TE Lvwg Beschluss 2018/5/22 LVwG-M-4/001-2017

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Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Norm

NatSchG NÖ 2000 §12 Abs3
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs9
VwGVG 2014 §35 Abs7
B-VG Art130 Abs1 Z2

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin Dr. Raunig über die Maßnahmenbeschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, betreffend die Verständigung vom 19.01.2017, GZ: ***, gefertigt von G für die Frau Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, als belangte Behörde, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung, den

BESCHLUSS :

1.   Die Maßnahmenbeschwerde, die Beschwerdeführerin sei durch die Verständigung der belangten Behörde vom 19.01.2017, GZ: ***, in ihren Rechten verletzt worden, wird gemäß § 28 Abs. 6 i.V.m. § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Maßnahmenbeschwerde vom 02.03.2017 brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, dass davon ausgegangen werde, dass die Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19.01.2017, ***, wonach sie auf in ihrem Eigentum stehenden sowie näher bezeichneten bewaldeten Grundflächen im Ausmaß von rund 35 ha keine Eingriffe oder Veränderungen mehr vornehmen dürfe, als AuvBZ qualifiziert werden könne und dieser Akt rechtswidrig sei.

Konkret erachte sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterbleiben der verfügten vorläufigen Unterschutzstellung ihres Eigentums zum Naturdenkmal gemäß § 12 Abs. 9 NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000), wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, verletzt. Gegenstand des Verfahrens sei daher die Prüfung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung, der zufolge die Beschwerdeführerin ihr Eigentum nicht mehr frei nutzen sowie keine Veränderungen vornehmen dürfe.

Die vorliegende Beschwerde sei rechtzeitig erhoben worden. Die Verständigung sei der Beschwerdeführerin am 19.01.2017 per E-Mail zugestellt worden, die Beschwerdefrist ende demnach am 02.03.2017.

Zum Sachverhalt werde seitens der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sie am Standort *** ein Tanklager betreibe. Dieses Tanklager sei im Jahr 1975 auf einem rund 26 ha großen Teilbereich einer als Bauland–Industriegebiet gewidmeten und seit dem Jahr 1974 im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Fläche im Gesamtausmaß von ca. 74 ha errichtet worden, wobei die übrige Fläche entgegen ursprünglicher Pläne bislang unbebaut geblieben sei.

Das gesamte im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Areal befinde sich in keinem Europa-, Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet und habe sich auch nicht in der im Jahr 2012 veröffentlichen NATURA 2000-Schattenliste des Umweltschutzverbandes wiedergefunden. Demnach sei in der Vergangenheit selbst von ausgewiesenen Experten und anerkannten Umweltorganisationen keine Schutzbedürftigkeit gesehen worden.

Andererseits werde der gesamte Bereich um das Tanklager in der zuletzt im Jahr 2010 novellierten Verordnung über ein Regionales Raumordnungsprogramm ***, LGBl 8000/35-2, als „Betriebs- und Industriebauland“ und nicht als „erhaltenswerter Landschaftsteil“ oder „regionale Grünzone“ ausgewiesen.

Ein Großteil der unbebauten Flächen sei in der Vergangenheit an Dritte unter dem Vorbehalt des jederzeitigen freien Widerrufes zum Zweck der landwirtschaftlichen Nutzung als Prekarium gemäß § 974 ABGB übergeben worden. Ende November 2016 habe die Beschwerdeführerin den Prekariumsnehmern jedoch mitgeteilt, dass die Bittleihen mit 31.12.2016 widerrufen werden.

Auf Teilbereichen der unbebauten Waldflächen führe ein von der Beschwerdeführerin beauftragtes Fachunternehmen seit 09.01.2017 Durchforstungsarbeiten durch, die zwar nach der Stellungnahme von C vom 01.02.2017 keiner forstrechtlichen Bewilligungen bedurft haben, die aber von einer als „D“ bezeichneten Personengruppe einerseits als Waldverwüstung, andererseits als unzulässige Eingriffe in den aus ihrer Sicht naturschutzrechtlich schützenswerten *** angesehen worden seien.

Diese Rechtsauffassung haben die „D“ der Naturschutzbehörde über die Umweltanwaltschaft am 10.01.2017 mitgeteilt. Nachdem die Beschwerdeführerin noch am selben Tag von der Behörde über diesen Umstand informiert worden sei, habe sie die Forstarbeiten aus freien Stücken vorläufig eingestellt.

Auffällig sei und sei vor dem Hintergrund der Beweggründe der „D“ an dieser Stelle anzumerken, dass der Sprecher der Personengruppe sowohl Prekariumsnehmer als auch ehemaliger Liegenschaftseigentümer gewesen sei und daher massiv von der Vorgangsweise der Beschwerdeführerin profitiert habe: Einerseits habe er im Jahr 1974 einen lukrativen – für Bauland - Industriegebiet angemessenen – Kaufpreis für seine Liegenschaft erzielen können, andererseits sei er berechtigt gewesen, seine Grundstücke unentgeltlich weiter zu nutzen. Gleiches gelte für andere „D“.

Auf Grund der erwähnten Anzeige der „D“ vom 10.01.2017 sei am 11.01.2017 ein Lokalaugenschein unter Beiziehung eines naturschutz- sowie forstfachlichen ASV anberaumt worden. Dort sei in der Verhandlungsschrift Folgendes festgehalten bzw. von der Naturschutzbehörde festgestellt worden:

„Zur Prüfung der Angaben der ‚D‘ bzw. zur Feststellung, ob durch die geplanten Forstarbeiten eine Beschädigung oder

Vernichtung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten der‚ Fauna-FIora-Habitat

Tierarten‘ oder eine Beeinträchtigung von vom Aussterben bedrohten

Pflanzen und Tieren zu erwarten ist, wurde nunmehr Herr E dem Verfahren beigezogen.

