Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juli 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Vojtech O***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, Z 2, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. April 2018, GZ 13 Hv 4/18b-82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Vojtech O***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB (I) sowie zweier Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Danach hat er
(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen von insgesamt 5.000 Euro übersteigendem Wert gewerbsmäßig (§ 70 StGB) durch Einbruch weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar
(A) am 5. oder 6. Juni 2008 in W***** durch Einbruch und Einsteigen in ein Einkaufszentrum, somit in ein Gebäude, sowie
(1) Einbruch in das dort befindliche Geschäftslokal eines Juweliers, somit in einen umschlossenen Raum, zwei Goldwaagen, einen Diamanttester und Schmuck im Gesamtwert von 3.500 Euro;
(2) Aufbrechen einer Geldeinwurfsäule, somit eines Behältnisses, 50 Euro an Bargeld;
(3) Aufbrechen eines Geldautomaten, somit eines Behältnisses, Bargeld, wobei es beim Versuch blieb;
(B) am 2. Oktober 2008 in L***** durch Einbruch in das Geschäftslokal eines Juweliers, somit in einen umschlossenen Raum, Schmuck im Wert von 97.319 Euro;
(II) am 14. Dezember 2017 in W***** Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich einen Personalausweis und eine Meldebestätigung, die für eine andere Person ausgestellt waren, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.
Rechtliche Beurteilung
Ausschließlich gegen den Strafausspruch wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Ihr Vorwurf, das Erstgericht habe „die Vorschriften §§ 31, 40 StGB rechtsirrig unangewendet gelassen“, somit zu Unrecht keine Zusatzstrafe verhängt (Z 11 erster Fall), trifft nicht zu:
Eine Tat hätte nur dann „in dem früheren Verfahren abgeurteilt werden können“ (§ 31 Abs 1 erster Satz StGB), wenn eine gemeinsame Verfahrensführung in erster Instanz möglich gewesen wäre (RIS-Justiz RS0113612). Sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten müssen also vor dem Vor-Urteil (erster Instanz) begangen worden sein (Ratz in WK2 StGB § 31 Rz 2).
Den tatrichterlichen Feststellungen zufolge liegen zwar zwischen den vom Schuldspruch I erfassten Taten und dem angefochtenen Urteil (mehrere) verurteilende Erkenntnisse slowakischer Gerichte (vom 30. April 2009, vom 26. Jänner 2011 und vom 11. Juni 2015). Die vom Schuldspruch II erfassten Taten wurden allerdings erst nach dem zeitlich letzten dieser verurteilenden Erkenntnisse begangen (US 4, 5).
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 (erster Satz) StGB war daher die Verhängung einer (bloßen) Zusatzstrafe ausgeschlossen.
Dass (wie hier) ein wesentlicher Teil der vorliegend abgeurteilten Taten vor einem früheren Urteil begangen wurde und dort hätte berücksichtigt werden können, kann – selbstverständlich – in die Strafbemessung ausgleichend einfließen (Ratz in WK2 StGB § 31 Rz 22; L/St/Tipold, StGB4 § 31 Rz 13; nichts anderes bedeutet die vom Beschwerdeführer unter Berufung auf RIS-Justiz RS0090555 geforderte „analoge Anwendung der §§ 28, 31, 40 StGB bei der Strafzumessung“). Das insoweit geübte Sanktionsermessen des Erstgerichts ist aber nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern bloß mit Berufung anfechtbar.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO, ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E122399European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00071.18B.0719.000Im RIS seit
16.08.2018Zuletzt aktualisiert am
16.08.2018