TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/12 98/21/0173

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Veröffentlicht am 12.01.2000
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54;
MRK Art3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des V in Graz, geboren am 12. Juni 1969, vertreten durch Dr. Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Andreas-Hofer-Platz 9/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 15. Dezember 1997, Zl. FR 1414/1997, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge liberianischer Staatsbürger und am 13. November 1995 über Slowenien nach Österreich eingereist, stellte am 14. November 1995 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Diesen begründete er damit, dass in seinem Heimatland Krieg herrsche. Sein Vater sei 1990 zwangsrekrutiert und im selben Jahr getötet worden; auch seine Mutter sei 1990, weil sie sich einer Vergewaltigung widersetzt habe, von Soldaten getötet worden. Der Beschwerdeführer habe mit seiner Schwester in der Kirche Unterschlupf gefunden, dort seien beide "als Prediger vorbereitet" worden, um zum Frieden und zum Widerstand gegen Zwangsrekrutierungen aufzurufen. Der Armee sei die Kirche wegen der Predigten im Weg gewesen; 1993 sei die Kirche von uniformierten Soldaten - um welche Soldaten es sich gehandelt habe, konnte der Beschwerdeführer über Nachfrage nicht angeben - mit Maschinengewehren angegriffen und niedergebrannt worden; den Beschwerdeführer habe man verjagt, dabei habe er seine Schwester verloren, die vermutlich wie viele andere Menschen an diesem Tag getötet worden sei. Nach der Zerstörung der Kirche habe sich der Beschwerdeführer mit anderen Kirchenangehörigen in Monrovia, auf dem Marktplatz, versteckt, in der Folge sei er mit einem Pkw und anderen Personen nach "Habbe" geflüchtet und dort in einem Heim für Kirchenangehörige untergebracht worden. Nach einem viermonatigen Aufenthalt seien Soldaten gekommen und hätten 4 Heimbewohner getötet; der Beschwerdeführer sei mit einigen anderen Personen zu Fuß geflüchtet. Er nehme an, dass ihn die Armee suche und dass er im Fall einer Rückkehr nach Liberia getötet werden würde. Persönlich sei er nicht verfolgt worden, man habe nur die Kirche verfolgt. Da in ganz Liberia Krieg herrsche und man in keinem Teil des Landes sicher sei, habe er nicht versucht, in einem anderen Teil seines Heimatlandes zu leben. Ein weiterer Grund für seine Flucht sei, dass sein Volksstamm "KRA" von der Armee gehasst werde, da Samuel Doe diesem Stamm angehört habe und die Armee den Stamm für den Ausbruch des Krieges verantwortlich mache.

Mit Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1997, erlassen am 8. September 1997, wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers rechtskräftig keine Folge gegeben. Im Rahmen des in der Folge eingeleiteten Ausweisungsverfahrens stellte der Beschwerdeführer bezogen auf Liberia einen Feststellungsantrag nach § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992. Hiezu führte er aus, dass er bei einer Abschiebung in seine Heimat sofort von den staatlichen Sicherheitskräften verhaftet werden würde und mit einer Hinrichtung ohne Gerichtsverhandlung rechnen müsste. Dies deshalb, weil er 1993 von bewaffneten Rebellen zur Ausführung von Kampfhandlungen gezwungen worden sei. Da er sich dieser Rebellengruppe - ihren Namen konnte der Beschwerdeführer trotz Nachfrage nicht nennen - nicht angeschlossen habe, habe er flüchten müssen. Personen, die sich den Rebellengruppen nicht angeschlossen hätten, seien von diesen hingerichtet worden; dieses Schicksal hätten auch die Eltern des Beschwerdeführers erlitten. Nunmehr sei diese Rebellengruppe in Liberia an der Macht. Im Übrigen verweise er auf seine Angaben im Asylverfahren.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 15. Dezember 1997 wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Liberia gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei; seine Abschiebung nach Liberia sei somit zulässig.

Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die auf bloßen Behauptungen beruhenden, noch dazu widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers nicht ausreichten, eine maßgebliche Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen; seine widersprechenden Angaben - in der "Erstasylniederschrift" sei nicht davon die Rede gewesen, dass er von bewaffneten Rebellengruppen zur Teilnahme an Kampfhandlungen gezwungen worden wäre - seien nicht geeignet, "die Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens zu unterstreichen". Angaben könnten im Allgemeinen nicht als glaubwürdig angesehen werden, wenn im Verlauf des Verfahrens Tatsachen unterschiedlich oder widersprüchlich dargestellt oder wenn maßgebliche Tatsachen erst sehr spät vorgebracht würden. Ein Sachverhalt könne grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkannt werden, wenn der Antragsteller vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleichbleibende Angaben mache und wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erschienen. Man könne davon ausgehen, dass die ursprünglichen Angaben eines Antragstellers nach § 54 FrG der Wahrheit am Nächsten kämen. In diesen ursprünglichen Angaben sei jedoch von einer Zwangsrekrutierung keine Rede gewesen, sondern nur davon, dass der Beschwerdeführer von unifomierten Soldaten mit anderen Kirchenangehörigen aus Monrovia verjagt worden sei. Seinen widersprüchlichen, noch dazu kaum nachprüfbaren Behauptungen könne keine Glaubwürdigkeit zugemessen werden. Auch auf Grund des Umstandes, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Identitätskarte laut einem Untersuchungsbericht der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle der Bundespolizeidirektion Graz als Verfälschung anzusehen sei und somit auch im Hinblick auf seine Herkunft und Identität nicht unberechtigte Zweifel bestünden, seien seine noch dazu widersprüchlichen Angaben über eine angebliche Bedrohung durch Rebellengruppen nicht glaubwürdig.

Was die Behauptungen über die seinen Vater und seine Schwester betreffenden Vorfälle anlange, so seien sie einerseits kaum nachprüfbar; andererseits könne aus bloßen Vermutungen, wenn sie "auch" auf andere Personen betreffende Vorfälle Bezug nehmen würden, keine Gefährdung/Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG abgeleitet werden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er würde im Fall einer Rückkehr nach Liberia sofort von den staatlichen Sicherheitskräften verhaftet werden und müsste mit einer Hinrichtung ohne Gerichtsverhandlung rechnen, stelle eine bloße Behauptung und Vermutung dar, für welche er jegliche Glaubhaftmachung durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel schuldig geblieben sei. Er habe weiters eine Glaubhaftmachung dahingehend unterlassen, dass sein Heimatstaat nicht in der Lage sei, ihn im Fall seiner Rückkehr vor der Verfolgung durch andere zu schützen. Selbst unter der Annahme, der Beschwerdeführer sei liberianischer Staatsangehöriger, "was Sie jedoch in keinem Fall glaubhaft machen konnten", könne nicht (mehr) von der behaupteten Verfolgungsgefahr ausgegangen werden. Im August 1995 sei es zwischen den Bürgerkriegsparteien in Liberia zu einem Waffenstillstand gekommen, anschließend sei ein Friedensabkommen geschlossen worden. Des Weiteren sei in Liberia die mittlerweile auf 18.000 Mann aufgestockte ECOMOG-Truppe stationiert, die sowohl die Hauptstadt Monrovia als auch die wichtigsten öffentlichen Einrichtungen und Hauptstraßen kontrolliere und die die Demobilisierung und Entwaffnung der seinerzeit bewaffneten Bürgerkriegsparteien in die Wege geleitet habe und weiter vorantreibe. Wie aus diversen Medienberichten allgemein bekannt, sei bei den Ende Mai, Anfang Juni 1997 abgehaltenen und von den dort stationierten UN-Wahlbeobachtern als ausgesprochen fair beurteilten Wahlen Charles Taylor zum neuen Staatspräsidenten gewählt worden. Damit sei der Machtkampf in Liberia "einer definitiven Entscheidung zugeführt" worden, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass Charles Taylor seinen Kampf um die Macht im Land beendet habe; es "dürften logischerweise" auch keine Motivationen mehr gegeben sein, allfällige Zwangsrekrutierungen, für die der Beschwerdeführer jegliche Glaubmachung schuldig geblieben sei, durchzuführen. Es bestünden daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Liberia einer allfälligen Bedrohung bzw. Verfolgungen von Rebellengruppen ausgesetzt wäre; er habe nunmehr auf Grund einer weitgehendst funktionierenden Staatsgewalt durchaus die Möglichkeit, sich unter den Schutz der staatlichen Autorität zu stellen, überdies seien die Bürgerkriegshandlungen nach Abschluss des Waffenstillstandes und des anschließenden Friedensabkommens weitgehendst zum Stillstand gekommen, sodass keinesfalls von einer sich auf das ganze Staatsgebiet erstreckenden Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen gesprochen werden könne. In seiner "Erstasylniederschrift" habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er nicht persönlich, sondern dass "nur die Kirche" verfolgt worden sei; er würde "nur annehmen", dass ihn die Armee suchen und dass er getötet werden würde. Hiebei handle es sich (jedoch) um nicht nachvollziehbare bloße Behauptungen und Vermutungen, für die der Beschwerdeführer jegliche Glaubhaftmachung schuldig geblieben sei. Außerdem sei es ihm nicht gelungen, die für eine Verfolgung sprechenden Gründe unter Angabe genauer Einzelheiten in sich stimmig zu schildern, er sei nicht einmal in der Lage gewesen, seine Identität und Herkunft glaubhaft zu belegen. Wenn man zudem noch bedenke, dass er die Hilfe von Schleppern in Anspruch genommen habe und es zu den Dienstleistungen von Schlepperorganisationen gehöre, auch entsprechende Dokumente und 'Argumentationshilfen' im Bedarfsfall nachzuliefern, schienen seine Angaben noch unglaubwürdiger.

