TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/24 W153 2133127-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §66 Abs1
NAG §54
NAG §55 Abs3

Spruch

W153 2133127-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2016, Zl. 528834502-150175458, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

wird ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Senegals, stellte am 30.09.2010 als damaliger Ehegatte einer deutschen Staatsangehörigen bei der MA 35 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte, welche ihm am 20.12.2010 erteilt wurde.

Die Ehe zwischen den beiden wurde am 28.01.2010 geschlossen und am 11.02.2013 rechtskräftig geschieden.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2015 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Erteilungsvoraussetzungen für die Anmeldebescheinigung weggefallen seien, da er nicht lange genug mit einer (unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten) EU-Bürgerin verheiratet gewesen und auch nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt aus Eigenem zu finanzieren. Es sei daher die Erlassung einer Ausweisung beabsichtigt. Der Beschwerdeführer wurde um die Beantwortung einiger Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen gebeten und zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 14 Tagen aufgefordert.

Am 10.03.2015 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, in der dieser angab, nunmehr seit fünf Jahren im österreichischen Bundesgebiet zu leben, und auf seine Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und Ausbildungen in Form eines Staplerführerscheins und eines Zertifikates als Lager- und Betriebslogistiker verwies. Er gab an, seinen Lebensunterhalt in den letzten Jahren durch Erwerbstätigkeit bestritten zu haben, im Moment arbeitssuchend zu sein und Notstandshilfe zu beziehen. Wohnhaft sei er bei einem Cousin und er lebe in einer Partnerschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Er habe weiters regelmäßig Kontakt zu zwei weiteren, in Österreich aufhältigen Cousins. Er sei in zwei Vereinen engagiert, wo er Veranstaltungen organisiere und Trommelkurse anbiete. Er sei unbescholten und schuldenfrei und wolle im österreichischen Bundesgebiet verbleiben, da sich hier nunmehr sein Lebensmittelpunkt befinde und er sich sprachlich, sozial und beruflich gut integriert fühle. Er habe im Senegal keine Anknüpfungspunkte mehr und würde im Fall einer Rückkehr in eine massive soziale Notlage kommen. Der Stellungnahme lagen unter anderen ein Deutschzertifikat A2, ein Zertifikat über eine Schulung zum Lager/Betriebslogistiker, ein Versicherungsdatenauszug, Mitteilungen des AMS über Leistungsansprüche aus Notstandshilfe, eine Strafregisterbescheinigung sowie drei Empfehlungsschreiben bei.

Am 21.12.2015 langte eine ergänzende Stellungnahme ein, in welcher der Beschwerdeführer einen Arbeitsvertrag (Eintrittsdatum: 08.07.2015) und Lohnzettel des Wiener Hilfswerks sowie Lohnzettel über seine geringfügige Beschäftigung in einer Apotheke vorlegte.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.08.2016 wurde der Beschwerdeführer I. aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 66 Abs. 1 FPG 2005 iVm § 55 Abs. 3 NAG ausgewiesen, II. wurde gemäß § 70 Abs. 3 FPG 2005 ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt. Der Beschwerdeführer sei als begünstigter Drittstaatsangehöriger in das Bundesgebiet eingereist, um sich gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau, einer deutschen Staatsbürgerin, hier niederzulassen. Da die Ehe nunmehr geschieden worden sei, wobei die Dauer weniger als drei Jahre betragen habe und der Beschwerdeführer zudem nicht selbsterhaltungsfähig und auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen angewiesen sei, komme ihm das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr zu. Es bestehe ein öffentliches Interesse, dass der Aufenthalt von Fremden und auch EU-Bürgern nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft werde, und bestehe im gegenständlichen Fall jedoch diese Gefahr. Wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden solle, habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 66 Abs. 3 FPG 2005 insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Es sei daher eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff als verhältnismäßig - auch im Sinne des Art. 8 EMRK - angesehen werden könne. Der Beschwerdeführer verfüge seit dem 21.09.2010 über eine behördliche Meldung in Wien. Er habe es in fast sechs Jahren nicht geschafft, sich eine berufliche Existenz aufzubauen. Derzeit beziehe er Notstands- und Überbrückungshilfe und könne daher nicht von einer nachhaltigen und maßgeblichen beruflichen Integration ausgegangen werden. Zwar habe er ein ÖSD-Diplom auf A2-Niveau erworben, jedoch stelle sich aufgrund der Aufenthaltsdauer von nunmehr sechs Jahren im Bundesgebiet die Frage, warum er seine Deutschkenntnisse nicht weiter vertieft habe. Er sei volljährig und arbeitsfähig und liege der Behörde kein Hinweis darüber vor, dass er gesundheitlich eingeschränkt oder nicht reisefähig sei. Er sei geschieden und habe laut Aktenlage keine Sorgepflichten. Weitere familiäre und soziale Beziehungen bestünden zu einer österreichischen Lebensgefährtin und drei Cousins im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer könne jedenfalls trotz dieser Entscheidung eine etwaige bestehende Lebensgemeinschaft fortsetzen, da er jederzeit zurückkehren, jedoch nur maximal drei Monate ununterbrochen Aufenthalt nehmen könne. Es liege schließlich am Beschwerdeführer, in welchem Zeitraum er die erforderlichen Voraussetzungen für sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erfülle. Im Moment sei nicht erkennbar, dass er tatsächlich großes Interesse habe, die Bestimmungen nach dem NAG zu erfüllen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.08.2016 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass er sich schon seit mehr als fünf Jahren in Österreich aufhalte und daher gemäß § 54a Abs. 1 NAG ein Daueraufenthaltsrecht erworben habe. Nach § 52 Abs. 2 NAG berühre eine Scheidung das Aufenthaltsrecht nach Abs. 1 nicht. Aufgrund des erworbenen Daueraufenthaltsrechts könne der Beschwerdeführer nur mehr ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle, was nicht der Fall sei. Im Übrigen würden auch die der Behörde bekannten Umstände - österreichische Lebensgefährtin, alle Verwandten in Österreich - dazu führen, dass sich eine Ausweisung aus Gründen des Art. 8 EMRK als unzulässig darstelle.

