TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/24 W182 2188662-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W182 2188664-1/13E

W182 2188652-1/12E

W182 2188662-1/10E

W182 2188656-1/10E

W182 2188659-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX und 5. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Mongolei, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2018, Zlen. ad 1.) 1075778509-150770348, ad 2.) 1075778607-150770356, ad 3.) 1075778705-150770364, ad 4.) 1075778803-150770372, und ad 5.) 1155544010-170675145 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46, §55 Abs. 1 - 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein Ehepaar und ihre drei minderjährigen Kinder im Alter von 9 und 8 Jahren sowie einem Jahr, sind alle Staatsangehörige der Mongolei und gehören der Volksgruppe der Khalkh an. Die Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3), die ältere Tochter, ist Katholikin, die übrigen BF sind konfessionslos. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) reisten mit ihrer älteren Tochter und ihrem Sohn, dem Viertbeschwerdeführer (im Folgenden: BF4) im Juni 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.07.2015 brachte der BF1 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er gesehen bzw. gehört habe, wie ein Parlamentsabgeordneter bestochen worden sei, und habe dies der Polizei gemeldet. Seitdem habe er nur Probleme mit der Polizei bekommen und sei auch in Haft gewesen. Deswegen habe er die Mongolei verlassen. Dazu befragt, was er bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, gab der BF1 an, dass er nicht in die Mongolei zurückkehren könne, da er von der Polizei und dem Abgeordneten verfolgt werde. Er habe von 1986 bis 1995 die Grundschule besucht, mit seiner Familie in Ulaanbaatar gewohnt und zuletzt als Wachpersonal gearbeitet. Der BF1 habe mit seiner Familie am 15.06.2015 das Herkunftsland verlassen. Die BF2 bestätigte die Angaben ihres Gatten insoweit, als sie angab, dass der BF1 als persönliche Sicherheitskraft eines Parlamentmitgliedes gesehen habe, wie dieser Bestechungsgelder angenommen habe und ihn dann wahrscheinlich bei der Polizei angezeigt habe. Aus diesem Grund sei er unter Druck gesetzt und in Haft genommen worden. Nach seiner Entlassung habe der BF1 ihr gesagt, dass sie ausreisen müssten und sei sie mit den Kindern mitgefahren. Dazu befragt, was sie bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, gab die BF2 an, dass das Leben ihres Gatten in Gefahr sei und sie als Familie in Österreich bleiben wollen. Sie hätten in der Mongolei kein Zuhause mehr, da sie alles verkauft hätten.

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 24.08.2016 erklärte der BF1 auf Nachfragen, dass er bei der Erstbefragung aus Angst vor einer Abschiebung unwahre Fluchtgründe angegeben habe. Es habe nicht gestimmt, dass er Zeuge einer Bestechungsangelegenheit gewesen sei. Zu seinen Fluchtgründen brachte er nunmehr vor, dass er in der Mongolei als Elektriker gearbeitet hätte und am 14.03.2014 bei einer Überprüfung eines defekten Elektrokabels einer Straßenbeleuchtung ein Arbeitskollege einen tödlichen Arbeitsunfall erlitten habe, während der BF1 eine Rauchpause gehalten habe. Nach den Vorschriften dürfe man die Überprüfung von solchen Stromkabeln nur zu zweit vornehmen, sein Kollege habe aber wahrscheinlich nicht auf ihn warten wollen. Die Mutter und die Frau des toten Kollegen hätten dann den BF1 beschuldigt, für dessen Tod verantwortlich zu sein. Sie hätten auch 200.000,- Tugrug als Entschädigung von ihm verlangt. Der BF1 sei von der Polizei zuerst ein Monat lang als Zeuge und dann als Verdächtiger einvernommen worden, wobei er von Anfang Juli bis September 2014 2 Monate im Untersuchungsgefängnis gewesen sei, und man durch Gewalt versucht habe, dass er die Tat eingestehe. Seine Anwältin habe ihm gesagt, dass er wahrscheinlich wegen fahrlässiger Tötung und Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften zu einer Haftstrafe von 8-10 Jahren verurteilt werde. Der BF1 sei dann auf Ersuchen seiner Frau und seiner Mutter aus dem Gefängnis aus krankheitsbedingten Gründen in eine staatliche Lungenheilanstalt überstellt worden. Es habe auch ein Verdacht auf TBC bestanden, doch habe sich dieser nicht bestätigt. Der BF1 sei nach der Behandlung seiner Erkrankung nachhause geschickt worden. Er sei dann vor einer bevorstehenden Gerichtsverhandlung geflüchtet und habe mit seiner Familie das Herkunftsland verlassen. Im Gefängnis habe er sich mit Hepatitis C infiziert. In der Mongolei sei er 2 Mal an seiner Lunge operiert worden, dies weil er Raucher sei. Ihm sei ein Teil des rechten Lungenflügels entfernt worden. In der Mongolei würden sich seine Mutter, eine Schwester, ein Bruder sowie Tanten und Onkel aufhalten.

