin bestellt worden zu sein. In Hinkunft sei sämtlicher Schriftverkehr betreffend die Beschwerdeführerin ausschließlich an ihre Kanzlei zu übermitteln, weil sie auch für die Vertretung vor Ämtern und Behörden bestellt worden sei.

Nach dem vorliegenden Beschluss des BG Meidling vom 13.07.2018, XXXX , wurde der Beschwerdeführerin eine einstweilige gerichtliche Erwachsenenvertreterin u.a. laut Spruchpunkt 3. zur Vertretung der Beschwerdeführerin vor Gerichten, Ämtern und Behörden sowie Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten beigestellt.

Begründet wurde dieser Beschluss fallrelevant damit, dass für die Beschwerdeführerin bereits mit Beschluss vom 14.06.2017 die Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK als Sachwalterin zur Vertretung im Verfahren XXXX des BG Klosterneuburg samt allenfalls daran anschließendem Räumungsverfahren bestellt worden sei.

Laut Gutachten der Sachverständigen XXXX vom 16.03.2017 liege bei der Beschwerdeführerin eine Anpassungsstörung mit gemischter Störung der Gefühle und des Sozialverhaltens sowie Hinweise auf ein affektives Störungsgeschehen mit agitiert depressiver Symptomatik und paranoid anmutenden Erlebnisvollzügen vor. Es zeige sich eine Verminderung des Realitätsbezuges mit wahnhaft anmutendem Verhalten; vor allem was ihre familiären Angelegenheiten bzw. (Mit)Mieter ihrer früheren Wohnung anbelange; diesbezüglich sei sie auch nicht korrigierbar.

Die Sachverständige habe sich in ihrem Gutachten aus medizinischer Sicht für eine Vertretung der Beschwerdeführerin vor Ämtern, Behörden und Gerichten ausgesprochen. Bei der Sachwalterbestellung im Jahr 2017 sei außer dem damals anhängigen Gerichtsverfahren beim BG Klosterneuburg kein weiteres Gerichtsverfahren bekannt gewesen, in welchem die Beschwerdeführerin die Vertretung durch die Sachwalterin benötigt hätte, sodass diese im Juni 2017 nur für dieses Verfahren bestellt worden sei.

Da die Beschwerdeführerin zuletzt im Jänner und Februar 2018 in kurzer Zeit zwei verschiedene Verfahren angestrengt habe, die dazu geegnet erscheinen Kostenfolgen für sie auszulösen, die für sie nachteilig waren und die sie nicht abschätzen konnte, sei mit Beschluss vom 16.03.2018 die Sachwalterin Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK als einstweilige Sachwalterin zur Vertretung der Beschwerdeführerin vor Gerichten bestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 10.07.2018 habe die (einstweillige) gerichtliche Erwachsenenvertreterin die Erweiterung ihres Wirkungskreises um die Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie die finanzielle Verwaltung beantragt.

Aus dem beigeschafften Akt ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin trotz qualifizierter Mahnung ihre Miete bereits seit April 2018 nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig gezahlt hat, weshalb ihr nunmehr der Verlust ihrer Wohnung droht. Im Zusammenhalt mit dem übrigen Akteninhalt werde deutlich, dass die Beschwerdeführerin aktuell offensichtlich nicht in der Lage sei, ihren finanziellen Verpflichtungen selbständig nachzukommen und ihre Angelegenheiten, insbesondere die Wahrnehmung ihrer Interessen in den gegen sie anhängigen Verfahren betreffend ihre Wohnung ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen und den Verbleib in derselben zusichern.

Es sei eine Vertretung der Beschwerdeführerin durch die einstweilige gerichtliche Erwachsenenvertreterin vor Gerichten, Ämtern und Behörden sowie in finanziellen Angelegenheiten derzeit zum Wohl der Beschwerdeführerin dringend geboten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 15.05.2018 wies das AMS den Vorlageantrag der Beschwerdeführerin als verspätet zurück.

Der Bescheid ist an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und wurde an ihrer Wohnadresse eine Verständigung über die Hinterlegung (mit Beginn der Abholfrist am 18.05.2018) in der Abgebeeinrichtung eingelegt.

Gegen den Bescheid vom 15.05.2018 erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.06.2018 (Postaufgabe am 16.06.2018) Beschwerde.

Der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des BG Meidling 13.07.2018, GZ XXXX , eine einstweilige gerichtliche Erwachsenenvertreterin, Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK u.a. laut Spruchpunkt 3. zur Vertretung der Beschwerdeführerin vor Gerichten, Ämtern und Behörden sowie Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten beigestellt.

