TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/18 99/11/0176

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Veröffentlicht am 18.01.2000
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Index

L92107 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Tirol;

Norm

PGG Tir 1993 §23;
PGG Tir 1997 §12 Abs1;
PGG Tir 1997 §20;
PGG Tir 1997 §23;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der Erzdiözese X (Finanzkammer) in X, vertreten durch Dr. Susanne Steiner, Rechtsanwältin in Salzburg, Stelzhamerstraße 5a, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. April 1999, Zl. Va-999-10.236/18-1999, betreffend Fortsetzung eines Verfahrens gemäß § 23 des Tiroler Pflegegeldgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 20. September 1995 beantragte F.S., ein Pfarrer im Ruhestand, der von der Beschwerdeführerin eine Pension bezog, die Gewährung von Pflegegeld nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz. Der Antragsteller verstarb am 27. März 1997 vor dem Abschluss des Verfahrens.

Mit Schreiben vom 23. Juni 1997 beantragte die Beschwerdeführerin die Fortsetzung des Verfahrens mit der Behauptung, sie habe in den letzten Jahren die Gesamtausgaben für F.S. bestritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Antrag "mangels Parteistellung" nicht statt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zunächst aus, nach der Rechtsprechung sei über die Parteistellung im Verwaltungsverfahren abschließend in diesem abzusprechen und nicht im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht aufgrund einer Klage gemäß § 20 des Tiroler Pflegegeldgesetzes - TPGG. Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides enthält ausschließlich Ausführungen dazu, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde die Auffassung vertritt, dass Priester und Ordensangehörige nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gemäß § 3 TPGG gehören. Im Hinblick darauf sei auf die Frage, ob sich die Gleichstellung des F.S. mit Inländern aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Normen ergebe oder ob die Voraussetzungen für die Nachsichterteilung vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 3 Abs. 5 TPGG vorlägen, sowie darauf, ob die Voraussetzungen für die Fortsetzungsberechtigung gemäß § 23 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 lit. b TPGG erfüllt seien, nicht näher einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Pflegegeldgesetzes -TPGG, LGBl. Nr. 8/1997 idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 1/1999, lauten wie folgt:

"§ 12

Bezugsberechtigung bei Tod des Pflegebedürftigen

(1) Ist im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen eine fällige Geldleistung noch nicht ausgezahlt, so sind, sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, nur folgende Personen auf ihren Antrag in folgender Reihenfolge bezugsberechtigt:

a) die Person, die den Pflegebedürftigen im Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend und ohne angemessenes Entgelt gepflegt hat;

b) die Person, die für den Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend die Kosten der Pflege getragen hat.

Liegt ein Überwiegen im Sinne der lit. a bzw. der lit. b nicht vor, so besteht die Bezugsberechtigung zu gleichen Teilen.

§ 20

Klage

(1) In Angelegenheiten, in denen Bescheide nach diesem Gesetz, ausgenommen Bescheide nach § 3 Abs. 5 und § 26 Abs. 5, ergangen sind, kann beim zuständigen Gerichtshof erster Instanz als Arbeits- und Sozialgericht Klage erhoben werden. Die Klage muss bei sonstigem Verlust der Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruches innerhalb der unerstreckbaren Frist von drei Monaten ab der Zustellung des Bescheides erhoben werden. Die Tage des Postenlaufs werden in die Frist nicht eingerechnet.

(2) Die für Rechtsstreitigkeiten auf Grund des Bundespflegegeldgesetzes geltenden Bestimmungen des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes gelten für Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz sinngemäß.

§ 23

Fortsetzung des Verfahrens nach dem Tod

des Pflegebedürftigen

Ist im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen ein Verfahren auf Gewährung oder Neubemessung des Pflegegeldes noch nicht abgeschlossen, so können nur die im § 12 Abs. 1 genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Pflegebedürftigen die Fortsetzung des Verfahrens beantragen."

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zulässig ist, weil damit nur über die verfahrensrechtliche Frage abgesprochen wurde, ob die Beschwerdeführerin berechtigt ist, die Fortsetzung des im Zeitpunkt des Todes des Antragstellers noch nicht abgeschlossenen Verfahrens zu beantragen. Es handelt sich dabei um keinen Bescheid, aufgrund dessen Klage gemäß § 20 TPGG hätte erhoben werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1997, Zl. 97/08/0410, mwN).

Die Versagung der Fortsetzung des Verfahrens nach § 23 TPGG kann - abgesehen von Fällen, in denen die in dieser Gesetzesstelle genannte Frist nicht eingehalten wurde - nur darauf gegründet werden, dass die die Fortsetzung beantragende Person nicht zu dem im § 12 Abs. 1 leg. cit. genannten Personenkreis gehört. Die Frage, ob der Verstorbene, der den Antrag auf Zuerkennung von Pflegegeld gestellt hatte, die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat, ist nicht Gegenstand des Bescheides, mit dem über die Fortsetzungsberechtigung abgesprochen wird. Die Antragsberechtigung kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch seien nicht erfüllt, dieser stehe dem Antragsteller daher nicht zu. Vertritt die Behörde die Auffassung, dass der Verstorbene die Anspruchsvoraussetzungen für die Zuerkennung von Pflegegeld nicht erfüllt hat, hat sie demnach im Falle der rechtzeitigen Stellung eines Fortsetzungsantrages durch einen dazu im Grunde des § 23 iVm § 12 Abs. 1 TPGG Berechtigten nicht den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens sondern den Antrag auf Zuerkennung von Pflegegeld abzuweisen. Aufgrund eines solchen Bescheides kann dann Klage gemäß § 20 TPGG erhoben werden.

Diese Rechtslage hat die belangte Behörde verkannt, indem sie den Fortsetzungsantrag ausschließlich aus Gründen, die allenfalls die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Pflegegeldes rechtfertigen können, abgewiesen hat und auf die Voraussetzungen für die Fortsetzungsberechtigung der Beschwerdeführerin nicht näher eingegangen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110176.X00

Im RIS seit

23.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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