Entscheidungsdatum
31.07.2018Norm
BVergG 2006 §12 Abs1Spruch
W123 2196006-2/29E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang WIMMER als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Hagen PLEILE als Mitglied der Auftragnehmerseite über den Antrag der Bietergemeinschaft XXXX , bestehend aus: 1. XXXX ; 2. XXXX ; 3. XXXX GmbH, XXXX ; 4. Dr. XXXX GmbH, XXXX ; 5. XXXX GmbH, XXXX ; vertreten durch: HASLINGER / NAGELE & PARTNER RECHTSANWÄLTE GMBH, Mölker Bastei 5, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "WasserhygienebeauftragteR_Wiederholung" des Auftraggebers Bund, vertreten durch die Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien, diese vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Währinger Straße 2-4, 1090 Wien, vom 22.05.2018 zu Recht erkannt:
A)
Dem Antrag, "das BVwG möge die der Antragstellerin am 09.05.2018 bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin für nichtig erklären", wird stattgegeben.
Die Entscheidung der Universität Wien vom 09.05.2018, den Zuschlag an die XXXX GMBH zu erteilen, wird für nichtig erklärt.
Rechtsgrundlage: §§ 19 Abs. 1, 122, 125 und 128 Abs. 1 iVm 312 Abs. 2 Z 2, 320 Abs. 1 und 325 Abs. 1 BVergG 2006
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 22.04.2018 stellten die Antragsteller das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten zur Begründung insbesondere Folgendes vor:
Mit E-Mail der Auftraggeberin vom 09.05.2018 seien die Antragsteller darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung im Beschaffungsportal abrufbar sei; in dem dort abrufbaren Dokument sei unter anderem festgehalten: "Das am besten bewertete Angebot, von der Firma XXXX GMBH, erhielt 91,60 Punkte". Nach Ansicht der Antragsteller sei es fraglich, ob es sich bei dem übermittelten Auszug tatsächlich um eine bekämpfbare Zuschlagsentscheidung handle. Sollte es sich um eine Zuschlagsentscheidung im Sinne des § 2 Z 49 BVergG handeln, so entspreche diese aber nicht den gesetzlichen Vorgaben. Es würden insbesondere Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes fehlen.
Die Antragsteller gingen davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über eine Gutachterbewilligung für die Gruppe D Z 11 "Trinkwasser, Mineralwasser und sonstige Wässer für den menschlichen Gebrauch" verfüge. Ferne gehe die Antragstellerin davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über eine Akkreditierung als Konformitätsbewertungsstelle gemäß ÖNORM EN ISO 17020 und als Prüfstelle gemäß ÖNORM EN ISO 17025 verfüge.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe einen Angebotspreis von EURO 142.047,00 angeboten. Die Kostenschätzung der Auftraggeberin liege damit (zumindest) um 35,73 % über dem Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Das zweite im Verfahren abgegebene Angebot weise einen Preis aus, der um 52,41 % über dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenem Angebotspreis liege. Damit sei jedenfalls davon auszugehen, dass Zweifel an der Angemessenheit des Angebotspreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 125 Abs. 3 Z 3 BVergG bestehen müssten. Folglich sei die Auftraggeberin zur Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung verpflichtet gewesen. Hätte die Auftraggeberin gegenständlich eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt, hätte diese ergeben, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweise und daher gemäß § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG auszuscheiden sei.
2. Mit Schriftsatz vom 30.05.2018 erstattete die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Stellungnahme und trat den Ausführungen der Antragsteller inhaltlich entgegen. Insbesondere wurde ausgeführt, dass die ausschreibende Stelle eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt habe. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe in ihrem Angebot sämtliche Leistungen, welche gemäß der Ausschreibung zu erbringen seien, angeboten und die Preise dafür entsprechend kalkuliert. Die Behauptungen der Antragsteller würden auf reiner Spekulation beruhen.
