TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/12 98/21/0171

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Veröffentlicht am 12.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §38;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des V in Graz, geboren am 12. Juni 1969, vertreten durch Dr. Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Andreas-Hofer-Platz 9/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 15. Dezember 1997, Zl. FR 1414/1997, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) einer Berufung des Beschwerdeführers - seinen Angaben zufolge liberianischer Staatsangehöriger - gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 7. Oktober 1997, mit dem er gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen worden war, "gem. § 66 (4) AVG iVm §§ 15, 17 und 19 des Fremdengesetzes" keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer gemäß seinen eigenen Angaben am 13. November 1995 "illegal" von Slowenien in das Bundesgebiet eingereist sei. In der Folge habe er einen Asylantrag gestellt, der jedoch mit Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1997, rechtswirksam erlassen am 8. September 1997, rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner Einreise "unberechtigterweise" im Bundesgebiet auf, da er über "keinerlei Bewilligung" nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz verfüge. Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergebe sich, dass dem Ausweisungsverfahren kein rechtliches Hindernis entgegenstehe. Dass der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung nach Liberia im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht wäre, stehe der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen; es müsse auch nicht der Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG abgewartet werden. Die rechtliche Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG sei (schließlich) unabhängig davon, ob der Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerks bedürfe oder nicht.

Die Ausweisung bewirke keinen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers; zum Einen könne er sich nicht "auf das Vorhandensein von im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen oder nahen Verwandten" berufen, zum Anderen sei es während seines rund zweijährigen, zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zu keiner Integration gekommen, die im Sinn des § 19 FrG einer Ausweisung entgegenstehen würde. Selbst unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wäre jedoch das "Dringendgebotensein" und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Sinn der genannten Bestimmung zu bejahen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zunächst deshalb für rechtswidrig, weil ihm gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ex lege eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen sei und nach wie vor zukomme; er habe rechtzeitig um die Gewährung von Asyl angesucht, einem "diesbezüglichen Bescheid des Bundesasylamtes auf Gewährung von vorläufiger Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz" wäre lediglich deklarative Wirkung zugekommen. Die belangte Behörde übersehe ferner, dass gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1997 Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei, der dieser Beschwerde mit Beschluss vom 18. November 1997 aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer im Sinn des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 "rechtzeitig", d.h. innerhalb einer Woche ab dem Zeitpunkt seiner Einreise in das Bundesgebiet, einen Asylantrag gestellt hat. Dieser Umstand allein vermochte ihm jedoch keine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach der genannten Bestimmung zu verschaffen. Hiefür wäre vielmehr überdies erforderlich gewesen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Asylwerber gehandelt hätte, "der gemäß § 6 eingereist ist". Das ist beim Beschwerdeführer jedoch nicht der Fall, weil er nicht direkt aus dem Staat (Liberia) gekommen ist, in dem Verfolgung befürchten zu müssen er behauptet (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991) und weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem Beschwerdeführer die Einreise gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. formlos zu gestatten gewesen wäre; er reiste auf dem Landweg über Slowenien in das Bundesgebiet ein und hat im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht einmal ansatzweise behauptet, dass er dort (oder in anderen Durchreisestaaten) verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen sei und daher wegen des Vorliegens der in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG genannten Gründe bei seiner Einreise nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen. Ermangelte es dem Beschwerdeführer daher von Haus aus an einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991, so konnte er eine solche auch nicht dadurch erlangen, dass seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1997 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist; daraus kann der Beschwerdeführer nämlich nicht eine Rechtsstellung ableiten, welche ihm vorher gar nicht zugekommen war (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 98/21/0023).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass die Bestimmungen der §§ 38 Abs. 1 und 54 FrG nicht losgelöst voneinander betrachtet werden könnten; angesichts dessen sei die Ansicht der belangten Behörde verfehlt, dass der Umstand, dass er bei einer Abschiebung in sein Heimatland im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei, der Ausweisung nicht entgegen stehe, dass der Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abgewartet werden müsse und dass die Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG unabhängig davon bestehe, ob der Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerkes bedürfe oder nicht.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend, weil die Zulässigkeit/Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat aus den Gründen des § 37 FrG im Rahmen des Verfahrens nach § 54 FrG zu prüfen ist, weil dieses Feststellungsverfahren das Ausweisungsverfahren nicht berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zl. 98/21/0219) und weil die maßgeblichen Bestimmungen des FrG keine Grundlage dafür bieten, Fragen der Vollstreckbarkeit des Ausweisungsbescheides in das Titelverfahren zu verlagern (vgl. hiezu näher das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 98/21/0247). Inwieweit die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang genannte Bestimmung des § 38 Abs. 1 FrG von Bedeutung sein soll, welche die Durchbeförderung von Fremden durch das Bundesgebiet regelt, kann vom Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollzogen werden.

Ins Leere geht schließlich der Vorwurf, die belangte Behörde habe nicht begründet, aus welchen konkreten, die spezielle Situation des Beschwerdeführers betreffenden Gründen seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 17 Abs. 2 letzter Halbsatz FrG idF BGBl. Nr. 836/1996 (richtig wohl: 436/1996) tatsächlich erforderlich gewesen sei. Wenngleich die belangte Behörde den bekämpften Bescheid nicht ausdrücklich auf § 17 Abs. 1 FrG stützte, so kann in Anbetracht der uneingeschränkten Bestätigung des auf diese Bestimmung gegründeten Ausweisungsbescheides der erstinstanzlichen Behörde einerseits und im Hinblick auf die Anführung des § 19 FrG - der sich ausschließlich auf eine Ausweisung nach § 17 Abs. 1 leg. cit. sowie auf ein Aufenthaltsverbot bezieht - andererseits doch nicht zweifelhaft sein, dass die belangte Behörde ihre Maßnahme allein auf § 17 Abs. 1 und nicht auf § 17 Abs. 2 FrG gründete. Auf die Tatbestandsmerkmale der letztgenannten Bestimmung ist sie daher zu Recht nicht näher eingegangen.

Dass die gegenständliche Ausweisung unter dem Blickwinkel des § 19 FrG unzulässig wäre, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die belangte Behörde unter diesem Aspekt zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Die vorliegende Beschwerde war daher nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im Hinblick darauf, dass die Vorlage der Verwaltungsakten auch zum hg. Verfahren Zl. 98/21/0173 erfolgte, konnte der belangten Behörde hier nur der halbe Vorlageaufwand zuerkannt werden.

Wien, am 12. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998210171.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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