Der Beschlusses ist zusammengefasst wie folgt begründet:

Für die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss vom 14.06.2017 die Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK als Sachwalterin zur Vertretung im Verfahren XXXX des BG Klosterneuburg samt allenfalls daran anschließendem Räumungsverfahren bestellt.

Laut Gutachten der Sachverständigen XXXX vom 16.03.2017 liegt bei der Beschwerdeführerin eine Anpassungsstörung mit gemischter Störung der Gefühle und des Sozialverhaltens sowie Hinweise auf ein affektives Störungsgeschehen mit agitiert depressiver Symptomatik und paranoid anmutenden Erlebnisvollzügen vor. Es zeigt sich eine Verminderung des Realitätsbezuges mit wahnhaft anmutendem Verhalten; vor allem was ihre familiären Angelegenheiten bzw. (Mit)Mieter ihrer früheren Wohnung anbelangt; diesbezüglich ist sie auch nicht korrigierbar.

Die Sachverständige sprach sich in ihrem Gutachten aus medizinischer Sicht für eine Vertretung der Beschwerdeführerin vor Ämtern, Behörden und Gerichten aus. Bei der Sachwalterbestellung im Jahr 2017 war außer dem damals anhängigen Gerichtsverfahren beim BG Klosterneuburg kein weiteres Gerichtsverfahren bekannt, in welchem die Beschwerdeführerin die Vertretung durch die Sachwalterin benötigt hätte, sodass diese im Juni 2017 nur für dieses Verfahren bestellt wurde.

Da die Beschwerdeführerin zuletzt im Jänner und Februar 2018 in kurzer Zeit zwei verschiedene Verfahren angestrengt hatte, die dazu geegnet erscheienen Kostenfolgen für sie auszulösen, die für sie nachteilig waren und die sie nicht abschätzen konnte, wurde mit Beschluss vom 16.03.2018 die Sachwalterin Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK als einstweilige Sachwalterin zur Vertretung der Beschwerdeführerin vor Gerichten bestellt.

Mit Schriftsatz vom 10.07.2018 beantragte die (einstweillige) gerichtliche Erwachsenenvertreterin die Erweiterung ihres Wirkungskreises um die Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie die finanzielle Verwaltung.

Die Beschwerdeführerin hat offenbar trotz qualifizierter Mahnung ihre Miete bereits seit April 2018 nicht mehr bzw. nicht mehr vollständig gezahlt, weshalb ihr nunmehr der Verlust ihrer Wohnung droht. Im Zusammenhalt mit dem übrigen Akteninhalt wird deutlich, dass die Beschwerdefüherin aktuell offensichtlich nicht in der Lage ist, ihren finanziellen Verpflichtungen selbständig nachzukommen und ihre Angelegenheiten insbesondere die Wahrnehmung ihrer Interessen in den gegen sie anhängigen Verfahren betreffend ihre Wohnung ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen und den Verbleib in derselben zu sichern.

Aus diesem Grund ist eine Vertretung der Betroffenen durch die einstweilige gerichtliche Erwachsenvertrterin vor Gerichten, Ämtern und Behörden sowie in finanziellen Angelegenheiten derzeit zum Wohl der Betroffenen dringend geboten und wurde Rechtsanwältin Dr. Christiane BOBEK mit Beschluss des BG Meidling 13.07.2018, GZ XXXX , zur einstweiligen gerichtlichen Erwachsenenvertreterin u.a. zur Vertretung der Betroffenen vor Gerichten, Ämtern und Behörden sowie Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten bestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unzweifelhaften und eindeutigen Aktenlage der vorgelegten Aktenteile. Der Beschluss des BG Meidling vom 13.07.2018, GZ XXXX , liegt im Akt ein (OZ 7).

Die Feststellungen zur Zustellung des Bescheides vom 15.05.2018 ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Rückschein als Zustellnachweis (OZ 2).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das XXXX .

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 des BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des AMS das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 VwGVG). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) lauten:

"Rechts- und Handlungsfähigkeit

§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen."

Im vorliegenden Fall ist für die Frage, ob der Vorlageantrag verspätet ist oder nicht bzw. die belangte Behörde den Vorlageantrag mit Bescheid vom 15.05.2018 zu Recht zurückgewiesen hat, zunächst entscheidend, ob der Bescheid rechtswirksam erlassen wurde.

Wie festgestellt, ist der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 15.05.2018 an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und an ihrer Wohnadresse eine Verständigung über die Hinterlegung (mit Beginn der Abholfrist am 18.05.2018) in der Abgebeeinrichtung eingelegt worden.

