Entscheidungsdatum
03.08.2018Norm
BVergG 2006 §131 Abs2Spruch
W131 2202244-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über den Antrag der Antragstellerin XXXX (= ASt) auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag gegen eine als Zuschlagsentscheidung bewertete Mitteilung vom 20.07.2018 im Vergabeverfahren der Auftraggeberin Bundesrechenzentrum GmbH (= AG), im Vergabeverfahren vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, mit der Vergabeverfahrensbezeichnung "Erneuter Aufruf zum Wettbewerb betreffend den Einzelauftrag "Multifunktionale Kopiergeräte BMF" (BBG-interne GZ 3591.03089) auf Basis der Rahmvereinbarung "Multifunktionale Kopiergeräte" (BBG-interne GZ 3501.02927)" beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird insoweit stattgegeben, als es der Auftraggeberin hiermit für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt ist, den Zuschlag im Vergabeverfahren "Erneuter Aufruf zum Wettbewerb betreffend den Einzelauftrag "Multifunktionale Kopiergeräte BMF" (BBG-interne GZ 3591.03089) auf Basis der Rahmvereinbarung "Multifunktionale Kopiergeräte" (BBG-interne GZ 3501.02927)" zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die ASt brachte am 30.07.2018 eine Eingabe ein, mit der insb die Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrt wurde. Dass die ASt in Ihrer Eingabe die Geschäftszahl der BBG für die Rahmenvereinbarung mit der Geschäftszahl für den erneuten Aufruf zum Wettbewerb vertauschte, war dabei - rechtlich gemäß § 13 AVG iVm § 311 BVergG vorwegnehmend - bereits durch die Antragsbeilagen als offenkundiger Schreibfehler erkennbar.
2. IZm dem hier abzuhandelnden eV - Begehren führte die ASt ihre drohende finanzielle Schäden im Falle der Zuschlagserteilung an die - namentlich in der Zuschlagsentscheidung nicht genannte - Konkurrentin an, die (scil: Schäden) von der AG, diese beim BVwG vertreten durch die Finanzprokuratur, nicht substantiiert bestritten wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Über den Verfahrensgang hinaus ist vorerst festzustellen, dass die ASt mit Ihrem Nachprüfungsantrag eine Mitteilung anficht, in welcher das Wesensmerkmal der Zuschlagsentscheidung gemäß § 2 Z 49 BVergG, nämlich die Nennung des für den Zuschlag ausgewählten Bieters, nicht enthalten ist, wobei auch die AG - Seite an das BVwG mitgeteilt hat, dass eine Zuschlagsentscheidung ergangen wäre.
In den beim BVwG unangefochten gebliebenen Ausschreibungsbedingungen "Erneuter Aufruf zum Wettbewerb", wie der verfahrenseinleitenden Eingabe beigelegt, ist in der Rz 150 ausdrücklich festgehalten, dass eine Entscheidung, mit welchem Unternehmen der Vertrag abgeschlossen werden soll, gemäß § 131 Abs 2 Z 3 BVergG nicht bekannt gegeben wird, was im Nachprüfungsverfahren im Lichte des § 152 Abs 6 BVergG zu erörtern sein dürfte.
Rechtserhebliche Interessen gegen die beantragte eV wurden nicht substantiiert vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal dz nicht erkennbar ist, dass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren wesentlich länger als die in § 326 BVerG positivierten sechs Wochen dauern würde.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang bzw die sonstigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 291 BVergG ist das BVwG zur Vergabekontrolle im Bundesvollzugskompetenzbereich gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG zuständig. Die Zuständigkeit des BVwG zur Vergabekontrolle ist gegenständlich unstrittig.
Gemäß § 6 BVwGG iVm § 292 BVergG idF BGBl I 2016/7 entscheidet das BVwG gegenständlich in Einzelrichterbesetzung und wendet dabei abseits von Sonderverfahrensvorschriften gemäß § 311 BVergG das Verfahrensrecht des VwGVG und subsidiär des AVG an.
A) Zur einstweiligen Verfügung
3.2. Zur Zulässigkeit Begründetheit der einstweiligen Verfügung.
3.2.1. Zu den Formalvoraussetzungen und gesetzlichen Eckdaten der eV ist auszuführen wie folgt:
Gemäß § 312 Abs 2 BVergG idgF ist die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) nach den §§ 328ff BVergG bis zum Zuschlag bzw Widerruf zulässig.
Der Zuschlag wurde nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht erteilt und auch der Widerruf nicht erklärt.
Die Formalvoraussetzungen für einen eV - Antrag liegen zumindest bislang unstrittig vor, ob eine Zuschlagsentscheidung im Sinne einer gesondert anfechtbaren Entscheidung vorliegt, wird letztlich im Nachprüfungsverfahren zu klären sein.
Die §§ 328 bis 330 BVergG lauten idgF in den hier interessierenden Teilen:
Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse,
2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 320 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,
3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,
4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,
5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) Wenn noch kein Nachprüfungsantrag [...]
(4) Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar rechtzeitig gestellt, [...]. Eine allenfalls erlassene einstweilige Verfügung tritt in diesem Fall mit Ablauf der in § 321 bezeichneten Frist bzw. mit dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages außer Kraft. Der Antragsteller und der Auftraggeber sind vom Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung zu verständigen.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat den betroffenen Auftraggeber vom Einlangen eines Antrages auf einstweilige Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Anträgen auf einstweilige Verfügung, die die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehren, kommt ab Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber darf bis zur Entscheidung über den Antrag
1. bei sonstiger Nichtigkeit den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw.
2. bei sonstiger Unwirksamkeit das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw.
3. die Angebote nicht öffnen.
(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber [...]
(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 329. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.
Verfahrensrechtliche Bestimmungen
§ 330. (1) Im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung muss keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.
(2) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber.
(3) Über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen ist unverzüglich, längstens jedoch binnen sieben Werktagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen zehn Werktagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.
(4) In Verfahren betreffend die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gilt § 35 AVG mit der Maßgabe, dass [...].
3.2. § 329 Abs 1 BVergG verlangt iZm der Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Interessensabwägung.
3.2.1. Das BVA hat insoweit zB bereits am 05.02.2013 zu N/0006-BVA/08/2013-EV33 zur Zwecksetzung der eV gemäß §§ 328ff BVergG ausgeführt wie folgt:
... 328 Abs 2 Z 1 BVergG verlangt vom Antragsteller auch im Provisorialverfahren die Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung, die im Nachprüfungsantrag bekämpft wird.
Wenn nunmehr § 329 Abs 4 BVergG jedwede eV spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesvergabeamts über den Nichtigerklärungsantrag wider die gesondert anfechtbare Entscheidung außer Kraft treten lässt; bzw die eV nach § 328 Abs 4 BVergG 2006 bei Zurückziehung des Nachprüfungsantrags außer Kraft tritt, ist damit ersichtlich, dass die eV nach den §§ 328ff BvergG ausschließlich zur Absicherung des Rechtsgestaltungsbegehrens gemäß § 322 Abs 1 Z 7 BVergG dient.
Rechtserhebliche Sicherungsinteressen gemäß § 329 Abs 1 BVergG sind daher der Antragstellerin insoweit zuzubilligen, als mit der Provisorialentscheidung verhindert wird, dass das Nachprüfungsbegehren auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung (-en) gemäß § 312 Abs 2 BVergG während des Nachprüfungsverfahrens unzulässig bzw sonst sinnentleert würde. ...
3.2.2. Der ASt ist unter Zugrundelegung des vorstehend dargestellten Zwecks der eV gemäß §§ 328ff BVergG ein rechtserhebliches Sicherungsinteresse an einem Verbot der Zuschlagserteilung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens zuzubilligen, da die oben dargestellten Sicherungsinteressen der ASt zur Abwehr der von dieser vorgebrachten drohenden Schäden notorisch glaubhaft und rechtserheblich gemäß § 329 Abs 1 BVergG sind;
und die Untersagung der Zuschlagserteilung insoweit die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme gemäß § 329 Abs 3 BVergG ist, um die drohende Zuschlagserteilung und damit die drohende Vernichtung der Zuschlagschance der ASt zum jetzigen Zeitpunkt zu verhindern. Gegenteilige überwiegende Interessen sind insoweit nämlich bislang weder vorgebracht noch erkennbar.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG gegenständlich mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung unzulässig, weil auf Tatsachenebene keine Interessen wider die begehrte eV vorgebracht wurden und sich das hier verfügte Abschlussverbot sohin auf diese unstrittige Tatsachenlage gründet. Tatsachenfragen sind nicht revisibel.
Schlagworte
Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung, gelindeste Maßnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2202244.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018