TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 W219 2136602-2

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Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

AVG §68 Abs6
B-VG Art.133 Abs4
VwGG §25a
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W219 2136602-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der AUSTRO CONTROL Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH vom 29.07.2016, LSA 107-103/30-16, betreffend Widerruf des Eintrags der Berechtigung für die Sprachkompetenz gemäß Level 6 in der Lizenz des Beschwerdeführers zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 27 und § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm FCL.015 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß § 25a VwGG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem bekämpften Bescheid widerrief die Austro Control GmbH (die belangte Behörde) gemäß § 68 Abs. 6 AVG iVm Anhang VI (Teil-ARA) ARA.GEN.355 (b) (1) und ARA.FCL.250 (a) Abs. 3 der VO (EU) Nr. 1178/2011 idF der VO(EU) Nr. 2016/539 den Eintrag der Berechtigung für die Sprachkompetenz gemäß Level 6 in der Lizenz des Beschwerdeführers mit der Nummer XXXX (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. dieses Bescheides sprach die belangte Behörde aus, die Neubewertung der Sprachkompetenz des Bescheidadressaten erfolge aufgrund der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens stattgefundenen gutachterlichen Erhebung. In Spruchpunkt III. dieses Bescheides ordnete die belangte Behörde an, die Lizenz XXXX sei unverzüglich per Einschreiben oder durch Übergabe an die belangte Behörde zurückzustellen. Mit Spruchpunkt IV. schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG aus.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 12.09.2016, die mit Schriftsatz vom 28.09.2016, eingelangt am 06.10.2016, dem Bundesverwaltungsgericht gemeinsam mit dem Verwaltungsakt vorgelegt wurde.

3. Mit Teilerkenntnis vom 31.10.2016 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) statt und behob diesen Spruchpunkt ersatzlos.

4. Mit Verfügung vom 13.12.2016 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme der belangten Behörde zur Beschwerde in der Sache dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör. Dieser äußerte sich dazu mit Schreiben vom 20.12.2016.

5. Mit Schreiben vom 18.07.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer einen Antrag um Änderung des Zuständigkeitsstaates hinsichtlich seiner Pilotenlizenz sowie um Ausstellung einer entsprechenden Lizenz durch die slowakische Zivilluftfahrtbehörde gestellt habe. Vorgelegt wurde ein Schreiben der slowakischen Zivilluftfahrtbehörde vom 02.07.2018, in welchem diese auf den bei ihr gestellten Antrag des Beschwerdeführers verweist und die österreichische Behörde zur Übermittlung der Akten betreffend den Beschwerdeführer aufforderte.

6. Mit weiterem Schreiben vom 25.07.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass sie der Aufforderung der slowakischen Zivilluftfahrtbehörde mit Antwortschreiben vom 25.07.2018 nachgekommen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer - (vormals) Inhaber einer von der belangten Behörde ausgestellten Pilotenlizenz - hat spätestens am 02.07.2018 bei der slowakischen Zivilluftfahrtbehörde einen Antrag auf Übertragung seiner Lizenzierung und der medizinischen Berichte auf diese gestellt und gleichzeitig die Neuausstellung einer Pilotenlizenz durch die slowakische Luftfahrtbehörde beantragt.

Dieser für die getroffene Entscheidung rechtserhebliche Sachverhalt beruht auf den Verwaltungsakten und auf den oben genannten Schriftsätzen des Beschwerdeverfahrens und ist unstrittig.

2. Rechtlich folgt daraus:

2.1. In der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 03.11.2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 311 vom 25.11.2011, in der Fassung der Verordnung (EU) 2016/539 der Kommission vom 06.04.2016, findet sich in Anhang I (Teil-FCL) FCL.015 betreffend die Beantragung, Erteilung, Verlängerung und Erneuerung von Lizenzen, Berechtigungen und Zeugnissen auszugsweise folgende Bestimmung:

"a) Anträge auf Erteilung, Verlängerung oder Erneuerung von Pilotenlizenzen und damit verbundenen Berechtigungen und Zeugnissen sind bei der zuständigen Behörde in der von dieser Behörde festgelegten Form und Weise zu stellen. Dem Antrag sind Nachweise darüber beizufügen, dass der Bewerber die Anforderungen für die Erteilung, Verlängerung oder Erneuerung der Lizenz oder des Zeugnisses sowie damit verbundener Berechtigungen oder Befugnisse erfüllt, wie in diesem Teil und im Teil-Medical festgelegt.

[...]

d) Anträge auf die Erteilung einer Lizenz für eine weitere Luftfahrzeugkategorie oder auf die Erteilung weiterer Berechtigungen oder Zeugnisse sowie für einen Nachtrag zu oder eine Verlängerung oder Erneuerung dieser Lizenzen, Berechtigungen oder Zeugnisse sind bei der zuständigen Behörde zu stellen, die die Pilotenlizenz ursprünglich ausgestellt hat, es sei denn, der Pilot hat einen Wechsel der zuständigen Behörde und eine Übertragung seiner Lizenzierung und medizinischen Berichte auf diese Behörde beantragt."

