TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/21 LVwG-S-2097/001-2017

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Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

AWG 2002 §1 Abs3
AWG 2002 §2 Abs1 Z1
AWG 2002 §2 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des B, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 19. Juli 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in dessen Spruch in der Tatbeschreibung die Wortfolgen „***“ und „*** - letztes behördliches Kennzeichen ***“ zu entfallen haben.

2.   Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 280,-- zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass er somit gemäß § 54b Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) den Strafbetrag in der Höhe von € 1.400,--, zuzüglich des Kostenbeitrages des verwaltungsbehördlichen Verfahrens in Höhe von € 140,-- und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Höhe von € 280,--, insgesamt sohin € 1.820,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung unter Berücksichtigung auf das angeschlossene Beiblatt bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt zu bezahlen hat.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 19. Juli 2017, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig befunden:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:

vom 21.05.2015 bis 09.12.2015, 09.00 Uhr (Kontrollzeitpunkt)

Ort:

***, ***
(Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG ***)

Tatbeschreibung:

Sie sind dafür verantwortlich, dass zur Tatzeit auf den asphaltierten Freiflächen
der oa. Liegenschaft ein Altfahrzeug (ein Renault Espace, grau,
mit der Fahrgestellnummer ***, ***, *** - letztes behördliches Kennzeichen ***) gelagert war,
wobei die dort anfallenden Niederschlagswässer nicht über einen Abscheider entsprechend den geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen gereinigt wurden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 23 Abs.1 Z.3, § 14, § 36 und § 79 Abs.2 Z.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002
i.V.m. der Anlage 1 Punkt 2.2. der Altfahrzeugeverordnung 2002

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

€ 1.400,00

60 Stunden

§ 79 Abs.2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002“

Weiters wurde der Beschwerdeführer zum Tragen der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf behördliche Überprüfungen vor Ort am 21. Mai 2015, 22. Juni 2015, 24. September 2015 und 19. Dezember 2015 und wäre der Sachverhalt vom Fachgebiet Anzeigenrecht am 04. Februar 2016 angezeigt worden. Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung könne als begangen und erwiesen angesehen werden, da dieser der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 09. Februar 2016 bis dato unentschuldigt keine Folge geleistet habe. Nach Wiedergabe der §§ 79 Abs. 2 Z 1, 14 und 36 AWG 2002, sowie des Punktes 2.2 der Anlage zur Altfahrzeugeverordnung, BGBl II Nr. 407/2002, führte die belangte Behörde zu ihrer Strafbemessung aus, dass mildernd keine Umstände vorliegen würden. Erschwerend wäre entgegen zu werten, dass sich der Standort des Altfahrzeuges innerhalb des gewidmeten Grundwasserschongebietes der „***“ befinde, in dem besondere Anforderungen am vorbeugenden Grundwasserschutz bestehen würden.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner rechtzeitig von seiner rechtsfreundlichen Vertretung erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

Begründet wurde dieser Antrag insbesondere wie folgt:

„Vorweg ist festzuhalten, dass im Straferkenntnis im Spruch der Tatzeitraum 21.05.2015 – 09.12.2015 angeführt wird.

Nach Übermittlung der Aktenablichtung seitens der Behörde hat sich jedoch ergeben, dass die Überprüfungen durch die Gewässeraufsicht nicht schon am 21.05.2015, sondern ab 22.06.2015 stattgefunden haben.

Schon alleine die Anführung des Tatzeitraumes im angeführten Straferkenntnis ist daher unrichtig.

Aufgrund des vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Konkretisierungsgebotes wäre es erforderlich gewesen, den Tatzeitraum und den Tatort genau anzuführen, was jedoch im gegenständlichen Fall unterblieben ist. Allein aus diesem Grund ist daher das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Weitere führt die Behörde an, dass der Beschuldigte die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes sowie der Altfahrzeugverordnung verletzt hätte.

Diesbezüglich ist auszuführen, dass die Altfahrzeugverordnung in ihrem § 2 Ziff. 2 als Altfahrzeug ein Fahrzeug de?niert, dass im Sinne des § 2 Abs 1 AWG 2002 als Abfall gilt.

Der § 2 Abs 1 AWG spricht davon, dass ein Abfall nur dann vorliegt, wenn sich der Besitzer einer Sache entledigen will oder entledigt hat oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist um öffentliche Interessen nicht zu beeinträchtigen.

Zu diesen beiden Umständen gibt es keinerlei Feststellungen im Straferkenntnis, weshalb hier auch eine Überprüfung für den Beschuldigten nicht möglich ist.

Es gibt auch keinerlei Tatsachenfeststellung dafür, dass der Beschuldigte für den herangezogenen Tatbestand verantwortlich wäre.

Warum dies der Fall sein soll, wird im Straferkenntnis nicht ausgeführt.

Die Behörde führt lediglich an, dass die angelastete Verwaltungsübertretung als begangen und erwiesen angesehen werden kann, da der Beschuldigte der Aufforderung zur Rechtfertigung unentschuldigt keine Folge geleistet hätte.

Eine Verpflichtung zur Abgabe der Rechtfertigung ist naturgemäß im Gesetz nirgends vorgesehen und auch nicht notwendig.

In weiterer Folge werden in der Begründung dann nur die gesetzlichen Bestimmungen zitiert, dies jedoch ohne weiteren Bezug auf den gegenständlichen Sachverhalt.

Es ergibt sich daher, dass die Verantwortlichkeit des Beschuldigten und der Tatzeitraum mangels genauer Erhebung der Behörde nicht feststeht und schon aus diesen Gründen, dass gegenständliche Verfahren einzustellen ist.“

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Am 15. März 2018 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, welche am 10. April 2018 und 25. Mai 2018 fortgesetzt wurde und in welcher durch die Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt mit der Zl. *** sowie des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit der Zl. LVwG-S-2097/001-2017 Beweis erhoben wurde.

Weiters erfolgte die Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen C, D, E sowie F. Auch wurde im Beweisverfahren in die Zulassungsevidenz hinsichtlich der Kraftfahrzeuge mit den Fahrzeugidentifikationsnummern ***‚ *** und *** Einsicht genommen.

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war Besitzer eines Kombinationskraftwagens M1 der Type Renault Espace J63LTDT mit der Fahrgestellnummer ***, zuletzt zugelassen auf das behördliche Kennzeichen ***, welches er am 20. Dezember 2013 bei der Zulassungsbehörde abgemeldet hat.

Dieses Fahrzeug wurde zumindest im Zeitraum 21. Mai 2015 bis 09. Dezember 2015 auf dem Gelände der G GmbH mit der Anschrift ***, ***, auf nicht flüssigkeitsdichter Fläche ohne Erfassung der Niederschlagswässer abgestellt und wurden in diesem Zeitraum keine Reparaturarbeiten verrichtet.

Zumindest im angelasteten Tatzeitraum bestanden am Fahrzeug zahlreiche Schäden, insbesondere war die Stoßstange stark beschädigt, und war das Kraftfahrzeug nicht betriebsbereit. Auch die Karosserie des Fahrzeuges war in einem stark angerosteten Zustand, und befanden sich auch Durchrostungsspuren am Tatfahrzeug. Im Fahrzeug waren noch Betriebsmittel enthalten, insbesondere Motoröl, Kühlflüssigkeit, Bremsflüssigkeit, sowie die Batterie und kann deshalb eine Gefährdung von Boden und Gewässer nicht ausgeschlossen werden, dies aufgrund des Zustandes des Fahrzeuges und der Tatsache, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft zum Grundwasserschongebiet „***“ gehört.

Der Rechtsmittelwerber war im festgestellten Lagerungszeitraum nicht bemüht, das Fahrzeug in einen fahrbereiten Zustand zu bringen. Vielmehr zog er in Erwägung, das Fahrzeug als Ersatzteillager selbst zu verwenden oder es als Ersatzteilspender zu verkaufen.

5.   Beweiswürdigung:

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich insbesondere aufgrund der im behördlichen Akt inne liegenden Fotodokumentation, welche im Wesentlichen mit den fachlichen Ausführungen des in der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommenen Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik korrespondieren. Auch werden diese Feststellungen durch die zeugenschaftliche Aussage der Technischen Gewässeraufsicht der belangten Behörde gestützt, welche das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zumindest dreimal in Augenschein nahm. Dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug bereits am 21. Mai 2015 am Tatort lagerte, ergibt sich aus dem Email des Sachverständigen vom 21. Mai 2015 und bestätigte der Amtssachverständige, an diesem Tag mit Vertretern der Gewerbebehörde das Fahrzeug an der im Straferkenntnis genannten Stelle in Augenschein genommen zu haben.

Dass sich das Fahrzeug im angelasteten Tatzeitraum in keinem betriebsbereiten Zustand befand, insbesondere die festgestellten Schäden aufwies, ergibt sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik in Zusammenschau mit den Angaben der Zeugin F sowie des Zeugen D.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer dieses Fahrzeug als Ersatzteillager verwenden wollte, beruht auf seiner Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. April 2018, in der er glaubwürdig und auch mittels Fotomaterial darstellen konnte, dass er diverse Fahrzeuge der Marke Renault Espace aus der Serie 2 als Ersatzteilspender besaß. Vom Einschreiter wird lediglich die Tatsache bestritten, dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug in seinem Besitz stand.

Zum festgestellten Besitz gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durch die Einholung einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz zu den Fahrzeugen mit den Fahrzeugidentifikationsnummern ***‚ *** und ***, welche allesamt die Marke Renault Espace J63 aufweisen und im Zulassungsbesitz des Beschwerdeführers standen.

Aus der Tatsache, dass das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer *** am 27. September 2012 abgemeldet wurde und am selben Tag das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifikationsnummer *** angemeldet wurde und über das gleiche behördliche Kennzeichen, nämlich *** verfügte, ergibt sich, dass letztgenanntes Fahrzeug das verfahrensgegenständlich inkriminierte war. Der Tag der Abmeldung dieses Kraftfahrzeuges ergibt sich ebenfalls aus diesem Datenregister. Auch konnte der Amtssachverständige Datenteile der Zulassungsplakette des Tatfahrzeuges lesen und stimmt das behördliche Kennzeichen mit den Feststellungen überein.

6.   Rechtslage:

Die Strafnorm des § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 idF BGBl. I Nr. 103/2013 regelt Folgendes:

Wer den Vorschriften einer Verordnung gemäß § 4, § 5 Abs. 2, § 13a Abs. 1a, § 14 Abs. 1 oder 2b oder § 23 Abs. 1 oder 2, ausgenommen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage-, Nachweis- und Meldepflichten, zuwiderhandelt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

Von der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer angelastet, dass er entgegen dem Stand der Technik das Altfahrzeug gelagert habe. Punkt 2.2. der Altfahrzeugeverordnung 2002 regelt diesbezüglich:

Bei Lagerung im Freien ist das auf der Lagerfläche anfallende Niederschlagswasser über einen Abscheider entsprechend den geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen zu reinigen.

Nach § 2 Z 2 AltfahrzeugeVO sind Altfahrzeuge Fahrzeuge, die im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, als Abfall gelten; Oldtimer gelten nicht als Altfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179). Der objektive Abfallbegriff ist erfüllt, wenn durch das gelagerte Fahrzeug die in
§ 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden könnten.

Es konnte festgestellt werden, dass durch die Lagerung des verfahrensgegenständlichen, nicht dem Stand der Technik entsprechend trocken gelegten Kraftfahrzeuges auf unbefestigter Fläche eine Umweltgefährdung verursacht werden konnte. Bereits daraus ergibt sich die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa erkannt, dass bereits eine Menge von 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 herbeizuführen (VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Zu betonen ist dabei auch, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination erforderlich ist, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088). Das verfahrensgegen-ständliche Kraftfahrzeug ist demnach als Abfall im Rechtssinn zu qualifizieren.

Für die Qualifikation von Abfall im objektiven Sinn dürfen bewegliche Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung auch nicht mehr neu sein (§ 2 Abs. 3 Z 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit – zB Funktionsuntüchtigkeit – nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden (§ 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002). Es muss sich also um bewegliche Sachen handeln, deren man sich üblicherweise, dh nach der Verkehrsauffassung, entledigt. Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung im Sinne des § 2 Abs. 3 AWG 2002 kommt es auf die durchschnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache. Im vorliegenden Verfahren steht unbestritten fest, dass das Kfz nach allgemeiner Verkehrsauffassung weder eine neue Sache im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 ist, noch, dass es in bestimmungsgemäßer Verwendung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 steht. Von einer Fahrtüchtigkeit kann keine Rede sein (vgl. VwGH 22. April 2010, 2007/07/0015).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Abfalleigenschaft eines Kfz, selbst wenn dieses Betriebsmittel verlieren sollte, dann zu verneinen, wenn es noch in Gebrauch steht, dass aber nicht jede beliebige Gebrauchsform die Abfalleigenschaft ausschließen kann, sondern nur ein bestimmungsgemäßer Gebrauch im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002. So wurde etwa der Gebrauch eines Kfz zum Ausschlachten, also zum Ausbau von Bestandteilen zur Verwendung als gebrauchte Ersatzteile, nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht als bestimmungsgemäße Verwendung im Sinne der genannten Bestimmung beurteilt. Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall für die Verwendung des Altfahrzeuges als Ersatzteilreserve. Ein nach allgemeiner Verkehrsauffassung bestimmungsgemäßer Gebrauch im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 wird damit nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 25. Juli 2013, 2013/07/0032).

Das Vorliegen von Abfall im objektiven Sinn gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 steht somit fest, weshalb sich ein Eingehen auf die subjektive Abfalleigenschaft des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 an sich erübrigt.

Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 kann dann gesprochen werden, wenn die Weggabe einer Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088, mwN).

