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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des E in N, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. Februar 1999, Zl. 1/02-36.802/2-1999, betreffend die Anordnung einer Ersatzvornahme sowie einen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Anordnung der Ersatzvornahme richtet, als unbegründet abgewiesen.
Im Übrigen, also hinsichtlich des Kostenvorauszahlungsauftrages, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens sprach die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 11. Mai 1998 aus, dass der Beschwerdeführer die ihm mit Bescheid einer näher bezeichneten Baubehörde vom 18. Oktober 1988 auferlegte Leistung nicht erfüllt habe, nämlich ein näher bezeichnetes Bauwerk bzw. eine näher bezeichnete bauliche Anlage innerhalb von sieben Monaten ab Rechtskraft des Bescheides (vom 18. Oktober 1988) zu entfernen. Es werde daher die mit Erledigung der erstinstanzlichen Vollstreckungsbehörde vom 31. Jänner 1995 angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.
Als vorläufige Vorauszahlung für die Kosten habe der Beschwerdeführer S 737.464,-- "zuzüglich Anteil für den Verwaltungsaufwand der Vollstreckungsbehörde von S 73.746,--", somit eine Gesamtsumme von S 811.210,-- bei der erstinstanzlichen Vollstreckungsbehörde mittels eines beiliegenden Erlagscheines bis zum 31. Juli 1998 zu erlegen. (Als Rechtsgrundlage wurde im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - nur - § 4 VVG genannt.)
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit dem rechtskräftigen und vollstreckbaren Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 18. Oktober 1988 zu der im Spruch näher bezeichneten Leistung verpflichtet worden (es folgt die Wiedergabe dieses Abtragungsauftrages). Da der Beschwerdeführer diesem Auftrag trotz Aufforderungen vom 31. Jänner 1995, 28. Dezember 1995 und 5. Dezember 1996 nicht nachgekommen sei, werde die Verpflichtung zwangsweise durchgesetzt. Zur finanziellen Sicherung der Ersatzvornahme sei eine vorläufige Kostenvorauszahlung zu leisten, "die sich aus dem Kostenvoranschlag für die durchzusetzende Maßnahme und den 10%igen Verwaltungskosten" errechne.
Zur Feststellung "des Kostenvoranschlages" sei ein Leistungsverzeichnis eines befugten Gewerbebetriebes eingeholt worden (wurde namentlich angeführt). Dieses Leistungsverzeichnis sei vom bauamtstechnischen Amtssachverständigen überprüft worden; der Sachverständige sei zusammengefasst zum Ergebnis gekommen, dass das erstelle Leistungsverzeichnis vom 18. November 1997 mit einer Angebotssumme vom S 737.463,12 inklusive Mehrwertsteuer nachvollziehbar zusammengestellt und aus der Sicht des Sachverständigen als Vorschreibung für die Kostenersatzvornahme herangezogen werde könne.
Die Ermittlung des Abbruchpreises, so führte die erstinstanzliche Behörde weiter aus, sei nachvollziehbar in diesem Kostenvoranschlag dargestellt. Um den gesetzmäßigen bzw. rechtskräftigen bescheidgemäßen Zustand herzustellen, sei die Einbringung der voraussichtlichen Kosten und die Anordnung der Vollstreckung notwendig, weil bisher den Verpflichtungen nicht entsprochen worden sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er unter anderem geltend machte, dass ihm das von der erstinstanzlichen Behörde genannte Leistungsverzeichnis nicht zu Kenntnis gebracht worden sei. Auch sei es unterlassen worden, darzulegen, wie sich "der Anteil für den Aufwand der Vollstreckungsbehörde von S 73.746,-- errechne".
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen, zugleich aber dem Beschwerdeführer die Vorauszahlung der Kostenersatzvornahme in der Höhe von S 811.210,-- aufgetragen, welcher Betrag bis zum 31. März 1999 bei der Vollstreckungsbehörde erster Instanz zu erlegen sei.
Begründend heißt es im angefochtenen Bescheid nach Darstellung der Rechtslage und nach Rechtsausführungen, sofern der Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin erblicke, dass ihm das Leistungsverzeichnis, auf welches sich der Kostenvorauszahlungsbescheid stütze, nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, sei ihm hiezu zu entgegnen, dass ein allfälliger diesbezüglicher Verfahrensmangel durch die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen in der Berufung saniert sei. Weiters gehe der Einwand, es liege kein konsensloser Bau vor, ins Leere, weil der Titelbescheid vom 18. Oktober 1988, mit welchem die Beseitigung der konsenslos errichteten Baumaßnahmen aufgetragen worden sei, in Rechtskraft erwachsen sei.
