TE Vfgh Erkenntnis 1997/10/9 B948/96, B1067/96, B1068/96, B1069/96, B1070/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.1997
beobachten
merken

Index

58 Berg- und Energierecht
58/01 Bergrecht

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art10 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art102 Abs2
RohrleitungsG §1
BergG 1975 §145, §146
BergG 1975 §172 Abs6

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die verfassungswidrige Annahme der Zuständigkeit der Bergbehörden zur Entscheidung über eine Erdgasleitung; Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung; Rohrleitungen zum Transport von Erdgas keine Bergbauanlagen mangels unmittelbaren Zusammenhangs mit der Förderung oder einer dem Bergwesen zuzuzählenden Speicheranlage

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die zu B948/96 und B 1067-1070/96 mit jeweils S 21.600,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Berghauptmannschaft Wien erteilte mit Bescheid vom 1. September 1995 der OMV Aktiengesellschaft gemäß §146 des Berggesetzes 1975, BGBl. 259, idF der Berggesetznovelle 1990, BGBl. 355 (im folgenden: BergG), die Bewilligung zur Herstellung (Errichtung) der Erdgasleitung G00-035 zwischen Baumgarten und Tallesbrunn/NÖ auf bestimmten Grundstücken, darunter auf solchen, die im Eigentum der Beschwerdeführer stehen.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (im folgenden: BMwA) wies mit Bescheid vom 31. Jänner 1996, Zl. 63.220/145-VII/A/4/95, die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung als unbegründet ab.

1.2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die zu B948/96 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung bestimmter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

2.1. Die Berghauptmannschaft Wien verpflichtete gemäß §172 BergG die Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 21. Juli 1995 zwecks Herstellung der erwähnten Erdgasleitung zur zwangsweisen Grundüberlassung von Teilflächen bestimmter Grundstücke, setzte hiefür vorläufige Entschädigungsbeträge fest und gestattete der OMV, noch vor Eintritt der Rechtskraft des erstgenannten Ausspruches die zwangsweise überlassenen Teilflächen für die Herstellung und den Betrieb der Erdgasleitung zu benützen.

Gegen diese Bescheide brachten die Beschwerdeführer Berufungen ein, über die der BMwA mit Bescheiden vom 12., 14., 17. und 23. Februar 1996 entschied. Er wies die Rechtsmittel, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer vorläufigen Entschädigung wenden, als unzulässig zurück; im übrigen wies er sie als unbegründet ab.

2.2. Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die zu B 1067-1070/96 eingebrachten, auf Art144 B-VG gegründeten Beschwerden. Darin wird gleichfalls die Verletzung bestimmter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.

3.1. Der BMwA als jene Behörde, die die angefochtenen Bescheide erlassen hat, legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete zu den Beschwerden eine Gegenschrift. Er stellt den Antrag, die Beschwerden, soweit sie sich auf die Bestimmung der vorläufigen Entschädigung für die zwangsweisen Grundüberlassungen beziehen, mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen, im übrigen als unbegründet abzuweisen.

3.2. Die OMV nahm als beteiligte Partei zu dieser Frage Stellung. Die angefochtenen Bescheide seien zu Recht auf das BergG gestützt worden.

3.3. Die Beschwerdeführer erstatteten eine "ergänzende Stellungnahme", in der sie ihr Vorbringen im wesentlichen wiederholen und sämtliche Anträge vollinhaltlich aufrecht hielten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerden erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Der BMwA beantragt, die zu B 1067-1070/96 erhobenen Beschwerden insoweit zurückzuweisen, als sie sich auf die Bestimmung der vorläufigen Entschädigung beziehen.

Dieses Begehren ist unberechtigt:

Zwar ist in §172 Abs6 BergG eine sukzessive Zuständigkeit der Gerichte vorgesehen; danach tritt mit Anrufung des Gerichtes der Ausspruch der Berghauptmannschaft über die Entschädigung außer Kraft. Da jedoch die bekämpften Bescheide verfahrensrechtliche Bescheide sind, die nicht über die Entschädigung absprechen, hinsichtlich deren Kontrolle die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen ist, hat der Verfassungsgerichtshof in der Sache zu entscheiden.

2. Auch sonst sind alle Prozeßvoraussetzungen gegeben. Die Beschwerden sind sohin insgesamt zulässig.

B. Zur Sache:

1.1. Die Beschwerdeführer begründen ihre Behauptung, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, damit, daß die in Rede stehende Gasrohrleitung nicht dem BergG unterliege; vielmehr sei das Vorhaben nach dem Rohrleitungsgesetz, BGBl. 411/1975, zu beurteilen gewesen.

1.2. Mit der Ansicht, daß hier das BergG nicht anwendbar gewesen sei, sind die Beschwerdeführer im Recht:

1.2.1. Die hier in erster Linie in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des BergG lauten:

"§1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. .....

4. 'Speichern' das Einbringen mineralischer Rohstoffe in gelöstem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in geologische Strukturen und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten;

.....

