Entscheidungsdatum
02.08.2018Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §9 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der AA AG, vertreten durch Vorstand BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23.03.2016, Zl *****, betreffend die wasserrechtliche Bewilligung für die Verwendung von Zusatzstoffen in der Schneeproduktion
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
„I. Dem Antrag der AA AG vom 24.11.2014 wird Folge gegeben und die wasserrechtliche Bewilligung für die im Wasserbuch unter der Postzahl ***** eingetragene Beschneiungsanlage CC gemäß §§ 9 Abs 2 und 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 dahingehend abgeändert, dass nach Maßgabe des signierten Einreichprojektes „Beantragung von SNOMAX“ vom 24.11.2014 von DD dem Schneiwasser pro 126.000 Liter max 100 g des Schneizusatzes SNOMAX zugesetzt werden dürfen.
II. Der Ort, das Maß und die Art der bisherigen Wasserbenutzung gemäß § 11 WRG 1959 sowie die Befristung der erteilten Bewilligung gemäß § 21 WRG 1959 ändern sich darüber hinaus nicht.
III. Die wasserrechtliche Bewilligung wird an folgende Auflagen gebunden:
1. Über den Zeitraum der ersten Schneisaison ist der mit Zusatz von SNOMAX produzierte Kunstschnee zumindest zweimal auf mikrobiologische Belastung untersuchen zu lassen. Der Schnee ist unmittelbar an einem Schneeerzeuger und unter Ausschluss weiterer Umwelteinflüsse zu beproben. Die Probeentnahmen haben an unterschiedlichen Beschneiungstagen mit jeweils eigens hierfür hergestellten Vorratslösungen für die Zudosierung von SNOMAX zum Schneiwasser zu erfolgen. Um Rohwasser- und Schneequalität bilanzieren zu können, sind zeitgleich auch dem Schneiwasser vor der Zudosierung von SNOMAX Proben zu entnehmen und in gleicher Weise analysieren zu lassen. Die Untersuchungen haben die Prüfpunkte Gesamtcoliforme, Fäkalcoliforme, E.coli, Enterokokken, KBE 22°C und KBE 37°C zu umfassen. Zudem sind psychrophile Pseudomonaden und potentiell nicht deaktivierte Pseudomonas syringae (auch unter Reaktivierungsbedingungen) bestimmen zu lassen. Die zugehörigen Prüfberichte sowie deren gutachterliche Bewertung sind bis spätestens 1. Juli des Folgejahres der Behörde zu übermitteln. Bei festgestellten Grenzwertüberschreitungen (Grenzwerte gem Punkt 2.3.8 des Leitfadens für das wasserrechtliche Behördenverfahren für Beschneiungsanlagen 2011) oder sonstigen Auffälligkeiten ist die Behörde umgehend zu informieren.
2. Vor Beginn jeder Schneisaison ist mindestens eine stichprobenartige Produktkontrolle des Schneizusatzes auf mikrobiologische Belastung vornehmen zu lassen. Das Rohmaterial ist insbesondere auf psychrophile Pseudomonaden und potentiell nicht deaktivierte Pseudomonas syringae (auch unter Reaktivierungsbedingungen) untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse sind mit den Produktspezifikationen abzugleichen und gutachterlich zu bewerten. Im Fall festgestellter Abweichungen sind weitere Produktkontrollen durchzuführen. Der Einsatz von SNOMAX ist nur bei exemplarisch bestätigter Chargenqualität zulässig.
3. Sämtliche Herstellerangaben in Bezug auf Transport, Lagerung und Handhabung des Produkts sind zu befolgen. Dies gilt auch für die Herstellung, für die maximalen Lagerfristen und den Einsatz des Vorgemisches, welches in die Schneileitung zudosiert wird. Für jeden individuellen Schneivorgang ist das Vorgemisch frisch zuzubereiten. Restbestände an Vorgemischlösungen dürfen nicht weiter verwendet werden und sind umgehend fachgerecht zu entsorgen. Der Ansatzbehälter für das Vorgemisch ist regelmäßig desinfizierend zu reinigen.