Auch sei der Einwand des Beschwerdeführers, die bekämpfte Vollstreckungsverfügung verstoße eklatant gegen die Vorschrift des § 3 VVG, weil die Ersatzvornahme keinesfalls das gelindeste noch zum Ziele führende Mittel darstelle, nicht stichhältig, weil aus den für die Behörde schlüssigen gutachtlichen Feststellungen des bautechnischen Amtssachverständigen der Behörde erster Instanz hervorgehe, denen im Übrigen der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Basis entgegengetreten sei, dass durch die im Leistungsverzeichnis genaue und nachvollziehbare Ausführung, welche Bauteile abgetragen und welche Teile der Fundamentierung zu Beibehaltung der derzeitigen Hangstabilität nicht entfernt werden müssten sowie die Weiterverwendung bestehender Bauteile kostengünstiger sei, diesem Erfordernis Rechnung getragen worden sei. Generell sei hinsichtlich der vorzuschreibenden Kosten festzuhalten, dass Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhalts bei einem Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 2 VVG ohnedies nur insoweit erforderlich seien, als die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege der Schätzung festgestellt werden müssten. Es liege im Wesen der Schätzung, dass die auf dieser Weise ermittelte Größe das tatsächliche Erfordernis nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen könne. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme ohnehin nur gegen nachträgliche Verrechnung erfolge und der Verpflichtete somit höhere tatsächliche Kosten nachzuzahlen habe, und andererseits ein verbleibender Überschuss rückzuerstatten sei, bestünden keine Bedenken dagegen, sich der voraussichtlichen Kostenersatzvornahme im Wege einer Schätzung anzunähern. Ein wie vorliegenden Falls von einem hiezu befugen Fachmann erstelltes Leistungsverzeichnis erfülle die Kriterien hinsichtlich des zu erzielenden Genauigkeitsgrades jedenfalls im erforderlichen Ausmaß.
Auch gehe der Einwand des Beschwerdeführers, bei der Eintreibung der Geldleistung würde sein Unterhalt bzw. der notdürftige Unterhalt seiner Familie gefährdet werden, fehl, weil es darauf bei Erlassung des Kostenvorauszahlungsauftrages gemäß § 4 Abs. 2 VVG nicht ankomme (sondern eine entsprechende Berücksichtigung erst bei Vollstreckung des Vorauszahlungsbescheides zu erfolgen habe).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde "wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und wegen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und des Verfahrens".
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht weiterhin geltend, der Titelbescheid vom 18. Oktober 1988 sei rechtswidrig, weil kein konsensloser Bau vorliege (insofern bekämpft er die Anordnung der Ersatzvornahme). Dem ist entgegenzuhalten, dass dieser Einwand im Vollstreckungsverfahren keine Berücksichtigung finden kann. Insofern ist die Beschwerde daher unbegründet.
Im Übrigen, also hinsichtlich des Kostenvorauszahlungsauftrages, ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist die Auffassung der belangten Behörde, dass ein Kostenvorauszahlungsauftrag im Sinne des § 4 Abs. 2 VVG keine Vollstreckungsverfügung sei, sondern vielmehr - rechtmäßigerweise - der Schaffung eines Exekutionstitels diene, zutreffend (siehe dazu das hg. Erkenntnis eines verstärken Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A).
Zutreffend macht aber der Beschwerdeführer der Sache nach geltend, dass das Verwaltungsverfahren deshalb mangelhaft geblieben ist, weil ihm der von den Vollstreckungsbehörden zugrunde gelegte Kostenvoranschlag (das Leistungsverzeichnis) nicht zur Kenntnis gebracht wurde. Es ist zwar richtig, dass fehlendes Parteiengehör im Verfahren erster Instanz durch Berufung saniert werden kann (siehe den Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 48 A zu § 45 Abs. 3 AVG), nur konnte dies die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nach den Umständen des Beschwerdefallen deshalb nicht mit Erfolg entgegenhalten, weil ihm durch den erstinstanzlichen Bescheid der Inhalt des Leistungsverzeichnisses nur unzureichend zur Kenntnis gebracht wurde und somit die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides nicht ausreichte, um den Beschwerdeführer - ohne Kenntnis dieses Leistungsverzeichnises - in die Lage zu versetzen, entsprechend hiezu Stellung zu nehmen (vgl. die in Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 523 zu § 45 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Auch der Einwand der belangten Behörde in der Gegenschrift, der Beschwerdeführer hätte ja Akteneinsicht nehmen können, geht fehlt: Es ist ein Recht der Partei des Verwaltungsverfahrens, in Verwaltungsakt Einsicht zu nehmen. Die Nichtgebrauchnahme von diesem Recht kann aber die Verletzung des Parteiengehörs, welches von Amts wegen zu gewähren ist, nicht heilen. Nur die ausdrückliche Aufforderung zur Akteneinsicht zum Zwecke der Kenntnisnahme von Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hätte die Mitteilung dieser Ergebnisse ersetzen können (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 95/11/0041, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Hiedurch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Diese Rechtswidrigkeit erfasst auch den im Betrag von S 811.210,-- enthaltenen Teilbetrag von S 73.746,--, weil nach der gegebenen Verfahrenslage davon auszugehen ist, das dieser Betrag eine 10%ige Quote der dem Beschwerdeführer auferlegten voraussichtlichen Abbruchkosten von S 737.464,-- darstellt und daher insofern ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Überdies ist der angefochtene Bescheid auch aus dem Blickwinkel rechtswidrig, dass sich die belangte Behörde mit den Einwänden des Beschwerdeführers gegen diesen Betrag im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht befasst hat und auch aus dem Bescheid erster Instanz, der als Rechtsgrundlage nur § 4 VVG nennt, diesbezüglich Näheres nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen ist, sodass diese Begründungsmängel eine diesbezügliche Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Gesetzmäßigkeit hindern (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, auf S 600 f wiedergegebene hg. Judikatur).
Zusammenfassend war daher die Beschwerde insofern gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, als sie die Anordnung der Ersatzvornahme betrifft. Im Übrigen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Dezember 1999
Schlagworte
AkteneinsichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999060066.X00Im RIS seit
20.11.2000