Aufgrund der Feststellungen ist jedoch zweifelhaft, ob der Bescheid vom 15.05.2018 rechtswirksam zugestellt worden ist bzw. ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheides prozessfähig war.

Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Fehlen der Prozessfähigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen ist (VwGH 19.09.2000, 2000/05/0012). Für die Wirksamkeit einer Zustellung kommt es darauf an, ob der Zustellungsempfänger handlungsfähig war, und nicht darauf, ob für ihn bereits ein Sachwalter bestellt worden ist (vgl. nochmals VwGH 19.09.2000, 2000/05/0012 mHa VwGH 24.11.1987, 87/11/0141).

Zur Frage der Wirkung der Bestellung eines Sachwalters führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Sachwalterbestellung insofern konstitutiv wirkt, als ab ihrer Wirksamkeit die Prozess- und Handlungsfähigkeit im dort umschriebenen Ausmaß keinesfalls mehr gegeben ist (vgl. VwGH 23.04.1996, 95/11/0365, und VwGH 20.02.2002, 2001/08/0192). Sie wirkt weder zurück noch ist sie im dem Sinne konstitutiv, dass für Zeiträume vor der Bestellung des Sachwalters e contrario von der Prozessfähigkeit des Beteiligten auszugehen wäre. Vielmehr ist für diesen vergangenen Zeitraum aus der Sachwalterbestellung lediglich zu gewinnen, dass sich begründete Bedenken gegen die in Rede stehenden Fähigkeiten der betreffenden Person ergeben haben, sodass die vor diese Frage gestellte Behörde das Vorliegen dieser Fähigkeiten, dh der ausreichenden Diskretions- und Dispositionsfähgkeit zu den in Betracht kommenden Zeitpunkten zu prüfen hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 9, Rz 15, mwH). Für die Zeit vor der Sachwalterbestellung ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin schon damals nicht mehr prozessfähig gewesen ist und somit nicht mehr in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens und der sich in diesem ereigneten prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (vgl. VwGH 16.04.1984, 83/10/0254, 0255).

Das Fehlen der ausreichenden Diskretions- und Dispositionsfähigkeit bereits im Zeitpunkt der Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 15.05.2018 geht im vorliegenden Fall klar aus dem Beschluss des BG Meidling vom 13.07.2018, GZ XXXX , hervor. So sprach sich die Sachverständige XXXX schon im Gutachten vom 16.03.2017 aus medizinischer Sicht für eine Vertretung der Betroffenen vor Ämtern, Behörden und Gerichten aus und wurde bereits im Juni 2017 eine Sachwalterin für die Vertretung in einem Gerichtsverfahren bestellt. Mit Beschluss vom 16.03.2018 wurde die Sachwalterin als einstweilige Sachwalterin für die Vertretung der Beschwerdeführerin vor Gerichten bestellt. Auf Antrag der nunmehr (einstweiligen) gerichtlichen Erwachsenenvertreterin vom 10.07.2018 wurde deren Wirkungskreis um die Vertretung vor Ämtern und Behörden mit Beschluss vom 13.07.2018 erweitert. Diese Bestellung steht im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Zustellungszeitpunkt. In Zusammenhalt mit der Begründung des Bestellungsbeschlusses - insbesondere dem Gutachten vom 16.03.2017, nach welchem aus medizinischer Sicht bereits damals eine Vertretung der Beschwerdeführerin vor Ämtern und Behörden geboten gewesen wäre und der im folgenden sukzessiven Erweiterung des Wirkungskreises der Sachwalterin bzw. Erwachsenenvertreterin - sowie den fristwidrigen Eingaben der Beschwerdeführerin sieht es das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin schon im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides nicht mehr in der Lage war, Bedeutung und Tragweite des Verwaltungsverfahrens und der sich in diesem ereigneten prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten. Fallbezogen hat der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 15.05.2018 die Fähigkeit gefehlt, die Bedeutung und Tragweite der gesetzten und zu setzenden Verfahrensschritte (darunter auch die Notwendigkeit der Einhaltung der Rechtsmittelfrist) zu erkennen.

Die erfolgte Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides war daher aufgrund der bei ihr zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegenen Prozessfähigkeit rechtsunwirksam.

Die Beschwerde vom 15.06.2018 richtet sich somit, weil der verfahrensgegenständliche Bescheid nicht rechtwirksam erlassen wurde, gegen eine Erledigung, die kein tauglicher Anfechtungsgegenstand für eine Beschwerde ist und war deshalb wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen. Insofern war mangels Zuständigkeit auch auf eine inhaltliche Prüfung nicht näher einzugehen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Prozessfähigkeit, Unzuständigkeit, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W263.2198964.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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