Die BF2 brachte im Wesentlichen vor, persönlich keine eigenen Fluchtgründe zu haben, sondern mit ihrer Familie ihrem Mann gefolgt zu sein. Auf die Frage, ob ihre Kinder im Fall einer Rückkehr in die Mongolei etwas zu befürchten hätten, gab sie an, dass sie Angst hätten, dass ihr Vater verhaftet werden würde. Im Übrigen bestätige die BF2 auf Nachfragen im Wesentlichen übereinstimmend die vom BF1 in der Einvernahme vorgebrachten Fluchtgründe. Die Frage, ob ihr Mann eine Anzeigebestätigung erhalten habe oder es Ladungen von den Behörden gebe, verneinte die BF2, und gab auf weiteres Nachfragen an, dass ihr Mann zu den Einvernahmen immer nur telefonisch bestellt worden sei. Auf Nachfragen, ob dies in der Mongolei üblich sei, von der Polizei telefonisch und nicht in schriftlicher Form bestellt zu werden, gab die BF2 an: "Wenn er nicht telefonisch erreichbar war, dann haben wir eine Ladung bekommen. Befragt: wir haben keine Ladung mehr." Die BF2 sei im Herkunftsland als Köchin und in einer Strickfabrik tätig gewesen. Seitdem sie die Kinder habe, habe sie selbstständig als Handwerkerin zuhause aus Filz Hausschuhe angefertigt und verkauft. Hinsichtlich ihrer Gesundheit gab die BF2 an, wegen Kopfschmerzen Schmerztabletten zu nehmen und an einer Staub- und Heuallergie zu leiden. Im Herkunftsland würden sich ihre Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern sowie Onkel und Tanten aufhalten.

In weiterer Folge wurde u.a. eine Bestätigung einer mongolischen Gesellschaft vorgelegt, wonach der BF1 im Jahr 2004 als Elektriker im Unternehmen begonnen habe, wobei im Mai 2014 das Dienstverhältnis beendet worden sei.

Im XXXX 2017 wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren und wurde für sie in weiterer Folge ein Antrag auf Internetseiten Schutz gestellt.

In einer neuerlichen Einvernahme beim Bundesamt am 06.10.2017 brachte der BF1 dem Grunde nach die gleichen Fluchtgründe wie in der vorhergehenden Einvernahme vor, gab aber abweichend dazu an, dass sich der Arbeitsunfall Mitte Juli 2013 ereignet hätte. Anfangs erklärte er zudem, dass er sich von 2013 bis 2015 in Untersuchungshaft befunden hätte. Auf Nachfragen, ob er 2 Jahre in Untersuchungshaft gewesen sei, erklärte er, dass das Untersuchungsverfahren von August 2013 bis zu seiner Ausreise im Juni 2015 gedauert hätte und er nur 3 Tage nach dem Vorfall in Haft gewesen sei. Danach habe er für 2 Monate in Untersuchungshaft gehen müssen. Dies sei von April bis Juni 2014 gewesen. Nach Juni 2014 sei er dann zuhause gewesen, habe aber jeden Tag bei der Polizei erscheinen müssen, dies den ganzen Tag von morgens bis abends. Auf Vorhalt, dass er in der vorherigen Einvernahme diesbezüglich angegeben habe, von Juli bis September 2014 im Untersuchungsgefängnis gewesen zu sein, erklärte er, dass von April bis Juni 2014 richtig sei, da dies im Frühjahr gewesen sei. Auf Vorhalt, dass er in der letzten Einvernahme den Arbeitsunfall mit 14.03.2014 datiert habe und auch seine Frau in diesem Zusammenhang von März 2014 gesprochen habe, erklärte der BF1: "Dann muss es doch 2014 gewesen sein". Der BF1 war zudem auf Nachfragen auch nicht in der Lage, den noch von ihm in der letzten Einvernahme genannten vollständigen Namen seines Arbeitskollegen zu wiederholen und gab stattdessen eine völlig abweichend Vornamen an und erklärte dazu, dass sie sich immer bei Vornamen angesprochen hätten und er sich deshalb seinen Nachnamen nicht gemerkt habe. Auf Vorhalt, dass er und seine Frau den Namen seines Kollegen in der letzten Einvernahme vollständig nennen konnten und auch der Vorname ein anderer gewesen sei, erklärte der BF1, dass er das verwechselt habe und seine heutigen Angaben zu den Namen nicht richtig seien. Auch konnte der BF den Vornamen seiner Anwältin, den er noch in der letzten Einvernahme genannt hatte, nicht mehr wiederholen. Zu den Gründen für diese Widersprüche befragt, brachte der BF1 auf wiederholtes Nachfragen letztlich vor, dass er durch eine Narkose bei einer Kieferoperation im Jahr 1998 vergesslich geworden sei. Die Frage, ob er Nachweise oder schriftliche Unterlagen zum Strafverfahren in der Mongolei vorlegen könne, verneinte der BF1, und erklärte, damals ein Ladungsschreiben bekommen zu haben, welches er aber weggeworfen habe, da er vorgehabt habe, auszureisen. Zu seiner Gesundheit befragt, gab der BF1 an, noch immer an Hepatitis C zu leiden, wobei im Dezember noch eine Kontrolle stattfinde. Auch sei er wegen seiner Nieren und seiner Prostata untersucht worden. Er nehme derzeit Medikamente wegen der Prostata. Auch würde seine rechte Lunge nicht mehr funktionieren, wobei ein Teil der rechten Lunge entnommen und er nach zwei Monaten auch am linken Lungenflügel operiert worden sei, um die Funktion zu verbessern. Nachgefragt, erklärte der BF1, dass die BF5 keine eigenen Fluchtgründe habe.

