Norm
BDG 1979 §43Schlagworte
DienstpflichtverletzungText
DISZIPLINARERKENNTNIS
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz, Senat 2, hat durch die Senatsvorsitzende PräsdLG Dr. Haberl-Schwarz als Vorsitzende und durch die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenates RidOLG Mag. Redtenbacher und BI Zöhrer im Beisein des RiAA Mag. Wieland als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen GI *** *** wegen Verletzungen der Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 nach der am 2. März 2017 in Gegenwart der Disziplinaranwältin OStA Magª. Steger sowie in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten und seines Verteidigers Mag. Matthias Prückler, RA in Wien, durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
GI *** *** ist schuldig, er hat am *** den Strafgefangenen *** *** in der Beamtenküche der Justizanstalt *** geschlagen und beschimpft und hiedurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 gröblich verletzt und eine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG 1979 begangen.
GI *** *** wird hiefür gemäß § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 mit einer Geldbuße in der Höhe eines Drittels des Monatsbezuges bestraft.
Gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 hat er die mit EUR 180,00 bestimmten Verfahrenskosten zu tragen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diesen Bescheid steht gemäß Art 130 Abs 1 Z 1, 132 Abs 1 Z 1, Abs 5 (iVm § 103 Abs 4 Z 1 BDG 1979) B-VG Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Beschwerde ist binnen vier Wochen (§ 7 Abs 4 VwGVG) nach Zustellung des Bescheides schriftlich, telegrafisch oder fernschriftlich bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz einzubringen. Die Beschwerde hat folgende Punkte zu enthalten (§ 9 Abs 1 VwGVG):
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat – sofern eine solche nicht ausgeschlossen wird (§ 13 Abs 2 VwGVG) – aufschiebende Wirkung (§ 13 Abs 1 VwGVG).
BEGRÜNDUNG:
Zur Person:
Der am *** geborene österreichische Staatsangehörige GI *** *** steht seit dem Jahr *** im Dienst der Justiz. Seit dem Jahr *** gehört er dem Stand der Justizwachebeamten der Justizanstalt *** an und verrichtet dort seinen Dienst im allgemeinen Wachdienst.
Aus dieser Beschäftigung bezieht er ein monatliches Nettoeinkommen von rund € ***, das derzeit aufgrund der Suspendierung auf € *** gekürzt wurde.
Mit Ausnahme eines Kraftfahrzeugs der Marke ***, Baujahr ***, verfügt der Disziplinarbeschuldigte über keine Vermögenswerte. Er hat jedoch auch keine Schulden oder Sorgepflichten. In disziplinarrechtlicher Hinsicht ist der Disziplinarbeschuldigte bislang unbescholten.
Zur Sache:
Am *** verrichtete der Disziplinarbeschuldigte in der Justizanstalt *** Nachtdienst. In der Früh bestellte er in der Beamtenküche zwei Brotlaibe zu Versorgung der in seiner Abteilung untergebrachten Insassen.
Als er diese Brotlaibe um circa *** Uhr in der Beamtenküche abholen wollte, wurde von den in der Kantine als Kellner eingeteilten Insassen an den im Küchenbereich eingeteilten Strafgefangenen *** *** eine Bestellung von zwei Scheiben Brot weitergegeben. Nachdem diese von den Kellnern dem Disziplinarbeschuldigten übergeben worden waren, geriet dieser in Wut und begab sich in den Küchenbereich. Dort wandte er sich an *** *** und warf ihm in schreienden Tonfall sinngemäß vor, dass er ein Idiot sei, weil er zwei Scheiben Brot nicht von zwei Brotlaiben unterscheiden könne. In weiterer Folge versetzte der Disziplinarbeschuldigte *** *** einen Schlag mit der rechten Hand gegen dessen rechte Schulter.
Dabei nahm es der Disziplinarbeschuldigte billigend in Kauf, gegen seine Pflicht, Strafgefangenen mit Ruhe, Ernst und Festigkeit zu begegnen und unter Achtung ihres Ehrgefühls und der Menschenwürde zu behandeln (§ 22 Abs 1 StVG) und deren Misshandlung zu unterlassen, zu verstoßen.
Dass der Disziplinarbeschuldigte mit dem Vorsatz handelte, *** *** zu verletzen, kann nicht festgestellt werden.
Die Beschimpfung der im Küchenbereich anwesenden Insassen, insbesondere des *** *** wurde vom Disziplinarbeschuldigten im Wesentlichen zugestanden (PS 2), sodass in Zusammenschau mit den damit im Einklang stehenden Belastungsangaben sämtlicher Zeugen keine Zweifel an dieser Tathandlung bestehen.