3. Am 04.06.2018 erstattete der Auftraggeber eine Stellungnahme und führte insbesondere aus, dass eine vertiefte Angebotsprüfung betreffend das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit dem Ergebnis durchgeführt worden sei, dass die von Seiten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Preise plausibel und angemessen seien. Konkret sei die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit Verständigung vom 12.04.2018 zur Beantwortung von konkreten Aufklärungsfragen zum Preisangebot aufgefordert worden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe diese Aufklärungsfragen klar und vollständig beantwortet, sodass von einer mangelnden Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung nicht die Rede sein könne.
4. In der Replik vom 26.06.2018 gingen die Antragsteller davon aus, dass die vertiefte Angebotsprüfung - insbesondere im Hinblick auf die notwendige Tiefe, in der die Kalkulation in Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung zu hinterfragen sei - nicht gesetzeskonform durchgeführt worden sei. Dies insbesondere auch deshalb, da den Antragstellern von der Auftraggeberin selbst im "ersten Verfahrensgang" im Rahmen einer "vertieften Angebotsprüfung" eine nur sehr oberflächlich gehaltene Anfrage übermittelt worden sei.
5. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 28.06.2018 brachte der Auftraggeber vor, dass er den Nachprüfungsantrag der Antragsteller zum Anlass genommen habe, die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Preise nochmals zu überprüfen, was nichts an dem bisherigen Prüfungsergebnis geändert habe. Die maßgeblichen Erwägungen des Auftraggebers und Beurteilungsgrundlagen, welche dieser weiteren Preisprüfung zugrunde liegen, seien dem beigeschlossenen Bericht zu entnehmen. Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangen würde, dass die im Vergabeakt dokumentierte Angebotsprüfung betreffend die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Preise unzureichend sei (was ausdrücklich bestritten werde), stehe aufgrund der nochmaligen Preisprüfung durch den Auftraggeber fest, dass ein etwaiger, diesbezüglicher Vergaberechtsverstoß keineswegs Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens haben könne und somit nicht weiter beachtlich wäre. Eine Nichtigerklärung von Entscheidungen durch die Vergabekontrollbehörde setze aber voraus, dass die behauptete Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sei. Eine solche Relevanz sei sohin im vorliegenden Fall keinesfalls gegeben.
6. Am 29.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:
"Nunmehr bringt der Vertreter der MP vor:
Es ist eindeutig belegt worden, dass es sich bei den Anlagen der AG um keine Wasserversorgungsanlage handelt. Im Übrigen verfügt die PZ für den nicht akkreditierten Bereich über eine hinreichende Befugnis nach den bestandsfesten Regelungen der Ausschreibung. Es wird lediglich gefordert, dass eine Befugnis nach § 94 GewO vorliegen muss. Im Übrigen erbringt die PZ entsprechende Leistungen bereits seit Jahre. Dies sowohl für die AG als auch für andere große Institutionen. Sämtliche vorgelegte Referenzen übersteigen die geforderten Werte von Flächen im Ausmaß von 10.000 m2 und Wasserverbrauch im Ausmaß von 1800 m3 im Jahr um ein Vielfaches. Dies kann alleine durch eine kurze Internetrecherche (SCS) nachvollzogen werden bzw. kann die PZ jederzeit kurzfristig Daten vorlegen bzw. mittels Zeugeneinvernahme der anwesenden Vertreter.
Zur vertieften Angebotsprüfung wird festgehalten, dass eingehend die Kalkulation belegt worden ist. Die PZ verfügt über den Vorteil bereits jetzt die entsprechenden Leistungen zu erbringen und so auch genaue Kenntnis von den entsprechenden Leistungen zu haben. Es sind übliche Aufschläge für Mietkosten und Kosten innerhalb des Konzerns aufgeschlagen worden. In einer ergänzenden Prüfung nach Einbringung des Nachprüfungsantrags ist nochmals die Kalkulation dargelegt worden. Sofern der Senat zu dem Schluss gelangen sollten, dass die ursprüngliche Angebotsprüfung nicht hinreichend abgewickelt worden wäre, fehlt es einer derartigen allfälligen Rechtswidrigkeit jedenfalls an der Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens.
