Entscheidungsdatum
10.07.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W175 2170703-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Istanbul vom 09.08.2017, GZ. Istanbul-GK/KONS/1592/2016, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , StA. von Syrien, über ihre Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Istanbul vom 15.05.2017, Zl. Istanbul-GK/KONS/1592/2016, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 und 5 AsylG idgF als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 14.06.2016 unter Anschluss diverser Unterlagen (Familienbuch, Ehevertrag, Auszug aus dem Personenstandsregister, Reisepass) bei der österreichischen Botschaft in Istanbul (im Folgenden: ÖB Istanbul) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte die BF aus, dass sie die Ehegattin des XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, sei. Diesem wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.03.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
In der Folge übermittelte die ÖB Istanbul den Antrag und Sachverhalt mit Schreiben vom 15.06.2016 an das BFA zur weiteren Veranlassung. Dieses ersuchte das österreichische Generalkonsulat Istanbul im Wege des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten um eine weitergehende Abklärung im vorliegenden Fall. Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses hätten sich im Ermittlungsverfahren erhebliche Zweifel ergeben. Im Zusammenhang damit würden Bedenken an der Echtheit der vorgelegten Urkunden und Beweismitteln bestehen. Es ergehe daher das Ersuchen, die Originale der vorgelegten Unterlagen, die die Heirat bestätigen sollen (Ehevertrag, Familienbuch etc.) sowie den Reisepass auf ihre Echtheit hin zu überprüfen. Zudem werde ersucht, anhand eines diesem Schreiben beiliegenden Fragekatalogs, eine Paralleleinvernahme (der BF vor Ort und der Bezugsperson im BFA) zu veranlassen.
Am 28.10.2016 fand die Befragung der BF statt, in welcher ihr u.a. Fragen zu ihrer Heirat (insbesondere zum Datum, Ort und sonstigen Umständen wie Trauzeugen, Hochzeitsfeier, Hochzeitsgeschenke etc.), Familie, ihrem angeführten Ehepartner (Schulbildung, Beruf, besondere Merkmale etc.) und der Ausreise der Bezugsperson gestellt wurden.
Mit Schreiben vom 31.10.2016 wurde dem BFA das Ergebnis der Befragung der BF durch Vorlage des Einvernahmeprotokolls mitgeteilt sowie zur Kenntnis gebracht, dass der Dokumentenberater den Reisepass der BF als unverfälscht eingestuft habe; bei der Heiratsurkunde handle es sich lediglich um eine Kopie; das Original müsste laut ihren Angaben beim BFA aufliegen.
Aus einer E-Mail Nachricht des BFA an das Generalkonsulat vom 10.11.2016 geht hervor, dass sich die Bezugsperson bislang nicht mit dem BFA in Verbindung gesetzt und nicht auf die Ladungen reagiert habe. Die Bezugsperson habe früher eine Kopie eines Ehevertrages vorgelegt und angegeben, dass sich das Original bei der Ehefrau befinde. Die Bezugsperson habe generell nur Kopien vorgelegt, die sie angeblich über das Handy bekommen habe.
Am 13.12.2016 konnte die Bezugsperson doch noch vor dem BFA einvernommen werden und wurden ihr im Wesentlichen dieselben Fragen wie der BF gestellt.
Mit Schreiben vom 23.12.2016 hielt das BFA in einer Mitteilung gem. § 35 Abs. 4 AsylG fest, dass die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nach Prüfung der Sachlage nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 sei. Die Angaben der BF zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 würden in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren und in der Einvernahme zum Einreiseverfahren der BF gemachten Angaben widersprechen. Darüber hinaus sei weder von der BF noch von der Bezugsperson ein Ehevertrag oder ein anderes Dokument, das die Eheschließung hätte bezeugen können, im Original vorgelegt worden.
