TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 W208 2195313-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZDG §14 Abs2 Satz1

Spruch

W208 2195313-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR vom 11.04.2018, Zl. 459748/17/ZD/0418, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 14 Abs. 2 erster Satz Zivildienstgesetz 1986 stattgegeben und der Antritt des Zivildienstes bis zum 31.01.2021 aufgeschoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) - dessen Tauglichkeit zum Wehrdienst erstmals am 11.04.2017 festgestellt wurde - brachte am 02.05.2017 eine mängelfreie Zivildiensterklärung ein.

2. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur (ZISA) vom 10.05.2017 wurde der Eintritt seiner Zivildienstpflicht rechtskräftig festgestellt.

3. Am 22.03.2018 brachte der BF einen Antrag auf Aufschub ein, denn er mit dem Beginn einer Lehre am 01.08.2017 als Chemieverfahrenstechniker (Lehrzeit 3,5 Jahre) begründete.

4. Mit Schreiben der ZISA vom 23.03.2018 wurde der BF aufgefordert Beweismittel vorzulegen sowie einen Nachweis der außerordentlichen Härte bzw. eines bedeutenden Nachteils zu erbringen, welcher ihm bei der Unterbrechung der Lehre durch den Zivildienst entstünde.

5. Am 10.04.2018 legte der BF einen formellen Antrag auf Aufschub bis zum Jänner 2021 vor, den er mit der Notwendigkeit seine Ausbildung so rasch als möglich erfolgreich abzuschließen, begründete. Beigeschlossen hatte er folgende Beweismittel:

* Lehrvertrag (Lehrzeit von 01.08.2017 bis 31.01.2021 als Chemieverfahrenstechniker)

* Unterstützungserklärung seiner Lehrherrin, die zusammengefasst anführte, dass es aufgrund eines Ausbauprojektes "besondere und einmalige Lehrinhalte" gäbe und eine Unterbrechung der Lehre daher "unvorteilhaft" wäre.

6. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 11.04.2018 (zugestellt am 14.04.2018) wies die ZISA (belangte Behörde) den Antrag auf Aufschub ab.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz (ZDG) auf den vorliegenden Fall anzuwenden sei, da der BF die maßgebliche Ausbildung im August 2017 begonnen und noch kein Jahr seit Wirksamwerden der Zivildiensterklärung vergangen sei. Die Teilnahme am Ausbauprojekt sei zwar wünschenswert, aber für den Ausbildungsabschluss nicht relevant. Die Verzögerung des Ausbildungsabschlusses durch den Zivildienst, stelle weder einen bedeutenden Nachteil iSd § 14 Abs. 2 1. Satz noch eine außerordentliche Härte § 14 Abs. 2 2. Satz dar.

7. Mit Schreiben vom 05.05.2018 brachte der BF eine Beschwerde gegen den oa. Bescheid ein, die er sinngemäß damit begründete, dass er bei

einer Nichtgewährung des Aufschubes " ... den Anschluss und Abläufe

verlieren könnte". Er Nachteile gegenüber den anderen Lehrlingskollegen hätte und er dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht übernommen werden würde. Er könne seinen ersten abgeschlossenen Lehrberuf als Koch aus körperlichen und psychischen Gründen nicht ausüben. Beigelegt war eine Bestätigung der Landesberufsschule, wonach der BF von 30.04. bis 06.07.2018 diese besuche und die Schulpflicht bis 2021 erfüllen müsse.

8. Mit Schriftsatz vom 09.05.2018 legte die ZISA - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - die Beschwerde und den dazugehörigen Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor (eingelangt 15.05.2018).

9. Mit Schreiben des BVwG vom 22.05.2018 wurde der BF aufgefordert Beweismittel dafür vorzulegen, dass er den erlernten Beruf als Koch nicht mehr ausüben könne, nähere Auskünfte zur "Unvorteilhaftigkeit" einer Unterbrechung von 9 Monaten zu erteilen und Ladungsadressen von Zeugen zu nennen.

10. Am 06.06.2018 machte der BF nähere Angaben zu seiner Berufsunfähigkeit als Koch, legte diesbezügliche ärztliche Bestätigungen sowie neuerlich das bereits oa. Schreiben der Lehrherrin und der Berufsschule vor. Weiters führte er seinen Lehrbeauftragten und die Personalchefin des Lehrbetriebes als potentielle Zeugen für die von ihm zu erwartenden Nachteile bei einer Unterbrechung an.

