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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 1. September 1997, Zl. LGSTi/V/1212/3377 18 03 59-707/1997, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als mit ihm das dem Beschwerdeführer im Zeitraum vom 17. Oktober bis 24. Dezember 1994 gewährte Arbeitslosengeld widerrufen und er zur Rückzahlung des Empfangenen verpflichtet wurde; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer wurde antragsgemäß vom 1. März bis 31. Juli 1993 und vom 17. Oktober bis 24. Dezember 1994 Arbeitslosengeld gewährt. Die im jeweiligen Antragsformular vorgesehene Frage nach einer Beschäftigung ("4. Ich stehe derzeit in Beschäftigung. Wenn ja, Art der Tätigkeit (z.B. Dienstnehmer, Hausbesorger, Mitarbeiter im Familienbetrieb, Geschäftsführer)"), bzw. nach einer selbständigen Erwerbstätigkeit ("5. Ich war bzw. bin selbständig erwerbstätig. Wenn ja, haben Sie die Gewerbeberechtigung zurückgelegt oder das Ruhen des Gewerbes gemeldet?") verneinte er.
Aufgrund einer Abfrage der Daten der Versicherungsdatei am 28. Februar 1997 wurde bekannt, dass der Beschwerdeführer der Versicherungspflicht nach dem GSVG unterliegt. Aus dem abverlangten Auszug aus dem Firmenbuch ergab sich, dass der Beschwerdeführer persönlich haftender Gesellschafter der Gebrüder J. OHG ist und seit 1. Jänner 1978 selbständig vertretungsbefugt war. Nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1993, 1994 und 1995 sowie des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1994 sprach die regionale Geschäftsstelle des AMS mit Bescheid vom 16. April 1997 aus, dass gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug des Arbeitslosengeldes in den nachstehend angeführten Zeiträumen widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 25 Abs. 1 AlVG der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in dem nachstehend angeführten Geldbetrag verpflichtet werde: "Übergenuss S 62.527,--", "1. März 1993 bis 31. Juli 1993, 17. Oktober 1994 bis 24. Dezember 1994". In der Begründung wurde dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seine selbständige Erwerbstätigkeit dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet. Aufgrund einer rückwirkenden Überprüfung habe er während der oben angeführten Zeiträume keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dadurch sei der angeführte Übergenuss entstanden. S 12.005,-- seien bereits einbehalten worden, offener Rest sei daher S 50.522,--.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. In seinem diesbezüglichen Schreiben vom 29. April 1997 führte er unter anderem wörtlich aus:
"Betrifft: Berufung gegen den Bescheid vom 16.4.1997 Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit Bescheid vom 16.4.1997 wurde mir mitgeteilt, dass ein Übergenuss für die Zeit vom 1.3.1993 bis 31.7.1993 bzw. 17.10.1994 bis 24.12.1994 in der Höhe von S 62.527,-- bestünde und ich zur Rückzahlung verpflichtet sei. S 12.005,-- wurden bereits einbehalten, offener Rest S 50.522,--. Binnen offener Frist erhebe ich gegen diesen Bescheid vom 16.4.1997
Einspruch
und begründe dies wie folgt:
Der Übergenuss von der Arbeitslosenunterstützung für die o.a. Zeiträume wurde aufgrund der Antragstellung vom 1.3.1993 und 17.10.1994 zur Rückzahlung vorgeschrieben. Die Antragstellung erfolgte beim hiesigen Arbeitsmarktservice und es wurde gegenüber dem zuständigen Beamten darauf hingewiesen, dass ich seit 1979 als Gesellschafter in einer OHG tätig bin. Ich habe auch bekannt gegeben, dass ich Anteile an dieser OHG habe. Der Beamte erklärte mir, dass dies keinen Einfluss habe auf die Zuerkennung der Arbeitslosenunterstützung. ... Von dieser OHG habe ich bis heute als Gesellschafter weder ein Entgelt bezogen noch habe ich eine Gewinnausschüttung erhalten und darüber hinaus habe ich keine wie immer geartete Funktion in dieser Gesellschaft. Eine dienstnehmerähnliche Tätigkeit bzw. eine Tätigkeit, die mit einer entsprechenden Entgeltzahlung und damit verbundenen Arbeitsaufwand zusammenhängt, war nie vorhanden. Dies ergibt sich u.a. auch aus der Einkommensteuererklärung, die jährlich dem Finanzamt ... vorgelegt wird. Aufgrund des o.a. Sachverhaltes stelle ich den ANTRAG,
den Bescheid vom 16.4.1997 aufzuheben und von einer Zurückzahlung der Arbeitslosenunterstützung in der Höhe von S 50.522,-- Abstand zu nehmen."