In der Stellungnahme des BFA vom 23.12.2016 wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson nach deren Einreise ins Bundesgebiet im Rahmen der Erstbefragung angeführt habe, nicht verheiratet zu sein und in der Einvernahme vom 30.03.2016 berichtigt bzw. gemeint habe, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler in der Erstbefragung gehandelt habe. Die BF habe wiederum u.a. eine Kopie eines Auszugs aus dem Personenstandsregister für ihre eigene Person vorgelegt, woraus hervorgehe, dass sie ledig sei. Sodann wurde ausgeführt, dass aufgrund von - näher dargelegten - Widersprüchen in den Unterlagen und den Aussagen der BF und der Bezugsperson (u.a. zum Besitz der Originalunterlagen; zur Eheschließung bzw. verschiedenen damit in Zusammenhang stehenden Aspekten wie beispielsweise Datum und Ort der Eheschließung, zu den Umständen der Hochzeitsfeierlichkeiten, zur Bekleidung der Ehegatten etc.) sowie aufgrund der Tatsache, dass kein Original des Ehevertrages und des Familienbuches habe vorgelegt werden können, der dringende Verdacht bestehe, dass die von der BF und der Bezugsperson behauptete Ehe nicht schon im Heimatland bestanden habe. Die behauptete Eheschließung und somit das Bestehen der Ehe vor der Asylantragstellung der Bezugsperson in Österreich habe weder von der BF selbst noch von deren behaupteter Bezugsperson nachgewiesen werden können. Beide genannten Personen hätten sich wechselseitig bezichtigt, dass der jeweils andere über das Original des Ehevertrages verfügen würde. Außerdem habe das BFA auch keine Kenntnis davon, dass das von der BF vorgelegte Familienbuch im Original vorgelegt worden sei und dass dieses als echt befunden worden sei, da dem BFA lediglich eine Handykopie desselben vorliege. Zusammengefasst wurde nochmals angeführt, dass sich im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses mangels vorgelegter, relevanter und unbedenklicher Beweismittel - trotz Aufforderung, diese vorzulegen - und aufgrund der teilweise eklatanten Widersprüche in den Aussagen der angeblichen Ehepartner zur geschlossenen Ehe erhebliche Bedenken ergeben hätten. Es sei keineswegs vom Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen. Aus den oben dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht wahrscheinlich.
Mit Schreiben vom 03.01.2017 wurde die BF seitens der ÖB Istanbul aufgefordert, zur Mitteilung bzw. Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 23.01.2017 wurde eine solche Stellungnahme eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson am XXXX traditionell außerhalb des Gerichts geschlossen worden sei. Nach der traditionellen Eheschließung und einer kleinen Hochzeitsfeier mit Verwandten und Bekannten hätten die Eheleute bis Juni 2015 im Elternhaus der Bezugsperson gelebt. Am XXXX sei die Eheschließung zur offiziellen standesamtlichen Registrierung gemeldet worden. Entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme des BFA vom 23.12.2016, wonach keine Überprüfung der Dokumente auf ihre Echtheit habe durchgeführt werden können, da im Zuge der Antragstellung und Befragung der BF nur die Kopien vorgelegt worden seien, würden sich die originalen Dokumente bei der BF befinden und könnten auch jederzeit vorgelegt werden. Dem Schreiben wurden u.a. ein Ehevertrag sowie eine schriftliche Stellungnahme der BF in arabischer Sprache vorgelegt. Zu Letzterer wurde mit weiterem Schreiben vom 30.01.2017 eine Übersetzung übermittelt. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass die BF und die Bezugsperson den Ehevertrag wegen der Kriegssituation erst später hätten beglaubigen lassen. Die beiden hätten am XXXX in Anwesenheit zweier Zeugen die Ehe vor einem Standesbeamten geschlossen. Bei der Eintragung "ledig" im Auszug aus dem Personenstandsregister der BF handle es sich lediglich um einen Fehler, den die BF erst später bemerkt, aber keine Möglichkeit gehabt habe, ihn ausbessern zu lassen. Die Originaldokumente hätten sich bei der BF befunden; sie habe diese sowie Kopien davon am 14.06.2016 beim österreichischen Konsulat in Istanbul übergeben. Zudem wurde versucht, die weiteren vorgehaltenen Widersprüche in den Aussagen der BF und der Bezugsperson zu entkräften.