§2. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für das Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseigenen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe, für das Aufbereiten dieser Rohstoffe, soweit es durch den Bergbauberechtigten in betrieblichem Zusammenhang mit dem Aufsuchen oder Gewinnen erfolgt, ..... ferner für das Suchen und Erforschen geologischer Strukturen, die zum Speichern flüssiger oder gasförmiger Kohlenwasserstoffe verwendet werden sollen, für das unterirdische behälterlose Speichern solcher Kohlenwasserstoffe sowie für das Aufbereiten der gespeicherten Kohlenwasserstoffe, soweit es vom Speicherberechtigten in betrieblichem Zusammenhang mit dem Speichern vorgenommen wird.

.....

....

§4. (1) Bundeseigene mineralische Rohstoffe sind:

1.

.....

2.

Kohlenwasserstoffe;

3.

.....

(2) Das Eigentumsrecht an Grund und Boden erstreckt sich nicht auf bundeseigene mineralische Rohstoffe und die Hohlräume der Kohlenwasserstoffträger.

....

Bergbauanlagen

§145. Unter einer Bergbauanlage ist jedes für sich bestehende, örtlich gebundene und künstlich geschaffene Objekt zu verstehen, das den im §2 Abs1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist.

§146. (1) Zur Herstellung (Errichtung) und zum Betrieb (zur Benützung) von obertägigen Bergbauanlagen, ferner von Zwecken des Bergbaus dienenden Stollen, Schächten, Bohrungen ab 100 m Tiefe und Sonden sowie von untertägigen Bergbauanlagen, soweit diese wegen ihrer Ausstattung mit Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden, sowie bei wesentlichen Änderungen an derartigen Bergbauanlagen sind Bewilligungen der Berghauptmannschaft einzuholen.

.....

....

§170. Vor Benützung der Oberfläche und des oberflächennahen Bereiches von fremden Grundstücken oder Teilen von solchen zur Ausübung der im §2 Abs1 angeführten Tätigkeiten hat der Bergbauberechtigte die Zustimmung des Grundeigentümers einzuholen.

....

§172. (1) Gestattet der Grundeigentümer dem Bergbauberechtigten nicht, für den Bergbau notwendige Grundstücke oder Grundstücksteile gegen eine angemessene Entschädigung auf die Dauer des Bedarfes zu benützen, so kann der Bergbauberechtigte bei der Berghauptmannschaft um zwangsweise Grundüberlassung ansuchen.

.....

(4) Über das Ansuchen entscheidet die Berghauptmannschaft im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann.

.....

(6) Der die zwangsweise Grundüberlassung (Übertragung der Grundstücke ins Eigentum) und im Fall des Abs5 außerdem die Übernahme der Grundstücke ins Eigentum verfügende Bescheid hat auch die Entschädigung vorläufig zu bestimmen. Über Berufungen gegen solche Bescheide entscheidet der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten; der Ausspruch über die Entschädigung ist jedoch mit Berufung nicht anfechtbar. Er wird endgültig, wenn die Feststellung der Entschädigung nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Ausspruchs über die Pflicht zur Grundüberlassung (Übertragung der Grundstücke ins Eigentum) bei demjenigen Bezirksgericht begehrt wird, in dessen Sprengel das zur Benützung zu überlassende (ins Eigentum zu übertragende) Grundstück oder der zur Benützung zu überlassende Teil eines solchen liegt. Dieses Gericht hat im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Mit Anrufung des Gerichtes tritt der Bescheid hinsichtlich des Ausspruchs über die Entschädigung außer Kraft. Dadurch kann jedoch die Vollziehung des aufrecht gebliebenen Teiles des Bescheides nicht gehindert werden, sobald die vorläufig bestimmte Entschädigung geleistet oder gerichtlich erlegt ist. .....

(7) Auf Antrag des Bergbauberechtigten hat die Berghauptmannschaft die Ausführung des die zwangsweise Grundüberlassung (Übertragung der Grundstücke ins Eigentum) erfordernden Vorhabens noch vor Eintritt der Rechtskraft des Ausspruchs über die Pflicht zur Grundüberlassung (Übertragung der Grundstücke ins Eigentum) zu gestatten, wenn dies zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen, von Sachen, der Umwelt, von Lagerstätten, aus bergwirtschaftlichen Gründen oder zum Schutz der Oberfläche notwendig ist und der Bergbauberechtigte die vorläufig bestimmte Entschädigung geleistet oder gerichtlich erlegt hat. Die Berufung gegen einen derartigen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung."

1.2.2. Der BMwA geht im angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1996 - aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens - von nachstehendem Sachverhalt aus:

"Die OMV speichert ... unter anderem in Tallesbrunn in anerkannten Gewinnungsfeldern von ihr gefördertes sowie importiertes Erdgas. Die gegenständliche Gasleitung dient auch der Zu- und Ableitung von Erdgas zur Gasspeicherstation in Tallesbrunn, von wo das Erdgas über Sondenleitungssysteme und mehrere Sonden den kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen in Tallesbrunn zugeführt bzw. bei Bedarf entnommen wird. Im Knoten Baumgarten sowie in der Gasspeicherstation Tallesbrunn wird das Erdgas getrocknet, gereinigt und bei Bedarf druckerhöht, um dieses speicherfähig zu machen. Das den Speichern entnommene Erdgas wird, um es weiterleiten zu können, ebenfalls getrocknet, gereinigt und druckerhöht."