2.2. Gemäß § 27 VwGVG, BGBl. I 33/2013, hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Das Verwaltungsgericht hat daher die Unzuständigkeit der Behörde auch dann (von Amts wegen) wahrzunehmen, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 27 VwGVG, Anm. 4).

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 23.02.2018, Ro 2017/03/0028, zur auch hier anzuwendenden Bestimmung FCL.015 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), ausgesprochen:

"[D]ie Bestimmung FCL.015 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), [stellt] eine Zuständigkeitsnorm für die Behandlung von Anträgen auf die Erteilung einer Lizenz für eine weitere Luftfahrzeugkategorie oder auf die Erteilung weiterer Berechtigungen oder Zeugnisse sowie für einen Nachtrag zu oder eine Verlängerung oder Erneuerung dieser Lizenzen, Berechtigungen oder Zeugnisse (im Folgenden: Hauptantrag) [dar]. Danach ist für den Hauptantrag grundsätzlich jene nationale Behörde zuständig, die die

Pilotenlizenz ursprünglich ausgestellt hat ... .

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht FCL.015 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), dann vor, wenn der Pilot einen Wechsel der zuständigen Behörde und eine Übertragung seiner Lizenzierung und medizinischen Berichte auf eine andere (nationale) Behörde beantragt. In diesem Fall hat der Pilot sowohl den Hauptantrag als auch den Antrag auf Wechsel der Zuständigkeit bei ‚dieser Behörde', also bei der neuen zuständigen Behörde, zu stellen.

FCL.015 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), sieht den Antrag auf Wechsel der zuständigen Behörde nur im Zusammenhang mit einem Hauptantrag vor. Ein Zuständigkeitswechsel losgelöst von einem Hauptantrag kommt daher nicht in Betracht.

Liegt bei einer nationalen Luftfahrtbehörde ein Hauptantrag eines Piloten und ein Antrag auf Wechsel der Zuständigkeit (auf diese Behörde) vor, so ist diese Behörde bereits damit zuständig geworden, über den Hauptantrag zu entscheiden.

Um ihre Entscheidung treffen zu können, hat sie sich von der bislang zuständig gewesenen Behörde die Lizenzierung und die medizinischen Berichte übermitteln zu lassen. Kommt die bislang zuständig gewesene Behörde diesem Ansinnen nicht oder nicht vollständig nach, hat das auf die Zuständigkeit jener Behörde, bei der der Hauptantrag und der Antrag auf Zuständigkeitswechsel gestellt worden ist, keinen Einfluss. Sie hat sich vielmehr mit allen zu Gebote stehenden Mitteln die erforderlichen Unterlagen zu beschaffen und über den Hauptantrag des Piloten zu entscheiden.

... [Es] ist ... nicht zu befürchten, dass aufgrund der vom

Verwaltungsgerichtshof geteilten Rechtsansicht des Revisionswerbers ‚das gesamteuropäische Aufsichtssystem ad absurdum geführt' würde und eine gleichzeitige Prüfung der Tauglichkeit eines Piloten durch zwei nationale Behörden mit unterschiedlichen Ergebnissen möglich wäre. Die zuvor dargestellte rechtliche Lösung bietet vielmehr Gewähr dafür, dass nur eine zuständige (nationale) Behörde den Hauptantrag des Piloten prüft. Ihr stehen auch sämtliche im Unionsrecht vorgesehenen Möglichkeiten offen, die Tauglichkeit des Piloten medizinisch klären zu lassen."

Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die belangte Behörde, die dem Beschwerdeführer eine Pilotenlizenz ausgestellt hatte, in jenem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer an die slowakische Zivilluftfahrtbehörde einen Antrag auf Wechsel der Zuständigkeit auf diese Behörde und gleichzeitig einen Antrag (in der Diktion des VwGH: "Hauptantrag") auf Neuausstellung einer Pilotenlizenz durch diese Behörde gestellt hat, unzuständig geworden ist, die weitere behördliche Aufsicht im Hinblick auf Einträge in der Pilotenlizenz des Beschwerdeführers auszuüben. Denn auch die Prüfung der Frage, auf welches Level der Eintrag der Sprachkompetenz des Beschwerdeführers in seiner Pilotenlizenz zu lauten hat, obliegt nunmehr der alleinigen Zuständigkeit der slowakischen Zivilluftfahrtbehörde.

2.4. Die belangte Behörde hat somit die Zuständigkeit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verloren.

Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben.

3. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt vollständig anhand der Aktenlage feststeht, konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

5. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig: Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 23.02.2018, Ro 2017/03/0028, die auch hier zentralen Rechtsfragen geklärt.

Schlagworte

Antragsbegehren, Austro Control, Behebung der Entscheidung,
Eintragung, ersatzlose Behebung, Gutachten, Lizenz,
Sprachkenntnisse, Übertragung, unzuständige Behörde,
Unzuständigkeit, Widerruf, Zuständigkeit, Zuständigkeitsübergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W219.2136602.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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