Mit Eingabe vom 20.03.2017 ersuchte das BFA das österreichische Generalkonsulat Istanbul um eine weitere Abklärung. So werde in der Stellungnahme der BF bzw. der Vertreterin des Roten Kreuzes ausgeführt, dass sich die Originaldokumente bei der BF befinden würden, jederzeit vorgelegt werden könnten und diese am 14.06.2016 dem Österreichischen Konsulat in Istanbul übergeben worden seien. Demnach ergehe die Anfrage, ob die Originaldokumente (Heiratsurkunde, Ehevertrag, Familienbuch) tatsächlich - wie von der BF behauptet - dem Generalkonsulat vorgelegt worden seien; ob sämtlich vorgelegte Originaldokumente auf ihre Echtheit überprüft worden und ob diese tatsächlich echt seien; ob die BF auch ihren Reisepass und ihre ID-Karte vorgelegt habe und diese ebenfalls auf die Echtheit überprüft und für echt befunden worden seien. Da dem BFA lediglich eine Übersetzung des Ehevertrages vorliege, werde auch ersucht, sämtliche im Original vorliegenden Dokumente in Kopie zu übermitteln.
Im Antwortschreiben des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul wurde festgehalten, dass die BF am 04.04.2017 vorgesprochen und einige Dokumente vorgelegt habe, welche vom Dokumentenberater überprüft worden seien. Diesbezüglich könne nunmehr mitgeteilt werden, dass der Zivilregisterauszug, ein Ausweis und der Reisepass im Original und der Heiratsvertrag lediglich in Kopie vorgelegt worden seien. Das Familienbuch sei gefälscht. Eine Heiratsurkunde sei nicht vorgelegt worden und existiere laut der BF auch nicht.
Mit Schreiben vom 08.05.2017 hielt das BFA in einer Mitteilung gem. § 35 Abs. 4 AsylG fest, dass die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nach Prüfung der Sachlage nicht wahrscheinlich sei. Die Begründung deckt sich mit jener aus der vorherigen Mitteilung vom 23.12.2016. Darüber hinaus wurde angeführt, dass das von der BF vorgelegte Familienbuch gefälscht sei.
In der Stellungnahme des BFA vom 08.05.2016 wurde - im Wesentlichen unter Wiederholung der bisherigen Ausführungen in der Stellungnahme vom 23.12.2016 - u.a. weiter ausgeführt, dass jenes, dem Generalkonsulat nunmehr vorgelegte Familienbuch laut diesem gefälscht sei, was die Bedenken der Behörde betreffend einer tatsächlichen Eheschließung zwischen der BF und der Bezugsperson bestätige. Die BF habe zwar erklärt, sie habe die angebliche Heirat nachbeurkunden lassen; ein originaler Heiratsvertrag - der allerdings in Kopie sehr wohl vorgelegen sei - sei bis dato weder dem BFA noch dem Generalkonsulat vorgelegt worden, was den Verdacht nahe lege, dass kein authentischer Heiratsvertrag existiere; demnach sei auch keine Ehe geschlossen worden. Die BF habe die ihr vorgehaltenen Widersprüche und Sachverhalte nicht aufklären können, sondern habe diese einfach nur in Abrede gestellt. Im vorliegenden Fall würden eklatante Widersprüche in den Unterlagen und Aussagen der BF und der Bezugsperson vorliegen; zudem sei auch kein authentisches Original des Ehevertrages vorgelegt worden; vielmehr sei sogar ein gefälschtes Familienbuch in Vorlage gebracht worden. Daher bestehe der dringende Verdacht, dass die von der BF und der Bezugsperson behauptete Ehe nicht schon im Heimatland bestanden habe. Mangels nachgewiesenem Familienverhältnis sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG 2005 nicht wahrscheinlich.
Mit Bescheid vom 15.05.2017 verweigerte die ÖB Istanbul das Visum und verwies diesbezüglich begründend auf die der BF bereits zur Kenntnis gebrachte Stellungnahmen des BFA.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 12.06.2017 fristgerecht Beschwerde, worin zusammengefasst Angaben zur Ehe und zum Familienverhältnis der BF und der Bezugsperson gemacht wurden. Im Übrigen wurde ausgeführt, dass die originalen Dokumente am Generalkonsulat in Istanbul abgegeben und der BF erst am 09.06.2017 wieder ausgehändigt worden seien; und zwar auf Verlangen des BFA. Daher könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die verfahrensführende Behörde keine Überprüfung der Dokumente habe durchführen können. Sofern festgehalten worden sei, dass das vorgelegte Familienbuch gefälscht sei, sei zu entgegnen, dass - bis auf die Aussage des Generalkonsulats Istanbul - keine Angaben zur Art der Dokumentenprüfung gemacht worden seien. Die Behörde hätte eine genaue Prüfung der Echtheit der Dokumente durchführen müssen. Selbst bei den weiteren Ermittlungen bezüglich der Angehörigeneigenschaft der BF seien die gemachten Angaben kein tauglicher Grund für die Ablehnung des Antrages, das es zum Teil um Antworten gehe, die sehr auf die Wahrnehmung der Personen zurückzuführen seien.