Daraus folgert die Behörde in rechtlicher Beziehung:

"Da der Begriff des 'Speicherns' ... auch die damit zusammenhängenden vorbereitenden - im bergmännischen Sprachgebrauch sind darunter solche Tätigkeiten zu verstehen, die gegenständlichenfalls das Erdgas speicherfähig machen sollen -, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten umfaßt, und zwar nach den Erläuterungen zu §1 der Regierungsvorlage betreffend das Berggesetz 1975 ausdrücklich auch die Entnahme der eingebrachten mineralischen Rohstoffe und deren Transport zur Aufbereitung oder zur Abgabestelle (siehe 1303 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP, S. 61; vergleiche auch die Erläuterungen zu §146 der Regierungsvorlage betreffend den Begriff 'Sonde', a.a.O., S. 88), handelt es sich bei der gegenständlichen Gasleitung um eine Anlage, die dem im §2 Abs1 des Berggesetzes 1975 genannten Speichern gasförmiger Kohlenwasserstoffe dient; es liegt somit eine Bergbauanlage im Sinne des §145 leg.cit. vor."

In der Gegenschrift vertritt der BMwA die Ansicht, daß es sich bei der gegenständlichen Erdgasleitung G00-035 zwischen Baumgarten und Tallesbrunn, die auch der Zu- und Ableitung von Erdgas zur Gasspeicherstation in Tallesbrunn diene, von wo das Erdgas über Sondenleitungssysteme und mehrere Sonden den kohlenwasserstofführenden geologischen Strukturen in Tallesbrunn zugeführt bzw. bei Bedarf entnommen werde, um eine Bergbauanlage handle, deren Errichtung einer Bewilligung nach dem BergG 1975 bedürfe, also weder als eine zu den Verbrauchern führende Gasrohrleitung noch als eine Gas-Fernleitung nach dem RohrleitungsG zu beurteilen sei.

Er begründet dies - unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten - zusammenfassend folgendermaßen:

"Wie im Gutachten von o.Univ.Prof. Dr. Heinemann dargestellt wird, erfordern sowohl die Einspeicherung von Erdgas in kohlenwasserstofführende geologische Strukturen als auch die Entnahme und Übergabe an den Verwender die chemische und physikalische Konditionierung des Gases. Hiezu sind Meßeinrichtungen mit vorhergehender Abscheidung (Filterung) von allfälligen Verunreinigungen an der Übernahmestelle des einzuspeichernden Gases aus Produktion oder Import, eine Verdichtung auf den erforderlichen Druck sowie eine damit zusammenhängende Kühlung bzw. eine Sondenmeßeinrichtung mit vorgeschaltetem Abscheider, eine Gasvorwärmung, eine Druckreduzierung und Gastrocknung, fallweise eine Verdichtung auf den erforderlichen Fortleitungsdruck und eine Ausgangsmessung vor Einbindung in die Stationsausgangsleitung erforderlich. Diese Anlagen, die dem Speichern dienen, sind durch Leitungen verbunden, die nach Ansicht der belangten Behörde ebenfalls als dem Speichern dienende Anlagen anzusehen sind.

Da der geplante Leitungsabschnitt G00-035 zwischen Baumgarten und Tallesbrunn zwei dem Speichern dienende Anlagen, nämlich die Gasspeicherstation in Tallesbrunn sowie den Knoten Baumgarten - in beiden wird das Erdgas getrocknet, gereinigt und bei Bedarf druckerhöht, um es speicherfähig zu machen - verbindet, dient auch die gegenständliche Leitung nach Ansicht der belangten Behörde dem 'Speichern' im Sinne des §1 Z4 des Berggesetzes 1975, und ist auf diese daher die Bestimmungen des Berggesetzes 1975 anzuwenden."

1.2.3. Die Beschwerdeführer bestreiten den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nicht, meinen aber dennoch, daß die in Rede stehenden "Gas-Fernleitungen" keine Bergbauanlagen iS. des BergG seien:

"Der Transport von Erdgas mittels der geplanten Erdgasleitung G00-035 erfordert keine wie immer gearteten bergbauspezifischen Methoden und Mitteln. Das erhellt auch daraus, daß die beispielsweise im Rohrleitungsgesetz genannten Gas-Fernleitungen eben gerade nicht dem Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z10 B-VG unterstellt sind.

Transportleitungen werden von Baufirmen errichtet, der Einbau von Rohren für den Zukauf und den Verkauf von Gas erfordert kein besonderes bergbautechnisches Wissen. Die Verlegung der Rohre erfolgt aus rein ökonomischen Gesichtspunkten geradlinig und wird öffentlicher Grund aus welchen Gründen immer, vermieden. Die Errichtung von kilometerlangen Leitungen über privaten Grund wird unter unrichtiger Anwendung des Berggesetzes erzwungen, während z. B. die EVN für ihre Leitungen privatrechtliche Servitutsvereinbarungen oder Bestandsverträge abschließen muß. Die OMV erscheint hier unsachlich privilegiert.

Darüber hinaus bestimmt §145 Berggesetz, daß unter einer Bergbauanlage ein für sich bestehendes, örtlich gebundenes und künstlich geschaffenes Objekt zu verstehen sei, das den im §2 Abs1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist. Bei der von der OMV geplanten Gas-Fernleitung handelte es sich aber keinesfalls um ein solches, örtlich gebundenes Objekt. Die geplante Gasleitung verbindet den Knoten Baumgarten mit der ca. 20 km entfernt liegenden Gasspeicheranlage Tallesbrunn. Von einem örtlich gebundenen, für sich bestehenden Objekt kann wohl keine Rede sein."