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung führte sie aus, es sei von dem (dem Beschwerdeführer auch zur Stellungnahme vor Bescheiderlassung) bekannt gegebenen Sachverhalt auszugehen: Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gesellschaftsvertrag gehe hervor, dass er zu einem Drittel Gesellschafter der Gebrüder J. OHG sei. Weiters gehe aus dem Vertrag hervor, dass jeder Gesellschafter zu gleichen Teilen (zu je einem Drittel) am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt sei. Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Einkommensteuerbescheid gehe hervor, dass er im Wirtschaftsjahr 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 117.833,-- gehabt habe. Als Sonderausgaben habe er S 20.000,-- geltend gemacht.
Aus dem Umsatzsteuerbescheid vom 29. März 1996 gehe hervor, dass die Gebrüder J. OHG im Wirtschaftsjahr 1994 einen Gesamtbetrag der Entgelte in Höhe von S 1,349.107,38 bezogen habe. Da der Beschwerdeführer laut Gesellschaftsvertrag zu einem Drittel an der Gesellschaft beteiligt sei, sei ihm ein Jahresumsatz in Höhe von S 449.702,46 zuzurechnen.
Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 lit. c ASVG sei 1993 bei S 3.102,-- und 1994 bei S 3.288,-- gelegen.
Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme zu diesem bekannt gegebenen Sachverhalt ausgeführt, die (Rechtsform der) OHG sei seinerzeit aus Haftungsgründen in Anbetracht der prekären finanziellen Situation gewählt worden. Die in den Einkommensteuererklärungen ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb würden lediglich eine "buchmäßige Zahl" darstellen, die durch einen jährlichen Sanierungsbeitrag einer Sparkasse entstanden sei. Dieser Sanierungsgewinn werde einkommensteuermäßig nicht als Einkommen behandelt. Außerdem habe er als Gesellschafter weder Gewinnanteile ausbezahlt bekommen noch Entnahmen oder andere geldwerte Vorteile aus der Gesellschaft bezogen. Aus dem Gesellschaftsvertrag (Punkt VII.) sei ersichtlich, dass jeder Geschäftsführer lediglich dann einen Anspruch auf eine Geschäftsführerentschädigung habe, wenn er seine volle Arbeitskraft im gesellschaftlichen Unternehmen widme. Aus dem folgenden Punkt des Vertrages sei ersichtlich, dass auch eventuell fällige Zahlungen in der Folge einer Auseinandersetzung primär von der Liquiditätssituation der Gesellschaft abhängig seien. Diese Vertragspunkte würden daher die Annahme widerlegen, dass jeder Gesellschafter das Recht habe, einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes ohne Rücksicht auf die Liquiditätssituation zu entnehmen. Der Beschwerdeführer habe absolut keine Arbeitsleistung für die OHG erbracht.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, im Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges vom 1. März 1993 bis 31. Juli 1993 sei § 12 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 364/89 und § 25 Abs. 1 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992 in Kraft gewesen. Gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG in der genannten Fassung gelte jedoch als arbeitslos, wer auf andere Weise selbständig erwerbstätig sei und daraus ein nach Maßgabe des Abs. 9 festgestelltes Einkommen erziele, das die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteige. Nach § 12 Abs. 9 AlVG i. d.F. BGBl. Nr. 364/1989 werde das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen worden sei, festgestellt, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes unter Außerachtlassung von Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben sowie die Beträge nach den §§ 9 und 10 EStG 1988 hinzuzurechnen seien. Als monatliches Einkommen gelte ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992 sei bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe oder wenn er erkennen hätte müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes bestehe auch dann, wenn im Fall des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt worden sei, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart werde. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz sei auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich aufgrund seines bzw. eines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergebe, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Laut vorgelegtem Einkommensteuerbescheid habe der Beschwerdeführer im Wirtschaftsjahr 1993 neben seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 117.833,-- bezogen. Er habe in diesem Wirtschaftsjahr Sonderausgaben in Höhe von S 20.000,-- geltend gemacht. Im Einkommensteuerbescheid werde auch ein Sanierungsgewinn in Höhe von S 100.000,-- ausgewiesen. Nach der in diesem Zeitraum in Geltung befindlichen gesetzlichen Bestimmung des § 12 Abs. 9 AlVG seien den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Sonderausgaben hinzuzurechnen. Auch der an sich steuerbefreite Sanierungsgewinn könne bei der Einkommensberechnung nicht in Abzug gebracht werden. Im gegenständlichen Fall seien daher den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 117.833,-- die Sonderausgaben in Höhe von S 20.000,-- hinzuzurechnen. Um das monatliche Einkommen des Beschwerdeführers aus selbständiger Tätigkeit zu berechnen, sei diese genannte Summe durch 12 zu dividieren. Demnach ergebe sich für das Wirtschaftsjahr 1993 ein dem Beschwerdeführer zurechenbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von S 11.486,08, während die monatliche Geringfügigkeitsgrenze in diesem Jahr bei S 3.102,-- gelegen sei.