1.2. Mit den im Spruch genannten Bescheiden wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 idgF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG idgF festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG idgF in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Mit Spruchpunkt VI. wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG idgF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen des BF1 sich aufgrund massiver Widersprüche als unglaubwürdig erwiesen habe. So habe er zum Beispiel im Rahmen der Erstbefragung vor erst angegeben, dass er Zeuge für eine Bestechungsangelegenheit gewesen wäre, in der Einvernahme am 24.08.2016 habe er wiederum angegeben, dass seine diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung nicht der Wahrheit entsprochen hätten. In der Einvernahme am 24.08.2016 habe der BF1 hinsichtlich des Arbeitskollegen, welcher bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen wäre, ein äußerst bestimmten Namen angegeben, in der Einvernahme am 06.10.2017 habe er lediglich einen Vornamen nennen können, der zudem überhaupt nicht mit seinen diesbezüglichen Angaben am 24.08.2016 übereingestimmt habe. In der Einvernahme im August 2016 habe er für den Zeitpunkt des behaupten Arbeitsunfall als Datum explizit den 24.08.2016 angegeben, in der Einvernahme im Oktober 2017 habe er plötzlich erklärt, dass der Vorfall Mitte Juli 2013 gewesen wäre. In der Einvernahme im August 2016 habe der BF1 noch gemeint, dass er von Juli bis September 2014 für zwei Monate in Untersuchungshaft angehalten worden sei, im Oktober 2017 habe er im gleichen Zusammenhang von April bis Juni 2014 gesprochen. Auf Vorhalt der abweichenden Angaben, habe der BF1 noch erklärt, dass der Zeitraum von April bis Juni richtig gewesen wäre, weil es Frühjahr gewesen wäre. Der Erklärungsversuch des BF1, dass er aufgrund einer Kieferoperation an Amnesie leiden würde, sei als reine Schutzbehauptung zu werten, weil er sich auch an andere Umstände aus seiner Vergangenheit sehr wohl zu erinnern vermocht habe. Auch wenn die von ihm behaupteten Ereignisse nun schon einige Jahre zurückliegen sollten, wäre trotzdem ein gewisses Maß an plausiblen und übereinstimmenden Angaben zu erwarten gewesen.

Auffällig sei auch gewesen, dass der BF1 zu dem behaupteten Strafverfahren keinerlei Unterlagen wie Gerichtsladungen, einen Haftbefehl, Haftbestätigungen, Zeugenladungen, Entlassungsdokumente aus der Haft bezüglich seiner Erkrankung, einen Strafantrag oder sonstige Korrespondenzen mit den mongolischen Behörden vorlegen habe können. Dies erscheine auch deshalb auffällig, zumal er sich auch eine Bestätigung seines Arbeitgebers sowie sämtliche Identitätsdokumente nachschicken lassen habe können. Der BF1 habe jedenfalls verneint, diesbezügliche Unterlagen persönlich erhalten zu haben, bzw. habe angegeben, diese nicht beibringen zu können, weil er diese weggeworfen hätte oder sie in Händen seiner Anwältin verblieben wären oder er telefonisch, wie in der Mongolei üblich, geladen worden wäre. Obwohl der BF1 vorerst angegeben habe, er würde versuchen, mit seiner damaligen Anwältin in der Mongolei in Kontakt zu treten, weil diese möglicherweise schriftliche Unterlagen haben könnte, habe er auf Nachfragen im Oktober 2017, ob er mittlerweile mit seiner Anwältin in Kontakt getreten wäre, erklärt, dass seine Schwester bei der Anwaltskammer nachgefragt hätte, aber diese Anwältin nicht ausfindig zu machen gewesen wäre. Erwähnenswert sei an dieser Stelle auch, dass der BF1 nicht einmal den Namen seiner Anwältin nennen habe können. Im Juli 2016 habe er gemeint, sie hätte XXXX geheißen, wobei der erste Buchstabe des Nachnamens mit " XXXX " begonnen hätte. Im Oktober 2017 habe er wiederum erklärt, der Namen wäre irgendetwas mit " XXXX ", aber der Name fiele ihm jetzt nicht mehr ein. Vielleicht wäre es auch nicht " XXXX ", er könne sich jedenfalls nicht erinnern. Fraglich sei deshalb gewesen, dass der BF1 seine Schwester nach der Anwältin suchen habe lassen, wenn er nicht einmal mehr den genauen Namen kennen würde.

Hinsichtlich seiner Angaben sowie den von ihm vorgebrachten ärztlichen Unterlagen habe sich ergeben, dass beim BF1 eine Hepatitis C Infektion vorliege sowie bei ihm eine Prostatitis diagnostiziert worden sei. Anlässlich seiner Einvernahme im Oktober 2017 habe er angegeben, dass er aktuell lediglich ein Medikament wegen der Prostata nehme und im Dezember eine Kontrolluntersuchung wegen Hepatitis C habe. Aus dem urologischen Befund vom November 2015 gehe als Therapievorschlag die vorsorgliche Einnahme von XXXX hervor. Zum Entscheidungszeitpunkt würden sich somit keine Hinweise auf das Vorliegen schwerer oder gar lebensbedrohlicher Krankheiten ergeben. Hinsichtlich der übrigen BF seien keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden, sondern hätten sich diese auf die Fluchtgründe des BF1 berufen.

Mit Verfahrensanordnung vom 31.01.2018 wurde den BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.3. Gegen die Bescheide wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben und im Wesentlichen das Fluchtvorbringen des BF1 wiederholt und dazu unter Zitierung von Länderfeststellungen ausgeführt, dass sein Vorbringen durch die vom Bundesamt beigelegten Länderberichte bekräftigt werde. Dem BF1 drohe im Fall einer Rückkehr ins Herkunftsland eine unmenschliche Behandlung. Er habe seine Asylgründe schlüssig, ausführlich und glaubhaft angeführt. Weiters leide der BF1 an einer Hepatitis C, wobei davon auszugehen sei, dass eine regelmäßige ärztliche Hilfe und Kontrolle benötigen werde, welche in der Mongolei nicht zur Verfügung stehen würden. Dazu wurden der Beschwerde ärztliche Befunde beigelegt, darunter ein Entlassungsbericht eines Landesklinikums vom Februar 2018 mit folgenden Entlassungsdiagnosen: " XXXX ". Dazu wurde weiters vermerkt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine spezielle Therapie bestehe.

Vom BF1 wurde bereits im Verfahren beim Bundesamt ein umfangreiches Konvolut an diversen medizinischen Befunden vorgelegt.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.03.2018 wurden die BF aufgefordert, bekanntzugeben, ob Sie aktuell in Österreich in einer medizinischen Behandlung stehen, und wenn dies der Fall sein sollte, entsprechende Befunde samt Diagnosen und Therapiemaßnahmen binnen einer Frist von zwei Wochen vorzulegen.

In weiterer Folge wurde dem Bundesverwaltungsgericht im April 2018 neuerlich ein umfangreiches Konvolut an medizinischen Befunden hinsichtlich des BF1, die von 2015 bis zum März 2018 reichen, wobei die letzten Befunde im Wesentlichen keine signifikante Änderung hinsichtlich der Diagnose und Therapie zu dem bereits in der Beschwerde vorgelegten Entlassungsbericht eines Landesklinikums vom Februar 2018 enthielten. Zum Ausschluss einer akuten Tuberkulose wurde für den BF1 ein ambulanter Kontrolltermin für den 17.04.2018 vereinbart.

Im Juni 2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Konvolut an Urkunden vorgelegt, darunter u.a. Schulnachrichten einer dritten Klasse Volksschule hinsichtlich der BF3, ein ÖSD Zertifikat A1 hinsichtlich des BF1 und der BF2, Bestätigungsschreiben eines Pflege- und Betreuungszentrums vom Juni 2018, wonach der BF1 und die BF2 seit März 2018 ehrenamtlich Bewohnerinnen mit Demenz-Erkrankungen bei Spaziergängen und alltäglichen Aktivitäten unterstützen, sowie diverse Empfehlungsschreiben von Inländern sowie eine Unterschriftenliste für die BF und eine Absichtserklärung einer karitativen Organisation, wonach unter Vorbehalt beabsichtigt sei, dem BF1 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (Voll- oder Teilzeit) anzubieten, wenn er neben anderen Bedingungen eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für Österreich erhalte. Weiters wurden für die BF zwei mongolische Urkunden in Kopie nachgereicht, bei denen es sich laut Begleitschreiben des rechtsfreundlichen Vertreters vom 25.06.2018 um eine Vorladung des BF1 vor die zuständige mongolische Polizeibehörde sowie den Nachweis einer medizinischen Behandlung aufgrund einer Lungenerkrankung handeln würde.

1.4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des BF1 und der BF2 im Beisein ihres rechtsfreundlichen Vertreters sowie einer Dolmetscherin der mongolischen Sprache, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, wobei das Bundesamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der BF1 brachte hinsichtlich seiner Fluchtgründe dem Grunde nach im Wesentlichen wie bisher vor, dass er im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall eines Kollegen Verfolgung seitens der mongolischen Polizei befürchte. Dem BF1 wurde insbesondere die bereits oben unter Punkt I.1.2. wiedergegebene Beweiswürdigung des Bundesamtes hinsichtlich der massiven Abweichungen seiner Angaben vom August 2016 und Oktober 2017 vorgehalten. Der BF1 gab dazu im Wesentlichen an, dass er dies in seiner Aufregung verwechselt habe bzw. bereits viele Operation gehabt habe und aufgrund der Narkosen sehr vergesslich geworden sei. Darüber hinaus legte der BF1 die im Juni 2018 in Kopie nachgereichten zwei mongolischen Dokumente im Original vor, in welche in der Verhandlung unter Übersetzung Einsicht genommen wurde. Auf Nachfragen gab er dazu an, dass er die Dokumente im April oder Mai 2018 von seiner Mutter erhalten habe. Dabei handelte es sich um eine polizeiliche Ladung des BF1 vom 17.03.2014 für den 18.03.2014 an einer namentlich genannten Polizeistation in der mongolischen Hauptstadt. Der BF1 gab dazu an, dass er das Dokument damals gegen Unterschrift erhalten und seiner Frau gegeben habe, welche es seiner Mutter übergeben habe, damit sie es "gut aufhebe". Bei dem anderen Dokument handelte es sich um eine angeblich von einem Arzt unterfertigte Krankenhausaufenthaltsbestätigung für "2014, 2 Monate lang", wobei als Ausstellungsdatum der 03.04.2018 vermerkt ist. Das Dokument enthält eine Diagnose in russischer Sprache, kein Entlassungsdatum und auch der Name des Krankenhauses - trotz einer dafür vorgesehenen Zeile im Formularvordruck, die offenbar nicht ausgefüllt wurde -ist nicht vermerkt. Der BF1 gab dazu auf Nachfragen an, dass er nach seiner Haftentlassung von September bis November 2014 dort behandelt worden sei.

Weiters wurde u.a. für den BF1 ein ÖSD Zertifikat A2 vorgelegt. Der BF1 lebe von der Grundversorgung und arbeite seit März 2018 einmal in der Woche drei bis vier Stunden gemeinnützig in einem Pflegeheim. Er und seine Frau könnten bei Erhalt einer Aufenthalts- bzw. Beschäftigungsbewilligung jederzeit in einem China-Restaurant zu arbeiten beginnen. Zu aktuellen Krankheiten bzw. Therapien befragt, gab der BF1 an, dass in Zusammenhang mit Magenschmerzen vor einem Jahr bei ihm ein Helicobacter festgestellt und eine Zyste entfernt worden sei. Vor 3 bis 4 Monaten habe er wieder Schmerzen bekommen uns seien 2 bis 3 Zysten festgestellt worden, weshalb er am XXXX einen Termin beim Arzt zur Befundbesprechung habe. Der BF1 wurde aufgefordert, den Befund am XXXX dem Gericht zu übermitteln. Weiters gab der BF1 an, jeden dritten Monat zu Kontrollterminen zum Lungenfacharzt zu gehen. Nachgefragt bestätigte der BF1, Raucher zu sein, wobei er versuche, sich das Rauchen abzugewöhnen.

Die BF2 machte keine eigenen Fluchtgründe oder Probleme bei einer Rückkehr ins Herkunftsland geltend. Auch für die übrigen BF, die gesund seien, wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Die BF2 beziehe Grundversorgung, mache seit drei Jahren Reinigungstätigkeiten in ihrer XXXX XXXX lüchtlingsunterkunft und erfülle auch seit März 2018 freiwillige Hilfstätigkeiten in einem Pflegeheim. Sie besuche einen A2 Deutschkurs. Die älteste Tochter die BF3, habe die 3. Klasse Volksschule abgeschlossen, der BF4 die erste Klasse Volksschule.