11. Diese Stellungnahme und die vorgelegten Beweismittel wurden mit Schreiben des BVwG vom 27.06.2018 der ZISA zur Kenntnis gebracht, welche am 09.07.2018 mittels E-Mail darauf replizierte. Im Wesentlichen wurde angeführt, dass die vom BF angeführten Gründe für seinen Berufswechsel für das Verfahren unerheblich seien, mit der Teilnahme am Ausbauprojekt seien keine wesentlichen Lehrinhalte verbunden, es liege folglich sehr wahrscheinlich kein qualitativer Unterschied und auch keine unverhältnismäßige Verzögerung bei einem Nichtaufschub vor und damit kein bedeutender Nachteil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des oa. Verfahrensganges, den vorgelegten Verwaltungsakten und den angeführten Erhebungsergebnissen steht fest, dass der BF eine Kochlehre abgeschlossen hat, den Beruf aus gesundheitlichen Gründen aber nicht ausüben kann.

Am 01.08.2017 über ein Jahr nach Feststellung seiner Tauglichkeit zum Wehrdienst und der Feststellung seiner Zivildienstpflicht hat er einen Lehrvertrag für einen Lehrberuf als Chemieverfahrenstechniker begonnen, der bis 31.01.2021 läuft. Diesen Beruf kann und will der BF künftig ausüben.

Durch die Ableistung des Zivildienstes würde sich seine Lehrzeit um mindestens 9 Monate verlängern und er könnte bei der Errichtung und Inbetriebnahme einer neuen Betriebsanlage nicht dabei sein, wodurch ihm einmalige Lehrinhalte verloren gingen. Er würde dadurch gegenüber den anderen gleichzeitig mit ihm aufgenommenen Lehrlingen einen bedeutenden Nachteil erleiden, weil dieser Umstand bei der Entscheidung welcher der Lehrlinge später in ein ständiges Dienstverhältnis übernommen wird, berücksichtigt werden würde. Er würde daher um die einmalige Chance gebracht werden in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes ( XXXX und XXXX liegen nur 10 km auseinander) eine dauerhafte Arbeitsstelle zu erhalten.

Die Zivildiensterklärung des BF wurde mit 02.05.2017 rückwirkend wirksam, der BF wurde noch keiner Organisation zur Ableistung zugewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden, sind im Kern unbestritten und werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Feststellung, dass der BF bei einer neunmonatigen Unterbrechung einen bedeutenden Nachteil gegenüber den anderen gleichzeitig mit ihm aufgenommenen Lehrlingen erleiden würde, ergibt sich einerseits aus der offenkundigen Tatsache, dass Lehrbetriebe immer mehrere Lehrlinge aufnehmen, um sich am Ende der Lehrzeit die am besten Ausgebildeten auszusuchen bzw. allfällige Ausfälle während der Lehrzeit zu kompensieren und andererseits aus den nachvollziehbaren Angaben des BF sowie dem Schreiben der Lehrherrin. Wobei die Worte "wünschenswert" und "einmalige Lehrinhalte" durch die Teilnahme am Ausbauprojekt, sowie die "Unvorteilhaftigkeit" einer Abwesenheit in dieser Phase durchaus so zu verstehen ist, dass der BF dadurch erhebliche Nachteile - insbesondere bei der Wahl, welche Lehrlinge nach Ausbildungsabschluss weiterbeschäftigt werden - zu erwarten hat, weil er eben später fertig ist und ihm Lehrinhalte die speziell für die neue Anlage relevant sind fehlen.

Die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstelle ist einem gängigen Routenplaner im Internet entnommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 2a Abs. 4 ZDG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist auch sonst kein Anhaltspunkt für eine Unzulässigkeit erkennbar.

Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und den eingegangenen Stellungnahmen geklärt ist bzw. nicht substantiiert bestritten wurde, sodass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten lässt. Auch die Rechtsfrage ist nicht derart komplex, dass es einer mündlichen Erörterung bedürfte. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (keine "civil rights" betroffen) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Der hinsichtlich des Aufschubes des Antritts des ordentlichen Zivildienstes anwendbare § 14 Zivildienstgesetz (ZDG) lautet (Hervorhebung durch BVwG):

"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.

(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde."

Der in § 14 Abs. 1 ZDG verwiesene § 25 WG 2001 lautet (auszugsweise):

"Ausschluss von der Einberufung

§ 25. (1) Von der Einberufung zum Präsenzdienst sind ausgeschlossen

[...]

4. hinsichtlich der Einberufung zum Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde. [...]"

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass der vorliegende Sachverhalt nach § 14 Abs. 2 ZDG zu beurteilen ist.

Die Stellung, anlässlich welcher der BF erstmals für tauglich befunden wurde, erfolgte am 11.04.2017. Der nach § 14 Abs. 1 ZDG infolge des Verweises auf § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2011 maßgebliche Stichtag war folglich der 01.01.2014 und hatte der BF zu diesem Zeitpunkt die dem Aufschubantrag zugrundeliegende Ausbildung (Lehre als Chemieverfahrenstechniker) noch nicht begonnen.