Im Kern übereinstimmend wird der Disziplinarbeschuldigte von *** *** und BI *** *** auch belastet, *** *** im Gefolge der Beschimpfung (zumindest) einen Schlag gegen die Schulter versetzt zu haben. Besonders bemerkenswert erscheint dabei der von BI *** *** gegenüber dem Disziplinarbeschuldigten erhobene Vorwurf, ist es doch notorisch, dass innerhalb der Exekutivbediensteten grundsätzlich ein gesteigerter Korpsgeist besteht, dessentwegen einzelnen Mitgliedern von ihren Kollegen die Verletzung von Dienstpflichten in der Regel nicht aktiv angelastet wird. Gerade vor diesem Hintergrund lässt sich das aktive Betreiben der Anzeige des Disziplinarbeschuldigten durch BI *** *** lediglich entweder mit einem gewichtigen Motiv für eine wissentliche Falschbelastung oder mit der Empörung des Zeugen über das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten erklären. Anhaltspunkte für ein Motiv des BI *** *** für eine Falschbezichtigung, das im Hinblick auf seine zu erwartende Ächtung innerhalb des Kollegenkreises von gravierendem Gewicht sein müsste, haben sich aus dem Verfahren nicht ergeben, erscheint doch insbesondere der vom Disziplinarbeschuldigten angedeutete Zusammenhang der Anzeige mit seinem Austritt aus der Gewerkschaft vor mehreren Jahren geradezu konstruiert. Bezieht man in das Kalkül den vom Disziplinarsenat gewonnen Eindruck vom ernsthaften Bemühen des Zeugen um eine möglichst wahrheitsgetreue Darstellung des Vorfalls, die über mehrfache Vernehmungen im Wesentlichen gleichbleibenden Schilderungen und deren Detailgrad mit ein, so wird die uneingeschränkte Glaubhaftigkeit der Angaben dieses Zeugen deutlich.
Hinzukommt, dass sich diese Darstellung in weiten Teilen mit jener des *** *** deckt. Wenngleich die erstmalige Erwähnung eines weiteren Schlags des Disziplinarbeschuldigten durch diesen Zeugen in der Disziplinarverhandlung auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderungen einschränkende Aggravationstendenzen schließen lässt, so ist doch nicht zu übersehen, dass seine Angaben zum ersten Schlag des Disziplinarbeschuldigten im Einklang mit jenen des BI *** *** stehen. Die geringfügigen Abweichungen zwischen diesen beiden Darstellungen zur Standposition des *** *** bei der Schlagführung und der Handhaltung des Disziplinarbeschuldigten beim Schlag sind nach allgemeiner Lebenserfahrung auf unbewusst ergänzte Wahrnehmungsdefizite, die durch die rasche Abfolge der Ereignisse und den emotionalen Erregungszustand der Beteiligten bedingt wurden, zurückzuführen.
Die Darstellung des *** *** rundet dieses Bild insoweit ab, als er im Einklang mit den anderen beiden Zeugen den Küchenbereich als den Vorfallsort bestimmt und solcherart die auf eine mangelnde Wahrnehmbarkeit des Vorfalls für BI *** *** abstellende Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten widerlegt. Aus dem Fehlen von Wahrnehmungen des *** *** zu einem oder mehreren Schlägen des Disziplinarbeschuldigten ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, konnte der Zeuge doch eine derartige, seiner Aufmerksamkeit entgangene Aggressionshandlung nicht ausschließen.
Dass der Disziplinarbeschuldigte wissentlich und willentlich gegen seine in § 22 Abs 1 StVG konkretisierten Dienstpflichten verstieß, erschließt sich schon unmittelbar aus seinem sich über das Verbot der Beschimpfung der Strafgefangenen und deren Misshandlung hinwegsetzenden Verhalten. Für die Annahme seines auf die Verletzung des Strafgefangenen gerichteten Vorsatzes fehlt es an hinreichend zuverlässigen Hinweisen auf eine entsprechende Intensität der Schlagführung.
Nach § 43 Abs 1 BDG 1979 ist ein Beamter verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Nach § 22 Abs 1 StVG sind die Strafgefangenen mit Ruhe, Ernst und Festigkeit, gerecht sowie unter Achtung ihres Ehrgefühls und der Menschenwürde zu behandeln.
Durch die vorsätzliche Beschimpfung und körperliche Misshandlung des Strafgefangenen hat der Disziplinarbeschuldigte schuldhaft gegen die ihm nach § 43 Abs 1 BDG 1979 obliegenden und durch § 22 Abs 1 StVG konkretisierten Pflichten verstoßen.
Im Rahmen der Strafzumessung ist die gesteigerte Intensität der Tatausführung im Hinblick auf die tateinheitliche Beschimpfung und Misshandlung des Strafgefangenen als erschwerend zu werten.
Demgegenüber ist dem Disziplinarbeschuldigten seine bisherige Unbescholtenheit und der auffallende Widerspruch zwischen seinem bisherigen Verhalten und der Tat mildernd anzurechnen. Darüber hinaus wirkt sich auch seine Verantwortungsübernahme zur Beschimpfung des Strafgefangenen schuldmindernd aus.
In Anbetracht der Verletzung von den Kernbereich der dienstlichen Aufgaben tangierenden Dienstpflichten kommt dieser trotz der eher geringen Tatfolgen eine Schweregrad zu, dem lediglich mit einer Geldbuße gemäß § 92 Abs 1 Z 2 BDG 1979 im Ausmaß eines Drittels des Monatsbezugs begegnet werden kann.
Folge dieser Sachentscheidung ist die auf § 117 Abs 2 BDG 1979 gegründete Verpflichtung des Disziplinarbeschuldigten zum Ersatz der mit EUR 180,00 bestimmten Verfahrenskosten, die sich aus den Reisegebühren des Zeugen BI *** *** und des Beisitzers BI Zöhrer sowie den Kosten der Vorführung des Zeugen *** *** zusammensetzen.
Zuletzt aktualisiert am
09.08.2018