Den BF wurden aktuelle Länderberichte zur Situation im Herkunftsland, darunter auch zur Behandelbarkeit von Hepatitis C zu Kenntnis gebracht.

1.5. In einer Stellungnahme der BF vom 13.07.2018 wurde darauf verwiesen, dass der BF1 in der Verhandlung unbedenkliche Urkunden vorgelegt habe, worin dokumentiert sei, dass er sich auf Grund einer Lungenerkrankung in der Mongolei in einem Krankenhaus befunden und auch ein entsprechendes Ladungsschreiben von der Polizei erhalten habe. Bei einer Rückkehr in die Mongolei müsste der BF1 befürchten, dass gegen ihn ein Strafverfahren geführt werde, das nicht den Grundsätzen des "fair trial" im Sinne des Art. 6 EMRK entsprechen würde. Dem BF1 werde angelastet, für den Tod eines Arbeitskollegen verantwortlich zu sein, da die entsprechenden Arbeitsvorschriften verletzt worden wären. Er sei auch in dem bekannten Gefängnis XXXX gewesen. Zudem werde auch auf die Angaben der BF2 verwiesen, wonach diese im Zug der Beschwerdeverhandlung angegeben habe, dass sie auch von den Familienmitgliedern des getöteten Arbeitskollegen verantwortlich gemacht werde, weshalb diesbezüglich auch nicht von der Hand zu weisen sei, dass eine Verfolgung von Seiten der Verwandten des getöteten Arbeitskollegen des BF1 erfolge und die mongolischen Behörden auch nicht in der Lage seien, etwaige Verfolgungen von Privatpersonen hintanzustellen. Fest stehe weiters, dass dem BF1 im Herkunftsland keine mit österreichischen Verhältnissen vergleichbare Behandlung ob seiner Lungenerkrankung zuteil werden könne. Im Übrigen wurde auf die zahlreichen bisher vorgelegten Dokumente, die die soziale Integration der BF dokumentieren, verwiesen. Ein Befund war der Stellungnahme nicht beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF sind Staatsangehörige der Mongolei, gehören der Volksgruppe der Khalkh an und sind bis auf die BF3, die Katholikin ist, konfessionslos. Sie sind bis auf die BF5, die 2017 im Bundesgebiet geboren wurde, im Juni 2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist und haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Ihre Identität steht fest.

Die Fluchtgründe des BF1, wonach ihm wegen eines Arbeitsunfalles eines Kollegen im Herkunftsland Strafverfolgung oder Verfolgung durch Angehörige des Unfallopfers drohe, haben sich als nicht glaubhaft erwiesen. Für die BF wurden darüber hinaus keine weiteren oder eigene Fluchtgründe geltend gemacht.

Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig. Der BF1 wurde in der Mongolei und in Österreich wegen diverser Krankheiten bzw. Gesundheitsbeschwerden behandelt ( XXXX ). Ein Nachweis für eine indizierte aktuelle Therapie wurde nicht erbracht. Die BF2 machte zuletzt keine konkreten gesundheitlichen Beschwerden geltend. Auch die übrigen BF sind gesund.

Sowohl der BF1 als auch die BF2 sind in der Mongolei zum Lebensunterhalt Erwerbstätigkeiten nachgegangen, wobei der BF1 neben der Grundschulbildung eine Berufsausbildung als Elektriker abgeschlossen hat, die BF2 nach dem Mittelschulabschluss einen Koch-, Bauarbeiter - und Nähkurs absolviert hat. In der Mongolei halten sich die Mutter, eine Schwester, ein Bruder sowie zahlreiche Onkel und Tanten des BF1 auf. Hinsichtlich der BF2 halten sich ihr Vater, zwei Schwestern, ein Bruder und Tanten mütterlicherseits im Herkunftsland auf.

In Österreich leben die BF von der Grundversorgung. Die BF2 geht geringfügigen Erwerbstätigkeiten als Reinigungskraft in ihrem Asylheim nach. Der BF1 und die BF2 sind seit 2018 gemeinnützig einmal in der Woche in einem Pflegeheim aktiv. Der BF1 konnte Deutschkenntnisse auf Niveau A2, die BF2 auf Niveau A1 nachweisen. Die BF verfügen über einen großen inländischen Freundes- und Bekanntenkreis. Die BF3 hat die dritte Klasse Volksschule abgeschlossen. Der B4 hat die erste Klasse Volksschule abgeschlossen.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt.