Dieser erklärt, dass aufgrund der vorgelegten Unterlagen von einem bedeutenden Vorkommen geschützter Arten auszugehen ist, dass aber eine

genauere Dokumentation bzw. eine Gutachtenserstellung gewisse Zeit in

Anspruch nehmen werde.

[…]

Somit besteht aber aus derzeitiger Sicht auch keine Rechtsgrundlage, auf

die eine Einstellung der Arbeiten gestützt werden könne.“

Am 18.01.2017 habe die Beschwerdeführerin der Naturschutzbehörde per E-Mail mitgeteilt, dass

„nach Prüfung des Sachverhaltes durch interne und externe Juristen sowie

der Einholung einer Fachmeinung eines namhaften Biologen und Ornithologen, welcher auch für die NÖ Behörden arbeitet und auf Basis der zur

Verfügung stehenden Informationen auf der Web-Site

*** sowie der Lage des Gebietes eine erste Einschätzung abgegeben hat, von unseren Gremien entschieden [wurde], die forstwirtschaftlichen Tätigkeiten auf unseren Liegenschaften fortzusetzen.“

Als Reaktion auf diese Mitteilung, sei die nunmehr bekämpfte Verständigung vom 19.01.2017, ***, gefolgt. Mit ihr sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass hinsichtlich des *** ein Verfahren zur Erklärung zum Naturdenkmal eingeleitet worden sei und gemäß § 12 Abs. 9 i.V.m. Abs. 3 NÖ NSchG 2000 verfügt worden sei, dass die Beschwerdeführerin auf diesen Grundstücken keine Eingriffe oder Veränderungen mehr vornehmen dürfe. Begründend sei auf eine – der Beschwerdeführerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannte, erst am 13.02.2017 im Zuge einer Besprechung bei der Behörde übergebene – Stellungnahme von E verwiesen worden, die auszugsweise wie folgt von der Behörde zitiert worden sei:

„Aufgrund der standorttypischen Bodenständigkeit, der Nicht-Nutzung

über lange Zeiträume, der Ursprünglichkeit und des Flächenausmaßes des

*** (ca. 68 ha) ergibt sich, dass dieser Wald sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht eine herausragende naturkundliche

Einzigartigkeit im so genannten‚  ***‘ darstellt. Gleichzeitig ist er

auch das letzte größere, intakte Lebensraum-Ensemble des gesamten Gebietes, das sonst durch intensive agro-industrielle Ackerbaunutzungen,

großflächigen Schotterabbau, Bau-, Gewerbe-, und Industriegebiete sowie

Verkehrsflächen anthropogen überprägt ist.“

Im Volltext der Stellungnahme des naturschutzfachlichen ASV finden sich auch folgende Aussagen:

„Auch ich bin …‘kein Magier, der diese Arten wie ein Kaninchen aus dem

Zylinder zaubern kann.‘

[…]

Diese derzeit gültige Widmungs-Kategorie ist naturgemäß keine Garantie,

die für die weitere unversehrte Erhaltung dieses naturschutzfachlich wert-

vollen Waldkomplexes förderlich ist (sondern eher das Gegenteil!). Es erheben sich die Fragen hinsichtlich der Aktualität der Widmung und deren Begründung, die der artenschutzrechtlichen Bedeutung der betroffenen Fläche absolut nicht gerecht wird.

Des Weiteren besteht in der Region meiner Ansicht nach kein Mangel an

agroindustriellen Produktionsflächen, großflächigem Schotterabbau, Bau-,

Gewerbe- und Industriegebiete sowie an Verkehrsflächen. Davon ist in der

Region genug da!

[…]

Ansonsten kann ich nicht Naturgeschichte betreiben, sondern nur mehr

Geschichte. Dann hat der *** keinen naturschutzfachlichen Wert

mehr, sondern bestenfalls einen historischen, die folgendermaßen beginnen könnte (‚… Den *** hat es seit der Josephinischen Landesaufnahme (1763-1787) bis 2017 gegeben‘).“

Die Verständigung gemäß § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 sei als AuvBZ zu qualifizieren.

Wie jedes andere Naturschutzgesetz der Länder auch, sehe das NÖ NSchG 2000 in seinem § 12 ein Schutzregime für besondere „Naturgebilde“ vor. Solche „Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen, der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen oder die besondere

wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung haben, können mit Bescheid

der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können daher

insbesondere Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen, Bäume, Hecken, AI-

Ieen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume, Bestände seltener oder

gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Felsbildungen, erdgeschichtliche Aufschlüsse

oder Erscheinungsformen, fossile Tier- oder Pflanzenvorkommen sowie Fundorte

seltener Gesteine oder Mineralien erklärt werden.

In Bezug auf das Unterschutzstellungsverfahren normiere § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000, dass „die Verpflichtungen nach Abs. 3 ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales [gelten] außer Kraft [treten], wenn der Bescheid nicht innerhalb von 12 Monaten erlassen wird.“

Mit der Verständigung gemäß § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 treten für den Betroffenen unbestritten einschneidende Rechtswirkungen, insbesondere Eingriffe in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentums- und Erwerbsfreiheit, ein, die nach dem Rechtsstaatsprinzip einer Rechtskontrolle zuführbar sein müssen. In dem Sinne führe der VfGH seit seiner Grundsatzentscheidung vom 06.10.1981, G 47/79, VfSlg 9226, in ständiger Rechtsprechung aus, dass für die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ein Mindestmaß an faktischer Effizienz des Rechtsschutzes erforderlich sei.