Am 26.08.2016 legte der Beschwerdeführer einen "Arbeitsvertrag für Transitarbeitskräfte" vom 25.08.2016 vor.

Am 21.04.2017 wurde eine Heiratsurkunde vorgelegt, die die Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsangehörigen am 07.04.2017 belegt.

Mit Schreiben vom 16.05.2017 legte der Beschwerdeführer einen Arbeitsvertrag als Küchenhilfskraft ab 10.05.2017 vor (das voraussichtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses wurde mit 02.02.2018 angegeben).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.08.2017 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2016 als unbegründet abgewiesen. Zusammengefasst wurde darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet gewesen sei und die beiden einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich gehabt hätten, weshalb ihm zunächst ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG zugekommen sei. Am 02.11.2011 sei aber die am 11.02.2013 rechtskräftig gewordene Scheidung eingeleitet worden. In Ermangelung einer mindestens drei Jahre dauernden Ehe vor Einleitung des Scheidungsverfahrens oder eines Härtefalles liege kein Ausnahmetatbestand nach § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb dem Beschwerdeführer gem. § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zugekommen sei. Dem Beschwerdeführer sei nach der rechtskräftigen Scheidung am 11.02.2013 kein Aufenthaltsrecht als Angehöriger einer aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin mehr zugekommen. Der Beschwerdeführer habe zwar familiäre Bindungen in Österreich, weil er nunmehr mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, jedoch sei die Eheschließung nach der erstinstanzlichen Ausweisungsentscheidung und somit zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem sich der Beschwerdeführer seines unrechtmäßigen Aufenthalts bewusst habe sein müssen. Ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Ehefrau bestehe erst seit dem 12.04.2017. Der Beschwerdeführer hat die besagte Beziehung sohin im Wissen um die Unsicherheit seines weiteren Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet aufgenommen und intensiviert. In diesem Zusammenhang könne eine aufenthaltsbeendende Maßnahme jedoch nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. In der gegenständlichen Rechtssache liege ein solcher Ausnahmefall jedoch nicht vor, zumal allein die Tatsache des Bestehens einer Familiengemeinschaft mit einer zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Person nicht ausreichen würde, um annehmen zu können, dass mit der angeordneten Rückkehrentscheidung jedenfalls in unzulässiger Weise in das nach Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben eingegriffen werden würde. Es lägen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dahingehend vor, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich oder zumutbar wäre, bei Aufrechterhaltung des Wohnsitzes seiner Familienangehörigen in Österreich den Kontakt mit diesen über diverse Kommunikationsmittel (etwa über das Internet oder Telefon) bzw. durch regelmäßige Besuche der Ehefrau im Senegal aufrechtzuerhalten. Der Beschwerdeführer habe sich bis zum Entscheidungszeitpunkt zwar ungefähr sieben Jahre in Österreich aufgehalten, davon seien aber nur 2 1/2 Jahre rechtmäßig gewesen. Der Beschwerdeführer sei zwar drei Jahre lang übergeringfügig beschäftigt gewesen - wobei der überwiegende Teil dieser Beschäftigung bei einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt erfolgt sei -, habe aber auch insgesamt 2 1/2 Jahre Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl könne daher nicht entgegen getreten werden, wenn es von einer nur geringen beruflichen und wirtschaftlichen Integration des Beschwerdeführers in Österreich ausgehe. Soziale Bindungen zu österreichischen Staatsbürgern seien abgesehen von der Ehefrau nicht nachgewiesen worden; umgekehrt könne nicht von einer Entwurzelung des Beschwerdeführers im Senegal ausgegangen werden. Insgesamt habe sich bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden.

