TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/30 W162 2189595-1

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Veröffentlicht am 30.07.2018
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Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W162 2189595-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 12.01.2018, betreffend Einziehung des Behindertenpasses, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien (in der Folge: belangte Behörde) wurde der am 17.05.2002 ausgestellte Behindertenpass des Beschwerdeführers gem. §§ 40, 43 und 45 BBG eingezogen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer derzeit weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 19.02.2018 Beschwerde erhoben. Darin wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bis Frühjahr 2019 in Ungarn wohnen werde, bis seine Tochter schulpflichtig sei. Er ersuchte um Verständnis.

3. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten dem Bundesverwaltungsgericht am 19.03.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Mit Bescheid vom 12.01.2018 wurde der Behindertenpass des Beschwerdeführers eingezogen. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen über den Bescheid, mit dem der Behindertenpass des Beschwerdeführers eingezogen wurde, basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat, ergibt sich aus dem im Akt befindlichen, zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 30.07.2018, wonach der Beschwerdeführer zuletzt von 19.06.2017 bis 02.10.2017 einen Wohnsitz in Österreich hatte und nach Ungarn verzogen ist, sowie aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Zuge seiner Beschwerde, in der er selbst anführte, dass er bis Frühjahr 2019 in Ungarn wohnen werde, bis seine Tochter schulpflichtig sei. Der im angefochtenen Bescheid als entscheidungswesentlich erkannte Umstand des Nichtvorliegens eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland blieb auch in der Beschwerde unbestritten. Der Beschwerdeführer ersuchte lediglich um Verständnis.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Nach Art. 130 Abs. 4 B-VG hat das Verwaltungsgericht in Rechtssachen nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer Verwaltungsstrafsachen) dann in der Sache zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht, oder wenn (2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Im vorliegenden Fall steht der für das Beschwerdeverfahren relevante Sachverhalt fest.

3.2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen.

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Somit konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung somit unterbleiben.

Zu A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

§ 40 Abs. 2 BBG lautet: "Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. Gemäß Absatz 2 ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 45 Abs. 1 BBG gemäß unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG ist der Behindertenpass bei Wegfall der Voraussetzungen einzuziehen.

Laut Absatz 2 des § 45 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen. Eine der Tatbestandsvoraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem BBG ist daher der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des behinderten Menschen im Inland. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Beschwerdeführer aber keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Insoweit sich aus dem Inhalt der Beschwerde die Fragestellung ableiten lassen sollte, ob die im Gemeinschaftsrecht verankerte Freizügigkeit bzw. die Unionsbürgerschaft dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Ausstellung eines Behindertenpasses behinderten Menschen vorbehält, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem betroffenen Mitgliedstaat haben, ist zunächst anzumerken, dass im gegenständlichen Fall schon deshalb keine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit vorliegt, weil der Beschwerdeführer ja die österreichische Staatbürgerschaft besitzt.

Darüber hinaus ist aber auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 1. Oktober 2009, Rechtssache C-103/08, Arthur Gottwald gegen Bezirkshauptmannschaft Bregenz (Ersuchen um Vorabentscheidung: Freizügigkeit - Unionsbürgerschaft - Art. 12 EG - Zurverfügungstellung einer kostenlosen Jahresstraßenvignette an Behinderte - Vorschriften, die die Zurverfügungstellung einer solchen Vignette auf Behinderte beschränken, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben) hinzuweisen.

Diesem Urteil des EuGH lag die Sachverhaltskonstellation eines querschnittsgelähmten deutschen Staatsangehörigen, dem in Deutschland ein Behindertenausweis ausgestellt worden war, zu Grunde, der sein Fahrzeug auf dem mautpflichtigen österreichischen Autobahnnetz lenkte, um an seinen Urlaubsort in Österreich zu gelangen. Bei einer Straßenkontrolle wurde festgestellt, dass er nicht vorher die zeitabhängige Maut durch den Kauf einer an seinem Fahrzeug anzubringenden Vignette entrichtet hatte. Er wurde deshalb in Österreich mit einer Geldstrafe belegt. Im nationalen Berufungsverfahren machte der Beschwerdeführer u. a. geltend, weil er vollständig querschnittsgelähmt sei und ihm deshalb in Deutschland ein Behindertenausweis ausgestellt worden sei, habe er in Österreich nach § 13 Abs. 2 des österreichischen Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002), der an den Besitz eines österreichischen Behindertenpasses gemäß § 40 Bundesbehindertengesetz - und damit an Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich - anknüpft, in dem eine dauernde starke Gehbehinderung, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder die Blindheit eingetragen sind, gleichermaßen wie die behinderten Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hätten, einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer kostenlosen Autobahnvignette.

Der EuGH gelangte zu dem Ergebnis, dass Art. 12 EG (nunmehr inhaltlich Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union: "Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten") dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die kostenlose Zurverfügungstellung einer Jahresvignette für Straßen Behinderten vorbehält, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem betroffenen Mitgliedstaat haben, und dabei diejenigen einschließt, die sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen regelmäßig in diesen Staat begeben. Sowohl die Förderung der Mobilität und der Integration von Behinderten als auch der Wille, das Bestehen einer gewissen Verbindung zwischen der Gesellschaft des betroffenen Mitgliedstaats und dem Empfänger der in Rede stehenden Leistung sicherzustellen, vermögen nämlich objektive Erwägungen des Allgemeininteresses darzustellen, die es rechtfertigen können, dass die Freizügigkeit der Unionsbürger möglicherweise durch die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung berührt wird. In Bezug auf die genannte Maßnahme, die Behinderten regelmäßige Fahrten im Inland erleichtern soll, um sie in die inländische Gesellschaft zu integrieren, erscheinen der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt deshalb als geeignete Kriterien für den Nachweis, dass eine Verbindung dieser Personen mit der Gesellschaft des betroffenen Mitgliedstaats besteht, aufgrund deren sie u. a. von anderen Kategorien von Nutzern unterschieden werden können, die das Straßennetz dieses Mitgliedstaats nur punktuell und zeitweise benützen.

Wie sich aus der in § 1 BBG ausdrücklich formulierten Zielsetzung dieses Gesetzes ergibt, soll durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (in Österreich) gesichert werden. Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren.

Unter Zugrundelegung dieser Zielsetzung des nationalen österreichischen Gesetzgebers sowie weiters unter Zugrundelegung der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH kann der Umstand, dass § 40 Abs. 1 BBG die Ausstellung eines österreichischen Behindertenpasses jenen Behinderten vorbehält, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) haben, nicht als unverhältnismäßig erkannt werden, weil es die Rechtsprechung des EuGH für zulässig erachtet, nationale Regelungen zu treffen, die an Kriterien einer Verbundenheit mit dem Staat, der eine Leistung erbringt, anknüpfen und für den Nachweis eines gewissen Integrationsgrades verlangt werden kann, dass der Empfänger einer Leistung in dem Staat wohnt oder sich dort aufhält.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen und der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde den Behindertenpass unverzüglich vorzulegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Voraussetzungen, Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2189595.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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