1.2. Zur Situation im Herkunftsland wird im Wesentlichen von den zutreffenden Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen, wobei diesbezüglich zwischenzeitlich keine entscheidungsrelevanten Änderungen eingetreten sind (vgl. Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, 22.02.2018,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425540.html; USDOS, US Departement

Of State: Country Report on Human Rights Practices 2017 - Mongolia, 20.04.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430186.html).

Die Länderfeststellungen lauten auszugsweise wie folgt:

1. Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ 2016).

Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, die Staatsgewalt herauszufordern. Abgesehen von den Unruhen im Zuge der Wahlen 2008, sowie lokalem Widerstand von Umweltaktivisten gegen Bergbautätigkeiten seit 2010, gab es keine bedeutenderen Gewaltanwendungen durch oppositionelle Kräfte. Es gibt jedoch ultra-nationalistische Kräfte, die gegen den Einfluss aus dem Ausland opponieren, und daher Fremde, insbesondere ethnische Chinesen attackieren (Bertelsmann 2016).

Die Binnenlage des dünn besiedelten Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 11.2016a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Mongolei, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Mongolei/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.12.2016

-

Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

-

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016

2. Rechtsschutz/Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht. Die Mongolei hat drei verschiedene Ebenen von Gerichten:

1. Soum, Intersoum und Bezirksgerichte: Gerichte erster Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von 10 Millionen Tugrik zuständig.

2. Aimag Gerichte: Die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über 10 Millionen Tugrik. Aimag Gerichte sind gleichzeitig Berufungsgerichte für die niederrangigen Gerichte.

3. Oberster Gerichtshof: Für alle anderen Verfahren zuständig und in der Hauptstadt angesiedelt (ÖB Peking 11.2016).

Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt (ÖB Peking 11.2016).

2013 trat unter anderem das Gesetz über den Opfer- und Zeugenschutz, das Gesetz über den Marshal-Service, das Gesetz über einen Rechtsbeistand für insolvente Beklagte und eine Änderung des Polizeigesetzes in Kraft (USDOS 25.6.2015). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch FH 2016). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes, was die Möglichkeiten der Justiz untergräbt, unabhängige Aufsicht über die anderen Regierungszweige auszuüben. (Bertelsmann 2016).

Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

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FH - Freedom House (2016): Freedom in the world 2016, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/mongolia, Zugriff 22.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Mongolia;

http://www.ecoi.net/local_link/306322/443597_de.html, Zugriff 16.11.2015

3. Sicherheitsbehörden

Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 11.2016). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA), der bis September 2015 elf Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet wurden, die zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 13.4.2016).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Die Miliz ist für die Ausstellung und Registrierung des Personalausweises sowie für die Speicherung der Ausweisdaten zuständig. Alle Staatsangehörigen der Mongolei müssen ab dem 16. Lebensjahr ständig einen Personalausweis bei sich führen. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Weiters ist die Miliz berechtigt, betrunkene Personen bis zu 24 Stunden in Kurzzeitarrest zu nehmen und auch Geldstrafen zu verhängen. Sie hat ferner alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatsicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 3.1.2017

4. Folter und unmenschliche Behandlung

Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 11.2016). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen, insbesondere bei Verhören durch Ordnungskräfte zum Erzwingen von Geständnissen, noch immer an der Tagesordnung (AI 24.2.2016; vgl. auch USDOS 13.4.2016). Er wird auch von Drohungen gegen Familienmitglieder zu ermitteln, sollten Geständnisse nicht erfolgen, berichtet (USDOS 13.4.2016). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur VN-Antifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016

5. Korruption

Korruption stellt ein großes Problem in der öffentlichen Verwaltung dar (BMZ 2016). Auch die Industrie, insbesondere der Bergbau ist davon betroffen (ÖB Peking 11.2016). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2015 auf Platz 72 von 168 analysierten Ländern (TI 2016). 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz (Anti-Corruption Law, ACL) erlassen, das aber nicht effektiv umgesetzt wird (USDOS 5.7.2016). In der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert (BMZ 2016). Es wurde daher 2007 die unabhängige Behörde gegen Korruption (Independent Authority Against Corruption, IAAC) gegründet. Diese hat einige hochrangige Personen wegen Veruntreuung und Korruption angeklagt (BMZ 2016). Mitglieder des Parlaments sind aber während ihrer Amtszeit immun gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (USDOS 5.7.2016). 2012 hat sich der mongolische Kampf gegen Korruption intensiviert, als ein Gesetzt erlassen wurde, das von jedem Mitglied des Parlaments verlangt jährlich das Einkommen darzulegen. (Bertelsmann 2016). Korruptionsfälle werden noch nicht konsequent genug strafrechtlich verfolgt (BMZ 2016).