4. Aus Sicht des ArbeitnehmerInnenschutzes ist SNOMAX als staubarmes Granulat in Kleingebinden einzubringen. Techniken, die zu hoher Staubaufwirbelung / Aerosolbildung führen (wie die Reinigung des Mischers mit Dampfstrahlern, offenes Zerkleinern von feucht gewordenen Granulatklumpen mit rotierenden Geräten und ähnliches), sind unzulässig. Beim abschließenden Desinfizieren mit 10% Wasserstoffperoxid ist vom Personal die entsprechende persönliche Schutzausrüstung, insbesondere Augenschutz, zu tragen.
5. Für den fachgerechten Umgang mit SNOMAX ist eine Betriebsvorschrift zu erstellen, welche dem verantwortlichen Personal nachweislich zur Kenntnis zu bringen und vor Ort verfügbar zu halten ist.
6. Es ist ein Betriebsbuch zu führen, in dem folgende Daten einzutragen und zu protokollieren sind:
? Name des Betriebsverantwortlichen,
? Datum der Herstellung des Vorgemisches,
? Ansatzmenge und Masse des zugesetzten Granulats,
? Datum, Zeitpunkt und Wasserzählerstand (Hauptschneileitung) zu Beginn und Ende der Zudosierung,
? Reinigungs- und Wartungsmaßnahmen sowie
? allfällige besondere Betriebsvorkommnisse.
Dem Betriebsbuch sind auch Produktzertifikate, Qualitätsbestätigungen und Prüfberichte über Produkteingangskontrollen bzw Prüfberichte und Gutachten gemäß der Auflagen 1. und 2. beizufügen. Die Betriebstagebücher sind mind drei Jahre im Betrieb für die behördliche Einsichtnahme aufzubewahren.
IV. Die Auflage ***** des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.08.1999, Zl ***** und *****, wonach chemische und bakteriologische Stoffe weder in der Beschneiungsanlage verwendet noch auf die Pistenfläche aufgebracht werden dürfen, wird dahingehend abgeändert, dass der Schneizusatz SNOMAX verwendet werden darf.“
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Die AA AG betreibt aufgrund der wasserrechtlichen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.08.1999, Zlen *****, *****, und vom 07.06.2002, Zl *****, sowie der wasserrechtlichen Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol vom 09.10.2009, Zl *****, vom 22.08.2011, Zl *****, vom 30.10.2012, Zl *****, und vom 03.02.2015, Zl *****, die Beschneiungsanlage CC (Wasserbuch Postzahl *****). Derzeit ist das Wiederverleihungsverfahren gemäß § 21 Abs 3 WRG 1959 für das mit 10.03.2018 befristete Wasserbenutzungsrecht anhängig.
Mit Schreiben vom 24.11.2014 hat die AA AG beim Landeshauptmann von Tirol beantragt, die wasserrechtliche Bewilligung für diese Beschneiungsanlage dahingehend abzuändern, dass dem Schneiwasser durch den Einbau einer Dosieranlage samt Mischtank der Zusatzstoff SNOMAX (gefriergetrocknete und abgetötete Bakterienzellen des natürlicherweise im Boden vorkommenden Bakteriums Pseudomonas syringae) beigefügt wird, um auch bei höheren Temperaturen Schnee erzeugen zu können. Weiters wurde die Behebung der wasserbautechnischen Auflage ***** des Bescheides vom 20.08.1999 beantragt („Chemische und bakteriologische Stoffe dürfen weder in der Beschneiungsanlage verwendet noch auf die Pistenfläche aufgebracht werden“).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.03.2016, Zl *****, hat der Landeshauptmann von Tirol als Wasserrechtsbehörde den Antrag zum Einsatz des Zusatzstoffes SNOMAX abgewiesen. Aufgrund der eingeholten Gutachten aus mikrobiologischer, medizinischer und hygienischer Sicht stehe zwar fest, dass aufgrund des Einsatzes von SNOMAX keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die Umwelt zu erwarten sind, jedoch stehe das Vorhaben aus folgenden Gründen im Widerspruch zu den öffentlichen Interessen iSd § 105 WRG 1959:
