TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/21 LVwG-AV-79/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2018
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Entscheidungsdatum

21.06.2018

Norm

BAO §4
BAO §207
BauO NÖ 2014 §30 Abs1
KanalG NÖ 1977 §12 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich entscheidet durch die Richterin
HR Dr. Grassinger über die Beschwerde von Herrn A und Frau B gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, mit welchem gemäß § 263 Abs. 1 iVm § 288 Bundesabgabenordnung (BAO) der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 03. Jänner 2017, AZ: ***, betreffend Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe für die Liegenschaft ***, ***, dahingehend Folge gegeben wurde, dass gemäß § 2 Abs. 5 und § 3 Abs. 6 NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230, die Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche nach der Änderung von 255,02 m² und einer Berechnungsfläche vor der Änderung mit 203,82 m² unter gleichzeitiger Zugrundelegung des Einheitssatzes von € 17,95 in der Höhe von € 919,04 (exklusive 10 % USt.) neu festgesetzt wurde, wie folgt:

Die Beschwerde von Herrn A und Frau B gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, mit welchem den bezeichneten Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer der Liegenschaft ***, ***, Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, die Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche nach der Änderung von 255,02 m² und einer Berechnungsfläche vor der Änderung von
203,82 m² unter gleichzeitiger Zugrundelegung des jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 17,95 mit € 919,04 (exklusive 10 % USt.) neu festgesetzt wurde, wird abgewiesen.

Der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, wird bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Hinweis:

Da die verfahrensgegenständliche schriftliche Ausfertigung der Entscheidung an mehrere Personen gerichtet ist, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden bzw. die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und da die Beschwerdeführer der Abgabenbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben haben, gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung dieser Entscheidung an eine dieser Personen die Zustellung an beide Beschwerdeführer als vollzogen (§ 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung).

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung (BAO) iVm § 288 Abs. 1 BAO

§ 101 Abs. 1 BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom
03. Jänner 2017, AZ: ***, wurde gegenüber den Beschwerdeführern
A und B in der Eigenschaft als Bauwerkseigentümer der Liegenschaft in ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***, Grundbuch ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 316,64 m² nach der Änderung sowie einer Berechnungsfläche von 242,98 m² vor der Änderung unter Zugrundelegung eines jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 17,95 eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe für den Mischwasserkanal in der Höhe von € 1.322,20 (exklusive 10 % USt.) vorgeschrieben.

Über die dagegen fristgerecht und vollinhaltlich erhobene Berufung hat der Stadtrat der Stadtgemeinde ***, nach vorheriger Beschlussfassung des Stadtrates in der Sitzung vom 8. November 2017, über die Berufung mit Bescheid vom 14.11.2017, AZ: ***, dahingehend entschieden, dass der bezeichnete Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** dahingehend abgeändert wurde, dass den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Eigentümer der oben bezeichneten Liegenschaft unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 255,02 m² nach der Änderung und von 203,82 m² vor der Änderung unter gleichzeitiger Zugrundelegung des jeweiligen Einheitssatzes in der Höhe von € 17,95 die Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe mit € 919,04 (exklusive 10 % USt.) vorgeschrieben wurde.

Begründend ist in der bezeichneten Berufungsentscheidung ausgeführt, dass die Berufungswerber mit Fertigstellungsanzeige gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996
(NÖ BO 1996) die Fertigstellung dieses Bauvorhabens am 30.11.2016 der Baubehörde der Stadtgemeinde *** angezeigt haben.

Gemäß § 12 Abs. 1 lit. b Kanalgesetz entstehe die Abgabenschuld für die Kanalergänzungsabgabe mit dem Einlangen der Fertigstellungsanzeigen im Sinne der NÖ BO bei der Behörde.

Hinsichtlich der Abänderung der durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde *** festgelegten Berechnungsgrundlagen führte die Berufungsbehörde im Wesentlichen aus, dass im Zuge eines Lokalaugenscheines am 06. Oktober 2017 festgestellt worden sei, dass die kodierten Abmessungen des Einreichplanes nicht der vorhandenen bebauten Fläche entsprächen. Weiters sei festgestellt worden, dass entgegen den Einreichunterlagen weder der Wintergarten im Dachgeschoss noch der Windfang im Erdgeschoß errichtet worden seien.

Im Beisein der Berufungswerber seien die Naturmaße des Einfamilienhauses mittels Rollmaßbandes eruiert und protokolliert worden. Anhand dieser Naturmaße sei die bebaute Fläche des Einfamilienhauses neu ermittelt worden. Vom Stadtrat seien die Naturmaße bei der Berufungserledigung zur Berechnung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe herangezogen worden.

Die Fläche des ebenerdigen Zubaus mit der Nutzung „Einstellraum“ sei im erstinstanzlichen Bescheid zur bebauten Fläche des Wohnhauses hinzugerechnet worden, da der Einstellraum gemäß Einreichplan mit dem Erdgeschoß des Wohnhauses mittels einer Tür verbunden sei.

Im Zuge des Lokalaugenscheines am 06. Oktober 2017 sei jedoch festgestellt worden, dass die Verbindungstür zum Wohnhaus nachträglich vermauert worden sei und dass auch beim „Einstellraum“ die kodierten Abmessungen nicht mit der vorhandenen bebauten Fläche laut Einreichplan übereinstimmten.

Vom Stadtrat sei der „Einstellraum“ – aufgrund der fehlenden Verbindung zum Wohnhaus – als Nebengebäude gewertet und der unbebauten Fläche zugerechnet worden.

Weiters sei vom Stadtrat festzustellen gewesen, dass im erstinstanzlichen Bescheid bei der Ermittlung des Altbestandes die Geschoßanzahl falsch mit drei angeschlossenen Geschoßen (anstelle richtig: zwei angeschlossene Geschoße) angeführt worden sei. Zum Zeitpunkt der Einreichung seien lediglich zwei Geschoße vorhanden und an das Kanalnetz angeschlossen gewesen. Es sei daher vom Stadtrat die Ermittlung der Berechnungsfläche vor der Änderung entsprechend berichtigt worden.

