TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/12 98/21/0452

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Veröffentlicht am 12.01.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs1;
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des D, geboren am 13. September 1965, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. November 1997, Zl. UVS-03/P/48/03536/97, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 1. August 1997 wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) belegt, wobei die verletzten Rechtsvorschriften wie folgt zitiert wurden: "22 i.V.m. 82/1 Z 1 FrPG". Umschrieben wurde die dem Beschwerdeführer angelastete Übertretung in der Weise, dass er sich vom 1. März 1993 bis 7. April 1997 in Wien als Fremder, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung zu sein, somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, obwohl er einen Sichtvermerk bzw. eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. November 1997 gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als die verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- auf S 900,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden auf 22 Stunden herabgesetzt sowie der Kostenersatz auf S 90,-- reduziert wurde. Im Übrigen bestätigte die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Tatzeitraum 31. Mai 1993 bis 7. April 1997 zu lauten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

In der Folge änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in Anwendung des § 52a VStG mit Bescheid vom 19. Jänner 1999 in der Weise, dass der Tatzeitraum 1. Mai 1996 bis 7. April 1997 zu lauten habe und die Geldstrafe von S 900,-- auf S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) reduziert werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einleitend ist anzumerken, dass es sich bei der Zitierung des Fremdenpolizeigesetzes ("FrPG") durch die erstinstanzliche Behörde um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt und als übertretene Norm § 22 iVm § 82 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, anzusehen sei. Die belangte Behörde griff diesen Schreibfehler zwar nicht auf, führte im Kopf des angefochtenen Bescheides jedoch "§ 22 iVm § 82 Abs 1 Z 1 FrG" an und stellte solcherart die verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z. 2 VStG) klar.

Gemäß § 22 Abs. 1 erster Satz FrG werden die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG und das Aufenthaltsverbot mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen.

§ 82 Abs. 1 Z. 1 FrG normiert, dass eine Verwaltungsübertretung begeht, wer nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist.

Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Gemäß dieser Bestimmung hat der Beschuldigte ein Recht darauf, dass im Spruch die richtige Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt wurde, genannt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1979, Slg. 9898/A). Der Verwaltungsgerichtshof hat, auch wenn dies vom Beschwerdeführer nicht eingewendet worden ist, zu prüfen, welche Norm als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, gemäß § 44a Z. 2 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. 11.525/A).

In der Tatumschreibung wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben; demgemäß zitierte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Bestimmung des § 15 Abs. 1 FrG. Hingegen sanktioniert die Bestimmung des in den Spruch des insoweit durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses aufgenommenen § 22 iVm § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG nicht den unrechtmäßigen Aufenthalt, sondern die Unterlassung der rechtzeitigen Ausreise nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung. Dadurch, dass die belangte Behörde zur Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der ihm zur Last gelegten Tat (unrechtmäßiger Aufenthalt) die Norm des § 22 iVm § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG heranzog, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Demgemäß war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Jänner 2000

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch Divergenzen Spruch Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998210452.X00

Im RIS seit

05.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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