Der vom Beschwerdeführer am 27.07.2017 gestellte Fristsetzungsantrag wurde mit Beschuss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.10.2017 als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 10.08.2017 eine Entscheidung erlassen hat.

Mit weiterem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.11.2017 wurde der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.08.2017 erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.03.2018 wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.08.2017 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Unter Verweis auf eine frühere Entscheidung des VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, wonach eine Trennung von einem österreichischen Ehepartner nur dann gerechtfertigt sei, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen sei, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den Familiennachzug, wurde festgehalten, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung nicht berücksichtigt und demnach auch materiell die Rechtslage verkannt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe das angefochtene Erkenntnis daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet, auch wenn die weitere Annahme des Beschwerdeführers, er habe auf Grund seiner bis zur Ausweisung gültigen Aufenthaltskarte das unionsrechtliche Daueraufenthaltsrecht erworben, nicht zutreffe. In einer früheren Entscheidung des VwGH vom 18.06.2013, 2012/18/0005 sei zwar ausgesprochen worden, dass ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt worden sei, selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gem. § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig bleibe. Das bedeute aber nicht, dass auch im Aufenthaltsbeendigungsverfahren, in dem verbindlich über das Weiterbestehen der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht entschieden werde, für die Vergangenheit in Bezug auf den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts vom Vorliegen dieser Voraussetzungen auszugehen sei; vielmehr habe die Behörde in diesem Verfahren eigenständig zu beurteilen, bis zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht vorgelegen seien und ob ausgehend davon bereits das Daueraufenthaltsrecht erworben worden sei. Dass innerstaatliche Berechtigungen insoweit irrelevant seien, habe der EuGH etwa in seinem Urteil EuGH 8.5.2013, Alarape und Tijani, C-529/11, Rn. 35 ff, ausgesprochen.

Mit Eingabe vom 18.05.2018 wurde dem erkennenden Gericht ein Lohnzettel des Beschwerdeführers vom April 2018 übermittelt. Aus diesem ergibt sich, dass der Genannte seit Februar 2018 als Abwäscher tätig ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger des Senegal und seit 21.09.2010, mit kurzer Unterbrechung vom 21.05.2013 bis 22.08.2013, in Österreich gemeldet. Er schloss am 28.01.2010 die Ehe mit einer Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland. Als Gatte einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigen EWR-Bürgerin wurde ihm am 20.12.2010 durch die MA 35 eine Aufenthaltskarte ausgestellt. Am 01.11.2011 wurde die Scheidung eingeleitet und am 11.02.2013 die Ehe rechtskräftig geschieden. Die Scheidung der Ehe wurde der zuständigen Behörde nicht gemeldet.

Der Beschwerdeführer nahm am 17.06.2011 seine erste (geringfügige) Beschäftigung in Österreich auf und arbeitete von da an teils geringfügig, teils übergeringfügig; zudem gab es auch Zeiten, in denen er Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezog. Am 26.08.2016 legte der Beschwerdeführer einen "Arbeitsvertrag für Transitarbeitskräfte" vom 25.08.2016, anschließend einen Arbeitsvertrag als Küchenhilfskraft ab 10.05.2017 (das voraussichtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses wurde mit 02.02.2018 angegeben) und zuletzt einen Nachweis seiner Beschäftigung als Abwäscher seit Februar 2018 vor.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten, ehrenamtlich engagiert und spricht Deutsch auf A2-Niveau.

Der Beschwerdeführer heiratete am 07.04.2017 eine österreichische Staatsangehörige und lebt mit dieser seit 12.04.2017 in einem gemeinsamen Haushalt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen im Bundesgebiet gründen sich auf den Angaben des Beschwerdeführers.

Bezüglich seiner Sprachkenntnisse liegt ein A2 Sprachzertifikat des ÖSD vor.

Die Ehe des Beschwerdeführers mit einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der vorliegenden Heirats- bzw. Scheidungsurkunde.

Die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit dem 07.04.2017 ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Heiratsurkunde eines österreichischen Standesamtes vom 07.04.2017. Der gemeinsame Wohnsitz der beiden ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 02.07.2018.

Seine bisherige Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet ist aus den im Akt einliegenden Versicherungsdatenauszügen sowie vorgelegten Arbeitsverträgen ersichtlich.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem aktuell eingeholten Strafregisterauszug vom 03.07.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Als begünstigter Drittstaatsangehöriger gilt gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Aus § 55 Abs. 4 NAG 2005 geht klar hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG zu prüfen ist. Diesfalls kommt es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG nicht an. Ebenso wenig ist für das zu wählende Verfahren maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt die Meldung nach § 54 Abs. 6 NAG 2005 erstattet wurde (VwGH 18.6.2013, 2012/18/0005).