Nach den Ausführungen des in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheides ergaben die Berechnungen durch den Stadtrat eine Fläche von 255,02 m² Bestand nach der Änderung und von 203,82 m² Berechnungsfläche vor der Änderung.

Unter Zugrundelegung des jeweiligen Einheitssatzes von € 17,95 wurde somit die Ergänzungsabgabe zur Kanalanschlussabgabe durch den Stadtrat der Stadtgemeinde *** in der Berufungsentscheidung mit € 919,04 (exklusive 10 % USt.) neu festgesetzt.

Im in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheid erfolgte ein Hinweis auf
§ 101 Abs. 1 BAO, wonach bei Vorliegen von Miteigentum mit der Zustellung der Bescheidausfertigung die Zustellung an alle Miteigentümer als vollzogen gilt, wenn kein Zustellbevollmächtigter bekanntgegeben wurde.

Die Bekanntgabe eines Zustellbevollmächtigten gegenüber der Behörde sei nicht erfolgt.

Die in Beschwerde gezogene Berufungsentscheidung wurde gegenüber den Beschwerdeführern rechtgültig durch Zustellung am 16.11.2017 erlassen.

Die Beschwerdeführer A und B haben mit Schriftsatz vom 14.12.2017, per Fax an die Behörde übermittelt am 15.12.2017, somit fristgerecht, Beschwerde u.a. gegen die verfahrensgegenständliche Berufungsentscheidung des Stadtrates des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 14. November 2017, AZ: ***, erhoben.

Nach Hinweisen auf die NÖ Abgabenordnung 1977 und die dort (ehemals) geregelten Vorschriften betreffend Verjährung des Rechtes auf Festsetzung einer Abgabe wendeten die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Berufungsentscheidung im Wesentlichen ein, dass sie als Bauwerber am 15. Dezember 1998 eine Anzeige über die Fertigstellung des zugebauten „Einstellraumes“ in ***, ***, am Bauamt über ihren Bevollmächtigten abgegeben hätten.

Diese Fertigstellungsanzeige sei am 15. Dezember 1998, vormittags im Auftrag der Einschreiter stellvertretend durch den bevollmächtigten Bauführer, Baumeister C, Bau GmbH, ***, ***, dem Bauamt der Gemeinde *** persönlich übergeben worden. Eine Bestätigung für die Übergabe der Fertigstellungsanzeige durch die Gemeinde hätten sie nie bekommen. Es sei auch nicht Bestandteil der damals geltenden einschlägigen Normen gewesen, dass eine Übernahmebestätigung durch das Bauamt ausgefüllt werden müsse. Am frühen Nachmittag desselben Tages seien dann Baumeister C und zwei Personen des Bauamtes erschienen, um den Einstellraum, der auch als Garage genutzt werde, zu besichtigen. Die Besichtigung sei durch die Stadtbeamten als zufriedenstellend beurteilt worden. Damit sei für die Beschwerdeführer der Akt der Fertigstellung samt Anzeige hinreichend ausgeführt und dokumentiert. Die Beschwerdeführer beantragten als Zeugen die Befragung von Baumeister C, D und ihre Befragung.

In der Folge sei unter Androhung einer Verwaltungsstrafe über € 1.000,-- durch die Stadtgemeinde *** ein Schreiben AZ: *** vom 29.08.2016 erfolgt, mit welchem die Einschreiter genötigt worden seien, bis 30. November 2016 eine weitere, zweite, Baufertigstellungsanzeige ausstellen zu lassen. Aus Angst vor der angedrohten Strafe hätten die Beschwerdeführer daher eine zweite kostenintensive Fertigstellungsanzeige (ca. € 500,--) erstellen lassen und diese am
30. November 2016 abgegeben. Die Ausstellung der zweiten Fertigstellungsanzeige durch die Beschwerdeführer, 18 Jahre später, sei kein wie immer geartetes Schuldeingeständnis ihrerseits, dass sie eventuell die erste Fertigstellungsanzeige nicht abgegeben hätten. Den Beschwerdeführern sei mitgeteilt worden, dass sie nach Abgabe der zweiten Fertigstellungsanzeige „Ruhe hätten“. Die begründeten Einwände der Beschwerdeführer, dass bereits am 15. Dezember 1998 eine Fertigstellungsanzeige dem Bauamt übergeben worden sei, seien zurückgewiesen worden. Eine mögliche Schuld seitens des Bauamtes, die möglicherweise zur Verlegung oder Verwerfung der Akten geführt hätte, sei nicht angesprochen worden.

Die Beschwerdeführer verwiesen auf Informationen aus der Berichterstattung in den Bezirksblättern ***, wonach bei ca. 150 Einfamilienhäusern in *** die Fertigstellungsanzeigen abhandengekommen seien.

„Wie der Blitz aus heiterem Himmel“ hätten die Beschwerdeführer die Nachforderung der Ergänzungsabgabe für den Kanalanschluss und den Wasseranschluss getroffen.

Die Beschwerdeführer verwiesen auf die Bezug habenden erstinstanzlichen Entscheidungen.

Nach Hinweisen auf Bauskandale in *** verwiesen die Beschwerdeführer darauf, dass sie am 15. Dezember 1998 – vor neunzehn Jahren – durch den von ihnen bevollmächtigten Baumeister, C, nachweislich die Fertigstellungsanzeige am Bauamt der Gemeinde *** übergeben hätten und dass sie die uneingeschränkte 15- jährige Verjährungsfrist „beanspruchten“.

Schließlich bedeute dies, dass die Stadtgemeinde *** bei Erlangung ihres Abgabenanspruches, am 15. Dezember 1998, bis zur Erstellung ihrer Abgabenbescheide vom 03. Jänner 2017( aus nicht näher bekannten Gründen) nicht reagiert habe. Das seien insgesamt 18 Jahre und 19 Tage, welche zwischen der ersten Abgabe der Fertigstellungsanzeige am Bauamt (15. Dezember 1998) und der ersten Vorschreibung der Ergänzungsabgabe für Kanalanschluss und Wasseranschluss (Abgabenbescheide vom 3. Jänner 2017) lägen.

Die Beschwerdeführer verwiesen abschließend darauf, dass die im Gesetz vorgeschriebene Mindestverjährungsfrist von 15 Jahren beträchtlich überschritten worden sei. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich werde höflichst gebeten, „im Sinne der Landesgesetze NÖ AO 1977“ zu entscheiden und die mittlerweile über die neunzehn Jahre zurückliegenden Nachforderungen der Stadtgemeinde *** an die Einschreiter, mittlerweile insgesamt auf € 2.193,59 reduziert, wegen Verjährung zurückzuweisen.

Mit Vorlagebericht des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 11. Jänner 2018, AZ: ***, wurde der gesamte Abgabenakt mit einer chronologischen Darstellung des Verfahrensablaufes vorgelegt und im Wesentlichen ausgeführt, dass im Bauakt für das Objekt *** weder eine Vertretungsvollmacht für Herrn Baumeister C vorliege noch die erstmals im Zuge der Beschwerdeverhandlung vom 25. Juli 2017 (vormaliges Verfahren beim erkennenden Gericht) vorgelegte angebliche Fertigstellungsmeldung vom
15. Dezember 1998 samt den darauf angeführten Beilagen aufscheine. Die von den Beschwerdeführern behauptete Besichtigung des errichteten Einstellraumes noch am selben Tag der angeblichen Abgabe der Fertigstellungsmeldung sei nicht schlüssig, da seit Inkrafttreten der Bauordnung 1996 durch die Baubehörde keine Kollaudierungsverhandlungen vor Ort vorgenommen worden seien. Dies könne durch den ehemaligen Leiter der Bauabteilung und die zuständige Sachbearbeiterin bestätigt werden. Aufgrund der fehlenden Fertigstellungsmeldung seien die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.08.2016, AZ: ***, für das bewilligte Bauvorhaben „Errichtung eines Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ ersucht worden, das Fertigstellungsformular inklusive Veränderungsanzeigen für Wasser- und Kanalgebühren unterfertigt und mit den gekennzeichneten Prüfbefunden und Attesten bis spätestens 30. November 2016 vorzulegen. Die von den Beschwerdeführern angeführten Anschuldigungen und Behauptungen entbehrten jedweder Grundlage. Hinsichtlich des von den Beschwerdeführern behaupteten Abhandenkommens von ca. 150 Fertigstellungsanzeigen werde bemerkt, dass diese innerhalb der gesetzlichen Frist von den Bauwerbern nicht abgegeben worden seien. Die Baubehörde habe es lediglich verabsäumt, die offenen Fertigstellungsanzeigen zeitnah von den Bauwerbern einzufordern.

Die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe sei auf Grund der Fertigstellungsanzeige gemäß § 30 NÖ BO für das Bauvorhaben „Errichtung eines Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ vom
30. November 2016 erfolgt.

Nach neuerlichem Hinweis darauf, dass im Bezug habenden Bauakt die von den Beschwerdeführern behauptete Baufertigstellungsanzeige vom 15. Dezember 1998 nicht aufliege, stellte der Stadtrat der Stadtgemeinde *** den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge die Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abweisen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat zu den eingebrachten Beschwerden, gemäß § 274 BAO iVm § 15 NÖ Landesverwaltungsgerichtsgesetz eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung (vertagt auf Grund einer Krankheitsmeldung des Beschwerdeführers A vom 09. April 2018 auf den 23. Mai 2018) durchgeführt, in welcher durch Befragung der Beschwerdeführer sowie des Vertreters der Stadtgemeinde ***, weiters durch Einvernahme der Zeugen D und C sowie u.a. anhand des verfahrensgegenständlichen Aktes der Behörde,

AZ: ***, weiters anhand des vom erkennenden Gericht beigeschafften, Bezug habenden Bauaktes betreffend die Beschwerdeführer

A und B, Nr. *** (auf die Verlesung sämtlicher Akten wurde von den Beschwerdeführern und vom Vertreter der Behörde in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet), Beweis erhoben wurde.

Die Beschwerdeführer haben in der Verhandlung eine ergänzende Stellungnahme (vom 22.05.2018) vorgelegt, welche im Wesentlichen das in den Beschwerdeausführungen Vorgebrachte wiedergibt und welche zur Gänze der Beweisführung vor dem erkennenden Gericht zugrunde gelegt wurde.

Weiters wurde die Bezug habende (handschriftliche) „Anzeige der Fertigstellung an die Stadtgemeinde ***. über die Fertigstellung des zugebauten Einstellr. der Fam. A und B in ***, ***“ neuerlich vorgelegt.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens hatte das erkennende Gericht von folgendem, als feststehend anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Mit Schriftsatz der Stadtgemeinde *** vom 29.08.2016, AZ: ***, wurden die Beschwerdeführer auf Grund des Nichtvorliegens einer Baufertigstellungsmeldung für das mit Bescheid vom 05.05.1998, AZ: *** bewilligte Bauvorhaben „Errichtung eines Zu- und Umbaus am bestehenden Wohnhaus“ ersucht, das von der Stadtgemeinde *** gleichzeitig übermittelte Fertigstellungformular inklusive den Veränderungsanzeigen für Wasser- und Kanalgebühren unterfertigt und mit den gekennzeichneten Befunden und Attesten bis spätestens 30.11.2016 der Baubehörde vorzulegen. Auf die strafrechtlichen Folgen bei Nichtvorlage der für die Baufertigstellung erforderlichen Unterlagen wurde in diesem Schreiben gleichzeitig hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 10.11.2016 erfolgte durch die Beschwerdeführer zum Betreff „Bemessung der Wasseranschlussabgabe“ die Veränderungsanzeige nach § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz betreffend das Bauvorhaben in ***, EZ ***, Gst. Nr. ***, bewilligt mit Bescheid vom 05.05.1998, l. ***.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2016 gab der Beschwerdeführer A die Fertigstellung betreffend das Bauvorhaben in ***, EZ ***, Gst. Nr. ***, bewilligt mit Bescheid vom 05.05.1998, Zl. ***, bekannt. Die von der Baubehörde geforderten Beilagen, darunter die Bauführerbescheinigung gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996/2014 über die baubewilligungsgemäße Ausführung des Bauvorhabens, wurden vorgelegt.

Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (und noch nicht im Verfahren vor der Baubehörde) wurde ein handschriftlich verfasster Schriftsatz vom 15.12.1998, unterfertigt von A und für die *** von C, vorgelegt.

Dieses Schriftstück trägt als Absender „C GesmbH, ***, *** (als Bauführer)“ und „A und B, ***, *** (als Bauwerber)“, enthält die Überschrift „Anzeige der Fertigstellung an Stadtgemeinde ***. über die Fertigstellung des zugebauten Einstellraumes der Familie A und B in ***, ***“ sowie den Text „Wir geben Stadt und Bauamt ***. bekannt, dass das Bauprojekt in *** mit der EZ *** und Gst. Nr. *** fertiggestellt wurde. Das Bauwerk wurde am 05.05.1998 mit der AZ: *** baubehördlich bewilligt.“

Auf dem Schriftstück sind als Beilagen handschriftlich angeführt:

„2 Lagepläne, 1 Bestandsplan, 1 Elektroprüfbericht, 1 Lageplan PKW-Abstellplatz,

1 Bauführerbescheinigung (§ 30 NÖ Bauordnung 1996)“.

Das gegenständliche, mit 15.12.1998 datierte und einen Adressaten nicht enthaltende, handschriftlich verfasste Schriftstück wurde von den Beschwerdeführern in die Gewahrsame des von ihnen für die Projektierung und Vornahme der Bauaufsicht beauftragten C übergeben.

Das gegenständliche Schriftstück ist zu keinem Zeitpunkt bei der Baubehörde der Stadtgemeinde *** eingelangt.

Dem handschriftlich verfassten Schriftstück vom 19.12.1998 war eine Bauführerbescheinigung nach § 30 NÖ Bauordnung 1996 nicht angeschlossen.

Der Bezug habende Bauakt der Stadtgemeinde *** betreffend A und B, Nr. ***, enthält das Schriftstück vom 15.12.1998 bzw. die auf diesem Schriftstück angeführten Beilagen (2 Lagepläne, 1 Bestandsplan, 1 Elektroprüfbericht, 1 Lageplan PKW-Abstellplatz, 1 Bauführerbescheinigung – § 30 NÖ Bauordnung 1996) nicht.

Ermittlungen des Stadtrates der Stadtgemeinde *** in Form der Durchführung von zwei Lokalaugenscheinen vor Ort am 23.03.2017 und am 06.10.2017 in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer ergaben hinsichtlich des Bestandes nach der Änderung einen Anteil der bebauten Fläche von 180,02 m² und hinsichtlich des Anteiles der unbebauten Fläche 75 m², insgesamt somit 255,02 m².

Entsprechend den vorher bezeichneten Ermittlungen des Stadtrates der Stadtgemeinde *** ergab sich der Bestand vor der Änderung mit einem Anteil der bebauten Fläche von 128,82 m² und einem Anteil der unbebauten Fläche von 75 m², insgesamt somit von 203,82 m².

Entgegen den Einreichunterlagen wurden weder der Wintergarten im Dachgeschoß noch der Windfang im Erdgeschoß errichtet. Die Fläche des ebenerdigen Zubaus mit der Nutzung „Einstellraum“ wurde im erstinstanzlichen Bescheid zur bebauten Fläche des Wohnhauses hinzugerechnet, da der Einstellraum gemäß Einreichplan mit dem Erdgeschoß des Wohnhauses mittels einer Tür verbunden war.

Im Zuge des am 06.10.2017 durch den Stadtrat durchgeführten Lokalaugenscheines wurde festgestellt, dass die Verbindungstür zum Wohnhaus nachträglich vermauert wurde, weshalb der „Einstellraum“ auf Grund der fehlenden Verbindung zum Wohnhaus als Nebengebäude gewertet und der unbebauten Fläche zugerechnet wurde. Der Altbestand bestand aus zwei angeschlossenen Geschoßen und nicht aus drei angeschlossenen Geschoßen. Sämtliche Änderungen wurden vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** bei der Ermittlung und Zugrundelegung der Berechnungsflächen berücksichtigt.

Dieses Beweisergebnis ergab sich klar aus dem dem erkennenden Gericht vorliegenden, Bezug habenden Bauakt der Stadtgemeinde ***, weiters aus den glaubwürdigen Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung sowie aus den Aussagen des Zeugen C in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Der Vertreter der Stadtgemeinde *** bestätigte in der Beschwerdeverhandlung, dass, wie von den Beschwerdeführern eingewendet wurde, die Baufertigstellung in der handschriftlichen Fassung vom 15.12.1998 samt den dort bezeichneten Beilagen zu keinem Zeitpunkt der Stadtgemeinde *** vorgelegt wurde. Weiters bestätigte der Vertreter der Stadtgemeinde in der Beschwerdeverhandlung, dass sich diese Unterlagen nicht im Bezug habenden Bauakt befinden. Die Einsicht der zur Entscheidung berufenen Richterin in den Bezug habenden Bauakt ergab, dass die von den Beschwerdeführern als „Baufertigstellungsanzeige“ bezeichnete handschriftlich verfasste Mitteilung vom 15.12.1998, ebenso wie die auf dieser Mitteilung bezeichneten Beilagen, sich nicht im Bezug habenden Bauakt der Stadtgemeinde *** befinden.

Nach den Ausführungen des Vertreters der Stadtgemeinde wurde das in der Stadtgemeinde so gehandhabt, dass dann, wenn Unterlagen abgegeben wurden, über Verlangen der jeweiligen Parteien entsprechende Kopien der Unterlage gemacht und dass ein Eingangsstempel darauf vermerkt werde und dies vom Bearbeiter abgezeichnet werde.

Nach den Mitteilungen des Vertreters der Stadtgemeinde fanden nach der Novelle der Bauordnung 1996 keinerlei Kollaudierungen mehr vor Ort statt, weshalb auszuschließen sei, wie die Beschwerdeführer darlegten, dass im Jahr 1998 (noch am Tag der Erstellung des handschriftlichen Schriftsatzes vom 15.12.1998) vor Ort eine Kollaudierungsverhandlung stattgefunden hätte.

Bereits nach den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung ergab sich, dass dieser über eine Bestätigung betreffend die Übernahme des Schriftsatzes vom 15.12.1998 nicht verfügt und dazu keinen Nachweis vorlegen kann.

Während der Beschwerdeführer A den Vorgang hinsichtlich der handschriftlichen Meldung vom 15.12.1998, welche von den Beschwerdeführern als „Baufertigstellungsanzeige“ bezeichnet wurde, noch dahingehend darlegte, dass er diese „Baufertigstellungsanzeige“ dem Baumeister, C, übergeben habe und dass dieser die Unterlagen persönlich bei der Stadtgemeinde *** abgegeben habe, ergab die Einvernahme des Zeugen C in der Beschwerdeverhandlung, dass eine persönliche Abgabe dieser Unterlagen durch ihn beim Bauamt der Stadtgemeinde *** nicht erfolgt ist. Nach den Ausführungen dieses Zeugen sei es so gewesen, dass sie üblicherweise nichts persönlich bei der Gemeinde vorbeigebracht hätten. Sie hätten das Ganze mit der Post gemacht, und hätten das nicht persönlich hingetragen.

Zum Vorhalt der diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers sagte der Zeuge aus, dass das 20 Jahre her sei. Er könne nur sagen, dass sie das mit der Post geschickt hätten. Es sei richtig, dass er keine Bestätigung über das Einlangen der „Baufertigstellungsanzeige“ bei der Baubehörde habe, wie er auch keine Bestätigung über die Postaufgabe habe. Er habe nichts. Zur Frage, ob der Zeuge C, wenn er Dokumente an die Behörde schickte, diese nicht eingeschrieben aufgegeben habe, um einen Nachweis zu haben, führte der Zeuge aus, das könne er jetzt nicht sagen. Zur Frage, ob die „Baufertigstellungsanzeige“ tatsächlich am 15.12.1998 erstellt worden sei oder später, gab der Zeuge C an, dass, wenn die Unterschrift darauf sei, das „dann schon so gewesen sein werde“.
Zur Frage, ob der Zeuge Unterlagen hinsichtlich der von ihm erbrachten Leistungen in Bezug auf die „Baufertigstellungsanzeige“ laut handschriftlichem Dokument vom 15.12.1998 habe, verwies der Zeuge darauf, dass er eine Aufbewahrungspflicht für sieben Jahre habe und dass das vorbei sei. Zur Frage, wann das Dokument vom 15.12.1998 der Gemeinde vorgelegt worden sei, verwies der Zeuge C darauf, dass es sicher in einem zeitlichen Zusammenhang gewesen sei, wann genau, wisse er nicht.

Zur Frage, ob die Bauführerbescheinigung mit dem Dokument vom 15.12.1998 der Stadtgemeinde übermittelt worden sei, fragte der Zeuge C, ob es damals überhaupt eine Bauführerbescheinigung gegeben habe. Zum Hinweis der erkennenden Richterin, dass es auch damals eine Bauführerbescheinigung gegeben habe, sagte der Zeuge aus, dass es zu seiner Zeit damals keine Bauführerbescheinigung gegeben habe. Zur konkreten Frage, ob dem Schriftsatz vom 15.12.1998 („Fertigstellungsanzeige“) eine Bauführerbescheinigung angefügt gewesen sei, sagte der Zeuge C aus, dass er bestätige, dass zum damaligen Zeitpunkt eine Bauführerbescheinigung sicher nicht der Gemeinde vorgelegt worden sei.

Sowohl aus den Angaben des Beschwerdeführers A in der Beschwerdeverhandlung (welchen sich die anwesende Beschwerdeführerin B anschloss) als auch aus den Aussagen des Zeugen C ergab sich somit zweifelsfrei, dass ein Nachweis einer Übermittlung (in welchem Wege auch immer, sofern überhaupt erfolgt) des Schriftstückes vom 15.12.1998 an die Stadtgemeinde *** nicht existiert. Weiters ergab sich aus der Aussage des Zeugen C eindeutig und zweifelsfrei, dass jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt eine Bauführerbescheinigung der Stadtgemeinde nicht vorgelegt wurde.

Aus den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde *** in der Beschwerdeverhandlung ergab sich zweifelsfrei, dass vor der Berechnung der zu Grunde liegenden Flächen nach der Änderung und vor der Änderung in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer zwei Lokalaugenscheine durchgeführt wurden. Dabei wurde nach den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde im Rahmen des Lokalaugenscheines und der Vermessung festgestellt, dass die Gemeinde die Wärmedämmung nicht in die Berechnung miteinbezogen habe und dass diese in Abzug gebracht worden sei.

Nach den Ausführungen des Vertreters der Stadtgemeinde wurde der Umstand der Zumauerung der Verbindungstür im Einstellraum berücksichtigt und zu maximalen Gunsten der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass diese Änderung vor Vorlegen der Fertigstellungsanzeige aus dem Jahr 2016 bzw. vor der Veränderungsanzeige erfolgt ist.

Der Vertreter der Stadtgemeinde bestätigte, dass sämtliche festgestellte Ausmaße und Flächen, wie sie der Berechnung laut Inhalt der jeweiligen Entscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** zu Grunde gelegt worden sind, durch Begehung und Feststellung der Ausmaße im Zuge der Lokalaugenscheine am 23.03.2017 und 06.10.2017 in Anwesenheit der beiden Beschwerdeführer festgestellt worden sind. Weiters ergab sich aus den Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde, dass die Erhebung der Flächen, welche jeweils als Fläche vor der Änderung zu Grunde gelegt wurden, auf Grund der alten Baupläne und nach dem tatsächlichen Bestand zum damaligen Zeitpunkt, wie sie im jeweiligen Zeitpunkt der erstmaligen Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr bzw. (gegenständlich) der Kanalanschlussgebühr vorhanden waren, erfolgt ist und so der Berechnung zu Grunde gelegt wurden.