In der Folge hat die ÖB Istanbul mit Bescheid vom 09.08.2017 eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit welcher die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen aus, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA gebunden seien. Unabhängig davon teile die belangte Behörde die Auffassung des BFA, wonach die BF keine Familienangehörige iSd AsylG 2005 sei. So würden die Angaben der Antragstellerin zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren und in der Einvernahme zum Einreiseverfahren der Antragstellerin gemachten Angaben widersprechen. Zudem habe - trotz mehrmaliger Aufforderung - weder von der BF noch von deren Bezugsperson ein Ehevertrag oder ein anderes Dokument, das die Eheschließung hätte bezeugen können, vorgelegt werden können.
Dagegen brachte die BF mit Schriftsatz vom 23.08.2017 und somit fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein. Zur Begründung wurde vollinhaltlich auf die Beschwerde vom 12.06.2017 verwiesen.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 08.09.2017 wurde am 15.09.2017 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.
Mit Schreiben vom 14.04.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.04.2018, gab die Bezugsperson der BF bekannt, seit Jänner 2018 eine Vollzeitarbeit zu haben und dadurch ein regelmäßiges Einkommen zu erhalten, wodurch sie auch den Lebensunterhalt der BF sichern könne. Die Bezugsperson habe keine Möglichkeit, die in der Türkei aufhältige BF zu besuchen. Ihnen bleibe nur die Möglichkeit, täglich telefonischen Kontakt zu pflegen, was für beide psychisch belastend sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF, eine Staatsangehörige aus Syrien, stellte am 14.06.2016 bei der ÖB in Istanbul einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, genannt. Diesem wurde mit Bescheid des BFA vom 30.03.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
Nach Antragstellung wurde vom BFA mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen ist, da die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 sei. Die BF und die Bezugsperson hätten sich bei ihren Angaben widersprochen und keinen Ehevertrag oder ein anderes Dokument, das die Eheschließung hätte bezeugen können, im Original vorgelegt.
Nach Einbringung einer Stellungnahme der BF erfolgte eine neuerliche Prüfung des Sachverhaltes durch das BFA und teilte dieses in der Folge mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.
2. Beweiswürdigung:
Im gegenständlichen Fall war weder die BF noch die Bezugsperson imstande, die für die Entscheidung wesentlichen Unterlagen in der maßgeblichen Form vorzulegen. So wurde der Ehevertrag lediglich in Kopie vorgelegt, obwohl beide behaupteten, dass es ein Original darüber gebe und dieses bereits vorgelegt worden sei. Aus der Aktenlage geht jedoch hervor, dass dies nicht den Tatsachen entspricht und bislang zu keinem Zeitpunkt ein Original des Ehevertrages in Vorlage gebracht wurde. Nicht vorgelegt werden konnte - weder in Kopie noch im Original - eine Heiratsurkunde. Darüber hinaus ergab eine Überprüfung des Familienbuchs, dass dieses gefälscht sei. Im Übrigen vermochte auch die Behauptung der BF, dass es sich beim Vermerk "ledig" im Auszug aus ihrem Personenstandsregister lediglich um einen Fehler handle, nicht zu überzeugen.
Die von der BF im Verfahren vorgelegten Urkunden sind letztlich aufgrund der im Verfahren zugrunde gelegten und zutreffenden Einschätzung des BFA, dass diesen kein (ausreichender) Beweiswert zukomme, nicht geeignet darzulegen, dass vom Vorliegen einer rechtsgültigen Ehe im Herkunftsland auszugehen ist. Gegenteiliges konnte durch die gegenständliche Beschwerde nicht aufgezeigt werden. Darüber hinaus konnten im vorliegenden Fall auch noch andere Beurteilungskriterien für die Entscheidungsfindung herangezogen werden.
So ergaben sich zwischen den Aussagen der BF und der Bezugsperson in ihren Einvernahmen, die jedoch aus von der Bezugsperson zu vertretenden Gründen nicht zeitgleich stattfinden konnten, mehrere Widersprüche, die von der belangten Behörde auch deutlich aufgezeigt und der BF vorgehalten wurden sowie nunmehr dieser Entscheidung ebenfalls zugrunde gelegt werden.
Hinsichtlich der im vorliegenden Fall aufgetretenen Problematik von fehlenden Originaldokumenten wurde von der BF vor dem Generalkonsulat Istanbul behauptet, dass der Ehevertrag bereits bei der Antragstellung vorgelegt worden sei und demnach beim BFA aufliegen müsste, wohingegen die Bezugsperson in der Einvernahme vom 13.12.2016 hiezu anderslautend anführte, dass sich alle Originaldokumente bei der BF befinden würden. Bei den Angaben zur Eheschließung fällt auf, dass die BF von einer standesamtlichen Hochzeit in XXXX am XXXX und einer abendlichen Hochzeitsfeier in XXXX sprach, während die Bezugsperson angab, am XXXX im Dorf XXXX am Standesamt geheiratet zu haben, wobei am gleichen Tag ein Ehevertrag vor dem Scharia-Gericht in Aleppo gemacht worden sei. Während die BF von einer Hochzeitsfeier von ca. 19.00 bis ca. 23.00/24.00 in einem Saal in XXXX mit ungefähr 200 Hochzeitsgästen sprach, meinte die Bezugsperson wiederum, dass sie im Dorf XXXX im großen Haus der Familie mit ungefähr 50 Personen gefeiert hätten, wobei die Feierlichkeit vom späten Nachmittag weg ungefähr drei Stunden gedauert habe. Ebenso widersprüchlich waren die Angaben zu den Trauzeugen. Die BF gab zu Protokoll, dass dies zwei Verwandte vom BF gewesen seien, die er ausgesucht habe; sie kenne deren Namen nicht. Die Bezugsperson gab wiederum an, die Trauzeugen nicht gekannt zu haben; sie wären von der Straße gewesen. Auch die Angaben zum Gewand der Brautleute weichen voneinander ab. Die BF gab an, ein weißes Kleid mit Trägern und einen Schleier, Ohrringe und eine Kette gehabt zu haben; ihr angeblicher Ehemann habe einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte getragen. Laut Angaben der Bezugsperson habe die BF ein weißes Kleid mit langen Ärmeln, einem weißen Schleier und einen Ring am Finger getragen; sein Anzug sei grau gewesen; er habe ein weißes Hemd und eine Krawatte getragen. Die Frage zu Geschenken im Rahmen der Hochzeit wurde ebenfalls nicht gänzlich übereinstimmend von den Befragten beantwortet. So erwähnte die Bezugsperson, dass ihnen Hausrat und Geschirr geschenkt worden sei, was die BF wiederum mit keinem Wort erwähnte. Sie meinte, von ihren Eltern einen goldenen Armreifen und im Namen der verstorbenen Schwiegereltern von den Geschwistern der Bezugsperson Geld bekommen zu haben; von der Bezugsperson selbst habe sie kein Geschenk bekommen. Darüber hinaus gebe es laut den Angaben der BF sowohl Fotos als auch ein Video von der Hochzeit, die sie beim Generalkonsulat vorbeibringen könne; ein gemeinsames Hochzeitsfoto sei aber in Syrien. Anderslautend meinte die Bezugsperson wiederum, dass sie weder Fotos noch ein Video von der Hochzeit gemacht hätten; es gebe demnach nicht einmal ein gemeinsames Hochzeitsfoto.
Der BF wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, zu den aufgezeigten und den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Widersprüchen Stellung zu beziehen.