„Eine Wertung der öffentlichen Interessen:
Der Tiroler Tourismus, der eine wesentliche Säule des Wirtschaftsstandorts und damit des Wohlstands des Landes darstellt, bekennt sich zu höchsten Qualitätszielen, um im internationalen Wettbewerb der Destinationen erfolgreich reüssieren zu können. So wirbt der Tiroler Tourismus u.a. auch mit der Trinkwasserqualität des aufgebrachten Schneiwassers. Der unmittelbare Werbewert dieser Botschaft ist zwar nicht quantifizierbar, dennoch ist die Marketingstrategie dahingehend ausgerichtet, dem Schutz der natürlichen Ressourcen im Besonderen des Trinkwassers sowie der Gäste höchsten Stellenwert einzuräumen. Der Einsatz von Zusätzen welcher Art auch immer ist zweifellos geeignet dieses Image der Unverfälschtheit negativ zu beeinflussen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein gewisses Restrisiko auch bei Einsatz dieses an sich gut untersuchten Schneizusatzes verbleibt. Auf Grund nach wie vor bestehender Unwägbarkeiten und der Eignung das Standing des Tourismus im harten internationalen Wettbewerb zu schädigen, ist aus übergeordneten öffentlichen Interessen die Forderung nach Trinkwasserqualität weiterhin zu fordern und einzuhalten.
Der von den Antragstellern erhoffte positive Effekt in punkto Wasser- und Energieersparnis konnte fachlich nicht belegt werden. Trotz jahrelangem Einsatz des Produktes gibt es keinen gesicherten Nachweis über Wirksamkeit/Nutzen. In anderen Bundesländern hat man sich trotz eingehender Studien und bereits vorliegender Erfahrungswerte offensichtlich aus diesem Grund wieder von diesem Produkt abgewandt. Dies ist an Hand von Regierungsbeschlüssen in Salzburg und Vorarlberg erkennbar.
Der Einsatz von Zusatzstoffen würde in der öffentlichen Wahrnehmung sicherlich zu Irritationen und Verunsicherungen führen, da die Tiroler Bevölkerung und die Touristen darauf vertrauen dürfen, Trinkwasser in höchster Qualität und nativer Ursprünglichkeit genießen zu können. Neben dem Imageschaden würde damit auch ein großer Vertrauensverlust eintreten.
Aus politischer Sicht würde die Zulassung von Zusatzstoffen, hier im Besonderen von SNOMAX, öffentliche Interessen, konkret den Tourismusstandort Tirol gefährden. Nachdem das WRG 1959 im § 105 WRG 1959 nur beispielhaft die öffentlichen Interessen (arg. „insbesondere“) anführt, kann die Behörde darüber hinaus auch andere Aspekte in der Interessenabwägung heranziehen und berücksichtigen.
Ein derartiges, berücksichtigungswürdiges Interesse stellt aus politischer Sicht auch jenes des Tourismus, der Wirtschaft allgemein und das Wohlergehen der Bevölkerung dar.
Zusammenfassung:
Schneizusätze bergen tatsächlich die nachhaltige Gefahr in sich, unserem Tourismus und unserer wirtschaftlichen Zukunft massiven und unwiederbringlichen Schaden zuzufügen. Dieser Schaden steht einem trotz allen wissenschaftlichen Gutachten bis heute nicht nachgewiesenen Nutzen (Energie- und Wasserersparnis?) entgegen. Trotz jahrelangem Einsatz gibt es keinen gesicherten Nachweis über Wirksamkeit und Nutzen des Produktes. In anderen Bundesländern hat man sich trotz eingehender Studien offensichtlich aus diesem Grund wieder von diesem Produkt abgewandt. Dies bestätigen Regierungsbeschlüsse in Salzburg und Vorarlberg.