Mit seinen bloß allgemein gehaltenen Hinweisen auf die seinerzeitigen Bürgerkriegshandlungen in seinem Heimatstaat, mit dem Hinweis auf das angeblich seinem Vater bzw. seiner Mutter und seiner Schwester Widerfahrene sowie mit seinen auf bloßen Behauptungen und Vermutungen beruhenden Hinweisen, er wäre bei einer Rückkehr der Gefahr einer Verhaftung seitens der staatlichen Sicherheitskräfte ausgesetzt und könnte sogar getötet werden, habe der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde abschließend - keine konkret nachvollziehbaren Tatsachen und stichhaltige Gründe im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft machen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 5. November 1999, Zl. 97/21/0833) hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 leg. cit. die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße der im § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind.

Im vorliegenden Fall bringt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides an verschiedenen Stellen zum Ausdruck, dass sie die Angaben des Beschwerdeführers als nicht glaubwürdig erachte. Dabei argumentiert sie in erster Linie mit den Widersprüchen zwischen seiner Darstellung der Fluchtgründe im Asylverfahren (demnach sei er von brandschatzenden Soldaten aus der Kirche verjagt worden) einerseits und der Begründung seines Antrags nach § 54 FrG (diesen stützte er auf eine versuchte Zwangsrekrutierung durch eine Rebellengruppe) andererseits. Sie führt in diesem Zusammenhang weiter aus, dass man davon ausgehen könne, dass die ursprünglichen Angaben eines Antragstellers im Verfahren nach § 54 FrG der Wahrheit am Nächsten kämen und dass in diesen ursprünglichen Angaben von einer angeblichen Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers durch Rebellengruppen keine Rede sei. Im Hinblick darauf ist hinreichend deutlich, dass die belangte Behörde jedenfalls den Behauptungen über jene (versuchte) Zwangsrekrutierung, der sich der Beschwerdeführer durch Flucht entzogen habe, keinen Glauben schenkte. Ob sie darüber hinaus auch die Richtigkeit des ursprünglich im Asylverfahren erstatteten Vorbringens betreffend die Vertreibung des Beschwerdeführers aus "der Kirche", die anschließende Flucht aus Monrovia und den Angriff von Soldaten auf das vom Beschwerdeführer in der Folge bewohnte "Heim für Kirchenangehörige", oder überhaupt seine liberianische Staatsbürgerschaft (angesichts der festgestellten Verfälschung der von ihm vorgelegten Identitätskarte), in Abrede stellen wollte, ist dagegen nicht mit ausreichender Sicherheit erkennbar. Zwar deuten die mehrfach gewählten allgemeinen Formulierungen über die mangelnde Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und die Aussage, er habe in keinem Fall glaubhaft machen können, dass er liberianischer Staatsangehöriger sei bzw. es sei ihm nicht gelungen, seine Identität und seine Herkunft glaubhaft zu belegen, in diese Richtung. Umgekehrt nimmt die belangte Behörde bei ihren weiteren Überlegungen jedoch wiederholt auf den "Heimatstaat" des Beschwerdeführers - Liberia - Bezug und legt entsprechende Behauptungen des Beschwerdeführers zugrunde, ohne nur entfernt zum Ausdruck zu bringen, dass dies nur eventualiter geschehe. In Verbindung mit der dargestellten Wertung, dass die ursprünglichen Angaben eines Antragstellers im Verfahren nach § 54 FrG der Wahrheit am Nächsten kämen, bleiben daher insoweit Zweifel bezüglich der Beweiswürdigung der belangten Behörde offen. Dieser Verfahrensmangel ist indes nicht relevant. Selbst wenn die belangte Behörde das oben wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers im Asylverfahren über seine Vertreibung aus "der Kirche" und die nachfolgenden Geschehnisse zugrunde gelegt haben sollte, wäre es nämlich vor dem Hintergrund der festgestellten, in der Beschwerde nicht bestrittenen Stabilisierung der Situation in Liberia nicht geeignet, eine dem Beschwerdeführer für den Fall seiner Abschiebung in diesen Staat dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende aktuelle Gefährdung darzutun. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass sich diese vom Beschwerdeführer dargestellten Verfolgungshandlungen gemäß seinen eigenen Behauptungen nicht gegen ihn persönlich, sondern gegen "die Kirche" - wegen ihres Eintritts für ein Ende der Kampfhandlungen - gerichtet haben und somit im Ergebnis "nur" als Ausfluss des seinerzeitigen Bürgerkrieges zu verstehen sind. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt hingegen nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1999, Zl. 97/21/0725).

