Entscheidungsdatum
27.07.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W203 2153910-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde der minderjährigen XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch ihre Tante, XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2017, Zl. 1101414300 - 160036145, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, i.d.g.F., der Staus der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 08.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 09.01.2016 wurde die Tante der Beschwerdeführerin durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen. Dabei gab sie im Wesentlichen an, dass sie am 01.10.2015 Syrien verlassen hätte. Die Tante der Beschwerdeführerin sei geflohen, da ihr Mann (der Onkel der Beschwerdeführerin) sonst zum Militär eingezogen worden wäre. Die Beschwerdeführerin sei in der Türkei von ihren Eltern getrennt worden und deswegen gemeinsam mit der Tante geflohen. Die Eltern würden versuchen, so schnell wie möglich nach Österreich zu kommen um wieder mit der Beschwerdeführerin zusammen sein zu können.
3. Am 16.03.2016 wurde die Obsorge für die Beschwerdeführerin durch Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten auf ihre Tante übertragen.
4. Am 30.01.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) in Anwesenheit ihrer obsorgeberechtigten Tante niederschriftlich einvernommen. Vorgelegt wurde ein syrischer Reisepass, ein Personenregisterauszug (beides im Original) sowie eine Kopie des Familienbuches. Im Wesentlichen gab die Beschwerdeführerin an, dass ihre Eltern mit den beiden Schwestern und den beiden Brüdern in der Türkei leben würden. Die Beschwerdeführerin gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei Sunnitin. Syrien verlassen habe sie am 01.10.2015 mit ihrer Tante, ihrem Cousin und ihrer Cousine legal in den Libanon. Am 06.01.2016 sei sie illegal in Österreich eingereist. Zum Fluchtgrund befragt gab die Beschwerdeführerin an, dass in Syrien Krieg herrsche. In dem Stadtteil, in dem sie gelebt habe, habe die reguläre syrische Armee gegen die Freie Syrische Armee gekämpft, der Stadtteil sei ständig bombardiert worden. Sie habe die Schule nicht mehr besuchen können. Es sei zu einem Luftangriff gekommen und die reguläre syrische Armee habe das Haus gestürmt und der Familie zehn Stunden Zeit gegeben, um die Stadt zu verlassen, woraufhin sie sei mit ihrer Tante weggelaufen sei und geglaubt habe, dass ihre Eltern gestorben seien. Danach habe sie das Land verlassen. Der Vorfall habe sich Anfang 2015 um ca. 22:00 Uhr ereignet. Als die Beschwerdeführerin in Österreich angekommen sei, hätten sie ihre Eltern kontaktiert, erst danach habe sie Bescheid gewusst, dass ihre Eltern noch leben würden.
5. Mit Bescheid vom 14.03.2017 - zugestellt am 23.03.2017 - wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Festgestellt wurde, dass die gesetzliche Vertretung der Beschwerdeführerin (ihre Tante) in der Erstbefragung keine asylrelevanten Gründe für die Beschwerdeführerin geltend machen habe können. Es sei auch der Beschwerdeführerin selbst in ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde nicht gelungen, solche Gründe glaubhaft zu machen. Sie habe glaubhaft angegeben, wegen der allgemein bekannten Bürgerkriegslage in Syrien geflohen zu sein. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführerin in Syrien eine asylrelevante Verfolgung drohe bzw. sie eine solche zukünftig zu erwarten habe. Begründend führte die Behörde aus, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei irgendeinen nachvollziehbaren Fluchtmoment darzustellen. Die Beschwerdeführerin sei Zeugin von allgemeinen Unglücksfolgen geworden und sei nicht Ziel einer konkreten, gegen sie selbst gerichteten Verfolgungshandlung geworden. Die Erstürmung eines Hauses sei eine Gefahr für alle syrischen Einwohner und nicht für die Beschwerdeführerin speziell.
6. Gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 18.04.2017 Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde zum berichteten Vorfall nicht weiter ermittelt sowie punktuell und präzise nachgefragt habe, was aufgrund der Minderjährigkeit der Beschwerdeführerin angebracht gewesen wäre. Die belangte Behörde habe sich auch nicht mit den asylrelevanten Gründen des Onkels der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführerin drohe eine Verfolgung aufgrund der dem Onkel (zumindest) unterstellten oppositionellen Gesinnung wegen dessen Weigerung, seinen Dienst als Reservist abzuleisten. Auch gehe das Regime davon aus, dass der Onkel der Beschwerdeführerin an regimekritischen Demonstrationen im Jahr 2011 teilgenommen habe. Aufgrund dieser unterstellten Teilnahme an Demonstrationen sei er auch zwei Monate lang im Jahr 2012 festgehalten worden. Dass sich diese unterstellte politische Gesinnung auch auf die weiteren Angehörigen der Familie erstrecke, sei naheliegend. Die Beschwerdeführerin gehöre der sozialen Gruppe der "Familie" an und habe aus diesem Grund wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK.
7. Mit Schreiben vom 19.04.2017, eingelangt am 24.04.2017, legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verfahrensakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin ist minderjährig und wird durch ihre Tante, die mit der Obsorge betraut ist, vertreten. Sie ist syrische Staatsangehörige und in Damaskus geboren. Sie ist Moslem und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Die Beschwerdeführerin ist gemeinsam mit ihrem Onkel, ihrer Tante, ihrem Cousin sowie ihrer Cousine aus Syrien geflüchtet. Mit diesen lebt sie in Österreich im gemeinsamen Haushalt.
Dem Onkel der Beschwerdeführerin wurde mit h.g. Erkenntnis vom 19.05.2017 der Status eines Asylberechtigten aufgrund der Verweigerung der Ableistung des Reservedienstes zuerkannt.
Im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland Syrien droht der Beschwerdeführerin maßgebliche Gefahr, wegen der ihr - bzw. auch ihrer Familie - unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung vom syrischen Regime verfolgt zu werden.
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25. Jänner 2018, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, S. 43f):
Wehrdienstverweigerung / Desertion
Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).
Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden (BFA 8.2017). Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.2.2015).
Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).
Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (so genannte externe Desertion), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt (BFA 8.2017).
In vielen Fällen erwartet Deserteure der Tod. Möglicherweise werden sie inhaftiert, befragt und gefoltert, wobei die Behandlung eines Deserteurs auch davon abhängt wer er ist, welcher Konfession er angehört, wie wohlhabend er ist etc. Die große Sorge vieler ist hierbei auch, dass dies nicht nur den Tod des Deserteurs oder die Vergeltung gegen ihn, sondern auch Maßnahmen gegen seine Familie nach sich ziehen kann. Die gängige Vorgehensweise ist, Deserteure nicht zurück an die Front zu schicken, sondern sie zu töten. Berichten zufolge werden sie an Ort und Stelle erschossen. Theoretisch ist ein Militärgerichtsverfahren vorgesehen und Deserteure könnten auch inhaftiert und dann strafrechtlich verfolgt werden. Außergerichtliche Tötungen passieren dennoch (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2017). Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).
Im Gegensatz zum Beginn des Konfliktes haben sich mittlerweile die Gründe für Desertion geändert: Nun desertieren Soldaten, weil sie kampfmüde sind und dem andauernden Krieg entkommen wollen (BFA 8.2017).
Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie kann von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017).
In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle des Regimes gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bzgl. Wehrdienst getroffen. Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt, sondern stattdessen bei der Polizei eingesetzt werden. Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen, was jedoch schwer zu beweisen ist (BFA 8.2017).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen der Erstbefragung bzw. der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde sowie aus den vorgelegten Dokumenten.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben sowie aus den Angaben ihrer mit der Obsorge betrauten Tante im Rahmen des Verfahrens sowie auch aus den Angaben ihres Onkels in dem diesen betreffenden Verfahren und aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungssystem). Die Feststellung die strafgerichtliche Unbescholtenheit betreffend ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
Die Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen auf den genannten (nun aktualisierten) Quellen, die schon die belangte Behörde ihrem Bescheid zugrunde legte und die im Wesentlichen inhaltsgleich blieben. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Feststellungen betreffend die Wehrdienstverweigerung des Onkels der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Akteninhalt des betreffenden Beschwerdeverfahrens, welches h.g. abgehandelt worden ist und im Zuge dessen dem Onkel der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist bzw. aus den Aussagen der obsorgeberechtigten Tante der Beschwerdeführerin.