Tirol teilt diese Ansicht mit anderen Bundesländern Österreichs, sodass damit das fehlende Öffentliche Interesse für Schneizusätze auch über die Landesgrenzen hinweg gegeben ist. So erkennt auch das an Tirol angrenzende Nachbarland Bayern kein öffentliches Interesse an Schneizusätzen. Der gegenständliche Antrag steht somit im Widerspruch zu den Öffentlichen Interessen gemäß § 105 WRG und war daher abzuweisen.“
Gegen diese Entscheidung hat die AA AG fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Wasserrechtsbehörde lediglich festgestellt habe, dass das beantragte Vorhaben geeignet sei, dem Tourismus zu schaden. Sie habe jedoch nicht festgestellt, dass das beantragte Vorhaben tatsächlich einen relevanten Einfluss auf den Tourismus habe. Diesbezügliche Ermittlungen seien gänzlich unterblieben.
Mit Schreiben vom 05.12.2017 hat das Landesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens den festgestellten Sachverhalt und seine rechtlichen Erwägungen im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Dazu sind keine Stellungnahmen eingegangen.
II. Sachverhalt:
Beim beantragten Einbau einer Dosieranlage samt Mischtank zur Beifügung des Zusatzstoffes SNOMAX (gefriergetrocknete und abgetötete Zellen des Bakteriums Pseudomonas syringae) in das Schneiwasser der Beschneiungsanlage CC (Wasserbuch Postzahl *****) sind bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die Umwelt zu erwarten.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Wasserrechtsbehörde eingeholten Gutachten des chemischen Amtssachverständigen EE vom 30.04.2015, Zl *****, und des nichtamtlichen umweltmedizinischen Sachverständigen FF vom 05.08.2015, Zl *****, sowie aus den von der Antragstellerin vorgelegten Privatgutachten. Bereits die Wasserrechtsbehörde hat aufgrund der übereinstimmenden, schlüssigen und eindeutigen Gutachten festgestellt, dass aufgrund der beantragten Verwendung des Zusatzstoffes SNOMAX keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die Umwelt zu erwarten sind. Auch vor dem Landesverwaltungsgericht blieb dieser Sachverhalt unbestritten.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass sich durch die beantragte Verwendung des Zusatzstoffes SNOMAX weder die bewilligte Wassermenge noch die bewilligte Schneizeit ändert und somit die bewilligte Kunstschneemenge in quantitativer und zeitlicher Hinsicht unberührt bleibt.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lauten:
„Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern.
§ 9.
(…)
(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.
(…)
Bewilligungspflichtige Maßnahmen.
§ 32.
(1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,
(…)
c) Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,
(…)
Öffentliche Interessen.
§ 105.
(1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:
a) eine Beeinträchtigung der Landesverteidigung oder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitsschädliche Folgen zu befürchten wären;
b) eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu besorgen ist;
c) das beabsichtigte Unternehmen mit bestehenden oder in Aussicht genommenen Regulierungen von Gewässern nicht im Einklang steht;
d) ein schädlicher Einfluß auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer herbeigeführt würde;
e) die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde;
f) eine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauches, eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung, der Landeskultur oder eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung eines Denkmales von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung oder eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit oder des Tier- und Pflanzenbestandes entstehen kann;
g) die beabsichtigte Wasseranlage, falls sie für ein industrielles Unternehmen bestimmt ist, einer landwirtschaftlichen Benutzung des Gewässers unüberwindliche Hindernisse bereiten würde und dieser Widerstreit der Interessen sich ohne Nachteil für das industrielle Unternehmen durch Bestimmung eines anderen Standortes an dem betreffenden Gewässer beheben ließe;
h) durch die Art der beabsichtigten Anlage eine Verschwendung des Wassers eintreten würde;
i) sich ergibt, daß ein Unternehmen zur Ausnutzung der motorischen Kraft eines öffentlichen Gewässers einer möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft nicht entspricht;
k) zum Nachteile des Inlandes Wasser ins Ausland abgeleitet werden soll;
l) das Vorhaben den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung widerspricht.
m) eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist;
n) sich eine wesentliche Beeinträchtigung der sich aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen ergibt.“
V. Erwägungen:
Zunächst ist festzuhalten, dass die bestehende Beschneiungsanlage gemäß § 9 Abs 2 WRG 1959 (Benutzung der privaten Tagwässer) und § 32 Abs 1 und 2 lit a WRG 1959 (Einwirkungen auf Gewässer) bewilligt wurde. Nunmehr ist eine Änderung dieser Anlage dahingehend beantragt, dass dem Schneiwasser durch den Einbau einer Dosieranlage der Zusatzstoff SNOMAX beigefügt werden soll, um auch bei höheren Temperaturen Schnee erzeugen zu können. Die bewilligte Wassermenge und Schneizeit und damit die bewilligte Kunstschneemenge bleiben unberührt. Jedoch ist nach dem natürlichen Lauf der Dinge zu erwarten, dass spätestens mit der Schneeschmelze der Zusatzstoff SNOMAX in den Wasserkreislauf und damit in öffentliche Gewässer gelangt.
Kriterium für die Bewilligungspflicht einer Anlagenänderung nach § 9 Abs 2 WRG 1959 ist unter anderem die Möglichkeit einer Beeinträchtigung öffentlicher Gewässer. Ob eine Beeinträchtigung tatsächlich eintritt und damit einer Bewilligung allenfalls entgegensteht, ist aber erst im Bewilligungsverfahren zu prüfen. Nach § 32 WRG 1959 ist die Bewilligungspflicht bereits dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Auch hier ist der tatsächliche Eintritt einer Gewässerverunreinigung für die Frage der Bewilligungspflicht irrelevant (vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON § 9 RZ 7 und § 32 RZ 4, Stand: August 2018, rdb.at).
Zumal im vorliegenden Fall das Schneiwasser mit gefriergetrockneten und abgetöteten Zellen des Bakteriums Pseudomonas syringae verunreinigt werden soll und dabei nicht von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung öffentlicher Gewässer ausgeschlossen werden kann, ist die beantragte Anlagenänderung gemäß §§ 9 Abs 2 und 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 bewilligungspflichtig.
Zu den Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Anlagenänderung ist zunächst klarzustellen, dass sich aus dem Zusammenhalt der Vorschriften der § 12 Abs 1 WRG 1959, § 105 WRG 1959 und § 111 Abs 1 WRG 1959 ergibt, dass der wasserrechtliche Bewilligungsvorgang eine Abstimmung der Interessen des Bewilligungswerbers mit entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen darstellt (VwGH 22.10.1985, 83/07/0132).
Da § 105 Abs 1 WRG 1959, wie aus dem Wort "insbesondere" hervorgeht, keine erschöpfende Aufzählung öffentlicher Interessen enthält, kann auch die Beeinträchtigung anderer als der in dieser Gesetzesstelle ausdrücklich genannten öffentlichen Interessen zur Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung führen, wobei es sich jedoch um solche handeln muss, die in ihrer Bedeutung den im § 105 Abs 1 WRG 1959 ausdrücklich aufgezählten gleichkommen. Ob dies der Fall ist, ist insbesondere daran zu messen, welches Ziel das WRG 1959 mit der Statuierung einer Bewilligungspflicht für ein bestimmtes Vorhaben verfolgt (VwGH 22.02.1994, 93/07/0131).
Ein Vorgehen nach § 105 Abs 1 WRG 1959 erfordert Feststellungen, welcher Art und welchen Ausmaßes die Einwirkungen auf die wahrzunehmenden öffentlichen Interessen sind, die durch das zu genehmigende Projekt verursacht werden, und unter welchen Gegebenheiten, in welchem Grad und mit welcher Wahrscheinlichkeit mit konkreten Auswirkungen zu rechnen ist. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch das Vorhaben müsste mit einem hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit zu erwarten sein, denn nicht jede theoretische Möglichkeit einer Gefährdung berechtigt zur Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 105 Abs 1 WRG 1959, wohl aber die entsprechend begründete Befürchtung und damit die Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefährdung; einer Gewissheit, dass solche Folgen eintreten, bedarf es hingegen nicht (vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON § 105 RZ 24, Stand: August 2018, rdb.at).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 29.06.2017, E875/2017, betreffend der dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat klargestellt, dass eine im Gesetz angeordnete Interessenabwägung nach der Feststellung der maßgeblichen öffentlichen Interessen die Ermittlung der Kriterien für die Interessengewichtung erfordert. Diese sind in der Rechtsordnung dem Grunde nach vorzuzeichnen; sie ergeben sich aus den jeweils anwendbaren Materiengesetzen bzw aus damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Staatszielbestimmungen. In jedem Fall hat die Ermittlung der Kriterien für die Gewichtung durch eine Interpretation positiven Rechts zu erfolgen.
