TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/27 LVwG-AV-540/001-2018

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Veröffentlicht am 27.06.2018
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Entscheidungsdatum

27.06.2018

Norm

BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3
BetriebsO 1994 §13 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §13 Abs1
VwGVG 2014 §13 Abs2
VwGVG 2014 §13 Abs5
B-VG Art130 Abs1 Z1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über den Antrag des A, vertreten durch RA B, ***, ***, ***, der gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2018, GZ. ***, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, folgenden

BESCHLUSS

1.  Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2018, GZ. ***, wurde der Taxilenkerausweis des Antragstellers gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr - BO 1994 für ungültig erklärt. Darüber hinaus wurde von der Landespolizeidirektion Niederösterreich einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aus Gründen des öffentlichen Wohls wegen Gefahr in Verzug aberkannt.

In der gegen diesen Bescheid durch seine Rechtsvertreterin erhobenen Beschwerde vom 18. Mai 2018, bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich eingelangt am 22. Mai 2018, beantragte der Antragsteller, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zu beheben sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründend führte der Antragsteller aus, dass der Vollzug des angefochtenen Bescheides mit einem massiven Eingriff in die schützenswerten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers verbunden sei. Er benötige den Taxilenkerausweis, um seinen Beruf auszuüben und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nicht nur würde der sofortige Entzug des Ausweises noch im Beschwerdeverfahren seine Existenzgrundlage unmittelbar gefährden, sondern stelle die angefochtene Entscheidung auch einen unzulässigen, weil unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK dar, wonach die Ausübung des Berufes als wesentlicher Aspekt der Persönlichkeitsrechte geschützt sei. Es werde nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit Strafen erlitten habe, jedoch würden diese nach Angaben des Beschwerdeführers in keinerlei Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen und seien daher die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Behalten des Taxilenkerausweises bei weitem höher zu bewerten als die öffentlichen Interessen am Entzug der Bewilligung.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat ausschließlich bezogen auf diesen Antrag, der Beschwerde gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2018 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 (oder 3) keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.

Das Verwaltungsgericht hat somit auf Basis dieser gesetzlichen Grundlagen in einem Provisorialverfahren gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu prüfen, sondern gleichsam in einem Eilverfahren ohne Setzung der sonst üblichen Verfahrensschritte wie Gewährung von Parteiengehör oder Durchführung einer Verhandlung im Rahmen einer vorzunehmenden Interessensabwägung der Interessen des Antragstellers gegen die berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu erkennen. Bei Überwiegen der berührten öffentlichen Interessen oder der Interessen anderer Parteien ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung jedoch nur dann statthaft, wenn in einem zweiten Schritt festgestellt wird, dass der vorzeitige Vollzug wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist (z.B. VwGH 24.5.2002, 2002/18/0001). Im Übrigen kommt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fällen, in denen sich die Beschwerde gegen eine Zurücknahme eines Taxilenkerausweises gemäß § 13 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr richtet, eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht, weil einem solchen Ausspruch zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen würden (z.B. VwGH 4.7.2002, AW 2002/03/0048 mit Hineis auf B 7.8.1998, 97/03/0084). Zwingende öffentliche Interessen in Verfahren wie dem gegenständlichen werden regelmäßig darin gesehen, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren, wozu auch die körperliche Integrität gehört. Der nunmehrige Beschwerdeführer ist zwei Mal rechtskräftig vorbestraft, einmal wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs. 1 Z. 1 StGB (Urteil des Bezirksgerichts *** vom 16. Februar 2018, ***) und einmal wegen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB (Urteil des Landesgerichts für Strafsachen *** vom 19. Oktober 2016, ***).

Abgesehen davon ist ebenso nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Provisorialverfahrens betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung von den Sachverhaltsannahmen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, auszugehen, es sei denn, diese beruhen auf einem offenkundigen Verfahrensmangel (VwGH 29.5.2015,

Ra 2015/11/0038).

Ein derartiger offenkundiger Verfahrensmangel ist gegenständlich nicht erkennbar.

Um weiters die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass der Antragsteller schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen. Die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils erfordert die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. VwGH 19.4.2013, AW 2013/11/0013).

Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, dass der sofortige Entzug des Ausweises noch im Beschwerdeverfahren seine Existenzgrundlage unmittelbar gefährden würde.

Aus dem Bericht der Landespolizeidirektion Wien vom 9. Mai 2018 im Akt der Verwaltungsbehörde geht hervor, dass der nunmehrige Beschwerdeführer gegenüber den Polizisten nach seinem Taxischein gefragt angegeben hat, dass er diesen längere Zeit nicht mehr finde und dass er seit langer Zeit nicht mehr ein Taxi lenke oder diesbezüglich gewerblich tätig sei. In der am 20. Juni 2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat er zudem angegeben, dass er Anfang April sein Beschäftigungsverhältnis als Taxifahrer beendet habe und seitdem arbeitslos gemeldet sei.

Ein unverhältnismäßiger Nachteil des Antragstellers, der die dargelegten öffentlichen Interessen überwiegt, kann demnach nicht erkannt werden.

Demgegenüber ist auch zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entziehung der Lenkberechtigung keinen Strafcharakter hat, sondern als Sicherungsmaßnahme zu qualifizieren ist (z.B. VwGH 27.4.2015, Ra 2015/11/0011). Die vorzeitige Vollstreckung eines Bescheides wie des gegenständlichen ist im öffentlichen Interesse wegen Gefahr im Verzug dringend geboten. Das Interesse der Öffentlichkeit und der Taxifahrgäste stellt jedenfalls ein höherwertiges Gut dar als allfällige – gegenständlich eben vom Antragsteller selbst am 9. Mai 2018 und in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich relativierte – negative Auswirkungen in der Person des Antragstellers, sodass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde durch die Landdespolizeidirektion Niederösterreich nicht zu beanstanden ist.

Eine ordentliche Revision gegen den vorliegenden Beschluss ist deshalb nicht zulässig, weil es sich bei der gegenständlich zu lösenden Rechtsfrage um keine handelt, der eine erhebliche rechtliche Bedeutung beizumessen ist. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; es fehlt auch nicht eine solche Rechtsprechung, die zu lösenden Rechtsfragen werden in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einheitlich beantwortet. So stellt die gegenständliche Entscheidung auch eine Einzelfallentscheidung dar.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Befähigungsnachweis; Verfahrensrecht; aufschiebende Wirkung; Provisorialverfahren; Beweislast;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.540.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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