Im Übrigen geht die PZ davon aus, dass auch die Antragslegitimation der AST hinterfragt wird. Einerseits wird auf die beträchtlichen Preissprünge im Hinblick auf die einzelnen Vergabeverfahren der AST verwiesen. Beim Angebot beim ersten widerrufenen Vergabeverfahren ist ein Betrag von über einer Million Euro ausgewiesen worden bei gleichbleibenden Auftragsgegenstand. Überdies handelt es sich bei einem der 5 ARGE - Mitgliedern um ein deutsches Unternehmen. Angesichts des bestandsfesten Verweises auf die reglementierten Gewerbe (§ 94 GewO) stellt sich die Frage nach einer fristgerechten Dienstleistungsanzeige der XXXX GmbH. Im betreffenden online Dienstleistungsregister des BMDW findet sich kein entsprechender Eintrag.
Der Vertreter des AG schließt sich dem Vorbringen der PZ an und verweist im Übrigen auf das bisherige Vorbringen.
Die Vertreterin der AST nimmt zum neuen Vorbringen der PZ nunmehr Stellung:
Zum Vorbringen bezüglich der Antragslegitimation verweise ich auf die Fastweb-Rechtsprechung des EUGH. Selbst wenn unser Angebot auszuscheiden wäre, was nicht der Fall ist, könnte das nicht dazu führen, dass uns die Antragslegitimation abgesprochen wird. Es gibt nur 2 Bieter im Verfahren, verfahrensgegenständlich ist die Frage, ob das Angebot der PZ auszuscheiden ist. Wären beide Angebote auszuscheiden, müsste neuerlich ein Verfahren durchgeführt werden, an dem sich die AST wieder beteiligen könnte. Verwiesen wird auf VWGH 29.01.2018 Ra 2016/04/0086.
Inhaltlich zum Preis: Im erstdurchgeführten Vergabeverfahren Unterschied sich der Leistungsgegenstand in den konkreten Festlegungen deutlich von dem nunmehrigen bzw. war er in vielerlei Hinsicht unklar, woraus sich die Unterschiede in den Angebotspreisen ergeben. Zudem kann es gegenständlich nur darum gehen, ob der Angebotspreis in diesem Verfahren nachvollziehbar kalkuliert ist.
Zum Vorbringen bezüglich der fehlenden Dienstleistungsanzeige wird verwiesen auf § 5 Akkreditierungsgesetzt 2012. Danach unterliegen die zum Betrieb von akkreditierten Konformitätsbewertungsstellen zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten nicht den Bestimmungen der GewO 1994. Daraus folgt, dass für solche Tätigkeiten keine Dienstleistungsanzeige notwendig bzw. möglich ist."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1. Die Universität Wien hat die gegenständlichen Leistungen im Wege eines offenen Verfahrens ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich erfolgte am 26.03.2018 bzw. 28.03.2018; EU-weit wurde das Verfahren am 30.03.2018 bekanntgemacht. Der geschätzte Auftragswert wurde seitens des Auftraggebers mit rund EUR 400.000,00 bekanntgegeben und bezieht sich auf eine vierjährige Vertragslaufzeit.
2. Die Angebotsöffnung fand am 11.04.2018 statt. Die Angebotspreise, welche einem 2-Jahresvolumen entsprechen, lauten:
Präsumtive Zuschlagsempfängerin EUR 142.047,00
Antragsteller EUR 298.518,50
3. Mit E-Mail vom 12.04.2018 übermittelte der Auftraggeber ein Schreiben an die präsumtive Zuschlagsempfängerin und verlangte darin, zu bestimmten Positionen um Aufklärung sowie um Übermittlung der Kalkulation gemäß § 125 BVergG.
4. Am 13.04.2018 nahm die präsumtive Zuschlagsempfängerin zu den seitens des Auftraggebers angeführten Positionen Stellung.
5. Die Niederschrift zur Bewertung der Angebote vom 09.05.2018 lautet auszugsweise:
"Bewertung des Angebots 1: XXXX GMBH
[...]
