Entscheidungsdatum
18.07.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W182 2200831-1/2E
W182 2200829-1/2E
W182 2200826-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.05.2018, Zl. ad 1.) 831187909/1706190, ad 2.) 831187800/1706211 und ad 3.) 831702501/2400021, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerden werden die angefochtenen Bescheide
behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), eine Mutter und ihre zwei minderjährigen Kinder, sind russische Staatsangehörige und gehören der tschetschenischen Volksgruppe an. Die damals schwangere Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) reiste zusammen mit ihrem traditionell angetrauten Gatten XXXX und ihrer gemeinsamen Tochter, der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), am 15.08.2013 illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am 16.08.2013 Anträge auf internationalen Schutz.
In einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes begründete die BF2 ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass sie wegen den Problemen ihres Gatten, der mehrmals von maskierten tschetschenischen Männern mitgenommen worden sei, das Herkunftsland verlassen habe. Sie hätten am 11.08.2013 ihren Wohnort, ein Dorf in Tschetschenien, und in weiterer Folge das Herkunftsland verlassen. Für die BF2 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Im XXXX 2013 wurde die Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3), die jüngere Tochter der BF1 und ihres Gatten, im Bundesgebiet geboren, wobei für diese am 15.11.2013 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 12.03.2014 brachte die BF1 zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass sie Widerstandskämpfern, die mehrmals in den letzten Jahren im Sommer zu ihnen gekommen seien und nicht lange zögern, sondern zur Waffe greifen würden, Lebensmittel und Medikamente gegeben hätten. Ihr Gatte sei dann im Heimatdorf wiederholt von den Behörden mitgenommen worden, wobei die BF1 - als sie versucht habe, ihrem Gatten zu helfen und die Mitnahme zu verhindern, bewusstlos geschlagen worden sei. Im Jahr 2011, als sie schwanger gewesen sei, habe sie aufgrund derartiger Misshandlungen ihr Kind im Krankenhaus verloren. Der letzte Vorfall, bei dem ihr Mann mitgenommen worden sei, habe sich im August 2013 zugetragen. Nach seiner Freilassung hätten sie das Herkunftsland verlassen. Zu ihren Befürchtungen bei einer Rückkehr ins Herkunftsland befragt, gab die BF1 an: "Mein Mann wird dann getötet. Die Behörden würden ihn mitnehmen und er würde für immer verschwinden. Ich befürchte, dass wir eine Familie sind, weiter verfolgt würden." Die übrigen BF hätten keine eigenen Fluchtgründe.
2015 wurde dem Bundesamt ein handschriftlicher Brief des Gatten der BF1 übermittelt, worin dieser im Wesentlichen erklärte, dass er nicht nach Hause geschickt werden wolle, weil er dort Angst habe, von Kadyrov umgebracht zu werden. Deshalb ziehe er in die Ukraine und werde dort gegen die Russen und Kadyrov kämpfen und sterben. Hinsichtlich der BF ersuchte er darum, dass sie nicht seinetwegen ins Herkunftsland zurückgeschickt werden, und gab dazu an, dass die BF1 bei einer Rückkehr ins Herkunftsland auch umgebracht werde.
Dem Schreiben folgten im März 2015 und im März 2016 zwei Schreiben der BF1 an das Bundesamt, in denen sie im Wesentlichen mitteilte, dass ihr Mann ohne etwas zu sagen das Quartier verlassen habe und sie 2 Wochen später einen Brief gefunden habe, in dem er erkläre, dass er in Ukraine gehe, um dort für Regierungstruppen zu kämpfen. In einem Telefongespräch mit ihrer Schwester im Heimatdorf habe sie erfahren, dass die Familie ihres Gatten die Nachricht von dessen Tod erhalten habe. Er sei bei Kampfhandlungen in der Ukraine ums Leben gekommen. Im Falle ihrer Rückkehr nach Tschetschenien würden ihr ihre Kinder weggenommen werden, da es in Tschetschenien Tradition sei, dass die Kinder zur Familie des Mannes kommen. Die BF1 ersuchte aufgrund der massiven Situationsänderung jeweils um eine neuerliche Einvernahme.