2.1.1. Unter dem Blickwinkel des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat der Verfassungsgerichtshof mithin zu prüfen, ob die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen hat (zB VfSlg. 9696/1983), ein Fall, der auch dann vorliegt, wenn in unterer Instanz eine sachlich unzuständige Behörde entschieden hat (vgl. VfSlg. 1953/1950, 3966/1961, 4401/1963, 4776/1964, 5685/1968, 5700/1968, 6930/1972, 7122/1973, 7605/1975, 8188/1977, 8731/1980, 8883/1980, 9599/1983, 11033/1986).

2.1.2. Die belangte Behörde nimmt an, daß die Erdgasleitung einer Bewilligung nach dem BergG bedarf. Die Beschwerdeführer halten dies für unzutreffend und nehmen eine Genehmigungspflicht auf Grundlage des RohrleitungsG an. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung abzustellen, also zu klären, ob die Bewilligung zur Herstellung der strittigen Erdgasleitung unter das "Bergwesen" iS des Art10 Abs1 Z10 B-VG fällt oder einer anderen Materie zugehört, etwa den "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" gemäß Art10 Abs1 Z8 B-VG zuzuzählen ist. Die Zuständigkeit der Bergbehörden zur Erteilung einer Bewilligung gemäß §146 BergG kann nämlich nur in den von Verfassungs wegen vorgezeichneten Grenzen gegeben sein.

Zwar ist das "Bergwesen" iS des Art10 Abs1 Z10 B-VG - auf welchem das BergG und darauf aufbauend die hier bekämpften Bescheide beruhen - und der alternativ hiezu in Betracht zu ziehende Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" gemäß Art10 Abs1 Z8 B-VG gleichermaßen in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Doch ist die Abgrenzung zwischen diesen beiden Kompetenztatbeständen insofern relevant (s. schon VfSlg. 5672/1968), als aufgrund des Kompetenztatbestandes Bergwesen ergangene Bundesgesetze nach Art102 Abs2 B-VG eigene Verwaltungsbehörden des Bundes zu ihrer Vollziehung berufen und die Landesbehörden ermächtigt werden können, "zu einzelnen genau zu bezeichnenden Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen" (Art10 Abs2 B-VG).

2.2.1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den hier präjudiziellen §146 Abs1, erster Satz, BergG werden in den Beschwerden weder unter diesem Blickwinkel noch sonst vorgebracht; solche Bedenken sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlaß der vorliegenden Beschwerdefälle auch nicht entstanden. Vielmehr kann und muß die genannte Bestimmung - wie die folgenden Ausführungen zeigen - in einschränkendem Sinne einer verfassungskonformen Auslegung zugeführt werden.

2.2.2. Der BMwA hat dem gegenüber dem §146 Abs1, erster Satz, BergG, einen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung widersprechenden Inhalt unterstellt, wenn er die gesamte Gasleitung G00-035 als dem BergG unterliegend beurteilt hat; er hat damit zu Unrecht eine Zuständigkeit der Bergbehörden angenommen. Die Beschwerdeführer wurden daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt:

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9337/1982, 10831/1986) sind verfassungsrechtliche Begriffe, die in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben sind, in dem Sinn zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der die entsprechenden Begriffe enthaltenen Verfassungsnormen zugekommen ist. Kompetenztatbeständen ist also jener Inhalt beizumessen, der ihnen nach der im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (das ist in der Regel - so auch hier - der 1. Oktober 1925) geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage zukam (sog. "Versteinerungstheorie").

Eine Fortentwicklung des Begriffsinhalts ist damit allerdings nicht ausgeschlossen: Es sind auch Neuregelungen unter einen bestimmten Kompetenztatbestand zu subsumieren, sofern sie nach ihrem "wesentlichen" Inhalt systematisch dem Kompetenzgrund angehören (vgl. zB VfSlg. 2658/1954, 3670/1960).

2.4. Da der Begriff "Bergwesen" vom B-VG nicht näher umschrieben ist, ist zur Ermittlung des Begriffsinhaltes auf das am 1. Oktober 1925 in Geltung stehende Bergrecht zurückzugreifen, das auf Gesetzesstufe damals vornehmlich durch das Allgemeine Berggesetz, RGBl. 146/1854, idF des Art50 des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. 277/1925 (im folgenden: ABG 1854), geregelt war (vgl. VfSlg. 13299/1992).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis VfSlg. 13299/1992 ausführlich mit dem Kompetenztatbestand "Bergwesen" auseinandergesetzt. Er hat zwar damals das hier konkret zu behandelnde Problem nicht erörtert, sich jedoch darin allgemein mit diesem Begriff auseinandergesetzt und kam dabei zu folgendem Ergebnis:

"Der Begriff 'Bergwesen' erfaßt also seinem Zweck nach nicht bloß die auf das Gewinnen von 'Mineralien' abzielenden, sondern auch andere, die Erdkruste nutzende Tätigkeiten, sofern diese auf eine für das Gewinnen von 'Mineralien' kennzeichnende Weise erfolgen, also mit Mitteln und Methoden, die sonst für das Gewinnen von 'Mineralien' typisch sind ('Bergbau'). Die im Zusammenhang mit der Auslegung der Kompetenzbestimmungen entwickelten, oben dargestellten Maximen führen also - entgegen der Auffassung der antragstellenden Landesregierungen - im besonderen Fall des 'Bergwesens' dazu, daß zur Abgrenzung dieses Kompetenztatbestandes primär auf die angewendeten Mittel und Methoden und bloß sekundär auf die zu gewinnenden Produkte abzustellen ist. Unter den Kompetenztatbestand 'Bergwesen' fallen also jedenfalls alle Regelungen, die der Abwehr von Gefahren dienen, die spezifisch im Zusammenhang mit dem 'Bergbau' stehen und der Bevölkerung im allgemeinen sowie den im Berg Arbeitenden im besonderen drohen.

Nicht zum 'Bergwesen' zählen demnach Tätigkeiten, die keine speziellen bergbautechnischen, sondern bloß allgemeine technische Kenntnisse, Mittel und Methoden erfordern. So beschränkt denn auch §2 Abs1 und 3 BergG den Geltungsbereich des Berggesetzes hinsichtlich der strittigen Tätigkeiten ausdrücklich auf die 'bergbautechnischen Aspekte'; §132 Abs2 BergG läßt die Bewilligungspflicht nach anderen Bundes- und Landesgesetzen (und insbesondere abfallrechtliche Vorschriften) unberührt."

Unter den Begriff "Bergwesen" fällt sohin das Speichern von Kohlenwasserstoffen (§4 Abs1 Z2 BergG) in geologischen Strukturen nur dann, wenn es mit Mitteln und Methoden erfolgt, die für den Bergbau typisch sind. Zum Transport von Erdgas in Rohrleitungen außerhalb von Bergwerksanlagen bzw. von und zu geologischen Strukturen sagt dieses Erkenntnis jedoch konkret nichts aus.

2.5. Das Allgemeine österreichische Berggesetz, RGBl. 146/1854 (im folgenden: ABG 1854) brachte - wie sich aus ArtV des Kaiserlichen Patentes vom 23. Mai 1854, womit für den ganzen Umfang der Monarchie ein allgemeines Berggesetz erlassen wird, RGBl. 146/1854, ergibt - insofern eine Änderung zu der vordem bestandenen Rechtslage, als bestimmte Hüttenwerke und andere Unternehmungen, zu deren Errichtung die Konzessionen bisher von den Bergwerksbehörden erteilt wurden, nunmehr sowohl hinsichtlich der Befugnis zu deren Errichtung, als der Aufsicht über ihren Betrieb den zur Leitung der Gewerbe-Angelegenheiten und Fabriken bestellten Behörden unterstellt wurde.

Zum Bergwesen wurde seit jeher nur - ein Teil (s. VwSlg. Budw. 3820/1887, ferner VwSlg. 4554/1906) der - urproduktive(n) Tätigkeit gezählt, während "die weitere Bearbeitung, die Umwandlung des bergmännisch gewonnenen Rohstoffes in ein anderes Produkt Stoffveredelung zum Gegenstand hat und darum gewerbliche Tätigkeit ist. Der Veredelung des bergmännisch gewonnenen Urproduktes sind Hütten- und Hammerwerke gewidmet; darum fällt die Beschäftigung in diesen unter den Begriff des Gewerbes."

(Kulisch, System des österreichischen Gewerberechtes I2, Innsbruck 1912, 198 f.).

Hinsichtlich der Transportwege für bergmännisch geförderte Produkte ordneten §131 und §133 ABG 1854 an:

"§. 131.

Die Bergwerks-Verleihung berechtiget den Besitzer zugleich:

a)

.....

b)

zur Gewinnung, Förderung, Aufbereitung und Zugutebringung der Mineralien, zur Wetterführung (Zuleitung zum Athmen tauglicher Luft) und Wasserhaltung (Entleerung der Grubenbaue von den Wässern), Vorrichtungen, Maschinen und Werkstätten jeder Art zu errichten, unter welche letztere insbesondere die Erzmühlen und Quetschwerke, Pochwerke, Schlemmwerke, Schmelzöfen, Amalgamirwerke, Quickmühlen, Erzröste, Koaksöfen, Extractions- oder Laugwerke, Krystallisationswerke und die Bergschmieden zu rechnen sind;

c)

.....

d)

zum Ab- und Zugange für Menschen und Thiere, und zur Zu- und Ablieferung der Bergwerks-Erfordernisse und Erzeugnisse, Wege, Stege, Brücken und Eisenbahnen, zum Abstürzen der geförderten Mineralien Haldenplätze anzulegen;

.....

...

§. 133.

Zur Herstellung von Gebäuden, Wasserwerken, Straßen Brücken, Eisenbahnen, Maschinen und anderen Bauführungen über Tag, hat der Bergwerks-Besitzer die vorgeschriebene Baubewilligung der politischen Behörden einzuholen, und der Bergbehörde nach erfolgter Herstellung die Anzeige zu erstatten.

Beabsichtiget der Bergwerks-Besitzer in der Grube, Maschinen, welche nicht von Menschenkräften betrieben werden, zu errichten, so hat er dieses der Bergbehörde vor deren Errichtung anzuzeigen."