Ein starker Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Entledigungswillens liegt darin, wenn der Inhaber oder Vorbesitzer ausdrücklich seinen Verwendungsverzicht erklärt oder diesen sonst zum Ausdruck bringt (VwGH 25.09.2014, Ro 2014/07/0032).

Wie festgestellt war der Beschwerdeführer im gesamten Tatzeitraum nicht bemüht, das Fahrzeug in einen fahrbereiten Zustand zu bringen. Vielmehr zog er in Erwägung, das Fahrzeug als Ersatzteillager selbst zu verwenden oder es als Ersatzteilspender zu verkaufen. Diese Vorgangsweise verdeutlicht, dass eine Entledigungsabsicht des Beschwerdeführers bestand und daher das Fahrzeug Abfall in subjektiver Hinsicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 darstellt und somit gemäß Punkt 2.2. der AltfahrzeugeVO zu behandeln war.

Da der Beschwerdeführer wie festgestellt ein Altfahrzeug im angelasteten Tatzeitraum nicht dem Stand der Technik entsprechend der Altfahrzeugverordnung gelagert hat, hat er somit den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nachdem es sich sohin bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 VStG handelt, hätte der Beschwerdeführer glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der gegenständlichen Rechtsvorschrift kein Verschulden trifft. Dieser Beweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Es ist demnach dem Rechtsmittelwerber auch in subjektiver Hinsicht diese Verwaltungsübertretung vorzuwerfen.

7.   Zur Strafhöhe:

§ 19 VStG lautet:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes war im konkreten Fall die Verletzung der vom Gesetz geschützten Interessen in nicht unerheblichem Ausmaß gegeben. Die Bestimmungen der Altfahrzeugeverordnung haben zum Inhalt, dass eine Behandlung von Abfällen nach den Zielen und Grundsätzen des Abfallwirtschaftsrechtes nur so sichergestellt wird. Diese einschlägigen Rechtsvorschriften sollen verhindern, dass Altfahrzeuge mit dem daraus resultierenden Gefährdungspotential für die Umwelt jedenfalls in einer solchen Weise behandelt werden, dass die Umwelt nicht gefährdet wird.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der umfangreiche Schutz der Umwelt, ist sehr hoch und die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Lagerung des Altfahrzeuges als nicht unerheblich einzustufen.

Milderungsgründe sind weder im behördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

Erschwerend ist im gegenständlichen Verfahren der subjektive Handlungsunwert zu werten, welcher insbesondere darin seinen Ausdruck findet, dass der Einschreiter wider die abfallrechtlichen Bestimmungen in einem Grundwasserschutzgebiet das verfahrensgegenständliche Altfahrzeug entgegen dem Stand der Technik lagerte und auf diese Tatsache er auch von der Liegenschaftseigentümerin hingewiesen wurde. Auch aufgrund der langen Lagerungsdauer geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon aus, dass eine Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes bzw. Interesses durch die Tathandlung das erforderliche Ausmaß erheblich überstiegen hat.

Gründe für eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG und eine damit einhergehende Unterschreitung der Mindeststrafe sind im Verfahren somit nicht hervorgekommen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (vgl. etwa VwGH 11.05.2004, 2004/02/0005, mwH).

Auch die Anwendung des § 45 Abs 1 letzter Satz VStG schied aus, da von keinem geringen Verschulden des Beschwerdeführers auszugehen ist.

Sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht bedarf es bei solchen Verwaltungsübertretungen jedenfalls der Verhängung entsprechender Geldstrafen. Dem Beschwerdeführer ist vor Augen zu führen, dass er mit dieser Tathandlung gegen fundamentale Rechtsvorschriften des Abfallwirtschaftsrechtes verstoßen hat. Zudem soll auch die Allgemeinheit vor der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abgeschreckt werden.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Da der Beschwerde keine Folge zu geben ist, gelangen die im Spruch angeführten Kosten zusätzlich zur Vorschreibung.

Zur Vornahme der Richtigstellung der Tatbeschreibung ist das Landesverwaltungs-gericht Niederösterreich berechtigt, weil dem Beschuldigten kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wurde. Die Änderung befand sich innerhalb der Grenzen der Sanierbarkeit, zumal der Beschwerdeführer dadurch weder in seinen Verteidiger-rechten beeinträchtigt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung nicht fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständlich vorgenommene Ermessensübung erfolgte im Sinne des Gesetzes, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen ist (vgl. zur Strafbemessung als Ermessensentscheidung im Übrigen jüngst etwa
VwGH 18.6.2014, Ro 2014/09/0043).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Abfalleigenschaft; Altfahrzeug; bestimmungsmäßiger Gebrauch; Entledigungsabsicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2097.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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