Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft *****, vertreten durch Dr. Friedrich Nusterer, Mag. Markus Mayer, Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagten Parteien 1. Verlassenschaft nach dem am 21. Jänner 2016 verstorbenen G*****, 2. Verlassenschaft nach der am 3. März 2015 verstorbenen A*****, beide vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Hannes Huber, Rechtsanwalt in Melk, wegen 6.155,60 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2017, GZ 21 R 134/17i-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Melk vom 3. Mai 2017, GZ 4 C 509/16x-12, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, zu I. beschlossen und zu II. zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Revisionsbeantwortung der erstbeklagten Partei wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Nach dem Grundbuchstand sind G***** und A***** als Wohnungseigentumspartner Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung Top 10 und Pkw-Abstellplatz 1/10. A***** verstarb am 3. 3. 2015, sie hinterließ keine letztwillige Verfügung. Im Verlassenschaftsverfahren gab der einzige bekannte gesetzliche Erbe G***** als Ehegatte weder eine Erbantrittserklärung noch eine Erklärung darüber ab, ob er den Eigentumsanteil seiner verstorbenen Gattin übernimmt oder darauf verzichtet. Das Verlassenschaftsgericht setzte keine Frist im Sinn des § 14 Abs 1 Z 2 WEG 2002. Das Verlassenschaftsverfahren wurde bislang weder durch Einantwortung noch auf andere Weise beendet. G***** verstarb am 21. 1. 2016 ebenfalls ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Seine gesetzlichen Erben entschlugen sich des Erbrechts. Auch diese Verlassenschaft wurde bislang weder eingeantwortet noch auf andere Weise beendet. Für die Eigentumswohnung haften „Wohnungsvergütungsbeträge“ für den Zeitraum Jänner 2016 bis einschließlich März 2017 in Höhe von 6.155,60 EUR unberichtigt aus.
Die Klägerin begehrt – gestützt auf den Grundbuchstand, das grundbuchsrechtliche Publizitätsprinzip und die ihr bewilligte Klageanmerkung – von beiden Verlassenschaften die Zahlung dieser Wohnungsvergütungen zur ungeteilten Hand. Zu einem außerbücherlichen Eigentumserwerb des G***** bzw der Erstbeklagten im Sinn des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 sei es mangels Fristsetzung durch das Verlassenschaftsgericht bislang nicht gekommen. Es liege ein Schwebezustand vor. Dem überlebenden Partner stünden nur die Rechte eines Verwalters zu.
Die Beklagten wendeten dagegen ein, mit dem Todestag der A***** sei ihr Ehegatte außerbücherlicher Eigentümer ihres halben Mindestanteils geworden, es handle sich um eine Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes. Der Eigentumserwerb sei lediglich auflösend bedingt, ein Verzicht des überlebenden Ehegatten auf die Anwachsung sei aufgrund dessen mittlerweile eingetretenen Todes nicht mehr denkbar. Da die Beklagten eine einheitliche Streitpartei bildeten, sei auch das Klagebegehren gegen die Erstbeklagte abzuweisen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren – abgesehen von einem rechtskräftig abgewiesenen Zinsenmehrbegehren – gegenüber beiden Beklagten statt. Da § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002 die Rechte des überlebenden Partners am Anteil des Verstorbenen auf jene eines Verwalters beschränke, finde der Übergang des Eigentumsrechts nicht statt, solange die Möglichkeit eines Verzichts im Sinn des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 bestehe. Dies sei hier der Fall, der im Gesetz vorgesehene Schwebezustand dauere noch an, sodass sich der Eigentumsanteil der A***** noch in deren Nachlass befinde.
Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung der Beklagten dieses Urteil in Ansehung der Erstbeklagten, änderte es hingegen in Bezug auf die Zweitbeklagte im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Akkreszenz in das Eigentum des Überlebenden nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 erfolge unmittelbar, ohne dass es eines besonderen Erwerbungsakts bedürfe, sodass der Verbücherung nur deklarative Bedeutung zukomme und der Intabulationsgrundsatz durchbrochen sei. Dieser Eigentumsübergang sei auflösend bedingt, er könne gemäß § 14 Abs 1 Z 2 WEG 2002 durch einen Verzicht des überlebenden Partners oder eine von diesem gemeinsam mit den Erben unter Zustimmung der Pflichtteilsberechtigten abgeschlossenen Vereinbarung rückgängig gemacht werden. Durch einen derartigen Verzicht oder eine Vereinbarung werde der Schwebezustand beendet. Bei einer auflösenden Bedingung entstehe das Recht zunächst, ende jedoch mit Erfüllung der Bedingung, während es bei deren Ausfall bestehen bleibe. Abzustellen sei auf die Rechtslage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz. Zu diesem Zeitpunkt habe A***** bzw die Zweitbeklagte ihr Eigentum kraft außerbücherlichen unmittelbar aufgrund des Gesetzes eintretenden Eigentumsübergangs auf G***** verloren. Passiv legitimiert für die eingeklagten Wohnbeiträge sei daher ausschließlich die Erstbeklagte als bücherliche bzw außerbücherliche Miteigentümerin des Mindestanteils. Die Beschränkung der Rechte des überlebenden Partners am Anteil des Verstorbenen auf jene eines Verwalters im § 14 Abs 1 Z 4 WEG ändere nichts am Eigentumsübergang bzw Verlust der Passivlegitimation. Der Oberste Gerichtshof habe zwar zu 5 Ob 97/11t ausgesprochen, dass im Grundbuchsverfahren der unbedingte Rechtserwerb urkundlich nachzuweisen sei, wenn der überlebende Eigentumspartner – vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums – auch hinsichtlich der zweiten Hälfte des Mindestanteils die Rechte eines Eigentümers im Sinne des GBG ausüben wolle. Daraus sei für den Standpunkt der Klägerin aber nichts zu gewinnen, weil es hier nicht um eine grundbuchsrechtliche Rechtsausübung seitens der Erstbeklagten oder eine spezielle Problemstellung des Grundbuchsverfahrens gehe. Auch eine Berufung auf den materiell unrichtigen Grundbuchstand und die auf dessen Basis bewilligte Klageanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG 2002 scheide somit aus. Ob aufgrund des Ablebens des überlebenden Wohnungseigentumspartners ein Verzicht bzw eine Vereinbarung im Sinn des § 14 Abs 1 Z 2 WEG 2002 überhaupt noch in Betracht komme, bedürfe aufgrund der Rechtslage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz keiner weiteren Erörterung. Eine Haftung der Zweitbeklagten sei daher mangels Passivlegitimation zu verneinen, die Erstbeklagte verbleibe als alleinige Schuldnerin, wobei gemäß § 13 Abs 4 Satz 1 WEG 2002 die Partner der Eigentumspartnerschaft für alle Verbindlichkeiten nach dem gemeinsamen Wohnungseigentum zur ungeteilten Hand hafteten. Für eine Abweisung des Klagebegehrens auch gegenüber der Erstbeklagten bestehe kein Anlass.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, zur Auswirkung des auflösend bedingten Eigentumsübergangs durch Zuwachs nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG auf die Passivlegitimation der Partner einer Wohnungseigentumspartnerschaft fehle es an höchstgerichtlicher Judikatur. Auch zur Frage, ob allenfalls das weitere Ableben des ursprünglich überlebenden Partners während des Schwebezustands diesen ohnehin beende, sei keine höchstgerichtliche Entscheidung aufzufinden gewesen.
Mit ihrer ordentlichen Revision wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung des Klagebegehrens in Bezug auf die Zweitbeklagte mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass insoweit das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werden möge, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Beide beklagten Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Die Revisionsbeantwortung der Erstbeklagten ist zurückzuweisen.
1.1. Die Klägerin macht gegenüber beiden Beklagten als Wohnungseigentumspartnern zur ungeteilten Hand die vorgeschriebenen Beiträge für Wohnbauförderung, Heizung, Instandhaltung, Verwaltung und Betriebskosten geltend (siehe hiezu Beilage ./B). Für derartige Verbindlichkeiten haften nach § 13 Abs 4 Satz 1 WEG 2002 die Wohnungseigentumspartner zur ungeteilten Hand. Diese Bestimmung ergänzt § 32 Abs 1 Satz 1 WEG 2002, wonach die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen sind. Dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Solidarhaftung der Wohnungseigentumspartner für Aufwendungen im Sinn des § 32 Abs 1 Satz 1 WEG 2002 anordnete, lässt nur den Schluss zu, dass jedenfalls in Passivprozessen betreffend derartige Aufwendungen die Wohnungseigentumspartner – im Gegensatz zur aktiven Durchsetzung von Individualrechten, die sonst einem Wohnungseigentümer allein zusteht und die daher im Prozess ein gemeinsames Auftreten erfordert (vgl RIS-Justiz RS0035415) – nicht als einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO zu betrachten sind. Diese würde voraussetzen, dass ohne Zusammenwirken aller Mit- und Wohnungseigentümer die geschuldete Leistung nicht erbracht werden kann, sodass entgegen § 890 ABGB nicht von einer Solidar-, sondern einer Gesamthandschuld auszugehen wäre (RIS-Justiz RS0035468 [T4]). Dies ist hier nicht der Fall, auf die Behauptung einer einheitlichen Streitpartei auf Passivseite kommt im Revisionsverfahren im Übrigen niemand zurück.
1.2. Das in Ansehung der Erstbeklagten stattgebende Urteil des Berufungsgerichts, gegen das diese keine Revision erhoben hat, konnte daher insoweit in Teilrechtskraft erwachsen. Das Verfahren gegen die Erstbeklagte ist somit rechtskräftig beendet, die – auch – namens der Erstbeklagten erhobene Revisionsbeantwortung war somit als unzulässig zurückzuweisen.
2. In ihrer Revision vertritt die Klägerin die Auffassung, die Akkreszenz nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 trete erst dann ein, wenn die Frist zur Abgabe der Verzichtserklärung abgelaufen sei bzw keine sonstige Vereinbarung im Sinn dieser Gesetzesstelle getroffen werde. Der Eigentumsübergang sei nicht auflösend, sondern aufschiebend bedingt. Aus § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002, der den überlebenden Partner auf die Position eines Verwalters gemäß § 837 ABGB an den Anteilen des Verstorbenen beschränke, ergebe sich, dass das Eigentum nicht schon im Zeitpunkt des Todes des anderen Wohnungseigentumspartners übergehe.
Hiezu wurde erwogen:
2.1. Der erkennende Senat erachtet die Entscheidung des Berufungsgerichts für zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).
2.2. Liegt – wie hier – keine abweichende Vereinbarung vor, geht gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 der Anteil eines Wohnungseigentumspartners nach dessen Tod unmittelbar unter Ausschluss des Erbwegs ins Eigentum des überlebenden Partners über, wenn dieser nicht (Z 2 leg cit) innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist entweder verzichtet oder sich mit den Erben auf den Übergang an eine andere Person einigt. Nach Rechtsprechung (5 Ob 65/06d; 5 Ob 97/11t; vgl auch RIS-Justiz RS0082946) und Lehre (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 14; Würth in Rummel3 § 14 WEG Rz 5; Feil/Friedl in Feil/Friedl/Bayer, WEG § 14 Rz 6) erfolgt der Übergang in das Eigentum des Partners außerbücherlich, es handelt sich dabei um ein wohnungseigentumsrechtliches Institut sui generis (ErlRV 989 BlgNR 21. GP 48; Klete?ka, Die Eigentümerpartnerschaft nach dem WEG 2002, immolex 2002, 174; Aichberger-Beig, Die Ehewohnung im Todesfall, EF-Z 2011, 44 [46]; Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 7; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 4; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 4). Geht der Anteil über, fällt er nicht in den Nachlass (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 11; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 4). Der Oberste Gerichtshof sprach ebenso bereits ausdrücklich aus (5 Ob 97/11t; vgl auch 2 Ob 204/17h; RIS-Justiz RS0082946), dass bis zum Ende der vom Verlassenschaftsgericht zu setzenden Frist der Eigentumsübergang durch Zuwachs auflösend bedingt ist. Diese Auffassung wird auch in der Lehre geteilt (Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG Rz 16; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 10; Mondel in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 14 WEG Rz 5).
2.3. Die Revisionswerberin lässt eine nähere Auseinandersetzung mit dieser herrschenden Rechtsprechung und Lehre vermissen. Sie argumentiert lediglich mit dem Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002, wonach während des Schwebezustands dem überlebenden Partner am Anteil des Verstorbenen die Rechte eines Verwalters zukämen. Damit allein lässt sich ihre Auffassung aber nicht begründen:
2.3.1. Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 989 BlgNR 21. GP 48) soll § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002 inhaltlich § 10 Abs 1 Z 4 WEG 1975 entsprechen. Da der Eigentumsübergang nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 nunmehr nicht mehr erbrechtlich konstruiert sei, wäre die Umschreibung der Rechtsposition des überlebenden Partners während des Schwebezustands des möglichen Verzichts mit der des Erben, dem die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft überlassen worden ist, systemwidrig. Die passende Anknüpfung sei die an einen Rechtsbegriff im Regelungskreis der Rechtsgemeinschaft, nämlich jenen des Verwalters nach § 837 ABGB.
2.3.2. Schon nach dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut werden während der offenen Frist für einen Verzicht nur die Rechte des überlebenden Partners am Anteil des Verstorbenen auf Verwalterrechte im Sinn des § 837 ABGB beschränkt, über die mit einer Übernahme des Mindestanteils des Verstorbenen verbundenen Pflichten sagt diese Bestimmung hingegen nichts aus.
2.3.3. Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 14 WEG 2002 Rz 22 spricht in dem Zusammenhang davon, der Verwalter der Sache habe die Befugnis, alle nützlich gemachten Auslagen in Abrechnung zu bringen. Bei Auslagen, die der überlebende Partner während offener Frist auf das Wohnungseigentumsobjekt tätigte, könne er aber nur die Hälfte in Anrechnung bringen, weil sich die Verwalterstellung nur auf den halben Mindestanteil beziehe. Der Anspruch auf Aufwandersatz bestehe gegen die Verlassenschaft. Aufgrund des unmittelbaren Eigentumszuwachses sei der überlebende Partner während offener Frist aber sachenrechtlich Alleineigentümer des mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils, woraus folge, dass er seine Auslagen nur dann in Anrechnung bringen könne, wenn er sich letztlich für einen Verzicht auf Zuwachs entscheide und somit der Eigentumserwerb ex tunc wegfalle. Aus diesen überzeugenden Ausführungen ist umgekehrt zu schließen, dass im Fall, dass es nicht zu einem Verzicht auf den Zuwachs kommt, der überlebende Wohnungseigentumspartner aufgrund seiner sachenrechtlichen Stellung als Alleineigentümer von ihm bezahlte Aufwendungen endgültig selbst zu tragen hat.
2.3.4. Diese Auffassung entspricht der schon zu § 10 Abs 1 Z 2 WEG 1975 etablierten Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0082946 [T1]), dass der – damals noch als Vindikationslegat konstruierte – Erwerb kraft Gesetzes durch Anwachsung bewirke, dass dieser Anteil wegen des unmittelbaren Eigentumsübergangs gar nicht in die Verlassenschaft fällt. Nur im Fall eines Verzichts oder einer entsprechenden Vereinbarung – also des Eintretens dieser Bedingung – käme es mit sachenrechtlicher ex tunc-Wirkung dazu, dass das Eigentum am halben Mindestanteil als zu keinem Zeitpunkt auf den überlebenden Partner übergegangen gelten würde (so auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 14 WEG Rz 10).
2.3.5. Zusammenfassend ist daran festzuhalten, dass ungeachtet des Umstands, dass § 14 Abs 1 Z 4 WEG 2002 dem überlebenden Partner am Anteil des Verstorbenen nur die Rechte eines Verwalters nach § 837 ABGB zuerkennt, für die Dauer des Schwebezustands bis zur Abgabe einer Verzichtserklärung des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 von einer Rechtsstellung des Überlebenden als auflösend bedingter Eigentümer unabhängig vom Grundbuchstand auszugehen ist, sodass bis zum Bedingungseintritt der Anteil am Mindestanteil nicht in die Verlassenschaft fällt.
2.4. Dass bei Qualifikation als auflösend bedingtes Eigentumsrecht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Zweitbeklagte nicht mehr als Eigentümerin und daher auch nicht als passiv legitimiert für die geltend gemachten Wohnungsvergütungsbeträge anzusehen ist, zieht die Revision nicht in Zweifel. Im Übrigen richtet sich zwar die Zahlungspflicht gegenüber der Eigentümergemeinschaft grundsätzlich nach dem Grundbuchstand (5 Ob 175/16w; 5 Ob 247/04s; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 32 WEG Rz 27); allerdings entspricht es auch für den Fall des Erwerbs eines Anteils im Weg der Zwangsversteigerung – der ebenso auflösend bedingtes Eigentum verschafft (RIS-Justiz RS0123680 [T2]) – der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0113376; RS0113377; 5 Ob 21/00z) und Lehre (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 32 WEG Rz 28), dass der Ersteher für die Betriebskosten und sonstigen Wohnbeiträge bereits ab Zuschlag haftet, zumal er mit diesem Zeitpunkt in die Eigentümergemeinschaft eingetreten ist. Die Rechtsstellung des Anteilserwerbers aufgrund Akkreszenz im Sinn des § 14 Abs 1 WEG 2002 ist der des Erstehers im Zwangsversteigerungsverfahren vergleichbar. Da die eingeklagten Aufwendungen hier erst nach dem Zeitpunkt des Todes der A***** fällig geworden sind, ist eine Haftung der Zweitbeklagten hiefür aus denselben Erwägungen zu verneinen.
4. Dass der Grundbuchstand allein – dessen Unrichtigkeit der Klägerin im Übrigen bei Klageeinbringung bewusst war, hat sie doch den Tod der A***** dort bereits berücksichtigt – ebensowenig Grundlage für eine Passivlegitimation der Zweitbeklagten sein kann wie die lediglich auf den Klageangaben beruhende Anmerkung der Klage nach § 27 WEG 2002, zieht die Revisionswerberin mit keinem Wort in Zweifel. Dies bedarf daher keiner weiteren Erörterung mehr (RIS-Justiz RS0102059).
5. Die weitere Zulassungsfrage, ob der Tod des ursprünglich Überlebenden Einfluss auf den Schwebezustand für die Abgabe der Erklärung nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 haben kann, ist somit nicht entscheidungsrelevant. Unabhängig davon, ob man für die Frage der Passivlegitimation der Zweitbeklagten mit dem Erstgericht auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz abstellt oder aber im Sinn des § 234 ZPO (Irrelevanztheorie) diesbezüglich den Zeitpunkt der Streitanhängigkeit heranzieht (vgl RIS-Justiz RS0109183), hatte zu beiden Zeitpunkten die Zweitbeklagte ihr Eigentumsrecht am Mindestanteil bereits aufgrund Akkreszenz nach § 14 Abs 1 WEG 2002 – wenn auch auflösend bedingt – an die Erstbeklagte verloren. Dass die Erstbeklagte zu diesen Zeitpunkten bereits verzichtet oder eine anderweitige Vereinbarung abgeschlossen hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt. Selbst wenn man mit der Revisionswerberin davon ausgehen wollte, dass der Schwebezustand wegen der grundsätzlich auch für den Verlassenschaftskurator noch gegebenen Möglichkeit, eine derartige Verzichtserklärung abzugeben, unverändert aufrecht ist, würde dies letztlich an der zutreffenden rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nichts ändern.
6. Damit war der Revision der Erfolg zu versagen.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Streitgenossenzuschlag steht aufgrund der rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens gegen die Erstbeklagte für die Revisionsbeantwortung allerdings nicht zu.
Textnummer
E122390European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00115.18Z.0718.000Im RIS seit
14.08.2018Zuletzt aktualisiert am
23.04.2019