Aus der rechtsstaatlichen Bedeutung des Rechtsschutzes habe der VfGH überdies den verfassungsrechtlichen Grundsatz der „Geschlossenheit des Rechtsquellensystems“ im Sinne eines Rechtstypenzwangs abgeleitet: Da das B-VG den Rechtsschutz an die ausdrücklich genannten Rechtsformen knüpfe, könne insbesondere der Ausschluss der Bescheidform für individuelle Rechtseingriffe verfassungswidrig sein; es könne daher im Wege verfassungskonformer Interpretation die Qualifikation eines Aktes als Bescheid geboten sein.

Vor diesem Hintergrund gehe die Beschwerdeführerin zwar davon aus, dass die bekämpfte Verständigung als bekämpfbarer Bescheid zu qualifizieren sei, es wäre schlicht verfassungswidrig, die Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin ohne nähere Begründung mit den negativen Rechtsfolgen eines Eigentumseingriffes sowie eines Eingriffes in ihre Erwerbsfreiheit zu belasten, ohne ihr die Möglichkeit eines Rechtsschutzes gegen die Verständigung der Behörde zu gewähren. Allerdings erhebe sie aus advokatorischer Vorsicht auch die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Verständigung als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu betrachten sei.

So habe der VfGH beispielsweise den Befehl, Transparente zu entfernen und das Verteilen von Flugschriften einzustellen, als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert. Weiters ergehen verwaltungspolizeiliche Maßnahmen wie z.B. ein Betretungsverbot regelmäßig als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sodass die hier vergleichbare Anordnung der Nichtnutzung ebenso als AuvBZ angesehen werden könne. Für die Qualifikation als AuvBZ spreche zudem der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin bei Nichtbefolgung der bekämpften Verständigung sowohl mit einer Verwaltungsstrafe als auch mit einem Auftrag nach § 35 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 konfrontiert sehe.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass den betroffenen Grundeigentümern im Unterschutzstellungsverfahren gemäß § 12 NÖ NSchG 2000 Parteistellung zukomme und sie in diesem Verfahren vorbringen können, dass die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung nicht vorliegen. Anders gewendet komme der Beschwerdeführerin ein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass ihr Eigentum nicht unter vorläufigen Naturdenkmalschutz gestellt werde, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Dieses Recht werde im vorliegenden Fall verletzt: Einerseits decken die Ermittlungsergebnisse das behördliche Handeln nicht ab, andererseits ergebe sich aus beiliegender fachlicher Stellungnahme der *** GmbH vom 16.02.2017, dass weder der Teil des ***, der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehe, noch der gesamte *** ein Naturgebilde im Sinne des § 12 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 darstelle.

Schließlich bestreite die Beschwerdeführerin den Rechtsweg im Hinblick auf allfällige amtshaftungsrechtliche Schadenersatzansprüche, da gemäß § 2 Abs. 2 AHG der Ersatzanspruch nicht bestehe, wenn der Geschädigte den Schaden durch Rechtsmittel hätte abwenden können.

Zur Rechtswidrigkeit des AuvBZ werde ausgeführt, dass das NÖ NSchG 2000 für unterschiedliche Schutzgüter verschiedene Schutzkategorien vorsehe, die auch andersartige Schutzzwecke verfolgen. Daher seien Naturschutzgebiete von Europaschutzgebieten und diese Gebiete von Naturgebilden im Sinne des § 12 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 klar abzugrenzen. Anders gewendet dürfe ein Gebiet, das die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Europaschutzgebiet erfülle, nicht zu einem Naturdenkmal und ein Naturdenkmal nicht zu einem Europaschutzgebiet erklärt werden. Wie jedoch im vorliegenden Fall zu zeigen sein werde, sei die Behörde genau diesen rechtswidrigen Weg gegangen.

Dabei habe die Behörde überdies insoweit rechtswidrig agiert, als sie dem Überraschungsverbot widersprechend in ihrer Verständigung vom 19.01.2017 Sachverhaltselemente zur Begründung für die Einleitung des Naturdenkmalunterschutzstellungsverfahrens herangezogen habe, die nicht Gegenstand des Lokalaugenscheines gewesen seien. Dies sei insoweit erstaunlich und beachtenswert, als im Zuge des Lokalaugenscheines am 11.01.2017 von der Behörde ausschließlich Ermittlungen in Bezug auf den Artenschutz und auf ein Europaschutzgebiet gesetzt worden seien.

Nur eine Woche nach dem Lokalaugenschein am 11.1.2017 und bloß einen Tag nach der Mitteilung der Beschwerdeführerin an die Behörde, wonach die Forstarbeiten fortgesetzt werden würden, habe die Behörde ihre Strategie geändert und der Beschwerdeführerin ohne Änderung der Sach- und Rechtslage mitgeteilt, dass der *** zum flächigen Naturdenkmal erklärt werden solle. Bereits diese Differenzierung nach Eigentumsverhältnissen zeige das willkürliche Vorgehen der Behörde auf, zumal „sich jener im Besitz der *** befindliche Teil des *** nicht von den angrenzenden Waldbeständen unterscheide.

Die von der Behörde gewählte Vorgangsweise habe erkennbar ausschließlich eine Stoßrichtung, nämlich die sofortige Unterschutzstellung einer rund 35 ha großen Waldfläche, die unter Umständen einem FFH-Lebensraumtypus zugeordnet werden könne und auf der sich geschützte Arten in einem nicht näher spezifizierten Umfang befinden, zum Naturdenkmal unter offenbar bewusster Umgehung des für solche Flächen vorgesehenen Schutzzweckes: Denn jedes flächen- und artenbezogene Unterschutzstellungsverfahren hätte einer Verordnung der Landesregierung und damit eines deutlich aufwendigeren Verfahrens gemäß § 29 NÖ NSchG 2000 bedurft.