Die zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen müssen daher bei einer verfassungskonformen Auslegung aus dem positiven Recht ableitbar sein. Das trifft aber auf das von der Wasserrechtsbehörde aus „politischer Sicht“ herangezogene „Image der Unverfälschtheit“ des Tourismusstandortes und auf allfällige „Irritationen und Verunsicherungen“ in der öffentlichen Wahrnehmung nicht zu. Diese ins Treffen geführten Interessen können weder einem Materiengesetz noch einer Staatszielbestimmung entnommen werden. Damit beurteilt die Wasserrechtsbehörde – in erster Linie in politischer Weise – gesetzlich nicht definierte Interessen und zieht aus nicht bewiesenen Vermutungen negative Schlussfolgerungen für die Bewilligungsfähigkeit des vorliegenden Projektes, ohne dass der zuständige Bundesgesetzgeber diesbezüglich gesetzliche Anordnungen getroffen hat. Für eine Auslegung des § 105 Abs 1 WRG 1959, die nicht-normativen Akten und politischen Wünschen entscheidungsrelevante Bedeutung beimisst, besteht keine Rechtsgrundlage. Eine wasserrechtliche Bewilligung kann daher nicht aufgrund allfälliger Imageschäden oder aufgrund der öffentlichen Meinung versagt werden.
Nachdem das von der Wasserrechtsbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren unbestritten ergeben hat, dass der Einsatz des Zusatzstoffes SNOMAX keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die Umwelt erwarten lässt und auch sonst keine Beeinträchtigungen von rechtlich relevanten öffentlichen Interessen iSd § 105 WRG 1959 zu Tage getreten sind, hat das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge zu geben. Die bestehende wasserrechtliche Bewilligung für die Beschneiungsanlage ist daher abzuändern, sodass nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen und der von den Sachverständigen geforderten Auflagen dem Schneiwasser pro 126.000 Liter max 100 g SNOMAX zugesetzt werden dürfen.
Dementsprechend ist auch die Auflage ***** des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.08.1999, Zl ***** und *****, dahingehend abzuändern, dass der Schneizusatz SNOMAX verwendet werden darf. Dazu ist klarzustellen, dass bewilligungspflichtige Änderungen der Betriebsanlage keinen Fall des § 21b WRG 1959 (wonach Auflagen aufzuheben oder abzuändern sind, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen) darstellen, sondern nach den vorliegenden Änderungstatbeständen – gegenständlich also nach den §§ 9 Abs 2 und 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 – zu behandeln sind (vgl dazu auch VwGH 18.05.2005, 2003/04/0108, zur vergleichbaren Bestimmung des § 79c GewO 1994).
Abschließend wird zu den Einwänden des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans, das sich mit Schreiben vom 20.11.2016, Zl *****, und 09.06.2016, Zl *****, gegen die beantragte Bewilligung ausgesprochen hat, festgehalten, dass dem Wasserwirtschaftlichen Planungsorgan gemäß § 55 Abs 5 WRG 1959 in Verfahren, in denen der Landeshauptmann als Behörde zur Entscheidung berufen ist, keine Parteistellung zukommt.
VI. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Einsatz von Zusatzstoffen in der Schneeproduktion und zur Berücksichtigung von Imageschäden und der öffentlichen Meinung im Rahmen des § 105 Abs 1 WRG 1959 fehlt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Künstliche BeschneiungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2016.44.0948.15Zuletzt aktualisiert am
08.08.2018