TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 W238 2186535-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2186535-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 20.12.2017, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer verfügt seit 06.12.2001 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. Am 23.10.2017 beantragte er unter Vorlage medizinischer Beweismittel die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

2. In dem daraufhin seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), eingeholten Sachverständigengutachten vom 20.12.2017 wurde nach Erstellung eines Untersuchungsbefundes und einer Diagnoseliste seitens der befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgehalten, dass keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule vorliegen würden, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. An den Hüftgelenken und Kniegelenken seien keine relevanten Funktionsbehinderungen gegeben. Belastungsabhängige - die Steh- und Gehleistung mäßig einschränkende - Probleme der Wirbelsäule stünden im Vordergrund. Die Gesamtmobilität sei jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter zurückzulegen und Niveauunterschiede zu überwinden. Das sichere Aus- und Einsteigen sei ebenso möglich. Eine Gangunsicherheit oder maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung habe nicht festgestellt werden können. An den oberen Extremitäten seien keine höhergradigen Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen möglich sei. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liege nicht vor. Insgesamt sei daher unter Berücksichtigung der objektivierbaren Funktionsdefizite eine erhebliche Erschwernis der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar.

3.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.12.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das medizinische Sachverständigengutachten vom 20.12.2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Gutachten vom 20.12.2017.

3.2. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid der belangten Behörde vom 21.12.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2191482-1 protokolliert (vgl. dazu auch Pkt. II.3.7.).

4. Gegen den Bescheid vom 20.12.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Leiden - deutliche Kompression C5/6 rechts mehr als links, Blockwirbel C6/7, Schulterschädigung beidseits und Rhizarthrose links - keinesfalls möglich und zumutbar sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Aufgrund der bestehenden Wirbelsäulenschädigung würden beim Beschwerdeführer vor allem Probleme rechts bestehen. Wegen massiver Schmerzen sei die Gehstrecke beim Beschwerdeführer auf maximal 100 Meter eingeschränkt; anschließend sei eine Pause erforderlich. Stiegen steigen sei dem Beschwerdeführer unmöglich. Aufgrund der erheblichen Einschränkung seiner Gehfähigkeit und der daraus folgenden massiven Schmerzen sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich, ein öffentliches Verkehrsmittel zu erreichen oder in dieses ein- und auszusteigen. Bei Betrachtung des Gangbildes des Beschwerdeführers seien die gutachterlichen Ausführungen keinesfalls dazu geeignet, den Anforderungen an ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu genügen. Der Beschwerde wurden Befunde beigelegt.

Abschließend wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Bereichen Neurologie und Orthopädie sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Vornahme der begehrten Zusatzeintragung, in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde beantragt.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 20.02.2018 vorgelegt.

6. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch einen Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Sachverständigengutachten vom 29.05.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: gut

Größe: 171 cm

Gewicht: 70kg

Blutdruck: 110/60

Klinischer Status - Fachstatus:

Hörvermögen: beeinträchtigt; Hörgerät bds.

Sehvermögen: beeinträchtigt; Gleitsichtbrille

Zehenballen- und Fersenstand: beidseits angedeutet durchführbar;

Einbeinstand: beidseits angedeutet durchführbar;

Finger-Boden-Abstand: Kniehöhe

A) CAPUT/COLLUM: unauffällig;

THORAX: unauffällig;

Atemexkursion: 3,5cm

ABDOMEN: kein Druckschmerz, klinisch unauffällig;

B) WIRBELSÄULE:

Im Lot; Schulter- und Beckengeradstand;

Druckschmerz: nein; Klopfschmerz: nein; Stauchungsschmerz: nein;

Halswirbelsäule: in allen Ebenen ein Drittel eingeschränkt, Kinn-Jugulum-Abstand 2,0cm, Myogelosen und Hartspan des Trapezius beidseits, re Seite bis ventral 4cm lange, blande Narbe;

Brustwirbelsäule: Ott 30/32cm, Rippenbuckel: nein

Lendenwirbelsäule: Schober 10/13cm, Seitneigung ein Drittel eingeschränkt, Lendenwulst nein, Insuffizienz der Rückenmuskulatur, 9cm lange, blande Narbe von S1 nach proximal;

C) OBERE EXTREMITÄTEN:

Beidhänder

Nacken- und Kreuzgriff rechts nicht eingeschränkt, links endlagig eingeschränkt; muskuläre Verhältnisse schlaff;

Durchblutung unauffällig;

Faustschluss, Grob- und Spitzgriff beidseits unauffällig;

Schulter: rechts links normal

Tabelle kann nicht abgebildet werden.