In der Beschwerde wird auf die Beweiswürdigung der belangten Behörde in keiner Weise eingegangen. Der Beschwerdeführer führt lediglich aus, dass die Ansicht der belangten Behörde, wonach seine Angaben, er würde im Fall seiner Rückkehr nach Liberia sofort von den staatlichen Sicherheitskräften verhaftet werden und müsste mit einer Hinrichtung ohne Gerichtsverhandlung rechnen, nicht mehr als bloße Behauptungen und Vermutungen seien, für welche er jegliche Glaubhaftmachung schuldig geblieben sei, "einen Affront" darstelle. Er verkennt damit, dass dem angefochtenen Bescheid (siehe oben) zugrunde liegt, dass seine Behauptung über die versuchte Zwangsrekrutierung durch Rebellengruppen nicht zutrifft. Diese Würdigung begegnet angesichts der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Den Umstand der versuchten Zwangsrekrutierung bzw. die Flucht aus der Rebellengruppe hat der Beschwerdeführer jedoch als Begründung dafür angegeben, weshalb ihm bei einer Abschiebung nach Liberia Verhaftung und Hinrichtung drohten. Fällt diese Begründung weg, so haben diese im Verwaltungsverfahren geäußerten Befürchtungen tatsächlich keinen Hintergrund.

Gleichfalls ins Leere geht das weitere Beschwerdevorbringen, die unsicheren politischen Verhältnisse in Liberia stünden einer Abschiebung in diesen Staat aus dem Grund des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG entgegen. Der Beschwerdeführer bezieht sich dabei auf seine Angaben im Asylverfahren, insbesondere betreffend die Zwangsrekrutierung und Tötung seines Vaters sowie die vermutliche Tötung seiner Schwester, übersieht dabei jedoch die behördlichen Feststellungen über eine Beruhigung der Bürgerkriegssituation und über eine weitgehende Stabilisierung der Lage. Diese Feststellungen bleiben, wie schon erwähnt, unbekämpft, den entsprechenden Beschwerdeausführungen liegt damit im Ergebnis eine nicht mehr zutreffende und im vorliegenden Fall daher nicht mehr relevante Beurteilung der Verhältnisse im Heimatstaat des Beschwerdeführers zugrunde.

Schließlich sind aber auch die abschließenden Erwägungen der Beschwerde betreffend die noch nicht endgültige Erledigung des Asylverfahrens (der Beschwerdeführer hat gegen den rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1997 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss vom 18. November 1997 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist) und betreffend das Fehlen einer Begründung, welche konkreten Gründe die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia im Interesse der öffentlichen Ordnung zulässig machen sollten, nicht zielführend. Einerseits handelt es sich beim Asylverfahren und beim Verfahren nach § 54 FrG nämlich um jeweils eigenständige Verfahren, die zueinander in keinem Abhängigkeitsverhältnis stehen; es existiert auch keine Vorschrift, wonach die Fremdenpolizeibehörde mit ihrer Entscheidung im Verfahren nach § 54 FrG bis zur endgültigen Erledigung des Asylverfahrens zuzuwarten hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 98/21/0048). Andererseits wird mit dem bekämpften Bescheid ausschließlich über die Zulässigkeit/Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia abgesprochen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist für Überlegungen dergestalt, ob seine Abschiebung im Interesse der öffentlichen Ordnung gelegen sei, kein Platz.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im Hinblick darauf, dass die Vorlage der Verwaltungsakten auch zum hg. Verfahren Zl. 98/21/0171 erfolgte, konnte der belangten Behörde hier nur der halbe Vorlageaufwand zuerkannt werden.

Wien, am 12. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998210173.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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