Als Angehörige eines Familienmitgliedes, das sich durch Verlassen des Landes dem syrischen Wehr- bzw. Reservedienst entzogen hat, somit als Angehörige eines Wehrdienstverweigerers, würde der Beschwerdeführerin in Syrien eine regimefeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass aufgrund der besonderen Situation in Syrien die Schwelle dafür, von Seiten des syrischen Regimes als "oppositionell" betrachtet zu werden, relativ niedrig ist. Vor diesem Hintergrund ist auch auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, in welcher eine asylrechtlich relevante Verfolgung auch in einer Anknüpfung an die seitens des Verfolgers lediglich unterstellte politische Gesinnung gegeben sein kann (vgl. Z.B. VwGH 14.05.2002, 98/01/0327). Im Hinblick auf die Art des aktuellen Vorgehens des syrischen Regimes gegenüber - wenn auch nur vermeintlichen - Regimegegnern bzw. politisch Andersdenkenden ist davon auszugehen, dass die zu erwartende Bedrohung oder Bestrafung der Beschwerdeführerin als (möglicher) Regimegegnerin in Form von Befragung bzw. Anhaltung oder Inhaftierung, verbunden mit der erheblichen Gefahr von Misshandlung bis hin zum "Verschwindenlassen", erfolgen würde.
Es ist daher angesichts der Feststellungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin Verfolgung auf Grund der ihr unterstellten politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit (im Falle einer Rückkehr/Wiedereinreise nach Syrien) droht.
Vor dem Hintergrund der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen erweisen sich die Aussagen der Beschwerdeführerin als plausibel.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Bei der Entscheidung, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung besteht, handelt es sich immer um eine Prognoseentscheidung, die eine auf die Zukunft gerichtete Verfolgung verlangt. Das Wort "Furcht" bezieht sich dabei nicht nur auf Personen, die tatsächlich verfolgt wurden, sondern auch auf solche, die einer Situation aus dem Wege gehen möchten, die eine Gefahr der Verfolgung in sich birgt. (vgl. UNHCR, Ergänzende aktuelle Länderinformationen Syrien: Militärdienst, vom 30. November 2016, S. 1)
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
3.2.2. Im Falle einer Rückkehr läuft die Beschwerdeführerin Gefahr, dass ihr eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird. Verfahrensgegenständlich ist ausschließlich zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Die Beschwerdeführerin fällt auf Grund der Wehrdienstverweigerung einer ihr nahestehenden Person - nämlich ihres Onkels, mit dem sie gemeinsam geflüchtet ist - in eine von UNHCR angeführte Risikogruppe, nämlich jene der "Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen [u.a. Wehrdienstverweigerer]" (zur Indizwirkung von UNHCR-Positionen vgl. etwa VwGH 16.1.2008, 2006/19/0182, m.w.N.).
Eine Inanspruchnahme des Schutzes durch den syrischen Staat ist für die Beschwerdeführerin schon deswegen auszuschließen, weil die Verfolgung gerade von diesem ausgeht.
3.2.3. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht für die Beschwerdeführerin nicht; die Annahme ebendieser würde im Widerspruch zum aufgrund der derzeitigen Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stehen (vgl. VwGH 25.3.2015, Ra 2014/18/0168; 29.6.2015, Ra 2014/18/0070).
3.2.4. Im Ergebnis ist bei der gebotenen prognostischen Beurteilung der Verfolgungsgefahr und bei Gesamtbewertung aller risikobegründenden Faktoren ein erhebliches Risiko für die Beschwerdeführerin, vom syrischen Regime aus den dargelegten Gründen verfolgt zu werden - und damit das Vorliegen der "maßgeblichen Wahrscheinlichkeit" der Verfolgung im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Judikatur - zu bejahen.
Die Beschwerdeführerin konnte somit glaubhaft machen, dass ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
3.2.5. Da auch keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt, war der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.2.6. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 08.01.2016, somit nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall Anwendung finden.
3.2.7. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
3.2.8. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, begründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W203.2153910.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018