Diese rechtswidrige Umgehungsabsicht der Behörde bzw. des belangten Organs werde auch sichtbar, wenn man sämtliche in NÖ unter Schutz gestellte Naturgebilde einerseits und Naturschutzgebiete andererseits in Bezug setze: Während sich ein Naturdenkmal nur im Einzelfall auf eine Fläche von über 1 ha erstrecke (von insgesamt 154 Baumgruppen erreichen bloß 20 eine Fläche von über 1 ha und nur zwei eine Fläche von über 10 ha), beginnen Naturschutzgebiete erst bei einer Fläche von 1,01 ha.

Im Ergebnis zeige sich, dass sowohl das NÖ NSchG 2000 als auch die ständige Verwaltungspraxis grundsätzlich von einer flächen- und größenabhängigen Abstufung „Landschaftsschutzgebiet - Naturschutzgebiet - Naturdenkmal“ ausgehen. Mit der nunmehr gewählten Vorgangsweise weiche die Behörde ausschließlich deshalb von der ständigen Verwaltungspraxis ab und berücksichtige die Systematik des NÖ NSchG 2000 bzw. die dort für bestimmte Schutzgüter vorgesehene Schutzkategorien nicht, weil sie eine von ihr gewünschte Rechtsfolge, nämlich eine im Ergebnis rechtswidrige vorläufige Unterschutzstellung, erzielen möchte.

Dass die Behörde bzw. das belangte Organ zunächst sehr wohl die Systematik des NÖ NSchG 2000 sowie die Verwaltungspraxis und somit nicht den Naturdenkmalschutz, sondern den Arten- und Gebietsschutz vor Augen habe, zeigen die im Zuge des Lokalaugenscheines gesetzten Ermittlungsschritte. Der Behörde sei es ausschließlich um die Erhaltung der im fraglichen Gebiet möglicherweise vorkommenden Arten bzw. Lebensräume, nicht hingegen um den Schutz einer konkreten Naturerscheinung gegangen; folglich sei auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 überhaupt nicht eingegangen worden.

Fachliche Voraussetzungen einer Unterschutzstellung liegen ebenfalls nicht vor.

Selbstverständlich können Naturschutzbehörden im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit ausschließlich Naturgebilde unter Naturdenkmalschutz stellen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Daher könne die Behörde nicht willkürlich Naturdenkmalverfahren einleiten. Eine solche willkürliche Vorgangsweise könne auf Grund des damit verursachten Schadens vielmehr amtshaftungsrechtliche Folgen auslösen.

Wie oben unter Pkt 2.10 dargelegt, habe die Behörde die am 19.01.2017 verfügte vorläufige Unterschutzstellung ausschließlich angesichts der Stellungnahme von E vorgenommen.

Dabei überrasche zunächst, dass der Amtssachverständige nur eine Woche vor dieser Befundung noch nichts von einer „Einzigartigkeit“ wissen bzw. eine solche nicht erblicken habe können. Derartige Ausführungen finden sich nicht in der Verhandlungsschrift. Es sei durchaus erstaunlich und vor dem Hintergrund einer transparenten Verfahrensführung bemerkenswert, dass der ASV im Zuge des Lokalaugenscheines keine Stellungnahme abgegeben habe, in der Folge jedoch - warum auch immer - aus eigenem Antrieb und ohne erkennbaren Auftrag der Behörde eine solche der Behörde übermittelt habe.

Unabhängig von dieser offenkundigen Befangenheit des ASV und die damit verbundene mangelhafte Sachverhaltsermittlung durch das belangte Organ, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (vorläufige) Unterschutzstellung zum Naturdenkmal nicht vor. Dies zusammengefasst aus nachstehenden Gründen:

?   Zunächst sei - entgegen den bisherigen Darstellungen - festzustellen, dass der ***, der laut Waldentwicklungsplan Nutzungsfunktion aufweise, zur Gewinnung von Brennholz genutzt worden sei und sich Unterschiede zwischen den Beständen auf Grundstücken im Besitz der Bf und anderer Waldbesitzer nur bedingt ausmachen lassen.

?   Bedingt durch die traditionelle bäuerliche Nutzung seien „Altholzzellen“ nur in geringem Maße vorhanden (die Altersklassenverteilung variiere sehr klein-flächig), ebenso fehlen Überhälter in jüngeren Beständen mit einem Alter von mehr als 60 bis 80 Jahren.

?   Aufgrund der traditionellen Brennholznutzung kommen keine gänzlich unbeeinflussten Teilflächen mit einem hohen Anteil an stehendem und liegendem Totholz vor; „Urwaldzellen“ existieren daher nicht.

?   Der *** zeichne sich aufgrund der im unmittelbaren Nahbereich situierten Wälder *** einerseits, *** andererseits nicht durch seine Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung aus, verleihe der Landschaft kein besonderes Gepräge und habe wegen der vergleichsweise häufig auftretenden FFH-Lebensraumtypen auch keine herausragende wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung.

Es werden daher die Anträge gestellt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den angefochtenen Verwaltungsakt gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG für rechtswidrig zu erklären und diesen aufzuheben sowie gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG i.V.m. der VwG-Aufwandersatzverordnung den Ersatz der durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution aufzutragen.