Der Antrag des BF war daher an § 14 Abs. 2 ZDG zu messen. Für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG - wonach für einen Aufschub ein "bedeutender Nachteil" vorliegen muss - ist entscheidend, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zum Zivildienst nicht derart zugewiesen war, dass er den Zivildienst binnen Jahresfrist (gerechnet ab dem Wirksamwerden der Zivildiensterklärung - hier bis spätestens 02.05.2018) anzutreten hatte (VwGH 26.09.2013, 2013/11/0165).

Das trifft im vorliegenden Fall (nunmehr) zu: Der BF hat keinen Zuweisungsbescheid binnen Jahresfrist erhalten. Da er aus gesundheitlichen Gründen - die er erst in der Beschwerde angeführt und belegt hat - nicht in der Lage ist seinen erlernten Beruf als Koch auszuüben und damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten - liegt keine "weiterführende Ausbildung", sondern eine "Berufsvorbereitung" iSd des § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG vor. Insofern sind die gesundheitlichen Gründe für das Verfahren sehr wohl relevant. Es handelt sich, wie die vorgelegten medizinischen Unterlagen zeigen, nicht bloß um einen angenehmeren oder interessanteren Beruf (wie die belangte Behörde vermeint), den der BF zusätzlich erlernen will.

Auf das Vorliegen einer "außerordentlichen Härte" käme es nur an, wenn, anders als im Beschwerdefall, § 14 Abs. 2 zweiter Satz ZDG, heranzuziehen wäre (VwGH 20.02.2013, 2012/11/0081). Das hat die belangte Behörde verkannt, es reicht im vorliegenden Fall ein "bedeutender Nachteil" aus.

Entscheidend ist, ob der BF durch die Unterbrechung der Ausbildung zum Zwecke der Zivildienstleistung einen "bedeutenden Nachteil" erleiden würde. Das ist der Fall:

Zunächst ist festzuhalten, dass der BF über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, die es ihm ermöglichen würde seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Ausübung eines Berufes, der ihn gesundheitlich beeinträchtigt, kann ihm nicht zugemutet werden und kann er sich aufgrund der besonderen Umstände durch den bereits erlernten Beruf des Koches keine Lebensgrundlage schaffen.

Der VwGH hat festgestellt, dass der Zweck des Aufschubes des ordentlichen Zivildienstes iSd § 14 ZDG darin liegt, dass der Zivildienstpflichtige eine Ausbildung, die ihm in die Lage versetzen soll, eine berufliche Tätigkeit zu entfalten, um sich eine materielle Lebensgrundlage zu verschaffen, durch die Zivildienstleistung nicht unterbrechen muss (VwGH 30.01.1996, 95/11/0305).

Die mit der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes verbundene Verhinderung einer zügigen und ununterbrochenen Dauer einer Ausbildung stellt hingegen für sich allein noch keinen bedeutenden Nachteil iSd Gesetzes dar. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen, wie sich aus § 14 Abs. 2 ZDG ergibt (VwGH 20.03.2001, 99/11/0044).

Der BF hat aber darüber hinaus durch entsprechende Bestätigungsschreiben seiner Lehrherrin und seine eigenen - nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbaren Angaben (zum Teil erst im Beschwerdeverfahren, was aber mangels Neuerungsverbot nicht unzulässig und vom BVwG daher zu berücksichtigen ist, vgl VwGH 29.03.2017, Ra 2016/05/0069; 30.03.2017, Ro 2015/03/0036) - nachgewiesen, dass er nicht nur zeitliche Verzögerungen hinzunehmen hätte die jeden Zivildienstpflichtigen treffen, sondern dass nicht nachholbare Ausbildungsinhalte verloren gingen die ihm einen mit hoher Wahrscheinlichkeit entscheidenden Nachteil bei der von ihm ins Auge gefassten späteren Übernahme in ein Dauerdienstverhältnis, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, entstünden. Somit liegt ein bedeutender Nachteil vor, weil es nicht mehr nur um den Zeitverlust geht (VwGH 17.11.1998, 98/11/0150, VwGH 24.08.1999, 98/11/0203).

Der Antrag des BF auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes wurde von der belangten Behörde im Ergebnis daher zu Unrecht abgewiesen. Dem angefochtenen Bescheid haftet eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden und dem BF der Zivildienst bis zum Abschluss der Lehre als Chemieverfahrenstechniker aufzuschieben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die zitierte ständige Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Aufschubantrag, bedeutender Nachteil, Berufsausbildung,
Berufsausübung, Berufswechsel, gesundhitliche Gründe,
Lebensunterhalt, ordentlicher Zivildienst, Unterbrechung der Lehre

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2195313.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten