Entscheidungsdatum
13.07.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W192 2168446-1/3E
W192 2168456-1/3E
W192 2168453-1/3E
W192 2168450-1/3E
W192 2168448-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Amman vom 09.08.2017, Zl. KONS_0404_2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , XXXX , XXXX , XXXX XXXX , StA.: 1.) Jordanien, 2.) -5.) Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerden gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Amman vom 28.03.2017, Zl. Amman-OB/KONS/0216/2017, beschlossen:
A) Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der
bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheiten zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des volljährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer. Die Erstbeschwerdeführerin ist jordanische Staatsangehörige, ihre Kinder sind Staatsangehörige von Syrien. Sie stellten am 10.05.2016 bei der Österreichischen Botschaft Amman (im Folgenden: ÖB Amman) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der weiteren Beschwerdeführer namhaft gemacht, ein syrischer Staatsangehöriger, welchem mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.04.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Mit Erledigung vom 15.11.2016 wurde seitens des BFA mitgeteilt, dass die Gewährung des Status subsidiär Schutzberechtigter oder Asylberechtigter nicht wahrscheinlich sei, da die Fortsetzung des zwischen den Antragstellern und der Bezugsperson bestehenden Familienlebens in einem anderen Staat als Österreich, nämlich in Jordanien möglich sei.
Mit Schreiben vom 05.03.2017, übermittelt am 06.03.2017, wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) innerhalb einer Frist von einer Woche eingeräumt. In der Stellungnahme vom 10.03.2017 wurde vorgebracht, dass die Behörde eine in der Mitteilung des BFA als Beweismittel herangezogene Anfragebeantwortung der Staatendokumentation nicht offengelegt habe. Wegen Überforderung der Infrastruktur in Jordanien und mangels Erwerbsaussichten sei den Beschwerdeführern und der Bezugsperson ein Aufenthalt in Jordanien nicht zumut bar. Weiters werde der genannte Ablehnungsgrund mit dem FrÄG 2017 obsolet werden.
Das BFA teilte nach Befassung mit dieser Stellungnahme in einer "Rückmeldung" vom 22.03.2017 mit, dass sich hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitsprognose auch nach der Stellungnahme keine Änderungen ergeben. Die ÖB Amman wurde ersucht, die angesprochene Anfragebeantwortung der Vertreterin der Beschwerdeführer zu übermitteln. Weiters wurde festgehalten, dass die Kopie des Reisepasses des Fünftbeschwerdeführers bisher nicht Bestandteil der Akten gewesen sei; für die zweifelsfreie Feststellung der Identität sei der Reisepass einer kriminaltechnischen Untersuchung zu unterziehen.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.03.2017 wies die ÖB Amman die Anträge auf Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung ab, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status von Asylberechtigten oder subsidiäre Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Das BFA habe nach Prüfung der Stellungnahme der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Fortsetzung des Familienlebens zwischen den Antragstellern und der Bezugsperson in einem anderen Staat als Österreich möglich sei und es an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhalte
3. Gegen den Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom 05.05.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen die Ausführungen der Stellungnahme vom 10.03.2017 wiederholt wurden
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.07.2017 wies die ÖB Amman die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Begründend wurde ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Unabhängig von dieser Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Beurteilung des BFA, dass eine Fortsetzung des Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson in Jordanien möglich sei.
5.1. Mit Schriftsatz vom 14.05.2017 wurde bei der ÖB Amman ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht, wobei zur weiteren Begründung auf die Beschwerde vom 05.05.2017 verwiesen wurde.
5.2. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 21.08.2017, am 23.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:
1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
1.3. § 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das BVwG zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem BVwG, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem BVwG offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das BFA seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das BVwG gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegen gehalten werden (vgl. auch VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
Der VfGH hat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert, im Visaverfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. insbesondere auch VfGH vom 6. Juni 2014, B 369/2013, und vom 23. November 2015, E 1510- 1511/2015-15).
2.2. Vor dem Hintergrund der Bestimmungen zum Recht auf Familienzusammenführung der Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes wurde im Zuge des FrÄG 2017, welches mit 01.11.2017 in Kraft getreten ist, die gesetzliche Bestimmung des § 34 Abs. 2 Z 2 AsylG durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017 gänzlich aufgehoben. Übergangs- oder Nachfolgebestimmungen finden sich bezüglich der geänderten Rechtslage nicht.
Daher vermag die zur Abweisung der vorliegenden Anträge ausschließlich herangezogene Feststellung des angefochtenen Bescheids, den Beschwerdeführern sei eine Fortsetzung des Familienlebens mit der Bezugsperson in einem anderen Staat als Österreich, nämlich in Jordanien möglich, diese Entscheidung nicht (mehr) zu tragen und sie ist zu beheben.
Im fortgesetzten Verfahren ist die Nachholung von Ermittlungen betreffend die Eheschließung sowie das jeweilige Familienverhältnis und eine darauf sowie auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 35 AsylG gestützte Beurteilung des Einreiseantrags der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der nunmehrigen Rechtslage gemäß FrÄG 2017 erforderlich. Dabei werden auch die vom BFA in seiner "Rückmeldung" vom 22.03.2017 angesprochenen Zweifel an der Identität des Fünftbeschwerdeführers zu klären sei.
3. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausgeführt, dass die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in Visaangelegenheiten nicht im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ehe, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W192.2168453.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018