Prüfung und Bewertung des Angebots:
Nach Prüfung des Angebots und der nachgereichten Unterlagen ergibt sich, dass die angebotenen Preise plausibel und nachvollziehbar sind. Das Angebot entspricht den Vorgaben der Ausschreibung und das Schlüsselpersonal wird demnach zum Hearing eingeladen.
[...]
Bewertung des Angebots 2: ARGE Arge XXXX
[...]
Aufklärungen und Nachreichungen zum Angebot der BIEGE wurden nicht durchgeführt, da das Angebot nicht für die Zuschlagsentscheidung in Frage kommt."
6. Am 09.05.2018 gab die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zugunsten der XXXX GMBH bekannt.
7. Mit E-Mail vom 22.06.2018 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter des Auftraggebers ein Schreiben an den rechtsfreundlichen Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, in der diese zur Erstattung weitergehender Aufklärungen zum Preisangebot aufgefordert wurde. Konkret wurde betreffend die Positionen 1.2 bis 1.6, 2, 3 und 4 je angebotenem Einheitspreis um Offenlegung der Kalkulation und um Darlegung der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in ihrer Kalkulation zugrunde gelegten Leistungs- und Zeitansätze der zugrunde gelegten Mitarbeiter ersucht.
8. Am 26.06.2018 nahm der rechtsfreundliche Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf das Aufforderungsschreiben vom 22.06.2018 Bezug und übermittelte eine Aufgliederung der Kalkulation. Ferner wurden Namen von Mitarbeitern, die gegenständlich zum Einsatz gelangen sollen, genannt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien bzw. deren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen des Auftraggebers keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages
Auftraggeber iSd § 2 Z 8 BVergG 2006 ist der Bund, vertreten durch die Universität Wien. Der Bund ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 6 BVergG. Nach den Angaben des Auftraggebers beträgt der geschätzte Gesamtauftragswert EUR 400.000,00, sodass es sich gemäß § 12 Abs. 1 BVergG um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2006. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist entsprechend § 312 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit. a B-VG gegeben.
Da das Vergabeverfahren weder widerrufen noch ein Zuschlag erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht in concreto gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.
Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde jedenfalls in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006 iVm § 1 BVwG-PauschGebV). Ein sonstiger Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 322 Abs. 2 BVergG 2006 liegt nicht vor.
Zur seitens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (erstmals in der mündlichen Verhandlung) vorgebrachten mangelnden Antragslegitimation der Antragsteller ist auszuführen, dass sich aus dem Vergabeakt kein evidenter Ausscheidenstatbestand ergibt. Im Übrigen wird zur Antragslegitimation der Antragsteller auf die Rechtsprechung des EuGH zu Fastweb und PFE sowie auf die Entscheidung des VwGH vom 29.01.2018 Ra 2016/04/0086, verwiesen.
3.2. Inhaltliche Beurteilung
3.2.1. Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen.
Gemäß § 122 BVergG ist die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.
Gemäß § 125 Abs. 5 BVergG muss im Zuge der vertieften Angebotsprüfung der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche - bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische - Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen.
Gemäß § 128 Abs. 1 BVergG ist über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind.
3.2.2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz setzt eine Verpflichtung zur Transparenz voraus; sonst könnte nicht geprüft werden, ob er beachtet worden ist (EuGH 18.10.2001, Rs C-19/00, SIAC Construction).
Dem Gebot der Transparenz im Vergabeverfahren kommt insbesondere bei der Wahl des Angebotes für den Zuschlag fundamentale Bedeutung zu, da die Entscheidung des Auftraggebers, aus welchen Gründen er einem bestimmten Bieter den Zuschlag erteilen möchte, objektiv nachvollziehbar sein muss (U. Hofer in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 38 zu § 19).
Der über die Angebotsprüfung und ihr Ergebnis zu verfassenden Niederschrift kommt vor allem im Falle eines allfälligen Nachprüfverfahrens Bedeutung zu. Grundsatz ist somit eine objektiv nachvollziehbare Beurteilung der Angebote (Koller in Gast, BVergG-Leitsatzkommentar, E 4 zu § 128).