In diesem Zusammenhang ist auch auf die im Einvernehmen mit dem Minister des Inneren vom Handelsminister erlassene Verordnung hinzuweisen, mit welcher das Gewerbe der Verarbeitung von Erdöl und das Gewerbe des Vertriebes von Petroleum mittels Tankwagen an eine Konzession gebunden wird, RGBl. 62/1910; denn der enge sachliche Zusammenhang von Erdöl und Erdgas ist - wie etwa auch die sogleich zu zitierende weitere Rechtsquelle erweist - nicht übersehbar. Diese, auf die Gewerbeordnung 1859 gestützte Verordnung band gemäß ihrem §1 das Gewerbe der Verarbeitung von Erdöl (Z1) und das Gewerbe des Vertriebes von Petroleum durch Zuführung mittels transportabler Behälter und Abfüllung aus diesen (Tankwagenbetrieb) (Z2) an eine gewerberechtliche Konzession.

Das Erdöl- und Erdgasgesetz vom 7. Juli 1922, BGBl. 446, änderte zwar §3 Abs2 des ABG 1854 (statt "Erdharze" wird nunmehr auf Bitumen in festem, flüssigem und gasförmigem Zustand, insbesonders Erdwachs, Asphalt, Erdöl und Erdgas sowie die wegen ihres Gehaltes an Bitumen technisch verwertbaren Gesteine abgestellt) und brachte einige Sonderregelungen über die Verleihung und den Entzug von Bergwerksbewilligungen. Hinsichtlich des Transportes insbesonders von Erdgas bzw. der Herstellung von Transportwegen für dieses sind keinerlei Änderungen im Verhältnis zur anhin bestandenen Rechtslage erfolgt.

Durch Art50 ZVI und VII des - gemäß seinem Art65 Abs1 mit 1. September 1925 in Kraft getretenen - VerwaltungsentlastungsG, BGBl. 277/1925, wurden §131 litd und §133 ABG 1854 wie folgt geändert:

"VI. Der Punkt d) des §131 hat zu lauten:

'd) zum Ab- und Zugange für Menschen und Tiere Wege, Stege, Brücken und zur Beförderung der Erfordernisse und Erzeugnisse seines Bergbaues oder zur Beförderung der in seinem Betriebe beschäftigten Personen von und zur Arbeitsstätte auch Eisenbahnen, zum Abstürzen der geförderten Mineralien Haldenplätze anzulegen;'

VII. Der §133, dessen Marginale unverändert bleibt, erhält folgenden neuen Wortlaut:

'Zur Herstellung und zum Betriebe von Werksanlagen (§131, a bis g) ist die Bewilligung der Bergbehörde einzuholen. Diese hat, sofern sonstige öffentliche Rücksichten berührt werden, vor Erteilung der Bewilligung das Einvernehmen mit der politischen oder sonst berufenen Behörde zu pflegen.

Die Bewilligung zur Anlage und zum Betriebe einer Eisenbahn, die ein Bergbauunternehmer lediglich zur Beförderung der Erfordernisse und der Erzeugnisse seines Bergbaues (nichtöffentliche Eisenbahn) oder zur Beförderung der in seinem Betriebe beschäftigten Personen von und zur Arbeitsstätte errichten will, erteilt die Bergbehörde. Diese Bewilligung darf, wenn die Eisenbahn öffentliche Wasserläufe, öffentliche Wege, Brücken u. dgl. oder eine der eisenbahnbehördlichen Bewilligung unterliegende Bahn in irgendeiner Weise kreuzt oder berührt, nur auf Grund eines Fachgutachtens der Eisenbahnbehörde und nur dann erteilt werden, wenn dagegen vom Standpunkte des allgemeinen Eisenbahnverkehres kein Anstand obwaltet. Zur Erteilung der Bewilligung ist jedoch das Bundesministerium für Handel und Verkehr als Eisenbahnbehörde in allen Fällen berufen, in denen die Eisenbahn in eine der eisenbahnbehördlichen Bewilligung unterliegende Bahn mit gleicher Spurweite derart einmündet, daß ein Übergang von Fahrbetriebsmitteln stattfinden kann.'"

Bis zur Erlassung des VerwaltungsentlastungsG 1925 war also in §131 litd ABG 1854 vorgesehen, daß eine Bergwerksberechtigung den "Besitzer" u.a. dazu ermächtigte, zur Ablieferung der Bergwerkserzeugnisse Wege, Stege, Brücken und Eisenbahnen zu errichten. Gemäß dem ersten Absatz des §133 leg.cit. war aber zur Erteilung der Baubewilligung für die Herstellung von Gebäuden, Wasserwerken, Straßen, Brücken, Eisenbahnen, Maschinen und anderen Bauführungen über Tag nicht die Bergbehörde, sondern die politische Behörde zuständig (s. etwa auch Mayrhofer - Pace, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst V5, Wien 1901, 1035 ff. (1059 ff.)). Insgesamt ist diesen Bestimmungen zu entnehmen, daß sich die Befugnis des Bergbauberechtigten zur Errichtung von - von der politischen Behörde zu genehmigenden - Transportwegen auf solche innerhalb des Bergbaubetriebes bzw. in unmittelbarem bergbaubetrieblichem Zusammenhang stehende beschränkte. Ferner wurde durch das ABG 1854 auf die Bringung der durch den Bergwerksberechtigten selbst geförderten Produkte abgestellt (vgl. VwSlg. Budw. 1604 A/1903, 4554 A/1906, 5242 A/1907; weiters Kulisch, System des österreichischen Gewerberechtes I2, Innsbruck 1912, 197f). Der weitere Transport bergmännisch gewonnener Rohstoffe gehörte danach nicht zum Bergrecht.