Der Beschwerde wurden beigelegt:

?   Rechtsvorschriften für Regionales Raumordnungsprogramm ***, Beilage ./1

?   Forstfachliche Stellungnahme vom 01.02.2017 C, Beilage ./2

?   Naturschutzfachliche Beurteilung der Waldvegetation ***, *** und ***, Beilage ./3

?   Excel-Tabelle, Beilage ./4

Nach Übermittlung der Beschwerde samt Beilagen, wurde seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 17.10.2017, die Gegenschrift eingebracht. Darin werde auf das im Zusammenhang mit der eingebrachten Maßnahmenbeschwerde stehende, bereits abgeführte Beschwerdeverfahren LVwG-AV-224/001-2017, und den dazu ergangenen Beschluss vom 15.03.2017 verwiesen.

In diesem Verfahren sei vom Landesverwaltungsgericht festgehalten worden, dass das nunmehr von der Beschwerdeführerin als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifizierte Verständigungsschreiben der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19.01.2017 nicht als Bescheid zu werten sei.

Zur Qualifizierung des Schreiben als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verweise die Bezirkshauptmannschaft Amstetten auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge ein Eingriff in Rechte des Betroffenen durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Allgemeinen nur dann vorliege, wenn physischer Zwang ausgeübt werde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls drohe. Dem Befehlsadressaten müsse daher bei Nichtbefolgung der Anordnung eine unverzüglich einsetzende physische Sanktion bevorstehen.

Im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19.01.2017 sei die A GmbH lediglich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass auf bestimmten bewaldeten sich im Eigentum der Beschwerdeführerin befindlichen Grundstücken ein Verfahren zur allfälligen Erklärung als Naturdenkmal eingeleitet worden sei. Es sei in diesem Schreiben keinerlei Anordnung erfolgt, sondern sei vielmehr auf die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 i.Z.m. Abs. 9 NÖ Naturschutzgesetz 2000, welche die gesetzlich normierten Folgen einer Verfahrenseinleitung regeln, hingewiesen worden.

Bei Nichtbeachtung des § 12 Abs. 3 i.Z.m. Abs. 9 NÖ NSchG 2000, habe die Behörde die jeweils notwendigen Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mit Bescheid zu verfügen bzw. ein Strafverfahren einzuleiten.

Aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Amstetten handle es sich daher bei gegenständlichem Verständigungsschreiben um keinen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, da ein solcher nur dann vorliege, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handels mehr bedürfe, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 23.11.2017 an, zu welcher F als informierter Vertreter der Beschwerdeführerin sowie der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erschienen sind.

Seitens der belangten Behörde wurde kein Vertreter entsandt.

Seitens des Beschwerdeführervertreters wurde in der Verhandlung das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 19.01.2017 „Verfahrenseinleitung“ vorgelegt und als Beilage ./A zum Akt genommen.

Zum Verfahren LVwG-AV-224/001-2017 wurde mitgeteilt, dass Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben worden sei. Die Beschwerde sei abgewiesen worden, gleichwohl im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Der informierter Vertreter, F, gab zusammengefasst an, dass er auf Grund der Verfügung vom 19.01.2017 und auf Grund der telefonischen Kontaktaufnahme durch G die Arbeiten eingestellt habe bzw. veranlasst habe, dass die Arbeiten eingestellt werden. Seither seien auch keine Arbeiten mehr durchgeführt worden.

Ein Bescheid nach § 12 Abs. 9 NÖ Naturschutzgesetz 2000 sei noch nicht erlassen worden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu Folgendes erwogen:

Nachstehender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin ist grundbücherliche Liegenschaftseigentümerin von einer Fläche von ca. 74 ha in der Gemeinde *** und *** und betreibt am Standort *** ein Tanklager. Dieses Tanklager wurde im Jahr 1975 auf einem rund 26 ha großen Teilbereich einer als Bauland-Industriegebiet gewidmeten und seit 1974 im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Fläche errichtet.

Das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Areal befindet sich in keinem Europa-, Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet.

Am 19.01.2017 erhielt die Beschwerdeführerin seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, GZ: ***, eine Verständigung mit nachstehendem Inhalt:

„Verfahrenseinleitung

Seitens der Niederösterreichischen Umweltanwaltschaft wurde angeregt, den soge-

nannten „***“ im Gemeindegebiet von *** und *** zum ?ächi-

gen Naturdenkmal zu erklären. Die besondere Dringlichkeit der Einleitung eines sol-

chen Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmals liegt aus Sicht der NÖ Umwelt-

anwaltschaft deshalb vor, weil ein seitens der Grundeigentümerin (A GmbH) beauftragter Forstbetrieb in den ersten beiden Jännerwochen 2017

bereits Fällungen vorgenommen habe.

Vom Amtssachverständigen für Naturschutz wurde in diesem Zusammenhang

grundsätzlich wie folgt festgehalten:

„Aufgrund der standorttypischen Bodenständigkeit, der Nicht-Nutzung über lange

Zeiträume, der Ursprünglichkeit und des Flächenausmaßes des *** (ca.

68 ha) ergibt sich, dass dieser Wald sowohl in qualitativer als auch in quantitativer

Hinsicht eine herausragende naturkundliche Einzigartigkeit im so genannten

„***“ darstellt. Gleichzeitig ist er auch das letzte größere, intakte Lebens-

raum-Ensemble des gesamten Gebietes, das sonst durch intensive agro-industrielle

Ackerbaunutzungen, großflächigen Schotterabbau, Bau-, Gewerbe-, und Industrie-

gebiete sowie Verkehrsflächen anthropogen überprägt ist. “

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten setzt Sie daher vom oben beschriebenen

Sachverhalt in Kenntnis. Es wird darauf hingewiesen, dass somit das Verfahren zur

Erklärung als Naturdenkmal vorerst auf den bewaldeten Flächen der Grundstücke Nr.