In einer Einvernahme beim Bundesamt am 29.01.2018 brachte die BF1 zu ihren Fluchtgründen befragt vor: "Ich habe am 12.03.2014 eine Einvernahme im Asylverfahren durchgeführt und ich habe damals angegeben, dass ich keine eigenen Fluchtgründe hätte und mich mit meinen Asylgründen auf die Gründe des Ehemannes stützen würde. Nun ist aber mein Ehemann verstorben und ich befürchte im Falle der Rückkehr, dass mir die Kinder weggenommen werden und der Familie von XXXX (wohnhaft in Grozny) einverleibt werden und das möchte ich nicht. Ich möchte mit meinen Kindern zusammenleben. Meine Schwester XXXX wurde im Frühling 2015 geschieden und die Kinder leben seit der Scheidung auch bei ihrem Ehemann." Die BF1 stütze ihre Befürchtungen auf tschetschenische Traditionen. Die BF1 bestätigte auch die Frage, ob sie Probleme mit den Behörden der Heimat gehabt habe. Ihrem Mann und ihr sei vorgeworfen worden, dass sie im Jahr 2013 die Rebellen unterstützt haben sollen. Dazu gab sie an, dass sie bereits in der letzten Einvernahme angegeben habe, dass sie Übergriffe durch die Behörden zur erdulden gehabt habe. Sie sei damals schwanger gewesen und habe ein kleines Kind gehabt, weshalb sie von den Behörden nicht mitgenommen worden sei. Dazu befragt, was sie konkret erwarte, wenn sie in den Herkunftsstaat zurückkehren müsste, gab die BF1 an:
"Meine Kinder würden gezwungen bei der Familie von XXXX in Grozny zu leben und ich könnte mit meinen Kindern nicht zusammenleben."
Einer Anfragebeantwortung vom 12.03.2018 eines vom Bundesamt bestellten Sachverständigen ist zu entnehmen, dass aufgrund von Erhebungen im Ministerium der Russischen Föderation durch ein als Ermittlungshelfer betrautes in den GUS-Staaten konzessioniertes Detektivbüro ermittelt werden haben können, dass der Gatte der BF1 in Tschetschenien in dem von ihr angegebenen Heimatdorf gemeldet sei und auf der Fahndungsliste der "terroristischen und extremistische Organisationen und Personen" der Russischen Föderation gemäß Gesetz RF 115 vom 07.08.2001 stehe, wobei man im Innenministerium der Russischen Föderation über Informationen über seine aktive Teilnahme im bewaffneten Konflikt in der Ostukraine während der Jahre 2014/2015 verfüge. Bei den Behörden der Russischen Föderation würden keine Informationen über seinen Tod aufliegen.
In einer Einvernahme beim Bundesamt am 10.04.2018 wurde der BF1 das Ergebnis der Anfragebeantwortung vom 12.03.2018 zu Kenntnis gebracht, wobei diese dazu im Wesentlichen vorbrachte, dass sie über den Tod ihres Gatten von ihrer Schwester erfahren hätte, wobei die Polizeidienststelle in ihrem Heimatdorf sowohl ihrer Schwester als auch ihrem Bruder mitgeteilt habe, dass ihr Ehemann verstorben sei. Woher die Polizei im Heimatdorf dies wisse, könne die BF1 nicht angeben. Dazu befragt, ob sich seit der letzten Einvernahme hinsichtlich der Fluchtgründe eine Änderung ergeben hätte, gab die BF1 an, dass es keine Änderungen gegeben hätte, sie habe Angst, dass ihr ihre Kinder weggenommen werden, wenn sie in ihre Heimat zurückkehre. Der zweite Bruder ihres Gatten, der in Österreich wohne, habe auf den Koran geschworen, dass ihr ihre Kinder weggenommen werden, wenn sie in ihre Heimat zurückkehre. Der älteste Bruder ihres Mannes namens XXXX lebe in Tschetschenien und er würde ihr ihre Kinder wegnehmen. Der zweite Bruder ihres Mannes, der in Österreich lebe, sei böse auf die BF1, weil sie seinen Bruder nicht in Österreich halten habe können. Ihr Gatte und sie hätten sich nicht mehr verstanden, aus diesem Grund sei dieser zu Freunden nach Wien gegangen und habe sie weder angerufen, noch ihr geschrieben. In ihrer Heimat sei es so, dass einer Witwe die Kinder weggenommen werden. Ihre Schwester, welche geschieden sei, habe auch die Kinder dem geschiedenen Ehemann gelassen.