Das VerwaltungsentlastungsG 1925 brachte insofern eine Änderung, als für die Erteilung von Genehmigungen für Bergwerksanlagen nunmehr grundsätzlich die Bergbehörde zuständig sein sollte. Begründet wurde diese "Kompetenzkonzentration" in den "Erläuterungen zu den Gesetzen betreffend die Vereinfachung der Verwaltung", BlgNR 116, 2. GP, 55, wie folgt:

"... Zunächst erfordern es die großen Gefahren, die gerade mit dem Bergbaubetriebe verbunden sind, daß alle bergbaulichen Anlagen ober- und untertags vor ihrer Benutzung einer behördlichen Genehmigung - ebenso wie nach der Gewerbeordnung die gewerblichen Anlagen - unterworfen werden. Ferner ist es unzweckmäßig, wenn diese Genehmigung nicht von der fachkundigen Bergbehörde, sondern von der politischen Behörde erteilt wird. Endlich macht es die immer zunehmende Verwendung von Maschinen in der Grube notwendig, auch für deren Errichtung eine Genehmigungspflicht durch die Bergbehörden einzuführen."

Aus diesen Erläuterungen erhellt bereits, daß der Gesetzgeber die Zuständigkeit der "fachkundigen Bergbehörde" insbesonders deshalb erweiterte, um - nebst einer Verwaltungsvereinfachung - vor allem die Abwehr von bergbauspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit diversen bergbaulichen Anlagen auftreten können, optimal zu gewährleisten. In der Sache selbst erfolgten - von technischen Anpassungen abgesehen - keine wesentlichen Änderungen.

Daraus folgt, daß unter Bedachtnahme auf die im Versteinerungszeitpunkt maßgebliche Rechtslage nur Regelungen über die Genehmigung solcher Anlagen zum Transport von Bergbauprodukten zum "Bergwesen" zählten, die in einem unmittelbaren, insbesondere räumlichen Zusammenhang mit dem Bergbaubetrieb standen.

2.6. Wendet man diese Überlegungen auf den zu B948/96 protokollierten Beschwerdefall an, zeigt sich, daß sich der angefochtene Bescheid aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht auf das BergG zu stützen vermag; auch der Hinweis der belangten Behörde auf die Erläuterungen zur RV zum BergG 1975 (1303 BlgNR 13. GP, 61) ändert daran nichts. Gewiß zählen - bestimmte - Regelungen über den Transport mineralischer Rohstoffe zur Aufbereitung oder zur Abgabestelle zum Bergwesen; dies allerdings nur im dargestellten Umfang, d.h. im Rahmen eines örtlich geschlossenen Bergbaubetriebes, gegebenenfalls in dessen unmittelbarer örtlicher Umgebung.

Nicht mehr erfaßt vom Kompetenztatbestand Bergwesen iS des Art10 Abs1 Z10 B-VG sind jedoch Regelungen über die Genehmigung von Gasrohrleitungen, welche weit auseinanderliegende, für sich relativ selbständige Betriebseinheiten zwecks Vorbereitung der - weitere Maßnahmen erfordernden - optimalen Verteilung auf die Verbraucher verbinden.

Weder kann die Rede davon sein, daß im vorliegenden Fall die Herstellung und der Betrieb der Gasleitung als solche(r) spezielle bergbautechnische Kenntnisse, Mittel und Methoden erfordert (vgl. VfSlg. 13299/1992), noch, daß ein unmittelbarer bergbaubetrieblicher Zusammenhang zwischen Knoten Baumgarten und Gasspeicherstation Tallesbrunn bestünde.

In den Projektunterlagen (Technischer Bericht, Leitung G00-035, ME Nr. 202 629) betreffend die Erweiterung des Primärverteilersystems Baumgarten - Auersthal/Abschnitt Baumgarten-Tallesbrunn wird diesbezüglich ausgeführt:

"Projektgegenstand ist die Erweiterung des Primärverteilersystems Baumgarten - Auersthal.

Der Erdöl- und Erdgasbetrieb der ÖMV-Aktiengesellschaft beabsichtigt daher die Errichtung einer Erdgashochdruckleitung DN 800/PN 70 von Baumgarten nach Auersthal mit Einbindung in die Speicherstationen Tallesbrunn und Schönkirchen/Reyersdorf.

Die Leitung stellt das Zentralsystem für die Übernahme und Weiterleitung des Importgases, das Zu- und Ableitsystem für die Speicher Tallesbrunn und Schönkirchen/Reyersdorf, die Verbindung zwischen den Hauptstationen Baumgarten und Auersthal inklusive der in diesen Stationen errichteten Verteilerknoten sowie den Gastransport über das angeschlossene Ferngastransportsystem zu den Abnehmern (Landesferngesellschaften) dar. Die Leitungslänge beläuft sich auf etwa 20 km.