In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:

Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt (…) bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. (…)

§ 208. (1) Die Verjährung beginnt

         a)       in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, …

§ 209. (1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. (…)

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977, in der auf den maßgeblichen Zeitpunkt bei Vorlage der Fertigstellungsanzeige samt Bauführerbescheinigung (am 30.11.2016) geltenden Fassung, LGBl. 8230/9, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 100/2015, werden die Gemeinden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.

Gemäß § 2 Abs. 5 leg. cit. ist bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlagen (§ 3 Abs. 2) eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 6 eine höhere Abgabe ergibt. Bei Liegenschaften, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen waren, gelten der Bestand beim Inkrafttreten dieses Gesetzes als ursprünglicher Bestand und als Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Bemessungsgrundlage jede Änderung, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Verpflichtung zur Entrichtung einer Ergänzungsabgabe begründet, wenn die Einmündungsabgabe bereits nach den Vorschriften dieses Gesetzes bemessen worden wäre.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. wird die Berechnungsfläche in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um eins erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.

Gemäß § 3 Abs. 6 leg. cit. ergibt sich die Ergänzungsabgabe aus dem Differenzbetrag zwischen der Abgabe für den Bestand nach der Änderung und der Abgabe für den Bestand vor der Änderung, wobei beide Abgaben nach dem bei Entstehung der Abgabenschuld geltenden Einheitssatz zu berechnen sind. Die Berechnungsfläche ist für den Bestand vor der Änderung und für den Bestand nach der Änderung jeweils gemäß § 3 Abs. 2 zu ermitteln.

Gemäß § 5a Abs. 1 leg. cit. ist der Einheitssatz vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung festzusetzten.

Gemäß § 9, 1. Satz, leg. cit. sind die Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr unabhängig von der tatsächlichen Benützung der öffentlichen Kanalanlage von jedem Liegenschaftseigentümer zu entrichten, für dessen Liegenschaft die Verpflichtung zum Anschluss besteht oder der Anschluss bewilligt wurde.

Gemäß § 12 Abs. 1 lit.b leg. cit. entsteht die Abgabenschuld für die Kanaleinmündungsabgabe (Sonderabgabe, Ergänzungsabgabe) im Fall einer Bauführung mit dem Einlagen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der Bauordnung der Behörde…

Gemäß § 14 Abs. 1 lit.a leg. cit. ist den Abgabepflichtigen die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben.

Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a) Die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4)

Gemäß § 2 Abs. 1 Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde *** (beschlossen am 14. März 2013) wird der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgaben für die Einmündung in den öffentlichen Mischwasserkanal gemäß § 3 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 mit € 17,95 festgesetzt.

Zuvorderst ist festzustellen, dass auf den gegenständlichen Fall die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), in der geltenden Fassung, und nicht (mehr) die Bestimmungen der NÖ Abgabenordnung 1977 anzuwenden sind.

Vor dem 01.01.2010 galt die BAO (im Wesentlichen) nur für Bundesabgaben.

§ 7 Abs. 6 Finanz-Verfassungsgesetz (idF BGBL I 2007/100) hat die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf allgemeine Angelegenheiten und auf das Verfahren für die von Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden erhobenen Abgaben erweitert (aus: Ritz, BAO Bundesabgabenordnung, 6. Auflage, § 1, Rz 1).

Die Vorschreibung einer Abgabe setzt allgemein die Verwirklichung eines Abgabentatbestandes und das Bestehen einer Abgabenschuld voraus. Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).

Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt zudem den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus.

Der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches ist bedeutsam u.a. für die Abgabenfestsetzung, welche vor diesem Zeitpunkt nicht zulässig ist (vgl. dazu Ritz, BAO3, Tz2ff u.Tz14 zu § 4, sowie VwGH 10.08.2008, 2007/17/0012).

Der Tatbestand, an den die Entrichtung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe geknüpft ist, ist in § 2 Abs. 5 NÖ Kanalgesetz und in
§ 12 Abs. 1 lit. b NÖ Kanalgesetz 1977 geregelt.

Es ist somit bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zu Grunde gelegten Berechnungsgrundlagen eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn (wie gegenständlich durch zwei Lokalaugenscheine, Vermessung, Zugrundelegung des Altbestandes und Erhebung des Istzustandes seitens der Stadtgemeinde *** ermittelt) sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 NÖ Kanalgesetz 1977 iVm § 3 Abs. 6 NÖ Kanalgesetz 1977 eine höhere Abgabe ergibt.

In § 12 Abs. 1 lit. b NÖ Kanalgesetz 1977 wird klar geregelt, dass, (wie gegenständlich) im Falle einer Bauführung mit dem Einlagen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der NÖ Bauordnung bei der Behörde die Abgabenschuld entsteht.

Von der Verwirklichung des abgabenrechtlichen Tatbestandes (Anschluss an den Mischwasserkanal) zu unterscheiden ist der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld (gegenständlich: mit dem Vorliegen der Baufertigstellungsanzeige im Sinne des § 30 NÖ Bauordnung 1996/2014).

Gemäß § 30 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014, in der auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Vorliegens der Baufertigstellungsanzeige am 30.11.2016 geltenden Fassung, LGBl. Nr. 1/2015, hat, wenn ein bewilligtes Bauvorhaben (§ 23) fertiggestellt ist, der Bauherr dies der Behörde anzuzeigen. Anzeigepflichtige Abweichungen (§ 15) sind in dieser Anzeige darzustellen. Die Fertigstellung eines Teiles eines bewilligten Bauvorhabens darf dann angezeigt werden, wenn dieser Teil für sich alleine den bewilligten Verwendungszweck, den Vorschriften dieses Gesetzes und der
NÖ Bautechnik-Verordnung 2014, LGBl. Nr. 4/2015, und dem Bebauungsplan entspricht.

Gemäß § 30 Abs. 2 NÖ Bauordnung 2014, in der auf den maßgeblichen Zeitpunkt anzuwendenden Fassung, sind der Anzeige nach Abs. 1 anzuschließen:

1. Bei einem Neu- oder Zubau eines Gebäudes (ausgenommen Aufstockung und Dachausbau), ein Lageplan mit der Bescheinigung des Bauführers oder der Eintragung der Vermessungsergebnisse über die lagerichtige Ausführung des Bauvorhabens,

2. bei anzeigepflichtigen Abweichungen (§ 15) ein Bestandsplan (2-fach),

3. eine Bescheinigung des Bauführers (§ 25 Abs. 2) oder im Falle der unterlassenen Bekanntgabe des Bauführers eine Bescheinigung eines zur Überwachung befugten Fachmannes, der die Ausführung des Bauwerks überwacht hat, über die bewilligungsgemäße Ausführung (auch Eigenleistung) des Bauwerks,

4. die in der Baubewilligung vorgeschriebenen Befunde und Bescheinigungen.

§ 30 NÖ Bauordnung kann – auf die Stelle wird durch § 12 Abs. 1 lit. b
NÖ Kanalgesetz 1977 verwiesen – entnommen werden, dass es sich bei der Fertigstellungsanzeige um eine Parteienerklärung handelt, wobei unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 30 Abs. 1 NÖ Bauordnung davon auszugehen ist, dass es Pflicht des Bauherrn ist, die Fertigstellung eines bewilligten Bauvorhabens der Baubehörde anzuzeigen (… „hat der Bauherr dies der Baubehörde anzuzeigen“).

Festzustellen ist, dass nach Maßgabe der Vorgaben des § 30 Abs. 1
NÖ Bauordnung die Anzeige der Fertigstellung eines bewilligten Bauvorhabens ausschließlich dem Bauherrn obliegt. Eine gesetzliche Verpflichtung der Baubehörde, eine solche Fertigstellungsanzeige beim Bauherrn „einzuholen“ besteht nicht. Bei der Vorlage der Fertigstellungsanzeige handelt es sich somit um eine Bringschuld des Bauherrn, nicht jedoch um eine Holschuld der Baubehörde.

Sämtliche Ausführungen der Beschwerdeführer, wonach es Sache der Baubehörde gewesen wäre, den Beschwerdeführern die Vorlage einer Fertigstellungsanzeige aufzutragen, gehen im Hinblick auf den klaren Inhalt der zitierten gesetzlichen Bestimmung ins Leere.

Unter Berücksichtigung der klaren Vorgaben des § 30 Abs. 1 Z 3 NÖ Bauordnung ist die Bescheinigung des Bauführers (§ 25 Abs. 2) demnach ein essenzieller Bestandteil der Fertigstellungsanzeige. Liegt die Bauführerbescheinigung der Fertigstellungsanzeige nicht bei, so kann vom „Einlagen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der Bauordnung“ nicht die Rede sein und kann die Abgabenschuld auch nicht entstehen.

An die Stelle der Benützung des Benützungsbewilligungsbescheides setzte die
NÖ Bauordnung bereits in der Fassung 1996 systematisch die Fertigstellungsanzeige. Diese hat inhaltlich die in § 30 leg. cit. aufgezählten Urkunden zu enthalten; soferne eine Bauführerbescheinigung nicht angeschlossen ist, liegt eine (vollständige) Fertigstellungsanzeige nicht vor.

Wenn der Gesetzgeber mit §12 Abs. 1 lit. b NÖ Kanalgesetz 1977 in Bezug auf das Entstehen der Abgabenschuld (auch) hinsichtlich der Ergänzungsabgabe für die Kanaleinmündungsabgabe das Einlangen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der NÖ Bauordnung bei der Behörde als maßgebliches Kriterium vorsieht und daran das Entstehen der Abgabenschuld knüpft, geht er damit von der (vollständigen) Fertigstellungsanzeige aus (vgl. VwGH vom 25.04.2005, 2002/17/0034).

Ein Anbringen liegt erst dann vor, wenn eine solche Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlagt; die Gefahr des Verlustes einer übersandten Eingabe trifft den Einschreiter (VwGH vom 28.06.2001, 2000/16/0645).

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergab sich klar für das erkennende Gericht, dass der von den Beschwerdeführern als „Fertigstellungsanzeige“ bezeichnete Schriftsatz vom 15. Dezember 1998 nicht bei der Stadtgemeinde *** (Baubehörde) eingelangt ist. Eine Nachschau der zur Entscheidung berufenen Richterin im Bezug habenden Bauakt ergab, dass in diesem Akt eine derartige Unterlage oder die auf dieser Unterlage bezeichneten Beilagen aus dem Jahr 1998 nicht enthalten sind.

Wenn auch die Beschwerdeführer zunächst davon ausgegangen sind, dass der Zeuge C diese Unterlagen im Jahr 1998 persönlich bei der Stadtgemeinde *** abgegeben habe, widersprach der Zeuge C in der Beschwerdeverhandlung dem von den Beschwerdeführern so dargestellten Sachverhalt. Er führte aus, dass er die Unterlagen wahrscheinlich zeitnah bei Erstellung im Jahr 1998 an die Stadtgemeinde *** postalisch übermittelt habe.

Weder der Zeuge C noch die einschreitenden Beschwerdeführer verfügen über irgendwelche Nachweise betreffend eine solchen Vorgang.

Sollte tatsächlich die handschriftlich verfasste Mitteilung vom 15. Dezember 1998 vom Zeugen C an die Stadtgemeinde *** übermittelt worden sein, so ist dazu jedenfalls festzustellen, dass nach dem eindeutig erzielten Beweisergebnis, nach den glaubwürdigen Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde und auf Grund des Inhaltes des Bezug habenden Baurechtsaktes eine derartige Unterlage bei der Stadtgemeinde *** zu keinem Zeitpunkt eingelangt ist.