Im Zeitraum des Arbeitslosengeldbezuges vom 17. Oktober 1994 bis 24. Dezember 1994 sei § 12 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 817/1993 und § 25 Abs. 1 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992 in Kraft gewesen. Gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG in dieser Fassung gelte als arbeitslos, wer auf andere Art selbständig erwerbstätig sei und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erziele, von dem 11,1 % die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c des ASVG angeführten Beträge nicht übersteige. Nach § 12 Abs. 9 AlVG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung werde der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c aufgrund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen worden sei, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gelte bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorgelegen sei.
Anschließend zitierte die belangte Behörde § 25 Abs. 1 ASVG (richtig: AlVG) i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992, indem sie dem oben wiedergegebenen für den Zeitraum 1993 anzuwendenden Text den Satz anfügte, ebenso sei der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt werde, dass der Empfänger nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. g gewesen sei.
Weiters führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der im Jahr 1994 in Kraft befindlichen Bestimmungen für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit im Wirtschaftsjahr 1994 der Umsatzsteuerbescheid für dieses Jahr heranzuziehen sei. Da der Beschwerdeführer zu einem Drittel am Gewinn und Verlust der OHG beteiligt sei, sei ihm auch ein Drittel des auf dem Umsatzsteuerbescheid ausgewiesenen Umsatzes zuzurechnen. Wenn nun 11,1 % des Drittels des Jahresumsatzes der OHG durch 12 dividiert werde, ergebe das einen dem Beschwerdeführer zuzurechnenden monatlichen Umsatz in der Höhe von S 4.159,75. Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. c ASVG sei in diesem Jahr bei S 3.288,-- monatlich gelegen.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte sich lediglich aus einem Sanierungsbeitrag einer Sparkasse buchmäßig ergeben hätten, sei entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0287) ein Sanierungsgewinn durch einen Schuldennachlass auch dann für die Berechnung der Höhe einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung herangezogen werde, wenn dieser sich nur aus einem Schuldennachlass ergebe und nicht im Baren zugeflossen sei.
Da der Beschwerdeführer sowohl im Wirtschaftsjahr 1993 ein Einkommen über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze als auch im Wirtschaftsjahr 1994 einen monatlichen Umsatz über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze erzielt habe, sei er im jeweiligen Jahr nicht als arbeitslos anzusehen, weshalb die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für die genannten Zeiträume zu Recht widerrufen worden sei.
Die Rückersatzpflicht des in diesen beiden Zeiträumen an den Beschwerdeführer ausbezahlten Arbeitslosengeldes ergebe sich gemäß § 25 Abs. 1 AlVG aus dem vom Beschwerdeführer nachträglich vorgelegten Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheid.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen des Bezuges von Arbeitslosengeld Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit in einem den in § 12 Abs. 6 lit. c AlVG genannten Grenzwert übersteigenden Ausmaß bezogen hat. Damit hat die belangte Behörde die dieser Annahme gedanklich vorgelagerte Frage, ob der Beschwerdeführer in diesen Zeiträumen als Gesellschafter einer OHG überhaupt selbständig erwerbstätig gewesen ist, bejaht.
Der Beschwerdeführer wendet sich der Sache nach gegen diese Auffassung, indem er ausführt, er habe aus der OHG keinerlei Entnahmen getätigt bzw. er habe über die tatsächlichen Umsätze bzw. Einkommensteile nie verfügt und seien ihm diese auch nie zugeflossen.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gilt als arbeitslos im Sinne des Abs. 1 insbesondere nicht, wer selbständig erwerbstätig ist.
Unter der selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. b AlVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1994, Zl. 94/08/0001, und vom 30. September 1994, 93/08/0175, je m.w.N.) der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecken. Die Selbständigkeit der Arbeit kommt vor allem auch in der Tatsache zum Ausdruck, dass der Selbständige die Tätigkeit nicht selbst verrichten muss, sondern sie durch Bevollmächtigte, Familienangehörige oder Dienstnehmer verrichten lassen kann. Ein Kaufmann, der seine Geschäfte durch einen Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten besorgen lässt, ein Bauer, dessen Wirtschaft von seinen Familienangehörigen, Knechten oder Mägden betrieben wird, hat nicht aufgehört, selbständig erwerbstätig zu sein, auch wenn sie aus irgendwelchen Gründen sich in ihrem Betrieb jeglicher Tätigkeit enthalten. Sie gelten als selbständig erwerbstätig, wenn der Betrieb auf ihre Rechnung und auf ihre Gefahr geführt wird.