In ihrer selbst verfassten Stellungnahme vom 13.01.2017 meinte die BF hiezu beispielsweise, im Zuge der Befragung im österreichischen Konsulat Istanbul weder über Datum, Ort noch Dauer der Hochzeit befragt worden zu sein, obwohl diesbezüglich genaue Angaben im Protokoll aufscheinen. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, weshalb die BF gerade zu diesen für die Entscheidung relevanten Umstände nicht hätte befragt werden sollen. Obwohl im Einvernahmeprotokoll der BF steht, dass die Ehe in XXXX geschlossen wurde und dort auch die Hochzeitsfeier stattgefunden hat, leugnete die BF dies plötzlich in ihrer Stellungnahme und meinte (wie von der Bezugsperson angeführt), dass die Hochzeit in ihrem Dorf stattgefunden habe. Sie leugnete auch ihre (nachweisliche) Aussage, dass die Zeugen der Eheschließung Verwandte ihres Mannes gewesen seien und gab (wie die Bezugsperson) an, dass ihr Mann die Zeugen von der Straße geholt und zum Gericht gebracht habe. Entgegen den Angaben im Einvernahmeprotokoll meinte sie nunmehr auch, keine genaue Anzahl von Gästen genannt zu haben. Sie wisse gar nicht, wie viele Personen anwesend gewesen seien. Im Übrigen sei sie auch nicht gefragt worden, welche Farbe das Gewand von ihr und der Bezugsperson bei der Hochzeit gehabt habe, was jedoch - entgegen dieser Behauptung - eindeutig im Protokoll festgehalten wurde und nur auf ihre eigenen Angaben zurückzuführen sein kann. Plötzlich war auch die Rede davon, dass sie und die Bezugsperson einige Geschenke bekommen hätten, wie etwa Haushaltsgeschenke und Geräte für die Küche. Auffallend war auch, dass die BF in ihrer Stellungnahme die zuerst bestätigte Existenz von Hochzeitsfotos und einem Hochzeitsvideo revidierte und meinte, "absolut keine Fotos gemacht zu haben". Zusammengefasst ist zu sagen, dass die BF viele der ihr vorgehaltenen Widersprüche lediglich in Abrede gestellt bzw. hiezu behauptet hat, in dieser Hinsicht gar nicht befragt worden zu sein. Dies ist jedoch offenkundig nicht richtig, da ein Protokoll über ihre Einvernahme vom 28.10.2016 im Akt aufliegt und sie dieses auch unterschrieben hat. Zudem machte sie in der Stellungnahme - wie bereits erwähnt, entgegen ihren früher anderslautendenden und nachweislich festgehaltenen Angaben, deren Richtigkeit sie mit ihrer Unterschrift bestätigte - plötzlich dieselben Angaben wie die Bezugsperson, wodurch sie anscheinend eine Angleichung der Angaben von ihr und der Bezugsperson zu bewirken versucht. Wie bereits aber mehrfach erwähnt, liegt sowohl über ihre Einvernahme am 28.10.2016 und die Einvernahme der Bezugsperson am 13.12.2016 ein niederschriftliches Protokoll vor. Insgesamt gesehen vermochte die BF die ihr vorgehaltenen Widersprüche nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht zu entkräften.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
§16 [ ... ]
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
"§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson XXXX , dem in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, als Ehemann der BF genannt.
Aufgrund der oben dargelegten Widersprüche in den Angaben der BF und der Bezugsperson und der Tatsache, dass - wie oben ausgeführt - die zur Beurteilung einer tatsächlichen Eheschließung und damit Familienangehörigeneigenschaft relevanten Unterlagen lediglich in Kopie (Heiratsvertrag) oder gar nicht (Heiratsurkunde) vorgelegt bzw. sogar als gefälscht beurteilt wurden (Familienbuch) und demnach nicht als Nachweis der Eheschließung der BF und der Bezugsperson geeignet sind, ging das BFA daher zu Recht davon aus, dass das behauptete Familienverhältnis nicht nachgewiesen werden konnte und die BF nicht als Ehegattin im Sinne der gesetzlichen Bestimmung des § 35 AsylG der angegebenen Bezugsperson betrachtet werden kann.
Da die belangte Behörde hinsichtlich des Einreiseantrages ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens hinsichtlich der in Österreich befindlichen Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.
In Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall, wie bereits dargelegt wurde, nicht vorliegen.
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016 , in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen." Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden und der Einreisetitel gem. § 35 Abs. 1 und 5 AsylG zu versagen.
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Aufenthaltstitel, Beschwerdevorentscheidung, Bindungswirkung, Ehe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W175.2170703.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.08.2018