***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***,***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, alle KG ***, bzw. Nr. ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, ***, alle KG ***, eingelei-

tet wurde.

Die Einleitung des Verfahrens erfolgt vorerst lediglich auf den bewaldeten Grund?ä-

chen der A GmbH. Dies gründet darauf, dass auf diesen

Flächen in den vergangenen 40 Jahren kaum forstwirtschaftliche Nutzung erfolgte

und daher das gehäufte Vorkommen geschützter Arten in diesem Bereich anzuneh-

men ist. Es wird jedoch ein Amtssachverständiger für Naturschutz auch mit der Fra-

ge des Umfanges eines allfälligen Naturdenkmals betraut werden.

Gemäß § 12 Abs. 3 NÖ Naturschutzgesetz 2000 dürfen an einem Naturgebilde, über

das ein Verfahren zur Erklärung zum Naturdenkmal eingeleitet wurde, keine Eingrif-

fe oder Veränderungen vorgenommen werden. Weiters sind auch sämtliche Maß-

nahmen außerhalb des von der Unterschutzstellung betroffenen Bereiches zu unter-

lassen, die eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes bewirken könn-

ten.

Diese Verpflichtungen gelten ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung

des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales und treten außer Kraft, wenn der

Bescheid nicht innerhalb von 12 Monaten erlassen wird.

Zur Klärung des weiteren Vorgehens wird die Bezirkshauptmannschaft Amstetten ein

Gutachten eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen einholen. Dieses Gut-

achten wird lhnen mit der Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, zur Kenntnis ge-

bracht werden.“

Mit Ausnahme dieser Verständigung, erfolgte in dieser Angelegenheit keine weitere Amtshandlung gegenüber der Beschwerdeführerin, weder wurde ihr gegenüber ein Befehl ausgesprochen noch Zwang ausgeübt.

Infolge dieser Verständigung wurden Arbeiten auf dem Areal der Beschwerdeführerin durch die Beschwerdeführerin eingestellt bzw. die Einstellung veranlasst.

Ein Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 23.11.2017, vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000 nicht erlassen.

Neben der hier anhängigen Maßnahmenbeschwerde brachte die Beschwerdeführerin auch Beschwerde gegen selbige Verständigung beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein. Mit Erkenntnis vom 15.03.2017, GZ: LVwG-AV-224/001-2017, wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

Die in weiterer Folge erhobenen Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof wurden ebenfalls negativ entschieden.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund der vorgelegten Urkunden, des Beschwerdevorbringens sowie des durchgeführten Beweisverfahrens.

Dass die Beschwerdeführerin grundbücherliche Eigentümerin des oben festgestellten Areals in dem genannten Ausmaß in der Gemeinde *** und *** ist, basiert auf den Angaben derselben in der Maßnahmenbeschwerde und ergibt sich auch aus den vorgelegten und im Akt befindlichen Urkunden.

Die Feststellungen bezüglich der Verständigung über die Verfahrenseinleitung basieren gleichermaßen auf den übereinstimmenden Ausführungen der Beschwerdeführerin mit der vorgelegten Verständigung der belangten Behörde. Letztgenannter Urkunde konnte der Inhalt zweifelsfrei entnommen und folglich auch festgestellt werden.

Die Feststellungen hinsichtlich des parallel geführten Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und dem Ausgang desselben, basieren auf dem Vorbringen der Beschwerdeführerin selbst und den im Akt befindlichen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich und des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes.

Dass die Arbeiten infolge des Erhalts der Verständigung eingestellt wurden, konnte auf Grundlage der glaubwürdigen Angaben des informierten Vertreters in der mündlichen Verhandlung konstatiert werden.

Gleich verhält es sich mit der Feststellung, dass bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 23.11.2017 kein Bescheid iSd NÖ NSchG 2000 erlassen wurde.

Die Feststellungen, dass mit Ausnahme der Verständigung keine weitere Amtshandlung in dieser Causa gegenüber der Beschwerdeführerin gesetzt wurde und auch kein Befehl geäußert oder Zwang geübt wurde, konnten mangels entsprechender Hinweise und Vorbringen bedenkenlos getroffen werden. Überhaupt ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen ohnehin eindeutig, dass sich die Beschwerde nur gegen diese Verständigung vom 19.01.2017 richtet und nicht gegen allfällige weitere Amtshandlungen.

In rechtlicher Hinsicht war zu erwägen:

Die Maßnahmenbeschwerde vom 02.03.2017 richtet sich gegen die Verständigung vom 19.01.2017 – und ist sohin – im Hinblick auf die sechswöchige Beschwerdefrist – gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG rechtzeitig.

Obgleich die Maßnahmenbeschwerde rechtzeitig erhoben wurde, liegt ihr kein tauglicher Beschwerdegegenstand zu Grunde.

Nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor,

wenn er von Verwaltungsorganen im Bereich der Hoheitsverwaltung relativ formfrei

gesetzt wird, sich an einen individuell bestimmten Personenkreis wendet und

entweder in Form eines Befehls ergeht, oder in der Anwendung physischen Zwangs

besteht und er durch relative Verfahrensfreiheit gekennzeichnet ist. Darüber hinaus

muss ein Eingriff in Rechte durch Befehl oder Zwang erfolgen.

Zentrales Merkmal derartiger Akte ist sohin die Normativität. Diese manifestiert sich

bei Befehlsakten darin, dass gegenüber dem Adressaten eine bei Nichtbefolgung

unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird bzw. dass aus den

Begleitumständen erkennbar ist, dass eine solche droht, sofern der Betroffene an der

Amtshandlung nicht freiwillig mitwirkt. Voraussetzung für die Maßnahmenqualität

eines behördlichen Befehls ist nach der Rechtsprechung daher ein unmittelbarer

Befolgungsanspruch. Das bedeutet, dass dem Betroffenen bei Nichtbefolgung des

Befehls unmittelbar, d.h. unverzüglich ohne weiteres Verfahren, eine physische

Sanktion droht, wie beispielsweise die zwangsweise Entkleidung oder Festnahme

(vgl. VfSlg. 10.662/1985).

Sofern gegen den Betroffenen kein unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt wird

und ein solcher auch nicht unmittelbar droht, kann das Einschreiten eines

Verwaltungsorganes nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher

Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden (siehe dazu beispielsweise VwGH

28.2.1997, 96/02/0299).

Die Verständigung erging seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten und ist gefertigt von G für den Bezirkshauptmann. Die Verständigung war individualisiert, da sie gegen die Beschwerdeführerin gerichtet war.

Es fehlen aber die weiteren, erforderlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Maßnahme:

Zum einen liegt kein „behördlicher Befehl“ vor und zum anderen droht keine – ohne „weiteres Verfahren“ – eintretende „physische Sanktion“.

Die hier gegenständliche und relevante Norm ist § 12 NÖ Naturschutzgesetz 2000:

(1) Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen, der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen oder die besondere wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung haben, können mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können daher insbesondere Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen, Bäume, Hecken, Alleen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume, Bestände seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Felsbildungen, erdgeschichtliche Aufschlüsse oder Erscheinungsformen, fossile Tier- oder Pflanzenvorkommen sowie Fundorte seltener Gesteine oder Mineralien erklärt werden.

(2) Soweit die Umgebung eines Naturgebildes für dessen Erscheinungsbild oder dessen Erhaltung mitbestimmende Bedeutung hat, kann diese in den Naturdenkmalschutz einbezogen werden.

(3) Am Naturdenkmal dürfen keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden. Das Verbot bezieht sich auch auf Maßnahmen, die außerhalb des von der Unterschutzstellung betroffenen Bereiches gesetzt werden, soweit von diesen erhebliche Auswirkungen auf das Naturdenkmal ausgehen. Nicht als Eingriffe gelten alle Maßnahmen, die dem Schutz und der Pflege des Naturdenkmales dienen und im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde gesetzt werden.

(4) Die Behörde kann für Maßnahmen, die Eingriffe im Sinne des Abs. 3 darstellen, die aber insbesondere der wissenschaftlichen Forschung oder der Erhaltung oder der Verbesserung des Schutzzweckes dienen sowie für die besondere Nutzung des Naturdenkmales Ausnahmen gestatten, wenn dadurch das Ziel der Schutzmaßnahme nicht gefährdet wird.

(5) Der Grundeigentümer oder Verfügungsberechtigte hat für die Erhaltung des Naturdenkmales zu sorgen. Aufwendungen, die über den normalen Erhaltungsaufwand hinausgehen, sind, sofern sie der Berechtigte nicht freiwillig aus eigenem trägt, vom Land zu tragen.

(6) Bei Gefahr im Verzug hat der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte die zur Abwehr von Gefahren von Personen oder Sachen notwendigen Vorkehrungen am oder um das Naturdenkmal unter möglichster Schonung seines Bestandes zu treffen. Derartige Maßnahmen sind der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(7) Eigentümer oder Verfügungsberechtigte eines Naturdenkmales haben jede Gefährdung, Veränderung oder Vernichtung des Naturdenkmales sowie die Veräußerung des in Betracht kommenden Grundstückes der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(8) Die Erklärung zum Naturdenkmal ist zu widerrufen, wenn

      1. der Zustand des Naturdenkmales eine Gefährdung für Personen oder Sachen darstellt,

      2. eine wesentliche Änderung der Eigenschaften, die zur Erklärung zum Naturdenkmal geführt haben, eingetreten ist,

      3. wenn das geschützte Objekt nicht mehr besteht, oder

      4. diese im ausdrücklichen Widerspruch zu anderen naturschutzfachlichen Schutzkategorien steht.

Die Erklärung zum Naturdenkmal kann widerrufen werden, wenn dieses durch zumindest gleichwertige Schutzziele anderer naturschutzfachlicher Schutzkategorien ohne wirtschaftlichen Nachteil für das Land Niederösterreich weiterhin dauerhaft gesichert bleibt.

(9) Die Verpflichtungen nach Abs. 3 gelten ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales und treten außer Kraft, wenn der Bescheid nicht innerhalb von 12 Monaten erlassen wird.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.01.2017, wurde die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Einleitung eines Naturdenkmalverfahrens gemäß § 12 NÖ Naturschutzgesetz 2000 verständigt.

Gemäß § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 dürfen am Naturdenkmal keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden.

Gemäß § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 gelten die Verpflichtungen nach Abs. 3 ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales und treten außer Kraft, wenn der Bescheid nicht innerhalb von 12 Monaten erlassen wird.

Dem Gesetz selbst ist sohin die Verpflichtung des Abs. 3 zu entnehmen, die mit dem Zugang der Verständigung eintritt.

Die Verständigung durch die Behörde selbst enthält keinen „behördlichen“ Befehl und einen sich daraus ableitenden Befolgungsanspruch.

Dieser Befolgungsanspruch, der der Maßnahmenqualität immanent ist, ergibt sich im konkreten Fall aber aus der gesetzlichen Bestimmung des § 12 Abs. 9 i.V.m Abs. 3 NÖ Naturschutzgesetz 2000.

Die Verständigung selbst enthält weder einen Befehl noch einen daraus ableitbaren Befehlscharakter. Der Befolgungsanspruch steht zwar im Zusammenhang mit der Verständigung, ist aber gesetzlich determiniert und nicht Resultat der Verständigung selbst.

Auch die Einleitung eines Strafverfahrens nach § 36 Abs. 1 Z 16 NÖ NSchG 2000 vermag diesen Befolgungsanspruch nicht zu konstruieren. Vielmehr schließt die mögliche Einleitung eines Strafverfahrens wiederum die Maßnahmenqualität dieser Verständigung aus. Wie bereits oben festgehalten, muss (unter anderem) „ohne weiteres Verfahren“, eine „physische Sanktion“ drohen, damit die Handlung den Kriterien eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entspricht.

Der Verweis der Beschwerdeführerin, dass bei Nichtbefolgung der gesetzlichen Verpflichtung ein Strafverfahren eingeleitet werden kann, verdeutlicht die mangelnde Maßnahmenqualität. Schließlich wird in diesem hypothetischen Fall ein „weiteres Verfahren“, das zu einer Sanktion führen kann, eingeleitet. Daneben ist auch die aus einem Strafverfahren resultierende drohende Sanktion keinesfalls eine „physische“.

Obgleich zur Vermeidung eines Strafverfahrens die Verpflichtung nach § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 einzuhalten ist, basiert der Befolgungsanspruch nicht auf der behördlichen Verständigung selbst, sondern auf der gesetzlichen Grundlage des § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000. Die zuletzt genannte Bestimmung ist somit Grundlage als auch Rechtfertigung für die Unterlassung der Durchführung von Eingriffen oder Veränderungen, nicht hingegen die Verständigung der belangten Behörde vom 19.01.2017.

Dieser Verständigung fehlt es an dem erforderlichen Befehls- bzw. Zwangselement. Sofern nämlich gegen den Betroffenen kein unmittelbarer physischer Zwang ausgeübt wird und ein solcher auch nicht unmittelbar droht, kann das Einschreiten eines Verwaltungsorganes nicht als Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden (vgl. VwGH 28.02.1997, 96/02/0299).

Ein allfällig eingeleitetes Strafverfahren wegen rechtswidrigem Verhalten vermag diesen Zwang nicht zu ersetzen bzw. ist einem physischen Zwang, wie er bei Maßnahmenbeschwerden gefordert wird, nicht gleichzustellen.

Vielmehr ist die Verständigung nach § 12 Abs. 9 NÖ NSchG 2000 als Hinweis auf den - von Gesetzes wegen bestehenden - Befolgungsanspruch des § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 zu werten. Die Verständigung selbst greift somit nicht unmittelbar in die subjektiven Rechte eines individuell bestimmten Adressaten ein, sondern ist es der ex lege Eingriff durch die Bestimmung des § 12 Abs. 3 NÖ NSchG 2000.

So hat auch der Verwaltungsgerichtshof – wenngleich in einem anderen Kontext – in der die Revision zurückweisenden Entscheidung gegen das Erkenntnis des LVwG NÖ, GZ: LVwG-AV-224/001-2017, festgestellt (unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 18.03.2015, Zl. 2013/10/0218), dass es der Verständigung an einem (für Bescheide) normativen Abspruch fehlt.

Obgleich im gegenständlichen Fall zwar ohnehin kein Bescheid Grundlage der Beschwerde sein kann, ergibt sich aus der Entscheidung des VwGH dennoch, dass es dieser Verständigung an „Normativität“ fehlt, die aber auch Charakteristikum eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist.

Abschließend ist noch anzumerken, dass auch keine Losgelöstheit aus einem förmlichen Verfahren besteht, zumal mit der Verständigung schließlich die Führung bzw. die Einleitung eines Verfahrens bekanntgegeben wird. Ein förmliches Verfahren ist sohin vorgesehen und kann die Verständigung nicht als eine vom förmlichen Verfahren separat zu betrachtende Verfahrenshandlung gesehen werden. Jedes Dazwischentreten eines Bescheides oder die Möglichkeit einen solchen zu erlangen, verhindern die Maßnahmenqualität und mangelt es diesen Akten an der Selbstständigkeit.

Bei einem allfällig binnen zwölf Monaten zu erlassenden Bescheid, besteht die Möglichkeit des Rechtschutzes durch Bescheidbeschwerde. Sofern kein Bescheid erlassen wird, tritt die Verpflichtung außer Kraft. Zwar kann im letzten Fall mangels Bescheiderlassung keine Beschwerde erhoben werden, doch führt dies nicht zwangsläufig zur Eröffnung des Rechtschutzweges mittels Maßnahmenbeschwerde. Vielmehr müssen die Voraussetzungen zur Qualifizierung einer Amtshandlung als Akt unmittelbarerer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dennoch gegeben sein, damit ein für eine Maßnahmenbeschwerde tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegt.

Auf Grund der oben stehenden rechtlichen Erwägungen, war der Maßnahmenbeschwerde der Erfolg zu versagen und die Maßnahmenbeschwerde zurückzuweisen.

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendung durch die unterlegene Partei.

Sofern eine Beschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG zurück- oder abgewiesen wird, ist die Behörde die obsiegende Partei und die Beschwerdeführerin die unterlegene Partei.

In diesem Verfahren wurde die Maßnahmenbeschwerde zurückgewiesen, sodass die belangte Behörde obsiegende Partei ist.

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist der Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten und kann der Antrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Ausgehend davon, dass die belangte Behörde als obsiegende Partei keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt hat, waren Kosten nicht zuzusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Maßnahmenqualität; Befehlsakt; Aufwandersatz;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.M.4.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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