Aus dem Knoten Baumgarten sollen 850.000 Nm3/h mit Importgasdruck (ca. 50 bar) übernommen und über die neu zu errichtende Gasleitung G00-035 (DN 800, PN 70) zum Gasknoten Auersthal transportiert werden. 640.000 Nm3/h davon sollen über die 1992 errichtete Gasleitung G00-036 (DN 800, PN 70) zur Übergabestation Aderklaa geleitet und dort in die, der Wiengas gehörenden Leitungen 'Ost 1' und 'Ost 2', mit einem Mindestdruck von 46 bar eingespeist werden.

Für den Speicherbetrieb sollen über die Anschlußleitung G00-035/1 350.000 Nm3/h in die bzw. aus der Speicherstation Tallesbrunn und Aber die Anschlußleitung G00-035/2 700.000 Nm3/h in die bzw. aus der Speicherstation Schönkirchen-Reyersdorf gefördert werden.

..."

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß diese Erdgasleitung nicht nur der Verbindung des Knotens Baumgarten mit der Gasspeicherstation Tallesbrunn dient, sondern insbesonders der Übernahme und Weiterleitung des Importgases zum Gasknotenpunkt Auersthal. Darüber hinaus verbindet die Leitung G00-035 - wie sich dies aus den Planunterlagen ergibt - auch nicht direkt den Knoten Baumgarten mit dem Gasspeicher Tallesbrunn, vielmehr wird dieser lediglich über die Anschlußleitung G00-035/1 in das Gasprimärverteilungssystem der OMV AG eingebunden.

Mag im Knoten Baumgarten das einzuspeichernde Gas auch einer mechanischen, unter Umständen auch einer physikalischen Reinigung sowie einer Vorverdichtung unterzogen werden (vgl. die Niederschrift vom 4.10.1995 betreffend Erhebungen des BMwA im Zusammenhang mit den Speichertätigkeiten der OMV Aktiengesellschaft), so liegt der erforderliche (bergbau)betriebliche Zusammenhang hier keinesfalls über die gesamte Länge der hier in Rede stehenden Erdgasleitung vor.

Denn wenn auch der technische Zusammenschluß der Gasspeicherstation in Tallesbrunn mit dem Knoten Baumgarten (aber auch mit beliebig anderen Gasspeicherstationen) betriebswirtschaftlich nützlich sein mag, ändert dies nichts daran, daß beide Einrichtungen relativ selbständige betriebliche, gegebenenfalls bergbaubetriebliche Einheiten bilden. Der Transport des bergmännisch gewonnenen Urproduktes zwischen relativ selbständigen betrieblichen Einheiten (auch zwischen bergbaubetrieblichen Einheiten) fiel aber, wie dargetan, nie unter das bergrechtliche Regelungssystem.

2.7. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß sich die Praxis in Österreich bislang nicht durchgehend an dieser Kompetenzlage orientierte. So heißt es etwa in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Rohrleitungsgesetz, nach der geltenden österreichischen Rechtslage (richtig: Praxis) seien "Rohrleitungen für Erdöl, die von einem Unternehmen betrieben werden, welches Erdöl fördert, der Regelung durch die bergrechtlichen Vorschriften unterworfen." (1517 BlgNR 13. GP, 14). Daß dies vom Grunde her von Verfassungs wegen in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft, wurde oben im einzelnen dargetan. Die Regelungen des BergG (insbesonders §§145 und 146) ebenso wie jene des RohrleitungsG, BGBl. 411/1975 (vgl. insbesonders dessen §1 Abs2 Z1, wonach die Bestimmungen des RohrleitungsG nicht für Rohrleitungsanlagen gelten, die bergrechtlichen Vorschriften unterliegen) sind also iS dieser Erwägungen auszulegen.

2.8. Die §§145 und 146 Abs1 BergG sind deshalb aus kompetenzrechtlicher Sicht bei ihrem Wortlaut zu nehmen und nicht erweiternd zu interpretieren: Rohrleitungen zum Transport von Erdgas, die nicht in einem unmittelbaren, insbesondere räumlichen Zusammenhang mit der Förderung oder einer dem Bergwesen zuzuzählenden Speicheranlage (dazu VfSlg. 13299/1992) stehen und die von sich aus keine Bergbauanlagen sind, weil ihre Herstellung weder spezielle bergbautechnische Kenntnisse, Mittel und Methoden (vgl. VfSlg. 13299/1992) erfordert, fallen nicht unter die Bergbauanlagen iS der §§145 und 146 BergG.

III. 1. Der zur Zl. B948/96

bekämpfte Bescheid war daher schon aus dem Grund aufzuheben, weil die belangte Behörde die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz nicht aufgegriffen hat, ohne daß es notwendig war, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Da die zu den Zlen. B 1067-1070/96 bekämpften Bescheide unmittelbar auf dem genannten beruhen, mußten sie das Schicksal desselben teilen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Streitgenossenzuschlag in Höhe von jeweils S 3.000,- und Umsatzsteuer in Höhe von jeweils S 3.600,-- enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Bergrecht, VfGH / Zuständigkeit, Kompetenz sukzessive, Behördenzuständigkeit, Kompetenz Bund - Länder Bergrecht, Kompetenz Bund - Länder Gewerbe und Industrie, Versteinerungstheorie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B948.1996

Dokumentnummer

JFT_10028991_96B00948_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten