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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner Nov 1999/II/461 §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, in der Beschwerdesache des am 13. Jänner 1974 geborenen I in Wimpassing, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 18. Jänner 1999, Zl. Fr 1933/98, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde auf Grund eines im Verfahren betreffend die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrages gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass die beschwerdeführende Partei in "Jugoslawien" gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Nach der Aktenlage wurde die beschwerdeführende Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 20. Juni 1997 gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes aus 1992 ausgewiesen.
Mit Verfügung vom 20. September 1999 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, er gehe nach dem Inhalt der Beschwerde und der Verwaltungsakten vorläufig davon aus, dass die beschwerdeführende Partei im Sinn der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehöre, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sei und infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren könne. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zweier Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob die beschwerdeführende Partei anderweitig Schutz vor Verfolgung finden könne; diese wurde weiters aufgefordert anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten sie sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.
Die belangte Behörde bestätigte in ihrer Äußerung die eben beschriebene vorläufige Annahme des Verwaltungsgerichtshofes.
Die beschwerdeführende Partei hielt es für fraglich, ob die durch die genannte Verordnung Begünstigten ex lege das dort normierte Aufenthaltsrecht erhielten, sie verneinte jedoch nicht, die darin aufgestellten Voraussetzungen zu erfüllen.
Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 FrG erlassenen Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 133, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, kommt Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. I § 2 erster Satz der genannten Verordnung erfülle.
Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird. In diesem Fall kann die Ausweisung auf Grund des inzwischen rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr vollzogen werden. Sollte der Aufenthalt des Fremden zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) unrechtmäßig werden, so könnte er nicht in Vollziehung der ursprünglichen, auf Grund eines früheren illegalen Aufenthaltes erlassenen Ausweisung beendet werden, sondern müsste die Frage, ob sich der Fremde neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhält, in einem weiteren Ausweisungsverfahren geklärt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 5. November 1999, Zl. 96/21/1053). Wodurch die nachträgliche Leaglisierung bewirkt wird, spielt keine Rolle; auch im Fall der Einräumung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts gemäß einer auf Grund des § 29 FrG erlassenen Verordnung (vgl. den zitierten Beschluss Zl. 96/21/1053) wird eine vor Eintritt dieses Umstandes erlassene Ausweisung wirkungslos. Dies gilt auch für Ausweisungen gemäß § 17 Abs. 2 FrG (vgl. den hg. Beschluss vom 26. November 1999, Zl. 96/21/0494).
Diese Legalisierung hat zur Folge, dass das Beschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen ist, weil die Ausweisung nicht mehr vollzogen werden kann und somit keine konkrete Aussicht mehr auf eine Abschiebung in den Staat besteht, in dem verfolgt zu werden die beschwerdeführende Partei behauptet (vgl. den hg. Beschluss vom 5. November 1999, Zl. 97/21/0251), und die beschwerdeführende Partei nicht darlegt, inwieweit sie noch in subjektiven Rechten verletzt sein könnte.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei zutreffend aufgezeigt, dass die Lage der albanischen Minderheit im Kosovo im angefochtenen Bescheid nicht auf nachprüfbare Weise dargestellt ist. Zwar nennt die belangte Behörde insofern verschiedene Informationsquellen (wie etwa "internationale Presseberichte", "nationale Nachrichtensender") und räumt auch das Bestehen von Kampfhandlungen und Spannungsverhältnissen ein. Die vor der belangten Behörde gezogenen Schlussfolgerungen sind jedoch nicht nachvollziehbar, weil die von ihr herangezogenen Informationsquellen weder in den Akten einliegen noch individualisierbar zitiert wurden. Dies ist im vorliegenden Fall schon deswegen von Relevanz, weil sich die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren ausdrücklich und mit konkreten Beispielen auf eine generelle Praxis von Übergriffen durch serbische Polizeikräfte gegen Angehörige der albanischen Minderheit berufen hat.
Daher hatte gemäß §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 ein Kostenzuspruch zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei zu erfolgen.
Wien, am 12. Jänner 2000
Schlagworte
Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999210081.X00Im RIS seit
07.11.2001