Der Beschwerdeführer ist in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen unbestritten Gesellschafter einer OHG gewesen. Alle die Gewinn- und Verlustverteilung zwischen Gesellschaftern einer OHG regelnden Vorschriften sind dispositiver Art. Der Gesellschaftsvertrag kann in jeder Hinsicht abweichende Bestimmungen treffen (vgl. Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 2, 3. Auflage, Seite 89f). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelung aus der OHG keine Entnahmen getätigt habe, spricht daher nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, der Betrieb der OHG werde auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers als Gesellschafter geführt (vgl. im Übrigen dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 30. September 1994, 93/08/0175). Hinsichtlich der Gesellschaftsschulden bestimmt das Gesetz (§ 128 HGB), dass die Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft als Gesamtschuldner persönlich haften. Die Gesellschafter sind demnach echte Schuldner der Gesellschaftsgläubiger und haften für die Gesellschaftsschulden mit ihrem Gesamtvermögen. Die im Außenverhältnis unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung erstreckt sich auf alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, gleichgültig, auf welchem Rechtsgrund sie beruhen und welchen Inhaltes sie sein mögen, gleichgültig auch, ob sie bereits vor Eintritt eines Gesellschafters oder während dessen Zugehörigkeit zur Gesellschaft entstanden sind (Hämmerle-Wünsch, a. a.O., 103). Wenn der Beschwerdeführer behauptet, es sei ihm kein "Einkommen" zugeflossen, so ist dies, sollte er sich damit auf die Unterlassung von Entnahmen beziehen, irrelevant; sollte dies in rechtlicher Hinsicht gemeint sein, ist es rechtsirrig.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei als Gesellschafter einer OHG selbständig erwerbstätig im Sinn des § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gewesen, gesetzeskonform.
Zum Widerruf der dem Beschwerdeführer zuerkannten Leistungen:
Bei der Entscheidung über den Widerruf der vom 1. März bis 31. Juli 1993 gewährten Leistungen hat die belangte Behörde zur Beurteilung der im vorliegenden Fall strittigen Frage, ob der Beschwerdeführer während des Widerrufszeitraumes gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG als arbeitslos anzusehen war, diese Bestimmung und § 12 Abs. 9 AlVG zeitraumbezogen, d.h. erstere in der ab 1. Jänner 1988 geltenden Fassung laut BGBl. Nr. 615/1987 und letztere in der ab 1. August 1989 geltenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 615/1987 und Nr. 364/1989, anzuwenden. Demnach galt ungeachtet des Ausschlusses der selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 12 Abs. 3 lit. b AlVG) gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG als arbeitslos, wer auf andere Art als durch die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaflichen Betriebes selbständig erwerbstätig war und daraus ein nach Maßgabe des § 12 Abs. 9 AlVG festgestelltes Einkommen erzielte, das die Geringfügigkeitsgrenzen nach § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG (in Bezug auf das Monatsentgelt für 1993 mit S 3.102,-- festgesetzt) nicht überstieg.
§ 12 Abs. 9 AlVG lautete:
"(9) Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, unter Außerachtlassung von Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben sowie die Beträge nach den §§ 9 und 10 EStG 1988 hinzuzurechnen sind. Der Leistungsbezieher ist verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung dem zuständigen Arbeitsamt vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit insbesondere aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Bruttoeinkommens, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommenssteuererklärung bzw. eines Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des Weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1991, sinngemäß. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen. Als monatliches Einkommen gilt ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens."
Die belangte Behörde ging vom Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 1993 aus. Sie hat die in diesem Bescheid ausgewiesenen Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit außer Acht gelassen und darüber hinaus sowohl die ausgewiesenen Sonderausgaben als auch den Sanierungsgewinn den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugezählt.
Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die Sonderausgaben nicht zur Gänze den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzuzählen dürfen, übersieht er den Wortlaut des § 12 Abs. 9 AlVG, der ausdrücklich diese Hinzurechnung anordnet. Durch diese Hinzurechnung soll nämlich die Gleichheit von unselbständig und selbständig Erwerbstätigen gewahrt werden (EB RV 282 BlgNR 17.GP, 8), sodass von vornherein eine Zuteilung der Sonderausgaben zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit nicht in Frage kommt.