1.2. Mit den nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF in Bezug auf Asyl (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 AsylG 2005 hinsichtlich subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß §§ 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Mit Spruchpunkt IV. wurde gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und mit Spruchpunkt V. einer Beschwerde gegen die Entscheidung über die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Dem Verfahrensgang im Bescheid ist u.a. zu entnehmen, dass die Behörde am 16.04.2018 eine Kopie einer Sterbeurkunde (hinsichtlich des Gatten der BF1) aus der Russischen Föderation erreicht habe und diese Sterbeurkunde mittels einer weiteren Recherche im Herkunftsstaat auf Echtheit geprüft worden sei und deren Echtheit festgestellt werden habe können (GA vom 04.05.2018). Hierzu ist ergänzend anzumerken, dass diese im Verfahrensgang festgehaltenen Ermittlungsschritte in den mit den Beschwerden vorgelegten Akten nicht dokumentiert sind.
In den Feststellungen der Bescheide finden sich keinerlei Hinweise auf die von der BF1 in den Einvernahmen beim Bundesamt im Jänner und April 2018 vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen hinsichtlich der Wegnahme ihrer Kinder als auch der von ihr dargetanen Übergriffe durch Behörden. Es wurde zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates lediglich festgestellt, dass die BF keine gegen sie gerichtete asylrelevanten Verfolgungshandlungen vorgebracht habe und ihre Schwester ihr 2016 telefonisch mitgeteilt habe, dass ihr Ehemann in der Ukraine verstorben wäre, es jedoch keinerlei Beweise dafür gebe. Es habe auch aus den sonstigen Umständen keine asylrelevante Verfolgung festgestellt werden können. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass die BF1 im Herkunftsland einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliege. Zur Situation im Fall einer Rückkehr wurde im Wesentlichen lediglich festgestellt, dass unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden könne, dass die BF1 im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder sie als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen und innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt wäre. Zur Situation im Falle der Rückkehr folgen hernach fast zwei Seiten Feststellungen zu den Eltern, Geschwistern sowie Onkeln und Tanten der BF1 in Tschetschenien und münden diese in der Feststellung, dass nicht festgestellt werden könne, dass die BF1 im Falle ihrer Rückkehr ins Herkunftsland in eine Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Im Ergebnis gleich fallen die diesbezüglichen Feststellungen zu den übrigen BF aus. Auch in der darauffolgenden Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung findet sich kein Hinweis darauf, dass sich die Behörde mit den Rückkehrbefürchtungen der BF1 hinsichtlich der Wegnahme ihrer Kinder, in irgendeiner Form auseinandergesetzt hätte. Was die von ihr behaupteten Übergriffe durch Behörden betrifft, findet sich in der Beweiswürdigung der kryptische Satz, dass im Zusammenhang mit dem Ehemann stehende polizeiliche Maßnahmen nicht als Verfolgungshandlungen im Sinne der in der GfK genannten Gründe anzusehen sei, wobei umgelegt auf die BF1 es sohin hinsichtlich der polizeilichen Nachforschung keine weiteren, erschwerenden Umstände, die eine Verfolgung aus Konventionsgründen wahrscheinlich erscheinen ließen, gebe. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde in den Bescheiden damit begründet, dass die BF1 keine Fluchtgründe vorgebracht habe, weswegen § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG zur Anwendung komme. Das verhängte Einreiseverbot wurde mit Art. 11 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 20087115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 begründet, wonach Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einhergehen, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde. Im Fall der BF1 sei lit. a erfüllt, da das Bundesamt gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt habe. Weiters wurde ausgeführt, dass zu bedenken sei, dass aus der sich aus dem rechtskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens ergebenen Mittellosigkeit der BF1 die Gefahr einer illegalen Mittelbeschaffung bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiere. In diesem Zusammenhang wurde auf eine nicht näher bestimmte Anzeige der Finanzpolizei vom 06.09.2017 hingewiesen, sowie ausgeführt, dass der Mann der BF1 bereits eine Anzeige wegen Schwarzarbeit habe und die BF1 es bislang unterlassen habe, dem Bundesamt Identitätsdokumente vorzulegen, wobei sie in der Vergangenheit wegen diverser Eigentumsdelikte zu Geld- und Haftstrafen verurteilt worden sei. Dazu ist anzumerken, dass sich für finanzpolizeiliche Kontrollen, Anzeigen oder sonstige Verurteilungen weder in den Akten noch in den getroffenen Feststellungen Anhaltspunkte finden.