3.2.3. Die angefochtene Zuschlagsentscheidung ist schon deshalb mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil eine gesetzeskonforme Prüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Sinne der §§ 122 ff BVergG für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar ist. Dies aufgrund folgender Erwägungen:
Wie die Antragsteller in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz richtigerweise darlegen, liegt die Kostenschätzung des Auftraggebers und das Angebot der Antragsteller weit über dem seitens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Gesamtpreis. Zweifel an der Preisangemessenheit im Sinne des § 125 Abs. 3 BVergG lagen somit evident vor. Dies war auch offenkundig dem Auftraggeber bewusst, andernfalls er die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht mit Schreiben vom 12.04.2018 um Aufklärung ersucht hätte. Die daran anschließende Prüfung des Auftraggebers erschöpft sich jedoch lediglich in der Aussage, dass "die angebotenen Preise plausibel und nachvollziehbar sind" (siehe Niederschrift: Bewertung der Angebote vom 09.05.2018).
§ 125 Abs. 5 BVergG beschreibt ausführlich die Vorgangsweise des Auftraggebers, die dieser - nach Einlangen der Aufklärung durch die Bieter - im Zuge der vertieften Angebotsprüfung zu beachten hat. Für das Bundesverwaltungsgericht ist nun aber aufgrund der Niederschrift vom 09.05.2018 nicht nachvollziehbar, warum das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin preisangemessen iSd §§ 19 iVm 125 BVergG ist. Dazu wäre seitens des Auftraggebers eine ausführliche schriftliche Erläuterung iSd § 128 Abs. 1 BVergG zu verfassen gewesen.
Dass die Prüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf Grundlage der Bewertung vom 09.05.2018 nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach, war offensichtlich dem Auftraggeber selbst bewusst, andernfalls kein Anlass für den rechtsfreundlichen Vertreter des Auftraggebers bestanden hätte, am 22.06.2018 (nach Einleitung des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens) die präsumtive Zuschlagsempfängerin neuerlich zur Aufklärung aufzufordern. Die dabei gewählte Vorgehensweise entspricht jedoch keineswegs den Grundsätzen des § 122 f BVergG, wonach die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes nur solchen Personen zu übertragen ist, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Abgesehen davon entzieht sich aber auch das - im Schriftsatz des Auftraggebers vom 29.06.2018 beigelegte - Dokument der Universität Wien vom 29.06.2018 ("Weitere Preisprüfung TÜV Austria") der gerichtlichen Nachprüfbarkeit, da dieses Schreiben weder eine Unterschrift, noch Angaben darüber enthält, von wem diese Angebotsprüfung durchgeführt wurde.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die seitens des Auftraggebers (bzw. der rechtsfreundlichen Vertretung) gewählte Vorgangsweise mit dem Grundsatz der Transparenz iSd § 19 Abs. 1 BVergG nicht in Einklang zu bringen ist und die angefochtene Zuschlagsentscheidung daher mit Rechtswidrigkeit behaftet ist. Entgegen der Ansicht des Auftraggebers ist die Rechtswidrigkeit auch für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss im Sinne des § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG, da bei rechtmäßiger Vorgehensweise, insbesondere der Einhaltung der Grundsätze des § 122 BVergG, eine andere Vergabeentscheidung nicht ausgeschlossen werden kann.
Da die angefochtene Zuschlagsentscheidung bereits aufgrund der oben angeführten Erwägungen für nichtig zu erklären ist, war im Sinne der Verfahrensökonomie des § 39 Abs. 2 AVG auf das weitere Vorbringen der Antragsteller nicht mehr einzugehen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zum Transparenzgrundsatz vgl. insbesondere EuGH 18.10.2001, Rs C-19/00, SIAC Construction. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Angebotsbewertung, Angemessenheit, Ausscheiden eines Angebotes,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W123.2196006.2.00Zuletzt aktualisiert am
20.08.2018