Dazu wird auf die oben wiedergegebene höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach ein Anbringen erst dann als eingebracht anzusehen ist, wenn es bei der zuständigen Behörde einlangt. Die Gefahr eines allfälligen Verlustes dieser Sendung (so auch im gegenständlichen Fall) trägt der jeweilige Einschreiter.

Zusätzlich war im Hinblick auf die oben wiedergegebene Judikatur festzustellen, dass eine Baufertigstellungsanzeige als solche erst vorliegt, wenn eine Bauführerbescheinigung nach § 30 NÖ Bauordnung (auch in der Fassung 1996) angeschlossen ist.

Da sich nach der eindeutigen Aussage des Zeugen C in der Beschwerdeverhandlung ergab, dass jedenfalls dem Schriftsatz vom 15.12.1998 keine Bauführerbescheinigung gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996 angeschlossen war, war unbeschadet der Sach- und Rechtslage, wonach das jeweilige Anbringen erst bei Einlagen bei der zuständigen Behörde als eingebracht gilt und die Gefahr eines Verlustes den Einschreiter trifft, festzustellen, dass mangels angeschlossener Bauführerbescheinigung dem handschriftlich verfassten Schriftsatz vom

15. Dezember 1998 jedenfalls nicht die Qualifikation einer gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996 gültigen Bauführerbescheinigung zukam.

Es war daher davon auszugehen, dass erst mit dem Einlangen der Baufertigstellungsanzeige der Beschwerdeführer vom 30.11.2016 von einem Entstehen der Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe im Sinne des § 12 Abs. 1 lit. b Kanalgesetz 1977 auszugehen war.

Aus dem Wesen der bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung und aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse, die bereits aus dem Gesetz heraus entstehen, ergibt sich, dass der Abgabenbescheid seinen wesentlichen Merkmalen nach feststellender Natur ist. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. Stoll, BAOII, 2073F).

Daraus ergibt sich, dass die Abgabe festzusetzen ist, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabenpflichtigen als Abgabenschuld darstellt, folgt, dass die Abgabenfestsetzung zulässig ist, sobald die Abgabenschuld entstanden ist. Dieser Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld ist auch für den Beginn der Frist für die Festsetzungsverjährung des § 207 BAO maßgeblich.

Abweichend von der allgemeinen Regel des § 4 BAO, wonach der Abgabenspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft, sieht § 12 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 als lex specialis besondere Kriterien für das Entstehen der Abgabenschuld vor.

Aus § 12 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 folgt, dass es für die Abgabenschuld auf den tatsächlichen Anschluss alleine nicht ankommt, sondern dass noch weitere Kriterien entsprechend dieser Bestimmung erfüllt sein müssen. Das maßgebliche Kriterium in diesem Sinne ist gemäß § 12 Abs. 1 lit. b NÖ Kanalgesetz 1977 hinsichtlich der Ergänzungsabgabe der Kanaleinmündungsabgabe im Fall einer Bauführung mit dem Einlagen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der Bauordnung bei der Behörde gegeben.

Eine Fertigstellungsanzeige nach der NÖ Bauordnung 1996 wurde von den Beschwerdeführern bis zur Erstellung der Fertigstellungsanzeige vom 30.12.2016 und deren Übermittlung an die Baubehörde der Stadtgemeinde *** der Baubehörde nicht vorgelegt, weshalb bis zum bezeichneten Zeitpunkt der Vorlage der Fertigstellungsanzeige laut Schriftsatz vom 30.12.2016 nach
§ 12 NÖ Kanalgesetz 1977 in der Fassung ab der 5. Novelle (ab Jänner 1997) eine Abgabenschuld nicht entstehen konnte.

Da die Abgabenschuld bis zum Einlangen der Bezug habenden Fertigstellungsmeldung der Beschwerdeführer gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996 vor dem 30.12.2016 nicht entstehen konnte, war mangels Vorliegens einer Abgabenschuld weder die bescheidmäßige Abgabenfestsetzung zulässig noch konnte die Verjährungsfrist zur Abgabenfestsetzung überhaupt zu laufen beginnen, geschweige denn ablaufen.

Erst mit der Fertigstellungsanzeige vom 30.12.2016 konnte erstmals eine Abgabenschuld hinsichtlich der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe für die gegenständliche Liegenschaft bzw. ein Abgabenanspruch der Gemeinde auf diese Abgabe entstehen.

Der nunmehrigen Festsetzung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe in der in Beschwerde gezogenen Fassung der Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** steht daher der Eintritt einer Festsetzungsverjährung (mangels Ablaufes von fünf Jahren ab Vorlage der Fertigstellungsanzeige) nicht entgegen.

Die Richtigkeit der der Vorschreibung zu Grunde gelegten Bemessungsgrundlagen wurde in der Beschwerde nicht beanstandet. Dazu hat jedoch das Beweisverfahren vor dem erkennenden Gericht die Korrektheit der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde II. Instanz hinsichtlich der von ihr der in Beschwerde gezogenen Entscheidung zu Grunde gelegten Bestände (nach der Änderung und vor der Änderung) ergeben.

Hinsichtlich des Bestandes nach der Änderung erfolgten im Beisein der beiden Beschwerdeführer eine Begehung im Rahmen eines Lokalaugenscheines und eine Feststellung der Naturmaße.

Hinsichtlich des Bestandes vor der Änderung erfolgte entsprechend der diesbezüglichen Angaben des Vertreters der Stadtgemeinde in der Beschwerdeverhandlung eine umfassende Ermittlung auf Grund der alten Baupläne und eine Erhebung des tatsächlichen Zustandes zum damaligen Zeitpunkt der erstmaligen Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr.

Unter Hinweis auf die oben dargelegte Sach- und Rechtslage hatte das erkennende Gericht daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Kanaleinmündungsabgabe; Ergänzungsabgabe; Bringschuld; Fertigstellungsanzeige; Bauführerbescheinigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.79.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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