TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 W170 2115639-1

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Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2115639-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch deren Vater XXXX , XXXX geb., gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.10.2015, Zl. 1070429102-150547401, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

XXXX ist eine am XXXX in Österreich geborene syrische Staatsangehörige, deren Eltern XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, und XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, am 11.05.2014 nach ihrer Flucht aus Syrien in Österreich jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben; hinsichtlich der XXXX wurde der entsprechende Antrag am 22.05.2015 gestellt.

Die Anträge von XXXX und XXXX wurden hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der Asylberechtigten mit am 13.10.2014 zugestellten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.10.2014,

Zl.en 1. 14-101766706/14600679 und 14-1017667608/14600687 abgewiesen; unter einem wurde diesen der Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt.

Mit Schriftsatz vom 16.10.2014 (am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt) verzichteten XXXX und XXXX ausdrücklich auf ein Rechtsmittel gegen die diese betreffenden Bescheide, eine spätere Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2018, Gz.en W170 2013719-1/11E u.a., als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.10.2015, Zl. 1070429102-150547401, wurde der Antrag der XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen; unter einem wurde diesen der Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt.

In der gegen diesen Bescheid ergriffenen Beschwerde wurde nur auf das zu führende Familienverfahren Bezug genommen; mit (verfahrensleitenden) Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.2018 wurde XXXX bzw. deren gesetzlicher Vertreter aufgefordert, allfällige neue Fluchtgründe binnen Frist bekannt zu geben. Dieser Beschluss blieb bis dato unbeantwortet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien, da die beschwerdeführende Partei syrische Staatsangehörige ist.

Es ist daher zu prüfen, ob der beschwerdeführenden Partei in Syrien vor deren Ausreise Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass der beschwerdeführenden Partei mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Die in Österreich geborene beschwerdeführende Partei hat keine Fluchtgründe vorgebracht, die Anträge auf internationalen Schutz der Familienangehörige der beschwerdeführenden Partei im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG wurden hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der Asylberechtigten abgewiesen.

Daher kann dem Bundesamt nicht entgegengetreten werden, wenn es den Antrag auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Zuerkennung des Status des bzw. der Asylberechtigten abweist; da auch im Beschwerdeverfahren neue Fluchtgründe nicht einmal behauptet wurden, ist die entsprechende Beschwerde, die sich im Übrigen nur auf das - zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu führende - Familienverfahren bezog, abzuweisen.

3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, - der diesbezüglich § 24 Abs. 4 VwGVG vorgeht (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) - kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde und neue, entscheidungsrelevanten Tatsachen oder Rechtsfragen nicht zu sehen waren; im Übrigen wurde auch kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder Beweisanträge gestellt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG) zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylantragstellung, begründete Furcht vor Verfolgung, Bürgerkrieg,
Familienverfahren, Fluchtgründe, Flüchtlingsbegriff,
Glaubhaftmachung, inländische Schutzalternative, innerstaatliche
Fluchtalternative, Nachvollziehbarkeit, Verfolgungsgefahr,
wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2115639.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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