Fingergelenke: Beugekontraktur PIP dig V bds., sonst beidseits frei und schmerzfrei beweglich;

NEUROLOGIE obere Extremitäten:

Kraftgrad: 4-5

Sehnenreflexe: beidseits untermittellebhaft;

Sensibilität: li ungestört, re diskrete Hypästhesie dig I-III

Tinnel-Hoffmann-Zeichen: beidseits negativ;

D) UNTERE EXTREMITÄTEN:

Varusstellung: 5 Grad

Tabelle kann nicht abgebildet werden.

Malleolenabstand: 1 QF

Zehengelenke:

Beweglichkeit: kleine Gelenke beidseits endlagig eingeschränkt, schmerzfrei; Fußsohlenbeschwielung: normal

DURCHBLUTUNG: Makro-und Mikrozirkulation bds. herabgesetzt

NEUROLOGIE untere Extremitäten:

Lasegue: negativ; Bragard: negativ;

Kraftgrad: 4-5

Sehnenreflexe: seitengleich untermittellebhaft auslösbar;

Sensibilität: diskrete Hypästhesie bds.

BEINLÄNGE:

seitengleich;

GESAMTMOBILITÄT - GANGBILD:

Hilfsmittel: keines

Schuhwerk: Stiefel

Anhalten: erforderlich beim Aufstehen

An-und Auskleiden im Stehen: ohne Hilfe durchführbar

Transfer zur Untersuchungsliege/Wendebewegungen: selbständig

Hocke: beidseits angedeutet durchführbar

Gangbild: im Untersuchungsraum symmetrisch, kleinschrittig, aber raumgreifend; bei Beobachtung außerhalb des Untersuchungsraumes geht der BF normalen Schrittes, 5 Stufen werden im Abwechslungsschritt ohne Anhalten bewältigt;

Schrittlänge: 1 SL

STATUS PSYCHICUS:

zeitlich und örtlich orientiert; kommunikativ; kooperativ kein Hinweis auf relevante psychische Störung

ZUSAMMENFASSUNG RELEVANTER BEFUNDE (INKL. DATUMSANGABE):

Vom BF zur Untersuchung mitgebrachte Befunde:

2018/01: Befund Neurochirurgie Rudolfstiftung: BS-Exstirpation C5/6 20.12.2017, Osteophytenabtragung und ABF (Anterior Body Fusion) bei Osteochondrose, postop. komplikationslos;

ERGEBNIS DER DURCHGEFÜHRTEN BEGUTACHTUNG UND BEANTWORTUNG DER

FRAGEN:

1) Diagnoseliste:

-

allergisches Asthma bronchiale

-

degenerative Veränderungen Wirbelsäule

-

Zustand nach Diskusextraktion L5/S1

-

Zustand nach Diskusextraktion C5/6 und ABF (Anterior Body Fusion)

-

Abnützung beide Schultergelenke

-

Zustand nach Rhizarthroseoperation links

-

nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II

2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Außer den anerkannten, auch die Schmerzzustände berücksichtigenden Funktionseinschränkungen liegen aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine erheblichen behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten vor.

Eine erhebliche Beinverkürzung liegt nicht vor.

Eine Therapierefraktion ist nicht gegeben, da durch intensive konservative Maßnahmen (Infiltrationen, Infusionen, physikalische Behandlungen, Rehabilitationsmaßnahmen) eine Beschwerdebesserung erreicht werden kann.

3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegen seitens des Stütz-und Bewegungsapparates keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor.

5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.

7) Stellungnahme zu den im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen:

2017/10: Befund Dr. XXXX , FA Neurochir.: Dg: cervikale Kompression C5/6, OP empfohlen;

Dieser Befund ist durch die Operation 2017/12 bereits überholt.