Selbst wenn der ausgewiesene Sanierungsgewinn von S 100.000,-- (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0090) von den ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb abzuziehen wäre, führte dies zu keinem anderen Ergebnis als dem, zu dem die belangte Behörde gelangte: Aus den verbleibenden Einkünften von S 17.833,-- (Einkünfte aus Gewerbebetrieb S 117.833,-- minus Sanierungsgewinn S 100.000,--) zuzüglich der Sonderausgaben von S 20.000,-- errechnete sich dann nämlich ein Jahreseinkommen von S 37.833,--. Dieses Jahreseinkommen wäre zufolge des letzten Satzes des § 12 Abs. 9 AlVG durch 12 zu teilen. Damit ergäbe sich jedoch ein monatliches Einkommen von S 3.152,--, welches die oben genannte Grenze des § 5 Abs. 2 lit. c ASVG überschritte.
Der Widerruf der im Zeitraum 1. März bis 31. Juli 1993 gewährten Leistungen ist daher berechtigt.
Zum Widerruf der im Zeitraum vom 17. Oktober bis 24. Dezember 1994 gewährten Leistungen:
Für diesen Zeitraum ist § 12 Abs. 6 lit. c und § 12 Abs. 9 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 817/1993 anzuwenden; diese Bestimmungen lauten:
§ 12 Abs. 6 lit. c:
"Als arbeitslos gilt, jedoch, wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielt, von dem 11,1 v.H. die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;"
§ 12 Abs. 9 lautet:
"Der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c wird aufgrund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag."
Die Anknüpfung des § 12 Abs. 9 AlVG am Umsatzsteuerbescheid bedeutet, dass der Bezieher von Arbeitslosengeld und jene Person ident sein müssen, die als Unternehmer Adressat des Umsatzsteuerbescheides ist. Letzteres ist nach den Feststellungen der belangten Behörde die oben genannte OHG und nicht der Beschwerdeführer. Eine Rechtsgrundlage dafür, die Umsätze der OHG für Zwecke der Arbeitslosenversicherung einem ihrer Gesellschafter zuzurechnen, lässt sich dem Arbeitslosenversicherungsgesetz in der hier maßgebenden Fassung nicht entnehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. April 1999, 98/08/0283, 0354, m.w.N.).
Zur Rückforderung der dem Beschwerdeführer gewährten Leistungen:
Die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zum Rückersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist - entsprechend der grundsätzlichen Zeitraumbezogenheit von Rückforderungsansprüchen von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, 96/08/0295, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1995, G 29, 35/95) - nach der im Zeitraum der Rückforderung geltenden Rechtslage zu prüfen.
Die belangte Behörde stützte die Rückforderung auf den dritten Satz des § 25 Abs. 1 AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992.
Diese Bestimmung blieb in der genannten Fassung bis zum Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 297/1995 mit folgendem Wortlaut in Kraft:
"Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich aufgrund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte."
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1995, G 29/95 u.a., ausgesprochen, dass der dritte Satz des § 25 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 416/1992 verfassungswidrig war. Die als verfassungswidrig erkannte Norm ist im Beschwerdefall anzuwenden, weil dieser kein Anlassfall ist. Diese Norm kann aber nicht neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, 96/08/0295).
Nach der anzuwendenden Bestimmung des § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992 ist der Beschwerdeführer dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich aufgrund seines nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 1993 ging die belangte Behörde vom Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 1993 aus. Da nach den obigen Ausführungen die Leistung in diesem Zeitraum dem Beschwerdeführer nicht gebührte, erweist sich die Rückforderung als zutreffend. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass eine Ersatzverpflichtung nur zulässig sei, wenn eine der drei Tatbestände des ersten Satzes des § 25 Abs. 1 AlVG vorliege, ist unbegründet. Der Beschwerdeführer lässt nämlich außer Acht, dass nach dem dritten Satz des § 25 Abs. 1 leg. cit. der Empfänger des Arbeitslosengeldes "auch", d.h. unabhängig vom Vorliegen eines der drei Tatbestände des § 25 Abs. 1 erster Satz leg. cit., in dem dort genannten, im Beschwerdefall vorliegenden Fall zum Rückersatz zu verpflichten ist.
Die belangte Behörde hat aber den angefochtenen Bescheid in seinem Abspruch über den Widerruf und die Rückforderung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 17. Oktober bis 24. Dezember 1994 deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil sie dem Beschwerdeführer Umsätze der OHG zugerechnet hat. Insoweit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997080565.X00Im RIS seit
18.10.2001