Es gibt Bedenken, dass Elemente der Justiz und der IAAC vom Präsidenten und anderen Amtsträgern der Demokratischen Partei für politische Zwecke gebraucht wurden. So wurden hauptsächlich Mitglieder der MVP angeklagt (Bertelsmann 2016). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben. Es besteht derzeit kein besonderer Schutz für Whistle-Blower, eine gesetzliche Schutzvorschrift lag Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016

-

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 5.1.2017

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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/332456/473881_de.html, Zugriff 22.12.2016

6. Ombudsmann

Es existiert keine Ombudsstelle zur Behandlung von Beschwerden von Häftlingen, jedoch erlaubt das Gesetz Gefangenen, Beschwerden unzensiert an das Justizpersonal weiterzuleiten, um Untersuchungen der Haftbedingungen zu beantragen. Die Staatsanwaltschaft und die NHRC kontrollierten die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten (USDOS 13.4.2016). Es gibt häufige Berichte, in denen die Rechte von Untersuchungshäftlingen beschnitten werden. Unter anderem gibt es Verstöße gegen das Recht auf Schutz vor Folter und anderen Formen der Misshandlung, das Recht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung und auf Besuch von Angehörigen und Rechtsanwälten. Es gibt Berichte davon, wie Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Verdächtige und auch deren Familienmitglieder mit Irreführung und Einschüchterungsversuchen vorgingen (AI 19.12.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 2.1.2017

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme sind Korruption und weit verbreitete häusliche Gewalt. Vage Gesetzeslage und ein Mangel an Transparenz in der Legislative, der Exekutive und in Judikativen Prozessen untergräbt die Effizienz der Regierung, das Vertrauen der Öffentlichkeit und fördert Korruption. Weitere beobachtete Menschrechtsprobleme umfassen Misshandlung von Häftlingen durch die Polizei, schlechte Bedingungen in Untersuchungsgefängnissen, willkürliche Festnahmen, Medienbeeinflussung durch die Regierung, religiöse Diskriminierung, Ausgangssperren, Menschenhandel, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersex (LGBTI) Personen (USDOS 13.4.2016).

Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um 2 Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 11.2016).

Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 11.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (2016): Amnesty Report 2016 Mongolei, http://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/mongolei?destination=node%2F2982, Zugriff 11.1.2017

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 2.1.2017

8. Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleich behandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung. Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedene Frauen stehen laut Familiengesetz Alimente zu. Die Mongolei liegt in der Erreichung der Gender-spezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht. Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, ist laut Berichten von NGOs im Zunehmen begriffen. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 11.2016).

Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet - nach dem Gender Development Index (GDI) 2015 kommen Frauen bei den Bildungsindikatoren auf die besseren Werte. So Frauen durchschnittlich 15,3 Jahre, Männer 13,9 Jahre lang eine Ausbildung erhalten. Frauen nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist. Auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 12.2016).

Häusliche Gewalt stellt weiterhin ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar. Dem National Center Against Violence (NCAV), einer lokalen NGO, die Kampagnen gegen häusliche Gewalt betreibt und über 1000 Opfern Schutz gewährt, wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres 2015 660 Fälle gemeldet. (USDOS 13.4.2016).

Gemäß § 13.4. des Gesetzes gegen häusliche Gewalt aus dem Jahr 2004, ist im Fall eines Übergriffes die Polizeidienststelle des Wohnortes von Opfer oder Täter, des Orts an dem der Übergriff stattgefunden hat, oder des Sitzes einer das Opfer medizinisch oder sonstig versorgenden Organisation, wenn das Opfer dort auch untergebracht ist, zu kontaktieren. Gemäß § 13.1. ist medizinisches Personal das in der Ausübung der beruflichen Tätigkeit Spuren häuslicher Gewalt oder Hinweise auf zukünftige häusliche Gewalt feststellt, verpflichtet die Polizei oder falls dies nicht möglich ist, die zuständige örtliche Verwaltung zu verständigen (ÖB Peking 29.11.2016). Die Tatsache, dass häusliche Gewalt nicht anonym angezeigt werden kann, könnte Personen abschrecken diese zu melden (USDOS 13.4.2016).

Artikel 113 verbietet jegliche Form von Menschenhandel. Er definiert Menschenhandel in Übereinstimmung mit internationalem Recht und schreibt Strafen von bis zu 15 Jahren Haft vor. Öfter angewandt wird

Artikel 124 für das Einführen oder die Organisation von Prostitution. Das Strafmaß liegt hier bei bis zu fünf Jahren (USDOS 30.6.2016).

NGOs berichten, dass eine beträchtliche Anzahl von Personen aus ländlichen und wirtschaftlich schwachen Regionen in Ulan Bator und in Grenzgebieten sexuell ausgebeutet werden (USDOS 30.6.2016; vgl. auch FH 2016).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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