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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des AT, (geboren am 22. Jänner 1955), in Wien, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Richard Soyer und Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Juli 1999, Zl. SD 129/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Juli 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei, seinen Angaben zufolge, am 28. März 1992 mit einem Pkw über die Grenzkontrollstelle Spielfeld nach Österreich eingereist und halte sich seither ständig im Bundesgebiet auf. Gemeinsam mit seinem Bruder R. habe er im Jahr 1994 die T.-Gastwirtbetriebs-GesmbH (im Folgenden: T.-GmbH) mit dem Sitz in Wien gegründet. Mehrere Anträge des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung seien rechtskräftig abgewiesen worden. Ihm wäre im März 1997 lediglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zugestanden worden. Ab September 1997 (bis Juli 1998) habe er sich nicht mehr um ein solches vorübergehendes Aufenthaltsrecht (als Angehöriger einer Minderheit in Bosnien) bemüht und auch nach August 1998 keine Aufenthaltsberechtigung erlangt.
Erstmals im Juni 1994 sei er wegen illegaler Beschäftigung eines Fremden gemäß § 28 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zur Anzeige gebracht und diesbezüglich vom Magistrat der Stadt Wien rechtskräftig bestraft worden. Ein zweites Mal sei er vom Magistrat der Stadt Wien wegen illegaler Beschäftigung eines ausländischen Staatsangehörigen mit Bescheid vom 22. Dezember 1997 und ein drittes Mal wegen Übertretung des AuslBG mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 jeweils rechtskräftig bestraft worden, wobei mit dem letztgenannten Bescheid über ihn eine Geldstrafe von S 40.000,-- verhängt worden sei. (Einer gegen die Höhe der verhängten Strafe erhobenen Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Bescheid vom 5.2.1999 keine Folge gegeben.) Dazu komme noch, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1995 bis 1998 dreimal wegen Übertretung des § 367 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 rechtskräftig bestraft worden sei. Drei weitere rechtskräftige Bestrafungen wegen Nichteinhaltens der Bestimmungen über die Sperr- und Aufsperrstunde seien in der Zeit von 1994 bis 1996 erfolgt. Mit Bescheid vom 11. November 1997 sei er außerdem noch wegen Übertretung des Bazillenausscheidergesetzes und mit Bescheid vom 8. Mai 1995 wegen Übertretung des Wiener Veranstaltungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden. Zudem sei er nicht nur zweimal, und zwar im Jahr 1994 und im Jahr 1998, wegen Übertretung des Meldegesetzes, sondern auch im Jahr 1997 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtskräftig bestraft worden. Darüber hinaus sei er am 20. Juni 1997 vom Bezirksgericht Fünfhaus wegen des Vergehens der (vorsätzlichen) Körperverletzung und am 8. Jänner 1998 vom Strafbezirksgericht Wien wegen des Vergehens der Urkundenfälschung jeweils zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden.
Aufgrund der vorliegenden rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des AuslBG und des Meldegesetzes könne sohin kein Zweifel bestehen, dass der in § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG normierte Sachverhalt verwirklicht sei. Das dargestellte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung in erheblichem Ausmaß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grunde des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.
Dazu führe der Beschwerdeführer aus, dass er sich seit fast sechs Jahren gemeinsam mit seinem Bruder im Bundesgebiet aufhalte und mit diesem die T.-GmbH betreibe. Es sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er nicht willens oder imstande sei, die für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beachten. Zunächst komme den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer habe aber auch durch seinen mehrmaligen Verstoß gegen das AuslBG in erheblichem Ausmaß gegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes verstoßen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen als dringend geboten und zulässig im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des Aufenthalts ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Dieser Aufenthalt habe sich aber nur auf ein vorübergehendes Recht im Sinn des § 12 AufG gegründet, das nicht zur Niederlassung berechtigt habe und ihm seit ca. zwei Jahren nicht mehr zukomme. Aktenkundig sei auch, dass die von ihm betriebene Gesellschaft Verluste aufweise und er vor dem Amt der Wiener Landesregierung angegeben habe, gemeinsam mit seinem Bruder Einnahmen aus illegalem Taxifahren und Musikertätigkeit zur Abdeckung der Gesamtverluste der Gesellschaft in der Höhe von fast S 600.000,-- verwendet zu haben. Darüber hinaus verfügte er über keine weiteren privaten Mittel mehr. Aus der Absicht, die Funktion als Geschäftsführer der T.-GmbH zurückzulegen, könne der Beschwerdeführer daher nichts Entscheidendes gewinnen. Angesichts dieser Interessenlagen wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als die nachteiligen Folgen von der Abstandnahme dieser Maßnahme.
Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG sei nicht gegeben gewesen.
Da sonst keine besonderen zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so könne in Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu den zahlreichen rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen der Begehung von Verwaltungsübertretungen, insbesondere wegen Übertretung des AuslBG und des Meldegesetzes sowie wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes. Im Hinblick darauf begegnet die von der Beschwerde unbekämpfte Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt habe, keinem Einwand.
Angesichts des hohen Stellenwertes, der der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt, und des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 1999, Zl. 99/18/0272, mwN) ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtete sowie überdies die Ansicht vertrat, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Diese Maßnahme erscheint umso mehr erforderlich, als der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - neben seinen in I.1. genannten zahlreichen rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung von Verwaltungsvorschriften am 20. Juni 1997 vom Bezirksgericht Fünfhaus wegen des Vergehens der Körperverletzung und am 8. Jänner 1998 vom Strafbezirksgericht Wien wegen des Vergehens der Urkundenfälschung jeweils zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Selbst wenn der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde behauptet - diese Straftaten in seiner Funktion als Geschäftsführer der T.-GmbH begangen haben und diese Funktion zurücklegen sollte, böte dies keine Gewähr für sein künftiges Wohlverhalten, hat er doch durch seine wiederholten, zum Teil gravierenden Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung klar zu erkennen gegeben, dass er offensichtlich nicht gewillt ist, die österreichischen Rechtsvorschriften zu respektieren.
2.1. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Lichte des § 37 Abs. 2 FrG ein, dass die allenfalls zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes keinesfalls schwerer wögen als die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Die belangte Behörde habe die wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet falsch bewertet, indem sie zum Ausdruck bringe, dass er durch unrechtmäßige Erwerbstätigkeit ein unerlaubtes Einkommen erziele. Auch sei für ihn die Rückkehr in seinen Heimatort in Bosnien, der mittlerweile von Kroaten bewohnt werde, völlig ausgeschlossen, und wäre er daher gezwungen, in einem anderen Land und somit in einer ihm völlig fremden Umgebung eine neue Existenz aufzubauen. Wenn ihm auch bisher (in Österreich) nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bis August 1997 zugekommen sei, müsse dennoch von seinem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden, der bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen in eine "dauerhafte Niederlassung" umgewandelt werden könnte. Das nunmehr erlassene Aufenthaltsverbot stehe jedoch der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung entgegen, sodass durch das Aufenthaltsverbot dem Beschwerdeführer seine wirtschaftliche Existenzgrundlage in Österreich entzogen werde.
2.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat dem einen hohen Stellenwert aufweisenden öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes und an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zutreffend kein geringeres Gewicht beigemessen als den gegenläufigen, aus der Dauer seines Aufenthaltes seit 28. März 1992, seinen persönlichen Bindungen zu seinem Bruder und seiner Berufstätigkeit im Bundesgebiet resultierenden, persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich. Diese persönlichen Interessen des Beschwerdeführers werden in ihrem Stellenwert dadurch verringert, dass er sich unbestrittenermaßen seit September 1997 ohne eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich aufhält. Darüber hinaus ist die Dauer seines Aufenthaltes bis August 1997 in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass dieser lediglich auf ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht (§ 12 AufG) gegründet war. Dem Beschwerdevorbringen, es sei für den Beschwerdeführer ausgeschlossen, in seinen Heimatort in Bosnien zurückzukehren, und er wäre daher gezwungen, in einem anderen Land und einer ihm völlig fremden Umgebung eine neue Existenz aufzubauen, ist zu erwidern, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Einschränkungen angesichts des besagten maßgeblichen öffentlichen Interesses von ihm in Kauf genommen werden müssen.
3. Auf dem Boden der vorstehenden Erwägungen kommt der in der Beschwerde bestrittenen Feststellung, dass er gemeinsam mit seinem Bruder Einnahmen aus illegalem Taxifahren und Musikertätigkeit zur Abdeckung der Gesamtverluste der T.-GmbH von fast S 600.000,-- verwendet habe, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, dass diese Feststellung aktenwidrig sei, dem Beschwerdeführer diesbezüglich Parteiengehör zu gewähren gewesen wäre und die belangte Behörde seine wirtschaftliche Situation seit 1996 hätte prüfen müssen, geht daher mangels Relevanz ins Leere.
4. Schließlich bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999180410.X00Im RIS seit
20.11.2000