Trotz erfolgter Auflösung der Ehe mit einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin und somit Nichtvorliegens der formalen Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Z 11 FGP (begünstigter Drittstaatsangehöriger) ist gegenständlich zur Beurteilung der Rechtsmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Hinblick auf den Beschwerdeführer § 66 FPG zur Anwendung zu bringen.

Der mit "Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern" betitelte § 52 NAG lautet:

"§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1."

Der mit "Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers" betitelte § 54 NAG lautet:

"§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt."

Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Im vorliegenden Fall kam es aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 15.03.2018, Ra 2017/21/0191-8 zur Aufhebung des Erkenntisses des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 10.08.2017. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung im Kern damit, dass die (zweite) Ehe des Beschwerdeführers mit einer Österreicherin keine entsprechende Berücksichtigung gefunden hat und verwies hierbei auf die Entscheidung vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, "wonach eine Trennung von einem österreichischen Ehepartner alleine wegen eines unrechtmäßigen Aufenthaltes nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verhältnismäßig wäre; eine solche Trennung habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner rezenten Judikatur im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen sei, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den Familiennachzug".

Unter Berücksichtigung der soeben genannten Entscheidung des VwGH ist für den vorliegenden Fall zusammengefasst Folgendes auszuführen:

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate im Bundesgebiet berechtigt. Der Beschwerdeführer war bei Niederlassung in Österreich mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und hatte mit ihr einen gemeinsamen Wohnsitz im österreichischen Bundesgebiet, weshalb ihm ein Aufenthaltsrecht zukam. In weiterer Folge kam es am 11.02.2013 zur Scheidung des Beschwerdeführers von seiner, die Unionsbürgerschaft aufweisende und die unionsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch nehmende Ehegattin, wobei ausschlaggebend darauf hinzuweisen ist, dass die Scheidung bereits am 02.11.2011 eingeleitet wurde. Unter Beachtung des Datums der Eheschließung (28.01.2010) hat die Ehe des Beschwerdeführers bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens demnach nicht die in § 54 Abs. 5 Z 1 NAG erforderliche Dauer von drei Jahren gedauert. In Ermangelung einer mindestens 3 Jahre andauernden Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens sowie Bestehens eines Härtefalls liegen keine Ausnahmetatbestände im iSd § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt. Das Vorhandensein von Ausnahmetatbeständen iSd des § 54 Abs. 5 NAG wurde vom Beschwerdeführer zudem auch nicht behauptet.

Gemäß § 54 Abs. 6 hat der Angehörige die für sein Aufenthaltsrecht relevanten Umstände, insbesondere die Scheidung einer Ehe, der Behörde unverzüglich bekannt zu geben. Dieser Verpflichtung kam der Beschwerdeführer nicht nach. Dem Beschwerdeführer kam nach rechtskräftiger Scheidung am 11.02.2013 kein Aufenthaltsrecht als Angehöriger einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin mehr zu.

Wie bereits oben festgestellt, war der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in Österreich vom 17.06.2011 mit Unterbrechungen (wenn auch meist geringfügig) beschäftigt und hat dem Bundesverwaltungsgericht zuletzt mit Eingabe vom 18.05.2018 einen Lohnzettel vom April 2018 vorgelegt, woraus zudem ersichtlich ist, dass er seit Februar 2018 als Abwäscher angestellt ist. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich auch Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen hat, jedoch geht aus der Aktenlage hervor, dass er zumindest immer wieder Arbeit gesucht und auch erhalten hat.

Im vorliegenden Fall ist maßgeblich - unter Einbeziehung der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 15.03.2018, Ra 2017/21/0191-8 - zu berücksichtigen, dass der unbescholtene Beschwerdeführer ein schützenswertes Familienleben mit einer österreichischen Staatsbürgerin führt, die er am 07.04.2017 in Österreich geheiratet hat und mit welcher er seit 12.04.2017 in einem gemeinsamen Haushalt lebt.

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen das Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Familien- und Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.

Abschließend ist erneut festzuhalten, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, weshalb im Fall seines Verbleibens im Bundesgebiet auch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu erkennen ist.

Da sich der angefochtene Bescheid aus diesem Grund als rechtswidrig erwiesen hat, war er gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Bezüglich der weiteren Vorgehensweise wird auf § 55 NAG verwiesen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

begünstigte Drittstaatsangehörige, Deutschkenntnisse, Ehe,
ersatzlose Behebung, Erwerbstätigkeit, Familienleben,
Interessenabwägung, Meldeverstoß, Privatleben, Scheidung,
Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W153.2133127.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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