TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/11 L501 2196969-1

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Entscheidungsdatum

11.06.2018

Norm

AlVG §49
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

L501 2196969-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Karl BRANDSTETTER und Dr. Andreas GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Herrn XXXX, VSNR XXXX, gegen Spruchpunkt B des Bescheides der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Ried vom 07.05.2018 mit dem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Verlust der Notstandshilfe für den Zeitraum 09.04.2018 - 01.05.2018 ausgeschlossen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Spruchpunkt A des Bescheides des Arbeitsmarktservice Ried (im Folgenden belangte Behörde) vom 07.05.2018 wurde ausgesprochen, dass die nunmehr beschwerdeführende Partei (im Folgenden bP) gemäß § 49 AlVG für den Zeitraum 09.04.2018 - 01.05.2018 keine Notstandshilfe erhält, da sie den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 09.04.2018 nicht eingehalten und sich erst wieder am 02.05.2018 bei ihrer zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet hat. Mit Spruchpunkt B des verfahrensgegenständlichen Bescheides wurde die aufschiebende Wirkung einer dagegen erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Im Hinblick auf Spruchpunkt B) gab das AMS zunächst die einschlägigen Rechtsgrundlagen wieder und führte sodann wörtlich aus:

"Die Einhaltung einer Kontrollmeldung ist ein wesentliches Instrument der Arbeitsvermittlung und dient der raschen Integration in den Arbeitsmarkt, weshalb diese grundsätzlich einmal wöchentlich wahrzunehmen ist. Die im öffentlichen Interesse gelegene rasche Arbeitsmarktintegration gestaltet sich umso schwieriger, je länger der Arbeitslose der Vermittlungstätigkeit des AMS fernbleibt, indem er vorgeschriebene Kontrollmeldungen ohne Vorliegen von triftigen Gründen nicht wahrnimmt.

Da im Zeitraum ab dem versäumten Kontrollmeldetermin bis zur Wiedermeldung (bzw. neuerlichen Antragstellung) dem AMS die Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nicht möglich war, stünde eine vorläufige Auszahlung der Leistung im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer verursachte Verhinderung der Vermittlungs- und Betreuungsmöglichkeit in einem die Versichertengemeinschaft grob belastenden Missverhältnis.

Eine aufschiebende Wirkung würde den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, unterlaufen. Aus diesem Grund überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem mit einer Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ist daher auszuschließen."

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde entschuldigt die bP die Nichteinhaltung des Kontrollmeldetermins mit dem Vorliegen eines Krankenstandes sowie der erforderlichen Einnahme starker Schmerzmittel. Sie gibt an, zwar für drei Tage auf das Geld verzichten zu wollen, nicht aber für einen ganzen Monat und weist ‚nur' daraufhin, dass mit einer Sperre nichts mehr gehe und fragt, wovon sie leben bzw. Medikamente zahlen solle.

Mit Schreiben vom 30.05.2018 legte die belangte Behörde den Akt mit dem Betreff "aufschiebende Wirkung, Eilverfahren gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG" vor. Im Akt befindet sich ein Schreiben der belangten Behörde vom 15.05.2018, mit dem der bP hinsichtlich Spruchpunkt A Parteiengehör gewährt wurde und welches den abschließenden Hinweis enthält, dass, wenn von der Möglichkeit einer Stellungnahme kein Gebrauch gemacht werde, seitens des AMS Schärding nach derzeitiger Aktenlage entschieden werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

Die bP steht seit Jahren mit Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; am 23.10.2012 wurde neuerlich Notstandshilfe zuerkannt. Das letzte Dienstverhältnis endete lt.

Aktenlage am 17.12.2013.

II.2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den Gerichtsakt. Der festgestellte entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und ist unstrittig.

II.3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065).

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde

§ 13 VwGVG lautet:

(1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 Z 1 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in einem Verfahren nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz wie folgt ausgeführt:

"Die Entscheidung über Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028). [...] § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Das Tatbestandsmerkmal ‚Gefahr im Verzug' bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).

Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat."

Die belangte Behörde stellt im Wesentlichen darauf ab, dass der im öffentlichen Interesse liegende Normzweck, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu gewähren, durch die Versäumung von Kontrollmeldungen unterlaufen wird. Das Vorgehen diene sohin - zusammengefasst - dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Spezialpräventive Gründe werden nicht angeführt. Dem Akt ist jedoch zu entnehmen, dass die bP seit Jahren - unterbrochen durch Krankengeldbezug und kurzen Arbeitsverhältnissen - Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht sowie das letzte Dienstverhältnis bereits am 17.12.2013 beendet wurde. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erscheint sohin auch aus spezialpräventiven Erwägungen notwendig, um die lange Arbeitslosigkeit so bald als möglich zu beenden, zumal insbesondere die Einhaltung der Kontrollmeldung die Vermittlungs- und Betreuungsmöglichkeit fördert und sicherstellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 11.01.2012, AW 2011/07/0062; 02.07.2012, AW 2012/03/0011) hat eine bP - unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen - zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. VwGH vom 12.09.2011, AW 2011/03/0032).

Die bP tritt den Ausführungen der belangten Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung jedoch nicht entgegengetreten. Sie hat kein Vorbringen erstattet, dass der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe sie unverhältnismäßig hart treffen würde; sie weist ‚nur' daraufhin, dass mit einer Sperre nichts mehr gehe und fragt, wovon sie leben solle. Die bP ist sohin ihrer Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen. Angesichts der eingestandenen Versäumung der Kontrollmeldung ist prima facie auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerde gegen den Anspruchsverlust wahrscheinlich Erfolg beschieden sein wird.

Eine Abwägung der Interessen der bP an der Weiterzahlung der Notstandshilfe mit den beschriebenen öffentlichen Interessen an der Wirksamkeit der Maßnahme nach § 49 Abs. 2 AlVG ergibt ein Überwiegen der öffentlichen Interessen. Angesichts der festgestellten Umstände des Einzelfalls ist auch von einem so gravierenden Nachteil für die berührten öffentlichen Interessen auszugehen, dass Gefahr im Verzug vorliegt. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war sohin zu bestätigen.

Angemerkt wird, dass mit der gegenständlichen Entscheidung über Spruchpunkt B) des angefochtenen Bescheides eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu der gegenständlich anzuwendenden Bestimmung - wie im Erkenntnis angeführt - zahlreiche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und in der vorliegenden Entscheidung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis auch nicht abgewichen wurde.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L501.2196969.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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