Mit Verfahrensanordnung vom 30.05.2018 wurde den BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
1.3. Gegen die Bescheide wurden binnen offener Frist die gegenständlichen von der Rechtsvertretung der BF verfassten Beschwerden eingebracht, worin das Vorbringen der BF1 hinsichtlich der befürchteten Wegnahme ihrer Kinder sowie einer Bedrohung durch die tschetschenischen Behörden, die die BF bereits mehrfach misshandelt hätten, wiederholt wurde. Dazu wurden u.a. auch umfangreiche Passagen des Einvernahmeprotokolls des Gatten der BF1 vom 03.05.2013 zitiert. Der Gatte der BF1 habe sich von ihr getrennt und sei gegen die Russen in der Ukraine in den Krieg gezogen, wobei er verstorben sei. Wie sich aus den amtswegigen Erhebungen ergebe, sei ihr Gatte tatsächlich im Herkunftsland auf einer Fahndungsliste vermerkt und verfüge das Innenministerium der Russische Föderation über Informationen über seine aktive Teilnahme am bewaffneten Konflikt in der Ostukraine in den Jahren 2014/2015. Im Frühjahr 2015 hätten tschetschenische Behörden das Haus der BF in Tschetschenien durchsucht und seien auch die Schwester und der Bruder der BF1 durch tschetschenische Sicherheitsbehörden intensiv nach ihr befragt worden. Sie hätten wissen wollen, wo die BF1 sich befinde und ob sie gemeinsam mit ihrem Gatten in die Ukraine gegangen sei. Im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wäre ernsthaft zu befürchten, dass die BF1 gleich nach der Einreise von russischen Sicherheitsbehörden festgenommen und verhört werden würde. Da ihr Gatte auf einer Liste von Terrorverdächtigen stehe, sei anzunehmen, dass die Behörden den Verdacht hegen, dass die BF1 von seinen Aktivitäten gewusst habe bzw. diese sogar aktiv unterstützt habe. Weiters wäre ernsthaft zu befürchten bzw. sogar davon auszugehen, dass der BF1 ihre Kinder von der Familie ihres Gatten, konkret vom Schwager namens XXXX weggenommen werden würden. Ein Bruder ihres Gatten habe sogar auf den Koran geschworen, dass der BF1 die Kinder im Falle der Rückkehr nach Tschetschenien oder im Falle einer erneuten Eheschließung weggenommen werden würden. Die Familie des Gatten der BF1 gebe ihr die Schuld daran, dass er in Ukraine gegangen und in der Folge gestorben sei. Sie würden meinen, dass ihr Streit ihn dazu gebracht habe, die Familie zu verlassen und in die Ukraine zu ziehen. Dass diese Vorgehensweise der Realität entspreche, gehe auch insofern aus den getroffenen Länderfeststellungen hervor, als durch die kadyrowsche Islamisierung insbesondere die Rechte der Frauen beschnitten werden würden, neben dem Russischen föderalen Recht in Tschetschenien sowohl Adat als auch die Scharia eine wichtige Rolle spielen würden, und es in Tschetschenien traditionell üblich sei, dass Kinder im Fall der Scheidung beim Vater bzw. der Familie des Vaters bleiben würden und geschiedene Frauen, die gemeinsam mit ihren Kindern leben würden, in der Regel nicht wieder heiraten können, da traditionell die Frau zum neuen Mann ziehe und es hier Animositäten gegen die Kinder des Vorgängers gebe. Lokale Behörden würden sich mehr nach Traditionen als nach den russischen Rechtsvorschriften halten. Aus all diesen Gründen sei es der BF1 nicht möglich, ins Herkunftsland zurückzukehren. Die BF1 habe nie freiwillig den tschetschenischen Widerstand unterstützt. Dass sie im Jahr 2013 bewaffneten Widerstandskämpfern Nahrung und Medikamente gegeben hätten, könne man ihnen nicht vorwerfen, da sie dies nicht freien Willens, sondern unter Androhung von Zwangsgewalt gemacht hätten. Der BF1 sei die Unterstützung der Rebellen also völlig zu Unrecht von den tschetschenischen Sicherheitsbehörden vorgeworfen worden. Sie sei persönlich geschlagen, beschimpft und mit den Füßen getreten worden und habe im Jahr 2011 deswegen ein Kind verloren. Indem ihr Gatte nachweislich auf der Liste von Terrorverdächtigen vermerkt sei, habe der Vorwurf der tschetschenischen Behörden gegen sie weiter an Bedrohlichkeit gewonnen und es wäre ernsthaft davon auszugehen, dass die vor der Ausreise bereits gegen sie und ihren Mann stattgefundenen Verfolgungshandlungen im Fall einer Rückkehr eine Fortsetzung finden würden. Weiters wurde auf die besondere Integration der BF verwiesen, wobei die BF1 inzwischen Deutsch auf B1 Niveau spreche, auf Kinder von befreundeten Familien aufpasse, Dolmetscherdienste leistte und stets helfe, wenn Ihre Hilfe benötigt werde. Sie habe bereits eine schriftliche Jobzusage als Gastgewerbehilfskraft in einem Gasthof, sowie zwei Wohnungszusagen, die in der Beschwerde in Kopie beigefügt sind. Die BF2 habe schon als kleines Kind miterleben müssen, wie ihre Eltern von Sicherheitsbehörden mit äußerster Brutalität behandelt worden seien, habe etwa die Hälfte ihres Lebens nun hier in Österreich verbracht und absolviere gerade die dritte Klasse Volksschule, wobei sie eine sehr gute Schülerin sei und bereits viele Freundinnen und Freunde in Österreich gefunden habe. Die lange Verfahrensdauer sei von den BF nicht zu verantworten. Dazu wurden entsprechende Schulnachrichten und Unterstützungsschreiben in Kopie beigelegt. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Begründung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, nämlich dass die BF1 überhaupt keine Verfolgungsgründe vorgebracht hätte, nicht den Tatsachen entspreche, zumal aus den Niederschriften klar hervorgehe, dass die BF1 Verfolgungsgründe sowohl bei der Erstbefragung als auch bei den Einvernahmen vor dem Bundesamt geschildert habe, wobei sich die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG nur auf Fälle beziehe, in denen nicht einmal abstrakt ein relevanter Verfolgungsgrund vorgebracht werde. Auch sei nach einer Verfahrensdauer von nunmehr knapp fünf Jahren nicht einzusehen, warum nun auf einmal ein derartiges beschleunigtes Verfahren von der Behörde für notwendig erachtet werde. Auch die Erlassung des Einreiseverbotes sei völlig überzogen, unverhältnismäßig und hinsichtlich der Mittellosigkeit sachlich nicht gerechtfertigt. Weiters würden die dazu angeführten Behauptungen, nämlich das Vorliegen einer Anzeige der Finanzpolizei, dass der Gatte der BF1 einmal wegen Schwarzarbeit angezeigt worden sei und die BF1 in der Vergangenheit wegen diverser Eigentumsdelikte zu Geld- und Haftstrafen verurteilt worden sei, nicht der Wahrheit entsprechen. Im Gegenteil habe sich die BF1 während ihres fast fünfjährigen Aufenthaltes niemals etwas zu Schulden kommen lassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063):
"Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)."
Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG haben das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Mit § 18 Abs. 1 AsylG 2005 (wie auch schon mit der nahezu wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997) wurde die aus § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen, speziell für das Asylverfahren weiter konkretisiert (vgl. dazu VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). So verpflichtet § 18 Abs. 1 AsylG 2005 idgF das Bundesamt (zuvor Bundesasylamt), in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt werden, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt oder überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen (zum Umfang der Ermittlungspflichten vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599).
2.2. Das Bundesamt hat es im gegenständlichen Verfahren trotz wiederholter Einvernahmen völlig unterlassen, auf das Fluchtvorbringen bzw. die Rückkehrbefürchtungen der BF einzugehen. Dies zeigt sich bereits daran, dass das Bundesamt seine Entscheidung - unter völliger Ignorierung der gegenteiligen Vorbringen der BF1 in den Einvernahmen - im Wesentlichen damit begründete, dass die BF keinen Fluchtgrund vorgebracht hätten. Aus dem Akteninhalt ist jedoch, wie dies auch in der Beschwerdeschrift zurecht geltend gemacht wurde, zweifelsfrei zu erkennen, dass die BF1 wiederholt die Befürchtung vorgebracht hat, dass man ihr im Herkunftsland seitens der Familie ihres (verstorbenen) Gatten ihre Kinder wegnehmen würde bzw. auch behauptet hat, im Herkunftsland persönlich Übergriffen der Behörden ausgesetzt gewesen zu sein, wobei ihr vorgeworfen werde, im Jahr 2013 mit ihrem Gatten Rebellen unterstützt zu haben. Diese Vorbringen wurden im bekämpften Bescheid konkret in keiner Weise thematisiert, noch wurden dazu Feststellungen zur Glaubwürdigkeit getroffen, sondern die Vorbringen, wie bereits ausgeführt, schlichtweg gänzlich ignoriert. Hierzu ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass hinsichtlich beider Vorbringen apriori nicht ausgeschlossen werden kann, dass diesen auch Asylrelevanz zukommt, dies insbesondere auch unter Zugrundelegung der im Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Situation von Frauen in Tschetschenien.
Diese Ignoranz belastet aber nicht nur in entsprechendem Ausmaß die Qualität der bekämpften Bescheide, sondern liegen diesen auch keine ansatzweise zur Beurteilung der gegenständlichen Vorbringen verwertbare Ermittlungsergebnisse zugrunde. So wurde die BF1 vom Bundesamt - trotz wiederholter Einvernahmen - nicht annähernd in einer nach § 18 AsylG 2005 angemessenen Weise konkret und ausführlich zu den bereits genannten Vorbringen befragt, sondern wurde dies - anscheinend aufgrund einer irrtümlichen Rechtsansicht - offenbar nahezu vermieden. Indem sich das Bundesamt sohin ohne viel Nachfragen bzw. ohne die BF1 aufzufordern, ihre Gründe detailliert zu schildern, bereits mit einer oberflächlichen Schilderung begnügte, fehlt es aber zur Gänze an einer Grundlage, die eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Vorbringen zulässt. Hinzu kommt, dass das Bundesamt auch keine Ermittlungen angestellt hat, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen es tschetschenische Traditionen in der Praxis zulassen würden, dass einer Witwe die eigenen Kinder von der Familie väterlicherseits weggenommen werden, und ob es dagegen einen effektiven Schutz, sei es durch Behörden oder durch die eigene Familie bzw. den eigenen Clan gebe.
Auch wurden keine Ermittlungen - sei es durch Befragung der BF1 oder sonstige Erhebungen - durchgeführt, die eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben, von tschetschenischen Behörden vor ihrer Ausreise persönlich misshandelt worden zu sein, angestellt. Das gleiche gilt für Ermittlungsergebnisse, die eine aussagekräftige Schlussfolgerung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit bzw. Glaubwürdigkeit der Befürchtung der BF1, wegen ihr unterstellter Unterstützung von Kämpfern bzw. als Frau einer auf einer Terroristen-Fahndungsliste geführten, inzwischen verstorbenen Person, von Behörden im Herkunftsland verfolgt zu werden. Auch dazu wurde die BF1 weder ausführlich befragt, noch wurden sonst dazu Ermittlungen angestellt.
Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass die BF1 auch nicht hinsichtlich der Zumutbarkeit einer allfälligen innerstaatlichen Fluchtalternative befragt wurde.
2.3. Bereits unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter besonders gravierenden Ermittlungsmängel, zumal das Bundesamt die zentralen Vorbringen der BF zur Gänze ignoriert hat, sodass auch nicht mehr bloß von einer Ergänzung des bereits durch das Bundesamt festgestellten Sachverhaltes auszugehen ist (vgl. dazu etwa VwGH 03.05.2018, Zl. Ra 2017/19/0585). Hinzu kommt aber noch weiter erschwerend, dass - angesichts des wie bereits aufgezeigt völlig unzureichenden Ermittlungsergebnisses - den Beschwerden - zudem aufgrund einer rechtlich nicht nachvollziehbaren Begründung - auch noch die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Ungeachtet dessen war aber bereits angesichts der massiven Ermittlungssäumnisse zumindest davon auszugehen, dass das Bundesamt im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt hat.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen. Das Bundesamt wird erstmals inhaltlich auf die bereits unter Punkt II.2.2. zuvor zusammengefassten Vorbringen der BF1 einzugehen und sie zu diesem Zweck unter Nachfragen ausführlich und detailliert zu befragen haben. Hierbei wird es zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit auch den von der BF1 genannten in Österreich aufhältigen Bruder ihres Gatten als Zeugen einzuvernehmen haben. Gleichzeitig werden landeskundliche Ermittlungen - allenfalls durch einen Sachverständigen - hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, als Witwe in Tschetschenien schutzlos der zwangsweisen Wegnahme der eigenen Kinder durch die Familie des verstorbeben Gatten ausgesetzt zu sein, anzustellen sein. Die gilt allfällig auch hinsichtlich der Gefährdung der BF als Witwe eines auf einer Terroristen-Fahndungsliste geführten Person. Im Übrigen werden vom Bundesamt grundsätzlich auch die Ausführungen in der Beschwerde - insbesondere auch zur Integration sowie den bekämpften Spruchpunkten IV. und V. - zu beachten sein.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann eine Verhandlung entfallen, wenn u.a. bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B):
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.2. Unter Punkt II.2. wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor dem Bundesamt notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W182.2200829.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018