2017/12: Ambulanzkarte Neuroch. Rudolfstiftung: schmerzfrei, Klammerentfernung; Dieser Befund beschreibt die Situation nach der Bandscheibenoperation der Halswirbelsäule, die Klammerentfernung konnte bei blanden Wundverhältnissen erfolgen.

8) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen:

Die Beschwerde wurde am 17.01.2018 verfasst und bezieht sich auf das Gutachten von DDr. XXXX vom 15.12.2017. Zwischenzeitlich wurde im Halswirbelsäulenbereich eine Operation C5/6 mit Bandscheibenextraktion und Versteifung in diesem Segment durchgeführt. Die in der davor verfassten Beschwerde angeführten Probleme können bei der jetzigen Untersuchung nicht mehr nachvollzogen werden.

Nach eigenen Angaben kann der Beschwerdeführer jetzt 200-300 Meter gehen, erst dann muss eine Pause eingelegt werden. Die Bewältigung von Stufen ist möglich, angegeben wird nur ein Stockwerk, der BF lebt aber in einer Wohnung im zweiten Stock ohne Lift, es ist daher anzunehmen, dass auch zwei Stockwerke zu bewältigen und zumutbar sind.

Die Situation des Gangbildes zeigt sich im Untersuchungsraum symmetrisch, kleinschrittig, aber raumgreifend. Bei Beobachtung außerhalb des Untersuchungsraumes geht der BF normalen Schrittes, 5 Stufen eines Absatzes werden im Abwechslungsschritt ohne Anhalten bewältigt.

Es ist in Zusammenschau der Anamnese und des Untersuchungsbefundes davon auszugehen, dass auch unter Bedachtnahme auf allfällige Schmerzzustände eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Metern bewältigt werden kann und zuzumuten ist.

9) Stellungnahme zu den im Beschwerdeverfahren neu vorgelegten Befunden:

2018/01: Befund Neurochirurgie Rudolfstiftung: BS-Exstirpation C5/6 20.12.2017, Osteophytenabtragung und ABF (Anterior Body Fusion) bei Osteochondrose, postop. komplikationslos;

Dieser Befund beschreibt die an der Halswirbelsäule durchgeführte Operation mit postoperativ komplikationslosem Verlauf.

2018/01: Bestätigung Dr. XXXX , Allgemeinmedizin: durchgehende Gehstrecke von unter 100m;

Diese Bestätigung enthält nur einen Satz; es fehlen Untersuchungsergebnisse, Befunde und Begründungen für die in diesem Satz angeführte Behauptung.

10) Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung finden sich an beiden oberen Extremitäten keine behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, wodurch ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel auch während der Fahrt gegeben ist.

Da an beiden unteren Extremitäten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen vorliegen, ist trotz den geringgradigen degenerativen Veränderungen und Beschwerden seitens der Lendenwirbelsäule nach der Bandscheibenoperation eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar und auch im Hinblick auf allfällige Schmerzzustände zumutbar.

Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels auch während der Fahrt sind wegen des ausreichenden Bewegungsumfanges aller großen Gelenke der unteren Extremitäten, wenn erforderlich im Nachstellschritt, durchführbar und zuzumuten.

Aus den angeführten Gründen und der ausreichend erhaltenen selbständigen Stand- und Gangsicherheit und Orientierungsmöglichkeit ist daher aus fachärztlich-orthopädischer Sicht seitens des Stütz-und Bewegungsapparates eine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht objektivierbar.

11) Stellungnahme zu einer anfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 20.12.2017 abweichenden Beurteilung:

Gegenüber dem bisherigen Ergebnis im angefochtenen Gutachten vom 20.12.2017 gibt es keine abweichende Beurteilung.

12) Feststellung, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht besteht ein Dauerzustand, eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.06.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, sofern nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügt seit 06.12.2001 über einen Behindertenpass.

Am 23.10.2017 brachte er einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ein, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Allergisches Asthma bronchiale;

2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule;

3) Zustand nach Diskusextraktion L5/S1;

4) Zustand nach Diskusextraktion C5/6 und ABF (Anterior Body Fusion);

5) Abnützung beider Schultergelenke;

6) Zustand nach Rhizarthroseoperation links;

7) Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 29.05.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Beim Beschwerdeführer bestehen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Es liegen zwar nach einer Bandscheibenoperation geringgradige degenerative Veränderungen und Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule vor. Dennoch ist der Beschwerdeführer in der Lage, eine ausreichende Gehstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Aufgrund des ausreichenden Bewegungsumfanges aller großen Gelenke der unteren Extremitäten sind dem Beschwerdeführer auch das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels während der Fahrt möglich.

An den beiden oberen Extremitäten bestehen keine funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, sodass ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel auch während der Fahrt gewährleistet sind. Haltegriffe und Aufstiegshilfen können erreicht und benutzt werden.

Die Gesamtmobilität des Beschwerdeführers ist ausreichend. Eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden. Vielmehr stellt sich das Gangbild des Beschwerdeführers als symmetrisch, kleinschrittig, aber raumgreifend dar. Es bestehen ausreichende Stand- und Gangsicherheit sowie Orientierungsmöglichkeit. Mit Blick auf den Stütz- und Bewegungsapparat liegt keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor. Der sichere und gefährdungsfreie Transport in (fahrenden) öffentlichen Verkehrsmitteln ist gewährleistet.

Auch bestehen keine Hinweise auf das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten. Ebenso wenig liegen eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit und eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Behindertenpass sowie zu Zeitpunkt der Einbringung und Wertung des Antrags ergeben sich aus dem Akteninhalt (vgl. auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.).

2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf das im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 29.05.2018.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die vom Beschwerdeführer im Zuge des Verfahrens vorgelegten bzw. nachgereichten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt wurde.

Im Gutachten des Sachverständigen wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände detailliert und nachvollziehbar dargelegt, warum dem Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Anhand der Art und Schwere der festgestellten Gesundheitsschädigungen konnten dem Gutachten zufolge weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten oder der Wirbelsäule, der körperlichen Belastbarkeit, der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems objektiviert werden. Bei seinen Einschätzungen konnte sich der Sachverständige auf den von ihm erhobenen klinischen Untersuchungsbefund einschließlich des festgestellten Gangbildes sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel stützen.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde waren ebenfalls nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese vom befassten Sachverständigen in seinem Gutachten gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso ausführlichen wie schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Diesbezüglich wurde insbesondere ausgeführt, dass seit der letzten Begutachtung eine Operation im Halswirbelsäulenbereich C5/6 mit Bandscheibenextraktion und Versteifung in diesem Segment durchgeführt wurde. Die in der Beschwerde angeführten Probleme konnten bei der aktuellen Untersuchung nicht nachvollzogen werden. Weiters betonte der Sachverständige, dass der Beschwerdeführer selbst nach eigenen Angaben 200 bis 300 Meter gehen könne. Die Bewältigung von Stufen ist möglich, zumal der Beschwerdeführer in einer Wohnung im zweiten Stock ohne Lift lebt. Das Gangbild war im Untersuchungsraum symmetrisch, kleinschrittig und raumgreifend. Bei Beobachtung außerhalb des Untersuchungsraumes ging der Beschwerdeführer sogar normalen Schrittes; fünf Stufen wurden im Abwechslungsschritt ohne Anhalten bewältigt.

Im Ergebnis gelangte der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht gegeben ist, zumal das Ausmaß bzw. die Auswirkungen der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände im Rahmen der klinischen Untersuchung und anhand der Befundlage in der vom Beschwerdeführer subjektiv empfundenen Form nicht objektiviert werden konnten.

Die bestehenden Funktionseinschränkungen erreichen - wie dargelegt - kein entsprechend schweres Ausmaß, um die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass zu rechtfertigen.

Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffenen Einschätzungen des Sachverständigen zu entkräften, ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Er hat sich zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 29.05.2018 im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr geäußert.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2. Zur Wertung des Anbringens vom 23.10.2017

Im vorliegenden Fall wurde die Eingabe des Beschwerdeführers vom 23.10.2017 auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Dazu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).

Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).

Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer am 23.10.2017 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht.

Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel des Beschwerdeführers günstigen Weise ausgelegt.

Der Beschwerdeführer ist der Wertung seines Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen des Beschwerdeführers vom 23.10.2017 auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1). Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

3.4.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

..."

3.4.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-

selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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