Entscheidungsdatum
26.06.2018Norm
WRG 1959 §29 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
A) Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer beschlossen:
I. Das Verfahren über die Beschwerde der A OEG gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 5. April 2018, Zl. ***, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes, wird mit Ausnahme hinsichtlich des Ausspruches über die erforderlichen letztmaligen Vorkehrungen eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
B) Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde der A OEG gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 5. April 2018, Zl. ***, soweit das Verfahren nicht gemäß dem Beschluss unter Punkt A) eingestellt wurde, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruchs über die zu erfüllenden letztmaligen Vorkehrungen dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat wie folgt:
Die A OEG wird verpflichtet, bis spätestens 31. Oktober 2018 in Bezug auf ihre Abwasserreinigungsanlage, eingetragen unter PZ *** im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Zwettl, folgende Maßnahmen zu treffen und deren Erfüllung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl schriftlich anzuzeigen:
1. Die Stromzufuhr zur Kläranlage ist durch Abklemmen der Verbindung zu unterbrechen.
2. Der Kläranlagenbehälter (Kläranlagenbecken) ist zu reinigen (Ent-fernung und Entsorgung des allenfalls darin noch befindlichen Klärschlamms).
3. Die Belüftungseinheit ist aus dem Behälter der Kläranlage zu ent-fernen.
4. Der Ablauf aus dem Kläranlagenbehälter ist dauerhaft flüssigkeits-dicht zu verschließen.
5. Nach Durchführung der vorgenannten Maßnahmen ist der Kläran-lagenbehälter entweder zu verfüllen oder in eine dichte Senkgrube umzugestalten. In ersterem Fall ist der Behälter mit unbedenklichem Material (wie Sand, Schotter, nicht verunreinigtem Bodenaushub) vollständig zu verfüllen. Im zweiten Fall (Weiterverwendung des Kläranlagenbeckens als Senkgrube) ist nach Reinigung des Behälters und Herstellung der Abdichtung des Ablaufs eine Dichtheitsprobe durch einen Fachkundigen durchführen zu lassen und der Wasserrechtsbehörde zusammen mit der Ausführungsanzeige ein Dichtheitsattest vorzulegen.
6. Das Vererdungsbecken ist zu räumen sowie die vorhandene Folie zu entfernen und zu entsorgen. Anschließend ist dieses Becken mit unbedenklichem Material (wie Sand, Schotter, nicht verunreinigtem Bodenaushub) zu verfüllen.
Die Bekanntgabe, dass diesen behördlichen Anordnungen entsprochen wurde, hat gemäß § 29 Abs. 7 WRG 1959 durch schriftliche Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Zwettl erfolgen. Mit der Ausführungsanzeige übernimmt die A OEG gegenüber der Behörde die Verantwortung für die bescheidmäßige und fachtechnische Ausführung dieser Anordnungen.
Hinsichtlich der Erlöschensfeststellung bleibt der angefochtene Bescheid unberührt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 29 Abs. 1, 6 und 7 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§§ 28 Abs. 1 und 2, 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz,
BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F.)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr.10/1985 i.d.g.F.)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)
Entscheidungsgründe
1. Feststellungen
Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:
Die A OEG war Wasserberechtigte hinsichtlich der im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Zwettl unter PZ *** eingetragenen Abwasserreinigungs-anlage auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***.
Mit Bescheid vom 5. April 2018, ***, stellte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl fest, dass das mit Bescheid vom 15. Dezember 1998, ***, erteilte Wasserbenutzungsrecht, eingetragen im Wasserbuch des Verwaltungsbezirks Zwettl unter PZ ***, erloschen sei. Gleichzeitig wurde der A OEG aufgetragen, eine Reihe von Maßnahmen als letztmalige Vorkehrungen bis zum 8. Juni 2018 durchzuführen und darüber eine Ausführungsanzeige zu erstatten.
Die A OEG erhob rechtzeitig Beschwerde gegen diesen Bescheid, wobei dieser ausdrücklich seinem gesamten Umfang nach angefochten wurde. Im Rahmen der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen das Vorliegen eines Erlöschenstatbestandes bestritten.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte darüber am 21. Juni 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde gehört sowie der wasserbautechnische Amtssachverständige ergänzend befragt wurden.
Bei der mündlichen Verhandlung schränkte die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel auf die Bekämpfung der letztmaligen Vorkehrungen ein. Das Vorliegen eines Erlöschenstatbestandes wurde zugestanden.
Zur Vermeidung eines konsenslosen Betriebes sowie von Gewässergefährdungen bzw. zur Vermeidung von Gefahren für Menschen sind folgende Maßnahmen erforderlich:
1. Die Stromzufuhr zur Kläranlage ist durch Abklemmen der Verbindung zu unterbrechen.
2. Der Kläranlagenbehälter (Kläranlagenbecken) ist zu reinigen (Entfernung und Entsorgung des allenfalls darin noch befindlichen Klärschlamms).
3. Die Belüftungseinheit ist aus dem Behälter der Kläranlage zu entfernen.
4. Der Ablauf aus dem Kläranlagenbehälter ist dauerhaft flüssigkeitsdicht zu verschließen.
5. Nach Durchführung der vorgenannten Maßnahmen ist der Kläranlagenbehälter entweder zu verfüllen oder in eine dichte Senkgrube umzugestalten. In ersterem Fall ist der Behälter mit unbedenklichem Material (wie Sand, Schotter, nicht verunreinigtem Bodenaushub) vollständig zu verfüllen. Im zweiten Fall (Weiterverwendung des Kläranlagenbeckens als Senkgrube) ist nach Reinigung des Behälters und Herstellung der Abdichtung des Ablaufs eine Dichtheitsprobe durch einen Fachkundigen durchführen zu lassen und der Wasserrechtsbehörde zusammen mit der Ausführungsanzeige ein Dichtheitsattest vorzulegen.
6. Das Vererdungsbecken ist zu räumen sowie die vorhandene Folie zu entfernen und zu entsorgen. Anschließend ist dieses Becken mit unbedenklichem Material (wie Sand, Schotter, nicht verunreinigtem Bodenaushub) zu verfüllen.
Zur Erfüllung dieser Maßnahmen ist technisch eine Frist von zwei Monaten ausreichend, wobei dieser Zeitraum nicht nur den Zeitbedarf für die tatsächliche Durchführung der Arbeiten, sondern auch für deren Vorbereitung, die Einholung von Angeboten sowie die Vornahme der Fertigstellungsmeldung (Ausführungsanzeige) berücksichtigt.
Bei der gegenständlichen Anlage handelt es sich um eine solche ohne besondere Bedeutung (keine größere Relevanz für öffentliche Interessen bzw. keine Nachteile für fremde Rechte).
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde sowie des Landes-verwaltungsgerichtes Niederösterreich. Die Feststellungen hinsichtlich der vorzuschreibenden letztmaligen Vorkehrungen resultieren aus den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen. Es ist evident, dass bei Auflassung einer Wasseranlage solche Maßnahmen erforderlich sind, die einen nun nicht mehr der Überwachung der Behörde unterliegenden und konsenslosen Fortbetrieb der Anlage gesichert verhindern. Ebenso sind die Maßnahmen betreffend einer geordneten Verfüllung sowie alternativ einer ordnungsgemäßen Umwidmung der Anlage in eine dichte Senkgrube notwendig. So werden Unfälle, etwa durch das Hineinfallen von Personen in eine ungesicherte und keiner Erhaltungsverpflichtung mehr unterliegende Behälteranlage (inklusive Becken) verhindert. Im Fall der ordnungsgemäßen Umfunktionierung der Anlage in eine wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtige Senkgrube werden Gewässerverun-reinigungen vermieden.
Auch das Erfordernis der ordnungsgemäßen Entfernung und Entsorgung der Folie des Vererdungsbeckens zur Vermeidung von Umwelt- bzw. Gesundheitsschäden durch Abbauprodukte hat der Amtssachverständige nachvollziehbar begründet.
Gleiches gilt für den notwendigen Zeitbedarf für die Umsetzung der Maßnahme.
Dass die Anlage keine besondere Bedeutung hat, da sie weder öffentliche Interessen in größerem Umfang berührt noch fremden Rechten nachteilig ist, ist evident.
3. Rechtliche Beurteilung
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden rechtlichen Erwägungen leiten lassen:
3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
(…)
(6) Bei Anlagen, die keine besondere Bedeutung haben, das sind ua. solche, die weder öffentliche Interessen in größerem Umfang berühren noch fremden Rechten nachteilig sind, kann die Behörde im Erlöschensbescheid vorschreiben, dass die Bekanntgabe, dass den behördlichen Anordnungen gem. Abs. 1 entsprochen wurde, entweder nach Abs. 7 oder nach Abs. 8 zu erfolgen hat. In diesen Fällen entfällt die Überprüfung durch die Behörde gem. Abs. 4.
(7) Die Bekanntgabe, dass den behördlichen Anordnungen gem. Abs. 1 entsprochen wurde, ist der zuständigen Behörde vom bisher Berechtigten schriftlich anzuzeigen. Mit der Ausführungsanzeige übernimmt der bisher Berechtigte der Behörde gegenüber die Verantwortung für die bescheidmäßige und fachtechnische Ausführung der behördlichen Anordnungen.
(…)
VwGVG
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(…)
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(…)
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Art. 133 (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
3.2. Rechtliche Beurteilung
Die Einschränkung der Beschwerde auf die Bekämpfung der letztmaligen Vorkehrun-gen ist als teilweise Zurückziehung der Beschwerde zu werten. Damit hat das Ver-waltungsgericht insoweit seine Zuständigkeit zur meritorischen Entscheidung verloren (vgl. VwGH 6.5.1971, 227/70). Das auf Grund der Beschwerde anhängige Verfahren war daher insoweit mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).
Soweit die Beschwerde aufrecht blieb, hat das Gericht darüber gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache zu entscheiden.
Gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 ist im Erlöschensverfahren auszusprechen, ob und in wie weit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendigen Vorkehrungen zu treffen hat.
Eine Stilllegung einer Abwasseranlage im öffentlichen Interesse nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 dient auch dem Zweck der Hintanhaltung jeder künftigen missbräuchlichen Verwendung (zB VwGH 22.12.2011, 2010/07/0211). Es ist auch evident, dass die Vermeidung von Gefahren für die Gesundheit von Menschen im öffentlichen Interesse liegt.
Diesem Interesse dienen die aufgetragenen Maßnahmen, wobei anzumerken ist, dass durch die gegenständliche Entscheidung im Wesentlichen eine Klarstellung hinsichtlich der schon bereits von der belangten Behörde formulierten Maßnahmen erfolgt.
Soweit im angefochtenen Bescheid (bedingt) eine Vorschreibung zu Gunsten potentiell betroffener Grundeigentümer erfolgte, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0024), wonach die Eigentümer der von einer Wasserbenutzungsanlage in Anspruch genommenen nicht benachbarten sondern unmittelbar von der Anlage betroffenen Grundstücke nicht unter den Begriff der „Anrainer“ im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 fallen, sodass zu deren Gunsten auch keine letztmaligen Vorkehrungen vorzuschreiben sind. Es brauchte daher nicht geprüft zu werden, ob Anlagen überhaupt auf Fremdgrund gelegen sind.
Die Leistungsfrist hatte das Gericht schon deshalb neu zu bestimmen, da der erforderliche Zeitbedarf im Entscheidungszeitpunkt zu beurteilen ist. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, ist die eingeräumte Frist von etwa vier Monaten (somit doppelt so lange wie vom Amtssachverständigen aus technischer Sicht begründet) bei weitem ausreichend, um den Leistungspflichtigen unter Anspannung all seiner Kräfte der Lage des konkreten Falls nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. VwGH 24.4.2003, 2000/07/0247).
Da es sich im vorliegenden Fall offenkundig um eine Anlage handelt, die keine besondere Bedeutung im Sinne des § 29 Abs. 6 WRG 1959 hat, kann zu Gunsten der ehemaligen Wasserberechtigten von einem nachfolgenden Überprüfungs-verfahren bezüglich der Ausführung der behördlichen Anordnungen abgesehen werden und stattdessen die Vorlage einer Ausführungsanzeige im Sinne des § 29 Abs. 7 WRG 1959 angeordnet werden.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall angesichts der klaren bzw. durch die Judikatur (vgl. die angeführten Belege) hinreichend geklärten Rechtslage nicht zu lösen. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Erlöschen; Wasserbenutzungsrecht; Maßnahmenauftrag;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.528.001.2018Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018